TE Bvwg Beschluss 2019/9/20 W176 2222161-2

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Veröffentlicht am 20.09.2019
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Entscheidungsdatum

20.09.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
GEG §6a Abs1
GGG Art. 1 §18 Abs2 Z2
GGG Art. 1 §31
GGG Art. 1 §32 TP 1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §7 Abs4

Spruch

W176 2222161-1/5E

W176 2222161-2/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. NEWALD über

(1.) den Antrag von XXXX vom 10.09.2019 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist sowie (2.) über deren Beschwerde gegen den Bescheid der Präsidentin des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 28.06.2019, Zl. Jv 2061/19a-33, betreffend Gerichtsgebühren beschlossen:

A1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 33 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), als unbegründet abgewiesen.

A2) Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 22.10.2018, Zl. XXXX , der Beschwerdeführerin zugestellt durch Hinterlegung an der Zustellbasis XXXX am 23.11.2018 und von dieser behoben am 10.12.2018, schrieb die Kostenbeamtin des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien für dessen Präsidentin der Beschwerdeführerin eine Pauschalgebühr gemäß TP 1 iVm § 18 Abs. 2 Z 2 GGG sowie die Einhebungsgebühr nach § 6a Abs. 1 GGG zur Zahlung vor.

2. Mit einem (erst) am 27.12.2018 in den Einlaufkasten des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien eingeworfenen Schriftsatz erhob die Beschwerdeführerin dagegen das Rechtsmittel der Vorstellung.

3. Mit Bescheid vom 31.01.2019, Zl. XXXX , der Beschwerdeführerin zugestellt am 06.02.2019, schrieb die Präsidentin des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien (in der Folge: belangte Behörde) der Beschwerdeführerin abermals die Pauschalgebühr gemäß TP 1 iVm § 18 Abs. 2 Z 2 GGG sowie die Einhebungsgebühr nach § 6a Abs. 1 GGG und zusätzlich eine "Mehrgebühr" von EUR 22,-- vor.

In der Bescheidbegründung wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges u. a. ausgeführt, dass der Mandatsbescheid der Beschwerdeführerin am 23.11.2018 durch Hinterlegung zugestellt worden sei, weshalb die Einbringung der Vorstellung durch Einwurf in den Einlaufkasten des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien am 27.12.2018 jedenfalls erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist und somit verspätet erfolgt sei. Die Vorstellung sei daher als verspätet zurückzuweisen.

4. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit einem am 28.02.2019 beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eingebrachten (und daher jedenfalls rechtzeitig eingebrachten) Schriftsatz das Rechtsmittel der Beschwerde.

Darin hält sie u.a. fest, dass sich die verspätete Erhebung des Rechtsmittels aufgrund ihrer damaligen gesundheitlichen Beeinträchtigung ergeben habe und sie auf Unterstützung angewiesen gewesen sei.

5. Mit Erkenntnis vom 28.03.2019, Zl. W 176 2215469-1/2E, hob das Bundesverwaltungsgericht den unter Punkt 3. dargestellten Bescheid hinsichtlich der Vorschreibung der Pauschalgebühr und der Einhebungsgebühr - mit der Begründung, die Vorstellung sei verspätet eingebracht und der unter Punkt 1. dargestellte Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) daher rechtskräftig geworden - ersatzlos auf und verwies bezüglich der Vorschreibung der "Mehrgebühr" die Angelegenheit an die belangte Behörde zurück.

6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid, der Beschwerdeführerin zugestellt am 04.07.2019 durch Hinterlegung bei der Post-Geschäftsstelle XXXX und behoben am 05.07.2019, wies die belangte Behörde die unter Punkt 2. erwähnte Vorstellung wegen Verspätung zurück (Spruchpunkt 1.) und sprach zugleich aus, dass der Mehrbetrag ("Mehgebühr") von EUR 22,-- nicht einzuheben sei (Spruchpunkt 2.) .

7. Diesen Bescheid zog die Beschwerdeführerin mit einem - gemäß Stempelvermerk des Servicecenters des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien am 02.08.2019 überreichten - Schriftsatz in Beschwerde.

8. In der Folge legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

9. Mit Schreiben vom 27.08.2019 teilte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerdeführerin mit, dass die Beschwerde nach der Aktenlage verspätet sei, und gab ihr zugleich Gelegenheit zur Stellungnahme.

10. Mit Schriftsatz vom 10.09.2019 nahm die Beschwerdeführerin dazu wie folgt Stellung: Die Post-Geschäftsstelle XXXX , an die der angefochtene Bescheid "am Donnerstag 04.07.2019 ab 16:30 abholbereit [...] zugestellt" worden sei, sei von Montag bis Freitag von 9:00 bis 17:00 Uhr und am Samstag von 9:00 bis 12:00 Uhr geöffnet. Da im Zeitrahmen von 16:30 bis 17:00 Uhr eine Behebung des Bescheides und inhaltliche Kenntnisnahme von diesem aufgrund der Entfernung zum Postpartner und die Gehbehinderung der Beschwerdeführerin gar nicht möglich gewesen sei, könne "eine halbe Stunde nicht als fristauslösender Tag bewertet werden", sodass der 05.07.2019 als Fristenlauf anzunehmen sei. Im Fristenrechner für Verwaltungsverfahren sei als fristauslösendes Ereignis daher das Datum 05.07.2019 ausgewiesen worden. Da die Beschwerde am 02.08.2019 (12 Uhr) abgegeben worden sei, sei die Beschwerdeführerin der Ansicht, dass die Beschwerdefrist von vier Wochen eingehalten worden sei. Abschließend hielt sie fest, dass sie vorsichtshalber einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stelle.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird von dem unter I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen.

2. Beweiswürdigung:

Die unter Punkt 1. getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungs-gericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 122/2013 (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Zu Spruchpunkt A1):

33.2.2.1. Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zu Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach Abs. 3 leg. cit. ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. hat bis zur Vorlage der Beschwerde über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung aufschiebende Wirkung zuerkennen.

Nach Abs. 5 leg. cit. tritt durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

Vorbilder des § 33 VwGVG sind ausweislich der ErläutRV 2009 BlgNR

24. GP §§ 71 und 72 AVG. Struktur und Wortlaut der Bestimmung orientieren sich weitgehend an § 46 Verwaltungsgerichtshofgesetz, BGBl. Nr. 10/1985 (VwGG).

3.2.2.2. Gemäß § 33 Abs. 3 und Abs. 4 VwGVG war, da die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde bereits dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt worden war, der Wiedereinsetzungsantrag beim Bundesverwaltungsgericht zu stellen und über diesen vom Bundesverwaltungsgericht durch Beschluss zu entscheiden (vgl. VwGH 23.10.2014, Ro 2014/11/0067 zu § 46 VwGG)

3.2.2.3. Das Bundesverwaltungsgericht gelangt aus nachstehenden Gründen zur Ansicht, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abzuweisen ist:

In dem oben unter Punkt I.10. wiedergegebenen Schriftsatz begründet die Beschwerdeführern den Wiedereinsetzungsantrag im Ergebnis damit, dass sie die Beschwerdefrist durch den ihr unterlaufenen (Rechts)Irrtum, die Beschwerdefrist beginne erst an dem auf den Tag, an dem ihr der angefochtene Bescheid durch Hinterlegung zugestellt worden ist, folgenden Tag zu laufen, versäumt habe.

Ob ein Rechtsirrtum (für sich allein) als Ereignis iSd § 33 VwGVG in Betracht kommt (vgl. die - dies verneinenden - E VwGH 27.08.2014, Ro 2014/05/0030; 21.02.2014, Ro 2014/06/0009) kann nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes im gegenständlichen Fall dahinstehen.

Denn aufgrund des Umstandes, dass sich bereits die unter Punkt I.2. erwähnte Vorstellung als verspätet erwies, musste der Beschwerdeführerin bewusst sein, dass im Falle der Hinterlegung die Rechtsmittelfrist an jenem Tag zu laufen beginnt, der in der Verständigung über die Hinterlegung als jener Tag angeführt ist, ab dem das Dokument abholbereit ist.

Dabei legt die Aussage in dem unter Punkt I.10. dargestellten Schriftsatz, wonach der angefochtene Bescheid am 04.07.2019 ab 16:30 Uhr abholbereit an die Post-Geschäftsstelle XXXX zugestellt wurde, nahe, dass sich die Beschwerdeführerin über diesen Umstand ohnehin im Klaren war.

Vor diesem Hintergrund kann jedenfalls nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Versäumung der Beschwerdefrist nur ein minderer Grad des Versehens anzulasten ist.

3.2.3. Zu Spruchpunkt A2):

3.2.3.1. Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Beschwerdefrist für Beschwerdebeschwerden vier Wochen ab Zustellung des Bescheides.

Somit endete diese Frist, die mit der Zustellung des angefochtenen Bescheides durch Hinterlegung am 04.07.2019 zu laufen begonnen hatte, mit Ablauf des 01.08.2019.

Die am 02.08.2019 eingebrachte Beschwerde war daher als verspätet zurückzuweisen.

3.3. Zu Spruchpunkt B)

3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.3.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

3.4. Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Beschwerdefrist, Einhebungsgebühr, Fristenlauf, Mehrbetrag,
Pauschalgebührenauferlegung, verspätete Beschwerde, Zustelldatum

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W176.2222161.2.00

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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