TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/17 W124 2171415-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.10.2019
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Entscheidungsdatum

17.10.2019

Norm

AsylG 2005 §3
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W124 2171415-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Felseisen als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 AsylG 2005 als unbegründet

abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) reiste als unbegleiteter Minderjähriger unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am

XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am selben Tag gab er im Zuge seiner niederschriftlichen Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu seiner Person an, er sei afghanischer Staatsangehöriger, gehöre der Volksgruppe der Hazara sowie der schiitischen Glaubensrichtung des Islam an und stamme aus Kabul. Afghanistan habe er bereits als kleines Kind verlassen. Zuletzt habe er in Teheran gelebt. Im Iran würden seine Eltern sowie seine zwei Schwestern leben. Zu seinen Fluchtgründen führte er aus, er sei als Baby in Afghanistan von den Taliban entführt worden. Seine Eltern hätten ihn jedoch gefunden und seien mit ihm in den Iran gezogen. Dort habe er ein schreckliches Leben gehabt. Sie seien von der Regierung und der Bevölkerung schlimm behandelt worden. Vor circa einem Jahr sei er von einer Gruppe von Männern geschnappt und eingesperrt worden. Sie seien einzeln zu ihm gekommen und hätten ihn vergewaltigt. Die iranischen Behörden hätten nichts unternommen. Von der Polizei und der Bevölkerung sei er oft verprügelt und geschlagen worden. Seine Nase sei dabei einmal gebrochen worden. Daher habe seine Mutter beschlossen, dass er den Iran verlassen solle.

3. Am XXXX erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt). Eingangs gab er an, er sei gesund und befinde sich nicht in Behandlung. Auf die Frage, ob er bisher im Verfahren der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht habe und ob alles korrekt protokolliert worden sei, antwortete der BF, er habe keine Rückübersetzung erhalten; seine Antworten seien lediglich aufgeschrieben worden. Eine Rechtsberaterin sei entgegen der Niederschrift nicht anwesend gewesen. Befragt, welche Fluchtgründe er im Zuge der Erstbefragung angeführt habe, wiederholte er im Wesentlichen jene Angaben, die am XXXX im Zuge seiner Erstbefragung protokolliert wurden. In der Folge bestätigte er auch seine Personaldaten. Ferner gab er zu seiner Person an, er spreche Dari, Farsi und ein wenig Deutsch. In Teheran habe er eine afghanische Schule besucht und ein Jahr als Schuster gearbeitet. Er habe Gelegenheitsarbeiten angenommen und als Tagelöhner gearbeitet.

Zu seinen Lebensumständen führte er aus, er könne sich an das Leben in Afghanistan nicht mehr erinnern. Im Iran hätten sie sich nicht frei bewegen können, da ihnen Dokumente gefehlt hätten. Sie seien diskriminiert und von der Polizei schlecht behandelt worden. Sein Vater sei seit zehn Jahren gelähmt und könne weder arbeiten, noch sprechen. Seine Mutter habe gearbeitet, obwohl sie herzkrank sei. Seine Schwester habe noch nicht arbeiten können. Der BF habe die Schule nicht regelmäßig besucht, da er den Lebensunterhalt für die Familie bestreiten habe müssen. Seine Freizeit habe er mit seiner Familie verbracht. Sie seien beispielsweise in den Park gegangen. Draußen gespielt habe er nicht, da er Angst gehabt habe. Mit ihrem Einkommen hätten sie gerade überleben können. Wann er zuletzt in seinem Heimatort gewesen sei, wisse er nicht mehr. Er sei zu jung gewesen.

In weiterer Folge wurde der BF zu den Lebensumständen sowie den Misshandlungen im Iran, zu seinem Fluchtweg und zu den Gründen seiner Familie für das Verlassen des Herkunftsstaates befragt. Zu den Verfolgungsgründen im Herkunftsstaat gab er an, es gebe in Afghanistan keine Sicherheit, deswegen könne er nicht zurückkehren. Es herrsche dort Krieg. Sie seien auch Schiiten und hätten deswegen Probleme gehabt. Als Kind sei er von den Taliban entführt worden. Das habe ihm später seine Mutter erzählt, er erinnere sich nur wenig. Sie seien eine kleine Familie gewesen und sie hätten keine anderen Verwandten dort, weshalb sie Probleme gehabt hätten. Vor kurzem habe er in Österreich einen Film über die Taliban gesehen.

Auf konkrete Nachfrage führte er erneut aus, es sei ihm nicht möglich in Afghanistan zu leben. Die Taliban würden Schiiten töten. Er habe niemanden im Herkunftsstaat und kenne sich auch mit der afghanischen Kultur nicht aus. Der BF wisse nicht, was passieren könnte. Er könne getötet werden oder eine andere Katastrophe erleben. Er hasse die Taliban. Für ihn seien das keine Menschen. Sie würden keine Gnade kennen. Der BF habe mehrere Videos gesehen und wisse, wie brutal sie seien.

Im Herkunftsstaat sei er weder vorbestraft, noch werde er von der Polizei, der Staatanwaltschaft, dem Gericht oder anderen Behörden gesucht. Er sei nie festgenommen worden und habe auch keine Probleme mit den afghanischen Behörden gehabt. Mitglied einer politischen Partei oder Gruppierung sei er nicht. Er habe auch aktuell keine politische Meinung, aufgrund welcher er in Afghanistan einer Gefahr ausgesetzt wäre. Ihm würde auch niemand im Fall seiner Rückkehr eine solche Meinung unterstellen. Ob er aufgrund seiner Religion, seiner Volksgruppe oder seiner Nationalität im Herkunftsstaat einer Gefahr ausgesetzt gewesen sei, wisse er nicht mehr, da er zu jung gewesen sei. Für ihn bestehe jedoch eine erhöhte Gefahr, da er ein Jugendlicher sei und keine familiären Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat habe.

4. Mit Schriftsatz vom XXXX bezog der BF im Wege seiner Vertretung nach Darstellung seines Fluchtvorbringens Stellung zur allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan. Hinsichtlich der Situation der Hazara wurde unter Verweis auf verschiedene Berichte aus dem Jahr 2016 ausgeführt, dass es wieder vermehrt zu Angriffen und Anschlägen auf Mitglieder dieser Volksgruppe komme. Aus den Berichten sei ersichtlich, dass sich die Angriffe gezielt gegen die ethnische Gruppe der Hazara richten würden. Zur Situation des BF wurde überdies ausgeführt, dass für ihn als unbegleiteten, minderjährigen Rückkehrer die Gefahr bestehe, Opfer von Ausbeutung zu werden, etwa durch Arbeitszwang in "sklavereiähnlichen" Verhältnissen. Ferner bestehe die Gefahr für ihn, Opfer von Missbrauch als Bacha Bazi zu werden oder einer Zwangsrekrutierung ausgesetzt zu sein. Der BF beantragte im Zuge der Stellungnahme eine Ergänzung der Herkunftslandinformationen durch die Staatendokumentation.

5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz betreffend die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum XXXX erteilt (Spruchpunkt III.).

6. Fristgerecht wurde vom BF im Wege seiner Vertretung am XXXX gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhoben. Begründend wurde zunächst festgehalten, dass der Antrag des BF auf Ergänzung der Länderinformation in Hinblick auf die Situation für unbegleitete minderjährige Rückkehrer in Afghanistan abgewiesen worden sei und die Länderberichte sohin nicht ergänzt worden seien. Die Abweisung des Antrags sei rechtswidrig, zumal das angeführte genau definierte Beweisthema sachverhaltserheblich sei. Um die Situation des BF im Fall seiner Rückkehr beurteilen zu können, hätten umfangreichere Ermittlungen sowie Feststellungen zur Situation von alleinstehenden minderjährigen Rückkehrern in Afghanistan getroffen werden müssen. Davon abgesehen sei die Befürchtung des BF, vergewaltigt zu werden, nicht näher behandelt worden, sondern habe die Behörde lediglich auf die Situation von Bacha Bazi verwiesen. Die Behörde habe ferner verkannt, dass der BF nicht aus rein wirtschaftlichen Gründen, sondern aufgrund seiner Erniedrigung und der fehlenden Sicherheit aus dem Iran ausgereist sei. Aus Furcht vor weiteren Diskriminierungen und sexuellen Missbrauch sowie der prekären Situation in Afghanistan habe er nicht nach Afghanistan zurückkehren können. Seinem Vorbringen sei lediglich deshalb die Glaubwürdigkeit abgesprochen worden, weil ihm seine Entführung nur aus den Erzählungen seiner Eltern bekannt sei und er diese Behauptung nicht mittels anderer Beweise untermauert habe. Der Behörde wäre es jedoch möglich gewesen, die Eltern des BF um eine telefonische oder schriftliche Stellungnahme zu ersuchen, da ihnen deren Telefonnummer und Adresse vorgelegen sei. Sie wäre daher verpflichtet gewesen, weitere Ermittlungen anzustellen. Der Umstand, dass sich der BF optisch verändert habe, reiche für sich alleine betrachtet nicht aus, um eine persönliche Gefahr zu verneinen. Der Grund für die Entführung des BF sei überdies nicht erhoben worden. Im Fall seiner Rückkehr sei der BF als unbegleiteter Minderjähriger der Gruppe der "faktisch verwaisten bzw. verlassenen Kinder" zuzuordnen und ergebe sich in Zusammenschau mit seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe, der vielfach diskriminierten Hazara, und seiner inneren Wertehaltung die reale Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung. Der BF kenne sich mit den afghanischen Regeln und Gepflogenheiten nicht aus. Davon abgesehen sei auch seine psychische Verfassung zu berücksichtigen. Aufgrund der Übergriffe im Iran sei seine Furcht vor entsprechenden Verfolgungshandlungen als alleinstehender jugendlicher Rückkehrer in Afghanistan subjektiv wohlbegründet. Vor dem Hintergrund der Länderinformationen sei diese Angst auch objektiv begründet. Der afghanische Staat sei nicht fähig, die Rechte der Kinder nachhaltig zu wahren bzw. auch nur Diskriminierungen von Schiiten und Hazara zu verhindern. Unter Verweis auf eine Entscheidung des BVwG vom 13.10.2014, W178 1428722-1, wurde ergänzend ausgeführt, dass der BF in Afghanistan Gefahr liefe, zwangsrekrutiert zu werden, und im Fall der Widersetzung mit lebensbedrohlichen Folgen rechnen müsste. Aufgrund der Kombination unterschiedlicher individueller Merkmale drohe dem BF mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung im Herkunftsstaat. Eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe für den BF nicht.

7. Die Beschwerdevorlage langte am XXXX beim Bundesverwaltungsgericht ein.

8. Mit Ladung vom XXXX wurde dem BF unter anderem das Länderinformationsblatt Afghanistan vom 29.06.2018 mit letzter Kurzinformation vom 23.11.2018 übermittelt.

9. Mit Schriftsatz vom XXXX wurde eine Stellungnahme der Abteilung Kinder- und Jugendhilfe des Landes XXXX vom XXXX betreffend die Entwicklung und Zusammenarbeit mit dem BF in Vorlage gebracht. Daraus geht unter anderem hervor, dass der BF zur Erarbeitung seiner Verselbstständigung Betreuung in Anspruch genommen habe. Dadurch sei ersichtlich geworden, wie viele schwere Lasten er zu tragen habe. Mit dem Erreichen der Volljährigkeit habe er in eine eigene Wohnung übersiedeln können. Aufgrund zahlreicher Herausforderungen, sei jedoch beschlossen worden, dass er in eine Wohngemeinschaft ziehe. In der Phase, als er keinen Schutz der Einrichtung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gehabt habe, sei er in Österreich Opfer eines mutmaßlich versuchten Mordes durch Unbekannte geworden. Dies habe vermehrt psychische und physische Belastungen für ihn nach sich gezogen. Er erhalte Unterstützung vom Weißen Ring und habe bereits ein Vorgespräch an der Universitätsklinik für medizinische Psychologie in Anspruch genommen. Er strebe eine Psychotherapie an, um schwerwiegende Ereignisse älterer sowie jüngster Vergangenheit zu verarbeiten.

10. Am XXXX fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung im Beisein einer Vertrauensperson sowie der rechtsfreundlichen Vertretung des BF statt. Ein Vertreter der belangten Behörde ist nicht erschienen.

Eingangs bestätigte der BF, dass es für ihn kein Problem darstelle, vor einer Dolmetscherin sowie einer weiblichen Schriftführerin seine Aussage zu machen. Ferner erteilte er XXXX für XXXX die Verhandlungsvollmacht bzw. die Zustellvollmacht.

Die Verhandlung nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf:

R: Was ist Ihre Muttersprache?

BF: Dari.

R an die Dolmetscherin: In welcher Sprache übersetzen Sie für den Beschwerdeführer?

D: Farsi.

R befragt den Beschwerdeführer, ob er die Dolmetscherin gut verstehe, dies wird bejaht

R befragt den Beschwerdeführer, ob dieser geistig und körperlich in der Lage ist der heutigen Verhandlung zu folgen bzw. ob irgendwelche Hindernisgründe vorliegen. Nun wird der Beschwerdeführer befragt, ob er gesund ist oder ob bei ihm (Krankheiten) und /oder Leiden vorliegen. Diese Fragen werden vom Beschwerdeführer dahingehend beantwortet, dass keine Hindernisgründe oder chronische Krankheiten und Leiden vorliegen. Der Beschwerdeführer ist in der Lage der Verhandlung in vollem Umfang zu folgen.

BF: Darf ich selbst sagen?

R: Ja

BF: Jetzt geht es mir gut, aber wenn ich alleine bin, kann ich nicht so gut schlafen und ich kann mich nicht so gut konzentrieren, wegen meiner Vergangenheit.

R: Sind Sie in ärztlicher Behandlung?

BF: Bald werde ich zu einem Psychologen gehen.

R: Sind Sie jetzt in ärztlicher Behandlung oder waren Sie?

BF: Früher war ich in Behandlung, momentan nicht. Aber bald werde ich gehen.

R: Bis wann waren Sie in Behandlung?

BF: Voriges Jahr. Einmal in der Woche bin ich zu einem Psychologen gegangen, als ich in einem minderjährigen Heim gelebt habe. Der Betreuer hat mich begleitet.

R: Nehmen Sie Medikamente ein?

BF: Momentan nicht.

Dem Beschwerdeführer wird dargelegt, dass er am Verfahren entsprechend mitzuwirken hat bzw. auf die Fragen wahrheitsgemäß zu antworten hat. Andernfalls dies sich entsprechend im Erkenntnis im Bundesverwaltungsgerichtes auswirken würde.

R: Haben Sie noch neue Beweismittel, die Sie beim BFA oder bzw. bei der Polizei noch nicht vorgelegt haben?

BF: Nein, habe ich nicht. In Afghanistan und im Iran habe ich keine Dokumente gehabt.

[...]

R: Sagen Sie mir Ihren Namen und Ihr Geburtsdatum.

BF: Ich heiße XXXX . Ich bin am XXXX geboren.

R: Wo sind Sie geboren, in welchem Dorf/Distrikt/Provinz?

BF: Ich bin in Kabul geboren, aber ich kann mich nicht erinnern, wo genau in Kabul.

R: In der Stadt Kabul oder in der Provinz Kabul?

BF: Ich kann mich nicht erinnern.

R: Haben Sie Ihre Eltern bzw. Ihre Mutter gefragt, wo Sie geboren sind?

BF: Mein Vater ist gelähmt und kann nicht sprechen. Meine Mutter hat Herzprobleme und spricht über diese Dinge nicht mit mir.

R: Haben Sie Ihre Mutter gefragt, woher Sie kommen und wo Sie geboren sind?

BF: Ja, sie hat gesagt, dass ich in Afghanistan geboren wurde, aber als Kleinkind sind wir dann in den Iran gegangen.

R: Sie sind ja nicht Kleinkind geblieben. Sie sind größer geworden.

BF: Momentan habe ich keinen Kontakt mit ihnen.

R: Haben Sie Ihre Mutter dann im Iran gefragt, wo Sie genau geboren sind und hat es Sie interessiert wo Sie geboren sind?

BF: Wir hatten genug Probleme. Wir hatten keine Zeit uns diese Fragen zu stellen. Ich wurde missbraucht. Meine Mutter hatte Angst.

R: Das ist nicht die Frage. Haben Sie Ihre Mutter jemals gefragt woher Sie denn kommen? Hat es Sie interessiert, woher Sie genau kommen?

BF: Sie hat mir nur gesagt, dass ich in Kabul geboren wurde. Mehr hat sie darüber nicht gesagt.

R: Mit wem haben Sie in Kabul gelebt?

BF: Mit meinen Eltern und mit meinen zwei Geschwistern.

R: Wie heißen Ihre Geschwister und wie alt sind diese?

BF: XXXX , ist 14 Jahre alt und XXXX ist 11 Jahre alt. Das ist das jetzige Alter.

R: Hat außer Ihren beiden Geschwistern und Ihren Eltern noch jemand mit Ihnen in Kabul gelebt.

BF: Nein, wir sind eine kleine Familie.

R: Wie viele Brüder hat Ihr Vater?

BF: Ich glaube, er hat keine Brüder.

R: Wie viele Schwestern hat Ihr Vater?

BF: Eine Schwester.

R: Wo lebt die?

BF: Im Iran, in XXXX .

R: Wie viel Geschwister hat Ihre Mutter?

BF: Meine Mutter hatte nur eine Schwester und sie ist verstorben.

R: Woher stammt Ihre Familie?

BF: Aus Kabul.

R: Welcher Volksgruppe bzw. Religion gehören Sie an?

BF: Ich bin Hazara, schiitischer Moslem.

R: Wann haben Sie Afghanistan verlassen?

BF: Ich war vier Jahre alt oder fünf Jahre alt.

R: Mit wem haben Sie Afghanistan verlassen?

BF: Mit meiner Familie.

R: Warum haben Sie Afghanistan verlassen?

BF: Wir hatten viele Probleme. Als Kind haben die Taliban mich gekidnappt und haben mit mir Bacha Bazi gemacht. Ich musste Fußketten tragen und tanzen. Wenn ich das nicht gemacht habe, haben sie mich mit Waffen bedroht und hätten mich getötet.

R: Wann sind Sie gekidnappt worden?

BF: Ich war ein Kind. Ich kann mich wenig erinnern.

R: Können Sie sich erinnern, oder können Sie sich nicht erinnern?

BF: Je älter ich werde, desto mehr kommen die Erinnerungen und ich mag mich selbst nicht. Nach diesen Geschehnissen haben meine Eltern beschlossen, Afghanistan zu verlassen. Wir hatten in Afghanistan nichts.

R: Was heißt, wir hatten in Afghanistan nichts?

BF: Ein gutes Leben, kein Geld. Wir hatten keine Reisepässe und keine Dokumente.

R: Wie haben Ihre Eltern in Afghanistan ihren Lebensunterhalt bestritten?

BF: Meine Mutter hat gearbeitet, mein Vater ist gelähmt.

R: Als was hat Ihre Mutter gearbeitet?

BF: Sie hat Obst verkauft.

R: Konnten Sie mit dem Geld, was Ihre Mutter verdient hat, leben bzw. hatten Sie genügend Einkommen um dort zu leben?

BF: Es war nicht genug, wir haben nur einmal am Tag gegessen.

R: Wie alt waren Sie, als Sie entführt worden sein sollen?

BF: Ich war sehr klein.

R: Wie alt waren Sie genau?

BF: Drei oder vier Jahre alt.

R: Wo sind Sie gekidnappt worden? Wie hat sich das ganze abgespielt?

BF: Daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich weiß nur, dass ich an Veranstaltungen tanzen musste.

R: An den Tag, an dem Sie gekidnappt worden sind, können Sie sich noch erinnern?

BF: Das hat meine Mutter mir erzählt, ich kann mich an den Tag an dem ich gekidnappt wurde, nicht mehr erinnern.

R: Was hat Ihre Mutter zu diesem Tag erzählt?

BF: Meine Mutter hat mir gesagt, dass die Taliban mich entführt hätten und mit mir Bacha Bazi gemacht hätten.

R: War Ihre Mutter da dabei?

BF: Wann?

R: Als Sie entführt wurden und in Gewahrsam der Taliban waren?

BF: Nein, sie war nicht dabei.

R: Woher weiß Ihre Mutter dann, dass man mit Ihnen Bacha Bazi gemacht hat?

BF: Daran kann ich mich selbst erinnern. Je älter ich werde, desto mehr kann ich mich erinnern. Aus diesem Grund kann ich in der Nacht nicht schlafen. Wenn ich schlafe, habe ich Albträume.

R: Wie lange waren Sie in Gewahrsam der Taliban?

BF: Daran kann ich mich nicht erinnern. Ich kann mich nicht genau erinnern, ein oder zwei Monate.

R: Wo waren Sie da untergebracht?

BF: Ich war ein Kind, ich kann mich nicht erinnern.

R: Warum waren Sie dort nur ein oder zwei Monate?

BF: Meine Mutter hat mich gefunden und mich mitgenommen.

R: Wo hat Ihre Mutter Sie gefunden?

BF: Daran kann ich mich nicht erinnern.

R: Warum hat man Sie nicht länger als diese ein oder zwei Monate bei den Taliban behalten?

BF: Das weiß ich nicht.

R: Wie sind Sie dort aus der Gewahrsam der Taliban freigekommen?

BF: Meine Mutter hat mich gefunden.

R wiederholt die Frage.

BF: Ich weiß es nicht. Meine Mutter hat mich gefunden und dann wurde beschlossen, dass wir Afghanistan verlassen müssen. Wir waren eine kleine Familie und hatten keine Verwandten.

R: Wie hat Ihre Mutter Sie gefunden?

BF: Ich weiß es nicht.

R: Wo hat Ihre Mutter Sie gefunden?

BF: Ich weiß es nicht.

R: Hat Ihre Mutter die Polizei verständigt?

BF: Nein, als sie mich gefunden hat, mussten wir flüchten.

R: Nachdem Sie gefunden wurden, warum hat dann Ihre Familie beschlossen, aus Afghanistan wegzugehen?

BF: Wenn jemand mitkriegt, dass mit jemand Bacha Bazi passiert ist, wird derjenige gesteinigt.

R: Ist das so?

BF: Ja.

R: Warum sind Ihre Eltern geflüchtet?

BF: Meinetwegen. Sie haben mein Leben gerettet.

R: Wer hätte Sie steinigen sollen, als drei/vierjähriger?

BF: Die Leute sind in Afghanistan so. Wenn sie es heute nicht tun, machen sie es ein anderes Mal, wenn sie erfahren, dass mit einem Bacha Bazi gemacht wurde.

R: Was würden Sie, hypothetische Frage, da Sie ja den subsidiären Schutz haben, befürchten, wenn Sie nach Afghanistan zurückmüssten?

BF: Erstens möchte ich nicht dorthin, zweitens; ich habe dort nichts und niemanden. Drittens habe ich keinen Platz dort. Viertens, wenn die Leute es erfahren, was mit mir passiert ist, werden sie mir was antun.

R: Wie sollten die Leute das erfahren?

BF: Es gibt viele Leute, die das irgendwie weitererzählen. Irgendwann werden die Leute das erfahren.

R an RV: Haben Sie Fragen?

RV: Ja.

RV: Sie haben gesagt, dass Sie jetzt, je älter Sie werden, desto mehr Erinnerungen haben Sie, von den Vorkommnissen als Sie ein Kind waren. Sind Sie wegen diesen Vorkommnissen in Österreich in Behandlung. Sind oder waren Sie in Österreich in Behandlung?

BF: Ich war in Behandlung und ich werde bald auch eine Therapie beginnen. Es hat dazwischen nicht funktioniert, weil etwas Anderes vorfiel und ich war mit dem konfrontiert.

RV: Könnten Sie in Afghanistan eine solche Behandlung bzw. Psychotherapie durchführen lassen?

BF: Ich glaube nicht. In Afghanistan und im Iran ist es nicht so wie in Österreich. In Österreich wurde mir sehr viel geholfen. In Afghanistan und im Iran nicht.

RV: Die Frage ist mehr darauf bezogen, ob Sie dort frei in einer Psychotherapie über das Bacha Bazi freisprechen können?

BF: Nein.

R: Warum nicht, wenn es dort einen Psychotherapeuten gibt?

BF: Dort macht man das nicht. Wenn ich diese Dinge erzählt hätte, hätten sie mich nicht seelisch unterstützt, weil es ist nicht wie in Österreich ist.

R: Woher wissen Sie das, wenn Sie selbst nicht mal wissen, wo Sie genau geboren wurden.

BF: Ich habe in Innsbruck ein paar Burschen kennengelernt, die aus Afghanistan gekommen sind und die haben gesagt, dass es in Afghanistan nicht so wie in Österreich ist, dass einem geholfen wird, sondern wenn man erfährt, dass mit einem Bacha Bazi gemacht wurde, gesteinigt wird oder es passiert mit einem etwas Anderes.

RV: Was war Gegenstand Ihrer bisherigen psychologischen Behandlung?

BF: Über meinen seelischen Zustand, über die Albträume, dass ich nicht schlafen kann. Darüber, dass ich mich nicht konzentrieren kann und über meine Vergangenheit habe ich erzählt.

R: Was haben Sie über Ihre Vergangenheit erzählt?

BF: Das, was mir in Afghanistan und im Iran passiert ist. Darüber haben wir gesprochen.

BF wird auf Entschlagungsrecht hingewiesen.

R: Ist das Verfahren gegenüber der Belästigung eines Mädchens in Österreich eingestellt worden oder läuft ein Strafverfahren?

BF: Ich habe mich entschuldigt und alles ist erledigt.

R: Wissen Sie, ob das Verfahren eingestellt worden ist?

BF: Es ist eingestellt worden.

R: Von wem?

BF: Bei der Polizei.

RV: Was ist im Iran passiert, was Gegenstand der psychologischen Betreuung war?

BF: Im Iran hatte ich keine Dokumente und keinen Personalausweis. Wenn die Polizei mich kontrolliert hat, hat man mir immer mein Geld weggenommen und hat mich dann gehen lassen. Das war dauernd so.

R: Hatten Ihre Mutter bzw. Ihre Geschwister Dokumente im Iran?

BF: Nein. Sie haben nichts. Deshalb können meine Schwestern keine Schule besuchen.

R: Lässt man Ihre Mutter und Ihre Geschwister im Iran in Ruhe, obwohl sie keine Dokumente haben?

BF: Weil sie Frauen sind, werden sie nicht so belästigt, wie ein Mann. Wenn die Männer auf der Straße gesehen werden, werden sie nach Ausweisen gefragt.

R: Wie lange haben Sie im Iran gelebt?

BF: Circa 10 Jahre. Ich wurde dort auch sexuell belästigt. Kann ich das erzählen.

R: Warum sind Sie aus dem Iran ausgereist?

BF: Weil ich sexuell belästigt wurde. Wenn die Iraner betrunken waren, haben sie mir den Finger eingesteckt. Sie haben mich dazu gezwungen, sie oral zu befriedigen. Einmal war ich im Jugendzentrum, im Iran. Sie kamen und sagten mir, ich soll mit ihnen bis zur Tür gehen, sie wollen mit mir was besprechen. Sie waren betrunken. Als ich mitgegangen bin, haben sie mich ins Auto getan und brachten mich zu ihrem Haus. Dort haben sie mich vergewaltigt. An dem Abend waren sie zu dritt. Nach diesem Vorfall haben sie sich daran gewöhnt und es den Freunden weitergesagt. Ich wurde dann zwei dreimal weiter vergewaltigt. Abgesehen von diesen weiteren Vergewaltigungen gab es in diesem Jugendzentrum auch sexuelle Belästigungen mit dem Finger bzw. Oralbefriedigung.

R: Wann und in welchem Jahr war das?

BF: Bevor ich geflüchtet bin.

R: In welchem Jahr war das?

BF: XXXX oder XXXX war das.

R: War das auch anderen Personen gegenüber, dass diese sexuell belästigt wurden?

BF: Das weiß ich nicht. Ich kann in der Früh, wenn ich aufstehe, mich an diese Vorfälle erinnern. Ich kann nicht frühstücken, weil mir übel ist und ich muss mich übergeben.

RV: Haben Sie Körper Tattoos?

BF: Ja.

RV: Können Sie uns diese zeigen? (BF zeigt Tattoo auf der rechten Hand, aus Sicht des BF, und am rechten Oberarm in Form eines Kreuzes, 10x10cm, BF trägt ein langärmliges blaukariertes Hemd, durch das das Kreuztattoo bedeckt ist) RV merkt an: Bei einer Außentemperatur -1°

R: Bei einer Raumtemperatur von +23°

BF: Wegen der Angst im Jugendzentrum im Iran. Dort haben mir die Burschen gesagt, wenn ich ein Tattoo habe, werden sie mich nicht mehr weiter belästigen. Weil sie mir gesagt haben, ich werde in Ruhe gelassen, wenn ich mir diese Tattoos machen lasse.

RV: Glauben Sie, dass die Vorkommnisse im Iran auch in Afghanistan bekannt sein könnte?

BF: Die, die im Iran waren, wissen, dass ich nicht mehr im Iran bin, sondern nach Europa gekommen bin.

R: Sind Sie mit den Personen noch in Kontakt?

BF: Nein.

R: Warum wissen Sie dann, dass diese Personen wissen, dass Sie in Europa sind?

BF: Als ich im ersten Jahr, als ich nach Österreich kam, einen Instagram Account angelegt habe, habe ich dort ein Foto gepostet.

RV: Wann haben Sie mit Ihrer Mutter über die Entführung in Afghanistan von den Taliban, gesprochen?

BF: Bevor ich ausgereist bin, hat meine Mutter mir das gesagt. Sie hat es geplant und hat mir gesagt, mein Leben sei in Gefahr. Sie verkaufte ihre Goldstücke und organisierte meine Reise.

R: Warum hat sie das vor Ihrer Ausreise gesagt, nachdem die Kommunikation sehr dürftig gewesen sein muss?

BF: Meine Mutter hatte diesen Plan schon drei Monate vorher geschmiedet und mich aus dem Iran wegzuschicken und mich zu schützen. Sie hat mir gesagt, dass ich in Afghanistan nicht leben könnte.

RV: Warum hat sie in der ganzen Zeit, wo Sie im Iran gelebt haben, nicht mit Ihnen darüber gesprochen?

BF: Ich war ein Kind und sie wollte mich damit in Ruhe lassen. Es gab genug Schwierigkeiten anderer Art, Armut und wir hatten dort keine Aufenthaltsgenehmigung.

R: Sie waren ja dann längere Zeit kein Kind mehr. Sie sagten, dass Sie mit ca. 14 Jahren aus dem Iran ausgereist sind. Haben Sie Ihre Mutter vorher über diese Umstände der Entführung gefragt bzw. warum haben Sie sie nicht gefragt?

BF: Meine Mutter wollte mir nicht zusätzlich Kummer bereiten und mir diese Dinge erzählen. Wir hatten ohnehin schon Probleme.

R: Haben Sie Ihre Mutter über den Vorfall gefragt?

BF: Nein.

R: Warum haben Sie Ihre Mutter über den Vorfall in Afghanistan nicht gefragt?

BF: Meine Mutter hatte genug Schwierigkeiten zuhause. Ich war nicht das einzige Kind, ich hatte noch zwei kleine Schwestern, die sie versorgen musste. Sie musste sich auch um sie Gedanken machen. Als meine Mutter gesehen hat, dass sie keine andere Wahl mehr hat, hat sie gesagt, dass ich weder in Afghanistan noch im Iran leben kann.

R: Als sie das drei Monate vor ihrer Ausreise erzählt hat, haben Sie dann über die genaueren Umstände dieses Vorfalls Ihre Mutter gefragt?

BF: Nein, ich habe weder genau gefragt, noch hat sie etwas genauer erzählt.

R: Warum haben Sie Ihre Mutter nicht genauer gefragt, bei einer solchen Behauptung?

BF: Ich war mit mir beschäftigt. Wenn ich von der Arbeit nachhause kam und den ganzen Weg über habe ich am ganzen Körper gezittert und hatte Angst, dass mich jeden Moment jemand sexuell belästigen könnte.

R: Sind Sie dann, nachdem Sie diese Angst gehabt haben, in die Arbeit gegangen?

BF: Ja, ich war gezwungen. Ich musste ja auch etwas beitragen.

R: Was haben Sie dort gearbeitet?

BF: Als Schuster.

RV: Keine weiteren Fragen.

RV legt vor:

* Schreiben der Staatsanwaltschaft XXXX , welche als Beilage./A zum Akt genommen wird und eine Anzeige, welche als Beilage./B zum Akt genommen wird.

Dem BF wird eine Frist eingeräumt, den Befund bzw. Arztbriefe dem BVwG innerhalb einer Woche vorzulegen.

R an RV: Wollen Sie eine Stellungnahme abgeben?

RV: Nein.

R an BF: Wollen Sie noch etwas sagen?

BF: Ich möchte noch etwas sagen. Ich habe von Kindheit bis jetzt niemanden gehabt, der mir geholfen hat und deshalb habe ich mir gedacht, dass Sie mir heute helfen können. Deswegen habe ich heute alles erzählt.

11. Mit Schriftsatz vom XXXX brachte der BF im Wege seiner Vertretung folgende Unterlagen (in Kopie) in Vorlage:

* Therapiebestätigung vom XXXX , ausgestellt von XXXX , aus welcher hervorgeht, dass sich der BF in psychotherapeutischer Behandlung befinde;

* Bestätigung Universitätsklinik für Medizinische Psychologie vom XXXX , aus welcher hervorgeht, dass der BF von XXXX bis XXXX sich in ambulanter Behandlung befunden habe.

12. Mit Schriftsatz vom XXXX wurden ferner folgende medizinische Unterlagen vorgelegt:

* Bestätigung der Universitätsklinik für Medizinische Psychologie vom XXXX , wonach sich der BF seit XXXX in dieser Klinik in Behandlung befinde. Ferner wird im Befund ausgeführt, dass beim Patienten nach einem tätlichen Angriff auf ihn Ende des Jahres 2018 sowie aufgrund zahlreicher sehr belastender Erfahrungen eine sonstige Reaktion auf schwere Belastung (ICD 10: F43.8) vorliege und eine ambulante Weiterbehandlung indiziert sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des BF

1.1.1. Der nunmehr volljährige BF ist afghanischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Hazara sowie der schiitischen Glaubensrichtung des Islam an. Am XXXX stellte er nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom XXXX wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Er stammt aus der afghanischen Provinz Kabul. Im Alter von vier oder fünf Jahren hat er den Herkunftsstaat gemeinsam mit seinen Eltern und seinen beiden Schwestern verlassen. Bis zum Jahr XXXX hat er mit im Iran gewohnt. Seine Familie lebt nach wie vor im Iran. In Afghanistan verfügt er über keine familiären oder sonstigen sozialen Anknüpfungspunkte.

Der BF hat am rechten Unterarm eine circa 10 cm mal 10 cm große Tätowierung in Form eines Kreuzes. Diese Tätowierung ist kein Ausdruck einer religiösen oder politischen Haltung und kann durch das Tragen von langärmliger Bekleidung gänzlich verdeckt werden.

Der Beschwerdeführer leidet an einer sonstigen Reaktion auf schwere Belastung (ICD 10: F43.8). Aufgrund dieser psychischen Erkrankung ist beim BF eine ambulante Behandlung sowie ein sozial-psychiatrisches Case Management im Ausmaß von 20 Stunden pro Monat indiziert.

In Österreich ist der BF unbescholten.

1.1.2. Es steht nicht fest, dass der BF im Fall seiner Rückkehr einer gezielt gegen seine Person gerichteten Verfolgung durch die Taliban ausgesetzt wäre. Ebenso wenig besteht für ihn in Afghanistan die reale Gefahr, sexuell missbraucht und/oder als Bacha Bazi eingesetzt zu werden. Ferner steht nicht fest, dass der BF in Afghanistan der realen Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt ist, da er im Iran sexuell missbraucht worden ist.

Die reale Gefahr einer Verfolgung aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara und/oder seines schiitischen Glaubensbekenntnisses besteht nicht. Ferner steht nicht fest, dass dem BF im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat Verfolgung aufgrund seines mehrjährigen Aufenthalts im Iran und/oder in Österreich drohen würde. Es ist nicht wahrscheinlich, dass dem BF in Afghanistan eine westliche Wertehaltung unterstellt wird. Im Übrigen besteht für den BF kein reales Risiko, im Fall seiner (hypothetischen) Rückkehr zwangsrekrutiert zu werden.

Es kann sohin insgesamt nicht festgestellt werden, dass der BF aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität oder der Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe oder zu einer sozialen Gruppe von staatlicher Seite oder von privaten Dritten verfolgt wird.

1.2. Zur allgemeinen politischen und menschenrechtlichen Situation in Afghanistan wird Folgendes festgestellt:

I. Politische Lage

Nach dem Sturz des Taliban-Regimes im Jahr 2001 wurde eine neue Verfassung ausgearbeitet und im Jahr 2004 angenommen (BFA Staatendokumentation 7.2016; vgl. Casolino 2011). Sie basiert auf der Verfassung aus dem Jahr 1964. Bei der Ratifizierung sah diese Verfassung vor, dass kein Gesetz gegen die Grundsätze und Bestimmungen des Islam verstoßen darf und alle Bürger Afghanistans, Mann wie Frau, gleiche Rechte und Pflichten vor dem Gesetz haben (BFA Staatendokumentation 3.2014; vgl. Casolino 2011, MPI 27.1.2004).

Die Verfassung der islamischen Republik Afghanistan sieht vor, dass der Präsident der Republik direkt vom Volk gewählt wird und sein Mandat fünf Jahre beträgt (Casolino 2011). Implizit schreibt die Verfassung dem Präsidenten auch die Führung der Exekutive zu (AAN 13.2.2015).

Nach den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2014 einigten sich die beiden Kandidaten Ashraf Ghani und Abdullah Abdullah Mitte 2014 auf eine Regierung der Nationalen Einheit (RNE) (AM 2015; vgl. DW 30.9.2014). Mit dem RNE-Abkommen vom 21.9.2014 wurde neben dem Amt des Präsidenten der Posten des CEO (Chief Executive Officer) eingeführt, dessen Befugnisse jenen eines Premierministers entsprechen. Über die genaue Gestalt und Institutionalisierung des Postens des CEO muss noch eine loya jirga [Anm.: größte nationale Versammlung zur Klärung von wichtigen politischen bzw. verfassungsrelevanten Fragen] entscheiden (AAN 13.2.2015; vgl. AAN o. D.), doch die Einberufung einer loya jirga hängt von der Abhaltung von Wahlen ab (CRS 13.12.2017).

Die afghanische Innenpolitik war daraufhin von langwierigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Regierungslagern unter Führung von Präsident Ashraf Ghani und dem Regierungsvorsitzenden (Chief Executive Officer, CEO) Abdullah Abdullah geprägt. Kurz vor dem Warschauer NATO-Gipfel im Juli 2016 wurden schließlich alle Ministerämter besetzt (AA 9.2016).

Parlament und Parlamentswahlen

Die afghanische Nationalversammlung ist die höchste legislative Institution des Landes und agiert im Namen des gesamten afghanischen Volkes (Casolino 2011). Sie besteht aus dem Unterhaus, auch wolesi jirga, "Kammer des Volkes", genannt, und dem Oberhaus, meshrano jirga auch "Ältestenrat" oder "Senat" genannt. Das Unterhaus hat 250 Sitze, die sich proportional zur Bevölkerungszahl auf die 34 Provinzen verteilen. Verfassungsgemäß sind für Frauen 68 Sitze, für die Minderheit der Kutschi zehn Sitze und für Vertreter der Hindu- bzw. Sikh-Gemeinschaft ein Sitz im Unterhaus reserviert (AAN 22.1.2017; vgl. USDOS 20.4.2018, USDOS 15.8.2017, CRS 13.12.2017, Casolino 2011). Die Mitglieder des Unterhauses haben ein Mandat von fünf Jahren (Casolino 2011). Die verfassungsmäßigen Quoten gewährleisten einen Frauenanteil von ca. 25% im Unterhaus (AAN 22.1.2017).

Das Oberhaus umfasst 102 Sitze (IPU 27.2.2018). Zwei Drittel von diesen werden von den gewählten Provinzräten vergeben. Das verbleibende Drittel, wovon 50% mit Frauen besetzt werden müssen, vergibt der Präsident selbst. Zwei der vom Präsidenten zu vergebenden Sitze sind verfassungsgemäß für die Kutschi-Minderheit und zwei weitere für behinderte Personen bestimmt. Auch ist de facto ein Sitz für einen Vertreter der Hindu- bzw. Sikh-Gemeinschaft reserviert (USDOS 20.4.2018; vgl. USDOS 15.8.2017).

Die Rolle des Parlaments bleibt begrenzt. Zwar beweisen die Abgeordneten mit kritischen Anhörungen und Abänderungen von Gesetzentwürfen in teils wichtigen Punkten, dass das Parlament grundsätzlich funktionsfähig ist. Zugleich nutzt das Parlament seine verfassungsmäßigen Rechte, um die Arbeit der Regierung destruktiv zu behindern, Personalvorschläge der Regierung z. T. über längere Zeiträume zu blockieren und sich Zugeständnisse wohl auch durch finanzielle Zuwendungen an einzelne Abgeordnete abkaufen zu lassen. Insbesondere das Unterhaus hat sich dadurch sowohl die RNE als auch die Zivilgesellschaft zum Gegner gemacht. Generell leider die Legislative unter einem kaum entwickelten Parteiensystem und mangelnder Rechenschaft der Parlamentarier gegenüber ihren Wählern (AA 5.2018).

Die für Oktober 2016 angekündigten Parlamentswahlen konnten wegen ausstehender Wahlrechtsreformen nicht am geplanten Termin abgehalten werden. Daher bleibt das bestehende Parlament weiterhin im Amt (AA 9.2016; vgl. CRS 12.1.2017). Im September 2016 wurde das neue Wahlgesetz verabschiedet und Anfang April 2018 wurde von der unabhängigen Wahlkommission (IEC) der 20. Oktober 2018 als neuer Wahltermin festgelegt. Gleichzeitig sollen auch die Distriktwahlen stattfinden (AAN 12.4.2018; vgl. AAN 22.1.2017, AAN 18.12.2016).

Parteien

Die afghanische Verfassung erlaubt die Gründung politischer Parteien, solange deren Programm nicht im Widerspruch zu den Prinzipien des Islam steht (USDOS 15.8.2017). Um den Parteien einen allgemeinen und nationalen Charakter zu verleihen, verbietet die Verfassung jeglichen Zusammenschluss in politischen Organisationen, der aufgrund von ethnischer, sprachlicher oder konfessioneller Zugehörigkeit erfolgt (Casolino 2011). Auch darf keine rechtmäßig zustande gekommene Partei oder Organisation ohne rechtliche Begründung und ohne richterlichen Beschluss aufgelöst werden (AE o. D.). Der Terminus "Partei" umfasst gegenwärtig eine Reihe von Organisationen mit sehr unterschiedlichen organisatorischen und politischen Hintergründen. Trotzdem existieren Ähnlichkeiten in ihrer Arbeitsweise. Einer Anzahl von ihnen war es möglich, die Exekutive und Legislative der Regierung zu beeinflussen (USIP 3.2015).

Die meisten dieser Gruppierungen erscheinen jedoch mehr als Machtvehikel ihrer Führungsfiguren, denn als politisch-programmatisch gefestigte Parteien. Ethnischer Proporz, persönliche Beziehungen und ad hoc geformte Koalitionen genießen traditionell mehr Einfluss als politische Organisationen. Die Schwäche des sich noch entwickelnden Parteiensystems ist auf strukturelle Elemente (wie z.B. das Fehlen eines Parteienfinanzierungsgesetzes) zurückzuführen sowie auf eine allgemeine Skepsis der Bevölkerung und der Medien. Reformversuche sind im Gange, werden aber durch die unterschiedlichen Interessenlagen immer wieder gestört, etwa durch das Unterhaus selbst (AA 9.2016). Ein hoher Grad an Fragmentierung sowie eine Ausrichtung auf Führungspersönlichkeiten sind charakteristische Merkmale der afghanischen Parteienlandschaft (AAN 6.5.2018).

Mit Stand Mai 2018 waren 74 Parteien beim Justizministerium (MoJ) registriert (AAN 6.5.2018).

Parteienlandschaft und Opposition

Nach zweijährigen Verhandlungen unterzeichneten im September 2016 Vertreter der afghanischen Regierung und der Hezb-e Islami ein Abkommen (CRS 12.1.2017), das letzterer Immunität für "vergangene politische und militärische" Taten zusichert. Dafür verpflichtete sich die Gruppe, alle militärischen Aktivitäten einzustellen (DW 29.9.2016). Das Abkommen beinhaltete unter anderem die Möglichkeit eines Regierungspostens für den historischen Anführer der Hezb-e-Islami, Gulbuddin Hekmatyar; auch soll sich die afghanische Regierung bemühen, internationale Sanktionen gegen Hekmatyar aufheben zu lassen (CRS 12.1.2017). Tatsächlich wurde dieser im Februar 2017 von der Sanktionsliste des UN-Sicherheitsrates gestrichen (AAN 3.5.2017). Am 4.5.2017 kehrte Hekmatyar nach Kabul zurück (AAN 4.5.2017). Die Rückkehr Hekmatyars führte u.a. zu parteiinternen Spannungen, da nicht alle Fraktionen innerhalb der Hezb-e Islami mit der aus dem Friedensabkommen von 2016 erwachsenen Verpflichtung sich unter Hekmatyars Führung wiederzuvereinigen, einverstanden sind (AAN 25.11.2017; vgl. Tolonews 19.12.2017, AAN 6.5.2018). Der innerparteiliche Konflikt dauert weiter an (Tolonews 14.3.2018).

Ende Juni 2017 gründeten Vertreter der Jamiat-e Islami-Partei unter Salahuddin Rabbani und Atta Muhammad Noor, der Jombesh-e Melli-ye Islami-Partei unter Abdul Rashid Dostum und der Hezb-e Wahdat-e Mardom-Partei unter Mardom Muhammad Mohaqeq die semi-oppositionelle "Coalition for the Salvation of Afghanistan", auch "Ankara Coalition" genannt. Diese Koalition besteht aus drei großen politischen Parteien mit starker ethnischer Unterstützung (jeweils Tadschiken, Usbeken und Hazara) (AB 18.11.2017; vgl. AAN 6.5.2018).

Unterstützer des weiterhin politisch tätigen ehemaligen Präsidenten Hamid Karzai gründeten im Oktober 2017 eine neue politische Bewegung, die Mehwar-e Mardom-e Afghanistan (The People's Axis of Afghanistan), unter der inoffiziellen Führung von Rahmatullah Nabil, des ehemaligen Chefs des afghanischen Geheimdienstes (NDS). Später distanzierten sich die Mitglieder der Bewegung von den politischen Ansichten Hamid Karzais (AAN 6.5.2018; vgl. AAN 11.10.2017).

Anwarul Haq Ahadi, der langjährige Anführer der Afghan Mellat, eine der ältesten Parteien Afghanistans, verbündete sich mit der ehemaligen Mujahedin-Partei Harakat-e Enqilab-e Eslami-e Afghanistan. Gemeinsam nehmen diese beiden Parteien am New National Front of Afghanistan teil (NNF), eine der kritischsten Oppositionsgruppierungen in Afghanistan (AAN 6.5.2018; vgl. AB 29.5.2017).

Eine weitere Oppositionspartei ist die Hezb-e Kongara-ya Melli-ye Afghanistan (The National Congress Party of Afghanistan) unter der Führung von Abdul Latif Pedram (AB 15.1.2016; vgl. AB 29.5.2017).

Auch wurde die linksorientierte Hezb-e-Watan-Partei (The Fatherland Party) wieder ins Leben gerufen, mit der Absicht, ein wichtiges Segment der ehemaligen linken Kräfte in Afghanistan zusammenzubringen (AAN 6.5.2018; vgl. AAN 21.8.2017).

Friedens- und Versöhnungsprozess

Am 28. Februar 2018 machte Afghanistans Präsident Ashraf Ghani den Taliban ein Friedensangebot (NYT 11.3.2018; vgl. TS 28.2.2018). Die Annahme des Angebots durch die Taliban würde, so Ghani, diesen verschiedene Garantien gewähren, wie eine Amnestie, die Anerkennung der Taliban-Bewegung als politische Partei, eine Abänderung der Verfassung und die Aufhebung der Sanktionen gegen ihre Anführer (TD 7.3.2018). Quellen zufolge wird die Annahme bzw. Ablehnung des Angebots derzeit in den Rängen der Taliban diskutiert (Tolonews 16.4.2018; vgl. Tolonews 11.4.2018). Anfang 2018 fanden zwei Friedenskonferenzen zur Sicherheitslage in Afghanistan statt: die zweite Runde des Kabuler Prozesses [Anm.: von der afghanischen Regierung ins Leben gerufene Friedenskonferenz mit internationaler Beteiligung] und die Friedenskonferenz in Taschkent (TD 24.3.2018; vgl. TD 7.3.2018, NZZ 28.2.2018). Anfang April rief Staatspräsident Ghani die Taliban dazu auf, sich für die Parlamentswahlen im Oktober 2018 als politische Gruppierung registrieren zu lassen, was von diesen jedoch abgelehnt wurde (Tolonews 16.4.2018). Ende April 2018 kam es in diesem Zusammenhang zu Angriffen regierungsfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich des IS, aber auch der Taliban) auf mit der Wahlregistrierung betraute Behörden in verschiedenen Provinzen (vgl. Kapitel 3. "Sicherheitslage").

Am 19.5.2018 erklärten die Taliban, sie würden keine Mitglieder afghanischer Sicherheitskräfte mehr angreifen, wenn diese ihre Truppen verlassen würden, und gewährten ihnen somit eine "Amnestie". In ihrer Stellungnahme erklärten die Aufständischen, dass das Ziel ihrer Frühlingsoffensive Amerika und ihre Alliierten seien (AJ 19.5.2018).

Am 7.6.2018 verkündete Präsident Ashraf Ghani einen Waffenstillstand mit den Taliban für den Zeitraum 12.6.2018 - 20.6.2018. Die Erklärung erfolgte, nachdem sich am 4.6.2018 über 2.000 Religionsgelehrte aus ganz Afghanistan in Kabul versammelt hatten und eine Fatwa zur Beendigung der Gewalt aussprachen (Tolonews 7.6.2018; vgl. Reuters 7.6.2018, RFL/RL 5.6.2018). Durch die Fatwa wurden Selbstmordanschläge für ungesetzlich (nach islamischem Recht, Anm.) erklärt und die Taliban dazu aufgerufen, den Friedensprozess zu unterstützen (Reuters 5.6.2018). Die Taliban selbst gingen am 9.6.2018 auf das Angebot ein und erklärten einen Waffenstillstand von drei Tagen (die ersten drei Tage des Eid-Fests, Anm.). Der Waffenstillstand würde sich jedoch nicht auf die ausländischen Sicherheitskräfte beziehen; auch würden sich die Taliban im Falle eines militärischen Angriffs verteidigen (HDN 10.6.2018; vgl. TH 10.6.2018, Tolonews 9.6.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (5.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/document/1434081.html, Zugriff 4.6.2018

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AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1253781/4598_1478857553_3-deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-afghanistan-19-10-2016.pdf, Zugriff 23.4.2018

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AAN - Afghanistan Analysts Network (6.5.2018): Afghanistan's Paradoxical Political Party System: A new AAN report, https://www.afghanistan-analysts.org/publication/aan-papers/outside-inside-afghanistans-paradoxical-political-party-system-2001-16/, Zugriff 28.5.2018

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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