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62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §12 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde des Dipl. Ing. LK in E, vertreten durch Puttinger, Vogl & Partner, Rechtsanwälte in 4910 Ried/Innkreis, Rainerstraße 6, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 26. August 1997, Zl. 4/12897/Nr.881/97-0, VNR: 4951 04 07 43, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stellte am 22. Mai 1997 unter Verwendung des bundeseinheitlich aufgelegten Antragsformulars beim Arbeitsmarktservice Ried im Innkreis den Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld. Nach dem Inhalt dieses Antrages sei er bis 20. Mai 1997 als Geschäftsführer einer namentlich genannten Ges.m.b.H tätig gewesen.
Mit dem am 24. Juni 1997 beim Arbeitsmarktservice Ried eingelangten Schreiben vom 20. Juni 1997 teilte der Beschwerdeführer u.a. mit, er habe mit Schreiben vom 6. Juni 1997 die Funktion als Geschäftsführer bei der Ges.m.b.H. mit sofortiger Wirkung zurückgelegt.
Mit Bescheid vom 18. Juli 1997 lehnte das Arbeitsmarktservice Ried im Innkreis den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 i.V.m. § 12 AlVG mangels Arbeitslosigkeit ab. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers zur Ges.m.b.H. als Geschäftsführer gelte als nicht beendet, weil auch seine organrechtliche Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht beendet gewesen sei.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Darin führte er im wesentlichen aus, daß sein Dienstverhältnis zur Ges.m.b.H. durch Kündigung des Masseverwalters mit 20. Mai 1997 geendet habe. Mit Schreiben vom 6. Juni 1997 habe er die Funktion als Geschäftsführer bei der Ges.m.b.H. zurückgelegt. Er stehe somit in keinem aufrechten Dienstverhältnis mehr und sei auch kein Organ der genannten Ges.m.b.H. Die Zurücklegung der Geschäftsführungstätigkeit sei wirksam. Ob die entsprechende Eintragung im Firmenbuch vorgenommen worden sei, sei völlig unerheblich, weil sie nur deklarative Wirkung entfalte.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung nicht statt und bestätigte den bekämpften Bescheid aus seinen zutreffenden Gründen. In der Begründung dieses Bescheides wurden das Verwaltungsgeschehen dargestellt und die anzuwendenden Gesetzesstellen wiedergegeben. Sodann wurde ausgeführt, daß der Beschwerdeführer bis 20. Mai 1997 als Geschäftsführer einer Ges.m.b.H. in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Dienstverhältnis gestanden sei. Durch Eröffnung des Konkurses mit 14. Februar 1997 gelte die Gesellschaft als aufgelöst und in das Liquidationsstadium getreten. Die Organstellung des Beschwerdeführers sei dadurch nicht beendet worden. Den Rücktritt als Geschäftsführer habe der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 6. Juni 1997 erklärt.
Der Beschwerdeführer habe am 22. Mai 1997 die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes beantragt. Zu diesem Zeitpunkt müßten alle Voraussetzungen für den Leistungsbezug vorliegen. Zu diesem Zeitpunkt sei Arbeitslosigkeit des Beschwerdeführers nicht gegeben gewesen, weil seine Organstellung als handelsrechtlicher Geschäftsführer nicht beendet gewesen sei. Die Ablehnung des Antrages auf Gewährung von Arbeitslosengeld vom 22. Mai 1997 sei daher zu Recht mangels Arbeitlosigkeit erfolgt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer behauptet, das Abstellen der belangten Behörde auf den Zeitpunkt der Antragstellung sei rechtswidrig. Der Bescheid einer Verwaltungsbehörde habe sich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Erlassung zu beziehen. Der von ihm geltend gemachte Anspruch auf Arbeitslosengeld sei zeitraumbezogen zu beurteilen. Richtigerweise hätte daher bereits die Behörde erster Instanz, aber auch die belangte Behörde seinem Antrag teilweise stattgeben müssen und ihm ab 6. Juni 1997 Arbeitslosengeld zuerkennen müssen.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht. Nach der ständigen, auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Mai 1977, Slg. Nr. 9315/A, gestützten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 21. September 1993, Zl. 92/08/0130, und vom 22. Oktober 1996, Zl. 96/08/0125, m.w.N.) ist der geltend gemachte Anspruch auf Arbeitslosengeld, sofern das Gesetz nichts Gegenteiliges bestimmt, zeitraumbezogen zu beurteilen. Gerade daraus folgt aber entgegen der Auffassung der belangten Behörde, daß die in den jeweiligen frühestens mit der Antragstellung beginnenden Zeiträumen, für welche Arbeitslosengeld beantragt wurde, gegebene Sach- und Rechtslage maßgebend ist. Das bedeutet im Beschwerdefall, daß die belangte Behörde die nach Antragstellung, aber vor Erlassung ihres Bescheides eingetretene Änderung der Sachlage (hier: durch Rücklegung der Organfunktion - vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 30. September 1997, Zl. 97/08/0108, und den Beschluß des OGH vom 30. Jänner 1997, 6 Ob 2380/96 = ecolex 1997, 505) zu beachten gehabt hätte. Da sie dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren hinsichtlich der Umsatzsteuer war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand ein Kostenersatz unter dem Titel von Umsatzsteuer nicht zusteht (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, 686).
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997080553.X00Im RIS seit
18.10.2001