TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/23 W159 2171425-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.10.2019
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Entscheidungsdatum

23.10.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W159 2171425-1/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehöriger von Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.09.2017,

Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.09.2019 zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG

2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 leg. cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Afghanistan und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara gelangte (spätestens) am 07.09.2016 nach irregulärer Einreise in das Bundesgebiet und stellte noch am gleichen Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der ebenfalls am 07.09.2016 stattgefundenen Erstbefragung durch die Polizeiinspektion XXXX gab der Antragsteller zu seinen Fluchtgründen an, dass er von der Terrorgruppe der Kuchis, welche von den Taliban gegründet worden sei, bedroht werde und diese sich schon seit einigen Jahren in Maidan Wardak befinden würden. Es würde von ihnen Druck ausgeübt werden und jedes Jahr ca. 50 bis 60 Personen umgebracht.

Nach Zulassung zum Asylverfahren erfolgte am 21.08.2017 eine ausgiebige Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Kärnten: Zu der Ersteinvernahme gefragt, gab der Antragsteller an, dass er damals "hauptsächlich" die Wahrheit gesagt habe, sein Geburtsdatum und das Ausreisedatum wäre nicht korrekt. Er kenne sein genaues Geburtsdatum nicht, aber er sei XXXX in XXXX geboren. Das in der Erstbefragung angegebene Geburtsdatum XXXX stimme daher (in Wirklichkeit wurde dort als Geburtsdatum der XXXX vermerkt!). Er sei Moslem/Schiit, Hazara und afghanischer Staatsbürger. Eine Tazkira besitze er nicht. Er sei ein normaler Moslem. Die Hazara würden in Afghanistan diskriminiert und von terroristischen Paschtunen verfolgt. Er habe elf Jahre lang die Schule in Maidan Wardak besucht und keinen Beruf erlernt. Seine Eltern hätten eine Landwirtschaft mit Ackerbau betrieben. Er habe dabei gelegentlich geholfen. Wirtschaftliche Probleme hätten sie keine gehabt. Afghanistan habe er im Winter 2013 verlassen. Er sei ledig und habe keine Kinder. Sein Vater sei 2015 verstorben. Seine Mutter und seine zwei Brüder würden bei seinem Onkel mütterlicherseits in XXXX , ca. zwei bis zweieinhalb Stunden Fußmarsch von ihrem ursprünglichen Heimatdorf entfernt, leben. Weitere Verwandte habe er nicht. Zwei seiner drei Onkel seien getötet worden. Er habe zu niemandem mehr in Afghanistan Kontakt. Zuletzt habe er mit seiner Mutter telefoniert, als er in Griechenland gewesen sei.

Zu den Fluchtgründen gefragt, gab er an, dass die afghanische Regierung eng mit den Amerikanern verbündet sei und eine terroristische Gruppe namens Kuchi vom Iran und von Russland in XXXX unterstützt werde. Diese hätten immer den Ort gewechselt. Am 30.05.2016 hätten sie ihr Dorf erreicht. Beweismittel gebe es im Internet. Es habe eine Auseinandersetzung mit den Dorfbewohnern gegeben. Dabei seien Leute getötet worden. Auch sein Vater habe sich am Kampf beteiligt. Ein Kuchi sei verletzt worden. Sein Vater habe ihm helfen wollen. Dabei sei er von den Kuchis verhaftet worden. Sie hätten ihn so sehr an den Nieren verletzt, dass er nicht mehr urinieren habe können. Über Intervention des Ältestenrates sei er dann frei gelassen worden. Sie hätten ihn aber wegen der kriegerischen Auseinandersetzungen nicht ins Krankenhaus bringen können und sei er daran verstorben.

Drei Monate nach dem Tod seines Vaters sei auch der Verletzte, dem sein Vater geholfen habe, verstorben und die Söhne des verstorbenen Kuchis hätten an ihm Rache nehmen wollen. Sie hätten gedacht, dass sein Vater der Mörder ihres Vaters sei. Die vier Söhne hätten vom Schuldirektor des Ortes alle Informationen über ihn erhalten. Dieser habe ihn dann gewarnt und sei er auch vom Distriktleiterassistenten, einem Freund seines Vaters, informiert worden. Wenn die Söhne des Getöteten ihn erwischt hätten, hätten sie ihn auch getötet. Direkten Kontakt zu den Söhnen des verstorbenen Kuchis habe er keinen gehabt. Gefragt, warum die Söhne an ihm Rache hätten nehmen wollen, zumal sein Vater versucht habe, den Kuchis zu helfen, gab der Antragsteller an, dass er nicht wisse, ob sein Vater den Kuchis geholfen habe. Er habe ihnen das gesagt. Nachdem der Assistent des Distriktleiters ihn informiert habe, habe er sich drei bis vier Tage versteckt und sei dann geflüchtet. Der Asylwerber gab an, dass er Beweise zu seinen Fluchtgründen im Internet habe und nannte eine diesbezügliche Internetadresse. Dieser Bericht handelt allerdings von einem Angriff auf das Haus des ehemaligen Präsidenten. Angeblich habe sich das Ereignis im gleichen Dorf abgespielt.

In Afghanistan sei die Sicherheitslage nicht gut. Als Schiit habe man dort Probleme. Einen konkreten Vorfall habe es allerdings nicht gegeben. Gefragt, ob er konkret von Paschtunen verfolgt worden sei, gab er an, dass viele Hazara heutzutage sterben würden. Wenn er ein Paschtune gewesen wäre, wäre er nicht verfolgt worden. Er könne sich nicht vorstellen, nach Afghanistan zurückzukehren. Über Vorhalt, dass die Kuchis keine Terroristen seien, sondern Nomadenvölker gab er an, dass er nachweisen könne, dass die Kuchis bewaffnet wären. Persönlich konkret bedroht oder verfolgt sei er nicht worden. Er habe auch keine Probleme mit den Behörden seines Heimatlandes gehabt und sei auch niemals in Haft gewesen.

In Österreich besuche er die angebotenen Deutschkurse.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Kärnten vom 04.09.2017, Zahl XXXX wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, unter Spruchteil II. dieser Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen, unter Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei sowie unter Spruchpunkt IV. die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen festgelegt.

In der Begründung des Bescheides wurde der bisherige Verfahrensgang einschließlich der oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt und anschließend Feststellungen zum Herkunftsstaat Afghanistan getroffen, welche auch solche zum Hazara-Kuchi-Konflikt enthalten. Zum Alter wurde beweiswürdigend ausgeführt, dass nach Festlegung einer Altersfeststellung der Beschwerdeführer von sich aus angegeben habe, dass er bereits im Juni 2016 18 Jahre alt gewesen sei und sei daraufhin mittels Verfahrensanordnung das Geburtsdatum mit XXXX festgelegt worden. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Herkunft und Religionszugehörigkeit würden sich aus den glaubhaften und gleichbleibenden Angaben in den Einvernahmen ergeben. Die unrichtigen Angaben zum Geburtsdatum würden die persönliche Glaubwürdigkeit stark beeinträchtigen. Die vom Beschwerdeführer vorgelegte Presseaussendung lasse keinen Zusammenhang zum Fluchtvorbringen erkennen. Die Wurzeln des Konfliktes zwischen den Kuchi-Nomaden und den Hazara in Zentralafghanistan würden bis auf das 19. Jahrhundert zurückgehen. Der Beschwerdeführer habe aber angegeben, dass er während der gesamten Zeit keinen persönlichen Kontakt mit den Kuchis gehabt habe. Der Antragsteller habe auch angegeben, der Überfall der Kuchis auf sein Heimatdorf hätte sich am 30.05.2016 ereignet. Zu diesem Zeitpunkt sei jedoch der Beschwerdeführer bereits nachweislich in Griechenland gewesen. Die Diskriminierungen der Angehörigen der Volksgruppe der Hazara würden insgesamt nicht ausreichen, um Asyl zu gewähren. Eine konkrete Bedrohung seiner Person durch die Kuchis habe der Beschwerdeführer trotz mehrmaliger Nachfrage nicht darstellen können. Es sei insgesamt daher eine gegen seine Person gerichtete Verfolgungsgefahr aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe nicht behauptet worden.

Rechtlich begründend zu Spruchteil I. wurde daher insbesondere ausgeführt, dass das Vorbringen über eine Verfolgungssituation nicht glaubhaft sei bzw. von dem Beschwerdeführer gar nicht behauptet worden sei. Zu Spruchteil II. wurde insbesondere dargelegt, dass keine glaubhaften Gründe für eine Rückkehrgefährdung vorlägen und überdies eine innerstaatliche Fluchtalternative, insbesondere in Kabul, vorliege, zumal der Beschwerdeführer auch an keiner physischen oder psychischen Erkrankung leide, volljährig und arbeitsfähig wäre. Zu Spruchteil III. wurde zunächst festgehalten, dass keine der Voraussetzungen des § 57 AsylG auf den Beschwerdeführer zutreffe und er auch kein Familienleben in Österreich führe. Er sei rechtswidrig im September 2016 in das Bundesgebiet eingereist und habe nach wie vor in Österreich keine schützenswerten privaten oder sozialen Anknüpfungspunkte, auch wenn er derzeit Deutschkurse besuche. Außerdem habe er nie ein über das Asylrecht hinausgehendes Aufenthaltsrecht in Österreich besessen und habe er sich seines unsicheren Aufenthaltsstaus bewusst sein müssen. Der Beschwerdeführer habe wesentlich mehr Bindungen zu seinem Heimatstaat als zu Österreich, wo er auch nicht selbsterhaltungsfähig sei und habe gegen wesentliche Rechtsvorschriften im Bereich des Asyl-, Fremden- und Einwanderungsrechtes verstoßen. Bei einer Gesamtbetrachtung der Situation nach Abwägung aller Interessen sei daher festzustellen, dass im vorliegenden Fall die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung größere Bedeutung als den privaten Interessen an einem weiteren Aufenthalt in Österreich zukommen würden. Es sei daher kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen gewesen und eine Rückkehrentscheidung zu erlassen gewesen. Im vorliegenden Fall bestehe auch keine Gefährdung im Sinne des § 50 FPG und stehe einer Abschiebung nach Afghanistan auch keine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte entgegen, sodass diese als zulässig zu bezeichnen sei. Gründe für die Verlängerung der Frist der freiwilligen Ausreise hätten ebenfalls nicht festgestellt werden können.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller unter Anschluss einer Vollmacht an die ARGE-Rechtsberatung gegen alle Spruchteile fristgerecht Beschwerde. Nach (geraffter) Darstellung des bisherigen Verfahrensganges und Vorbringen wurden mangelhafte Länderberichte kritisiert und auszugsweise aus anderen Länderberichten zitiert, woraus geschlussfolgert wurde, dass sich die Sicherheitslage in Afghanistan in den letzten Monaten massiv verschlechtert habe und auch die wirtschaftliche Lage äußerst desolat wäre. Die afghanischen Behörden seien nicht schutzfähig und stehe dem Beschwerdeführer auch keine inländische Fluchtalternative offen.

Der Beschwerdeführer habe sich nicht, wie irrtümlich vom BFA angenommen, noch mehrere Monate nach Bekanntgabe der Racheabsichten der vier Söhne des verstorben Kuchi in der Region aufgehalten, sondern lediglich wenige Tage. Wenn auch sein Vater im Zeitpunkt der Flucht bereits verstorben sei, handle es sich bei jenem Geld, mit dem der Beschwerdeführer die Kosten für die Flucht finanziert habe, um Ersparnisse seines Vaters. Weiters wurde rechtlich ausgeführt, dass der Beschwerdeführer wegen der Zugehörigkeit zur Gruppe der kampffähigen Männer, Angehöriger der Minderheit der Hazara sowie als Person, die längere Zeit im westlichen Ausland gelebt habe, wegen prowestlicher Gesinnung einer Verfolgung ausgesetzt sei. Weiters bestehe für den Beschwerdeführer das reale Risiko einer Verletzung von Artikel 2 und Artikel 3 bei einer Rückkehr. Schließlich bemühe sich der Beschwerdeführer auch sehr um seine Integration und sei die Rückkehrentscheidung ein Eingriff in das schützenswerte Privatleben des Beschwerdeführers. Schließlich wurde auch unter Hinweis auf Art. 47 GRC und die dazu ergangene Judikatur die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung ausdrücklich beantragt.

In der Folge wurde auch eine Beschäftigungsbewilligung des XXXX sowie Lohn- und Gehaltsabrechnungen vorgelegt. Seitens der Beschwerdeführervertretung wurde eine Besuchsbestätigung des Vorbereitungslehrgangs zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses sowie Teilprüfungszeugnis, die Teilnahmebestätigung an einem Erste-Hilfe-Grundkurs sowie eine Arbeitsbescheinigung der XXXX als Küchenhilfe übermittelt.

Das Bundesverwaltungsgericht beraumte eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung für den 05.09.2019 an.

Während von Seiten der belangten Behörde kein Vertreter erschienen ist, war der Beschwerdeführer in Begleitung eines Mitarbeiters seiner ausgewiesenen Vertretung sowie zweier Vertrauenspersonen bei der Verhandlung anwesend. Der Beschwerdeführer legte Unterstützungsschreiben der XXXX , eine Arbeitsbestätigung des XXXX , ein Unterstützungsschreiben der XXXX , der XXXX und der XXXX sowie weitere Teilprüfungszeugnisse für den Pflichtschulabschluss ergänzend vor.

Der Beschwerdeführer hielt sein bisheriges Vorbringen aufrecht, gab aber an, dass es bei der Erstbefragung Probleme mit dem Dolmetscher gegeben habe. Er sei afghanischer Staatsangehöriger, habe aber keine Dokumente. Von der Volksgruppe her sei er Hazara und schiitischer Moslem, aber seine persönliche Meinung sei Menschlichkeit, Gleichberechtigung und eine gepflegte Umgangsweise die beste Religion, die die Menschheit befolgen könne. Der tägliche Umgang miteinander sei wesentlich wichtiger.

Er sei am XXXX im Dorf XXXX in der Provinz Maidan Wardak geboren. Ursprünglich habe er sein richtiges Geburtsdatum nicht gewusst. Er habe dann ein Gespräch mit Beamten in Traiskirchen gehabt und sei dann zu dem Entschluss gekommen, dass sein richtiges Geburtsjahr XXXX sei. Er habe sein ganzes Leben in seinem Heimatdorf verbracht und elf Jahre lang die Schule besucht. Die 7. Schulstufe habe er wiederholen müssen. Sein Vater habe eine eigene Landwirtschaft betrieben und habe beispielsweise Weizen und Kartoffeln angebaut. Sie hätten auch einige Kühe, einen Hund und einige Schafe gehabt. Befragt, ob es bei ihnen üblich sei, Hunde zu halten, gab er an, dass er Hunde liebe, aber andere andere Vorstellungen hätten. Seine Heimatregion sei gebirgig. Sie würden in einem Tal leben, hätten auch Quellwasser. Es sei eine grüne Region, aber die Sommermonate seien heiß. Im Sommer trocknet es ziemlich aus. Er habe zwei jüngere Brüder. Seine Brüder und seine Mutter würden sich in Pakistan in einer Ortschaft, die als XXXX bekannt sei, aufhalten.

Gefragt, was er über die Kuchis wisse, antwortete er mit der Gegenfrage: "Welche Gruppe von Kuchis meinen Sie?". Aufgefordert, allgemeines über die Kuchis zu erzählen, legte er eine Seite mit zehn Internet-Links betreffend den Kuchi-Hazara-Konflikt vor und wurde die Dolmetscherin gebeten die Links nachzusehen und zusammenfassend zu übersetzen. Bei den Kuchis handle es sich bei ihnen um Taliban, die die traditionelle Kleidung der Kuchis anziehen würden und ihre Ortschaft überfallen. Über Vorhalt, dass Kuchis normalerweise Nomaden seien, die unter anderem ihre Tiere auf Feldern weiden, wodurch es regelmäßig zu bewaffneten Konflikten komme, während eine Bezeichnung der Kuchis als terroristische Gruppierung, die von den Russen unterstützt werde, zumindest ungewöhnlich erscheine und durch die dem Bundesverwaltungsgericht zur Verfügung stehenden Quellen nicht gedeckt sei, gab der Beschwerdeführer an, dass es normale Nomaden gebe, die Tiere halten. Diese Gruppe gebe es aber in XXXX kaum. Es handle sich vielmehr um Taliban. Die Verfassung sei bereits zu Zeiten des XXXX festgelegt worden, dass sich die Kuchis in den Gegenden der Hazara aufhalten dürfen. Diese Klausel werde von den Taliban für ihre Zwecke missbraucht. Befragt, warum sich in seiner Heimatregion die Taliban als Kuchis verkleiden würden und die den Kuchis eingeräumten Rechte zu ihren Gunsten ausnützen würden, gab er an, dass die Taliban direkt oder indirekt in ganz Afghanistan operieren würden und durch diese Vorgangsweise den Staat unter Druck setzen würden. Gefragt, ob die Kuchis jedes Jahr kommen würden, gab er an, dass es Taliban wären, die kommen würden. Seit 2008 gebe es zahlreiche Aktivitäten dieser Gruppierung, wobei der Beschwerdeführer mehrere Ortschaften nannte, wo es Gefechte gegeben habe und dazu ausführte, dass die Aufnahmen auf Youtube abrufbar seien. Es seien Häuser angezündet worden und Menschen getötet worden. 2.500 Personen hätten die Flucht ergreifen müssen. Es seien deren Häuser in Brand gesetzt worden. Die Art der Überfälle und Angriffe habe sich über die Jahre geändert, allerdings seien immer wieder Menschen dabei getötet worden. Gefragt nach dem letzten Überfall auf das Dorf, bevor er ausgereist sei, gab er an, dass dieser zu seiner Flucht geführt habe und dass Anfang des Sommers 2015 am 30.06. die Taliban die Gegend zwischen XXXX und XXXX überfallen hätten und ohne Erbarmen gegen die Lokalbevölkerung vorgegangen wäre. Sein Vater habe versucht wie die anderen Menschen vor Ort sich zu verteidigen. Es sei den ganzen Tag gekämpft worden. Danach seien die Kriegshandlungen in anderen Ortschaften fortgesetzt worden. Gefragt, ob er ungefähr sagen könne, wie viele Teilnehmer an der bewaffneten Auseinandersetzung teilgenommen hätten, gab er an, dass er über die Talibankämpfer nichts sagen könne und aus seinem Dorf sein Vater in den Krieg gezogen sei. Am frühen Abend habe sein Vater einen verletzten Talibankämpfer wahrgenommen. Er habe Hilfe leisten wollen, ihn retten, zumindest habe sein Vater ihnen das so erklärt. Er habe sich als Helfer vorgestellt. Er glaube nicht, dass sein Vater vor seinen Kindern zugeben würde, dass er ein Mörder sei. Gefragt, wie viele Tote es bei diesen Auseinandersetzungen an diesem Tag ungefähr gegeben habe, führte der Beschwerdeführer aus, dass ihm erzählt worden sei, dass aus den umliegenden Dörfern sechs bis sieben Personen gefallen seien. Gesehen habe er die Leichen nicht. Als sein Vater versucht habe, diesem Mann zu helfen, sie er bewaffnet gewesen. Er sei dann aufgegriffen und brutal zusammengeschlagen und verschleppt worden. Zwei Tage lang sei er eingesperrt worden. Dann habe es eine kleine Ratsversammlung zwischen den Taliban und den Dorfbewohnern gegeben. Es sei zu einer Einigung gekommen und sein Vater sei freigelassen worden. Gefragt, ob die bewaffneten Auseinandersetzungen an einem Tag vorbei gewesen seien, verneinte der Beschwerdeführer. Es sei nur an diesem Tag durchgehend gekämpft worden. Es würden auch aktuell Kriegsszenarien stattfinden. Dazu habe er auch einen Link kopiert. Dabei gehe es auch um eine Gruppierung von Menschen, die sich illegal selbst mit Waffen verteidige ("Zusammenschluss zum Widerstand").

Über Vorhalt, dass er beim BFA das Datum der Auseinandersetzung mit dem 30.05.2016 datiert habe, wobei er zu diesem Zeitpunkt schon in Griechenland gewesen sei, gab er an, dass er glaube, dass das falsch abgetippt worden sei. Aufgefordert, Näheres zum Tod seines Vaters auszuführen, gab er an, dass sein Vater brutal zusammengeschlagen worden sei und daher die inneren Organe verletzt worden seien. Die Gegend sei von sogenannten Kuchis umzingelt worden. Damit meine er die Taliban. Sie hätten seinen Vater nicht aus dem Dorf wegbringen können und in ein Krankenhaus transportieren können. Deswegen habe sein Vater bedauerlicherweise sein Leben verloren. Es sei im Herbst gewesen. Die Blätter seien am Boden gelegen. Gefragt, ob er persönlich in die Kämpfe zwischen den Kuchis/Taliban und den Dorfbewohnern involviert worden sei, gab er an, dass er damals ein Jugendlicher gewesen sei. Nach dem Tod seines Vaters habe es geschneit. Es habe in der Gegend recht ruhig gewirkt. Gegen zwei Uhr nachts habe ihn sein ehemaliger Schuldirektor aufgesucht und mitgeteilt, dass jener Talibankämpfer, von dem ihnen sein Vater erzählt habe, in Logar seinen Verletzungen erlegen sei und Personen dann versucht hätten, ihn und seine Familie ausfindig zu machen. Sie hätten es auf ihn abgesehen. Die Taliban hätten sich bei dem Schuldirektor über ihn erkundigt, nachdem ihnen andere Informationsmöglichkeiten nicht zur Verfügung gestanden wären. Sie hätten nicht nur den Täter, nämlich seinen Vater, sondern auch die Kernfamilie, aber auch Verwandte verurteilt. Es sei offiziell bekannt, dass sie statt dem Vater die Mutter töten würden, den Sohn oder die Tochter. Dieser Beschluss der Taliban würde in ganz Afghanistan gelten. Umgesetzt würde er von einfachen gewaltbereiten Kämpfern. Die Taliban hätten auf den Schuldirektor Gewalt und Druck ausgeübt und so die Informationen über seine Person bekommen. Der Schuldirektor habe ihn vorgewarnt und habe er am nächsten Tag in der Früh Herrn XXXX , den Distriktverwalter aufgesucht, welcher bestätigte, dass Personen versucht hätten, Informationen über ihn zu bekommen und dass der Staat ihm keinen Schutz gewährleisten könne. Über Vorhalt, dass er Herrn XXXX beim BFA als Assistenten des Distriktleiters bezeichnet habe, behauptete der Beschwerdeführer, dass er das Wort Assistent auch in der Verhandlung gesagt habe. Die Dolmetscherin gab jedoch an, dass sie dieses Wort nicht gehört habe. Nach Rückübersetzung hat der Beschwerdeführer noch angegeben, dass der gefallene Talibankämpfer vier Söhne hätte, die ebenfalls Talibankämpfer wären. Nochmal nachgefragt, ob der Beschwerdeführer persönlich angegriffen oder bedroht worden sei, gab er an, dass sie es auf ihn abgesehen hätten, er aber glücklicherweise den Vorteil gehabt habe, dass alles zugeschneit gewesen sei und er flüchten habe können. Nachgefragt, wie er das Dorf habe verlassen können, wenn alles zugeschneit gewesen sei und die Taliban nicht in das Dorf könnten, gab er an, dass die Taliban nicht in das Dorf hineinfliegen hätten können. Dann führte der Beschwerdeführer wie folgt aus: "Es gab einen ähnlichen Vorfall. Daher war mir bewusst, dass mir tatsächliche Gefahr droht. Es war mir auch bewusst, dass die Strafe bei den Taliban nicht nur auf den Täter ausgeübt wird, sondern auch auf mich. Wegen der Vorfälle, die sich in der Vergangenheit ereignet haben, war mir bewusst, dass ich ernsthaft in Gefahr bin. In dieser Notsituation sind wir in der Nacht aufgebrochen. Ich bin dann mit meiner Familie ca. zwei- bis zweieinhalb Stunden zu Fuß gegangen, um bei meinem Onkel mütterlicherseits anzukommen. Diesen Vorfall kann man auf zwei Tage zusammenfassen, damit meine ich den Besuch des Schuldirektors und meine Flucht nach Hause."

Gefragt, warum die Nachkommen des letztlich verstorbenen Talibankämpfers den Beschwerdeführer verfolgt hätten, wenn sein Vater dem verletzten Talibankämpfer geholfen habe, antwortete der Beschwerdeführer mit der Gegenfrage, wie hätte er beweisen sollen, dass er die Absicht gehabt hätte, Hilfe zu leisten. Gefragt, wann und wie er ausgereist sei, gab er an, dass er in der Nacht bei seinem Onkel mütterlicherseits angekommen sei und dass er Ersparnisse und den Schmuck seiner Mutter mitgenommen habe, um sein Leben zu retten. Über Vorhalt, dass er beim BFA einmal (AS 59) angegeben habe, dass er Afghanistan bereits Ende bzw. im Winter 2013 verlassen hätte und sich dabei die Frage stellen würde, was er bis zu seiner Einreise nach Österreich Anfang September 2016 gemacht habe, andererseits der angegebene Überfall der Kuchis/Taliban fast zwei Jahre nach seiner Ausreise erfolgt wäre, gab er an, dass ein Fehler bei der Umrechnung passiert sei. Nochmals konkret nachgefragt, wann er Afghanistan verlassen habe, gab er an, dass er Ende Jänner 2016/Anfang Februar 2016 Afghanistan verlassen habe.

Er stamme nicht aus einer religiösen, traditionsverbundenen Familie. Seine Religion sei ihm auch in seiner Heimat gleichgültig gewesen. Er habe keine Moschee besucht bzw. sei nur hingegangen, um andere zufrieden zu stellen. Er habe wohl einen Onkel mütterlicherseits in Afghanistan, aber zu diesem keinen Kontakt.

Bis März 2018 habe er nichts davon gewusst, wo sich seine Mutter und seine Geschwister aufhalten. Über eine Person namens XXXX habe er erfahren, dass sich seine Mutter in Pakistan aufhalte und habe er ihr seine Nummer weitergeleitet. Sie habe ihn dann vom Basar aus angerufen und angegeben, dass sie dort illegal lebe. Sie rufe ihn alle paar Monate an. Nachdem der Schnee geschmolzen sei, habe seinen Onkel keinen Schutz mehr bieten können und habe er seiner Mutter und seinen Geschwistern den Weg nach XXXX gezeigt.

Körperlich gehe es ihm gut, psychisch leide er unter den Belastungen, insbesondere nach wie vor unter den Tod seines Vaters. In Griechenland habe er eine Amerikanerin kennengelernt. Diese habe ihm in seiner psychischen Situation weiterhelfen können. Er versuche, etwas zu leisten und sich abzulenken. Er sei Österreich sehr dankbar, insbesondere Frau XXXX . Er lebte mit ihr zusammen. Er sei glücklich, dieses Umfeld hier zu haben. Es fehle ihm nur mehr Englisch für den Pflichtschulabschluss. Die anwesende Vertrauensperson XXXX hielt fest, dass sie mit dem Beschwerdeführer nicht als Lebensgefährtin zusammenlebe, sondern dass er lediglich in ihrem Haus ein Zimmer bewohne.

Gefragt, ob er die islamische Religion überhaupt nicht mehr ausübe, gab er an, dass er wohl noch offiziell als Moslem gelte, weil er in eine islamische Familie geboren sei, aber die Religion habe überhaupt keinen Stellenwert für ihn mehr. Gefragt, ob er formell aus der islamischen Glaubensgemeinschaft ausgetreten sei, gab er an, dass er gar nicht wisse, wie man überhaupt ein- oder austrete. Befragt, ob er Schweinefleisch esse und Alkohol trinke, gab er an, dass, wenn man hier in Österreich lebe, es natürlich sei, dass man auch hier das Essen probiere und wenn man kein Bier trinke, habe man keinen Gesprächsstoff. Gefragt, ob er jeden Gott mittlerweile ablehne, verneinte er dies. Er glaube, daran, dass es eine höhere Macht gebe, die Gerechtigkeit möchte. Gefragt, was er über die Stellung der Frau in Afghanistan und in Europa denke, gab er an, dass er persönlich alle Menschen als gleich ansehe. In Afghanistan würden Gruppierungen wie die Taliban fern von jeder Logik agieren und würden tagtäglich Frauen geopfert. In Österreich habe er zahlreiche weibliche Freundinnen, mit denen er sich treffe. Frauen in Österreich dürfen hier sehr eigenständig sein. Gefragt, ob er das Leben, das er von Österreich gewohnt sei, bei einer allfälligen Rückkehr nach Afghanistan auch dort führt könnte, gab er an, dass seine Einstellung und Denkweise nicht nur von den Taliban, sondern von der gewöhnlichen Bevölkerung als Straftat angesehen werde.

Gefragt, welche Ausbildungen er in Österreich gemacht habe, gab er an, dass er zehn Monate lang bei einer österreichischen Familie leben und arbeiten habe dürfen, nämlich im XXXX . Danach befragt, was er beim XXXX gemacht habe, gab er an, dass seine Aufgabe gewesen sei, den Reitstall ordnungsgemäß zu halten und zu säubern. Er habe auch beim Kinderreiten mitgeholfen. Auch das Füttern der Pferde sei seine Aufgabe gewesen. Derzeit arbeite er in der XXXX in XXXX . An Tagen, an denen er frei habe, fahre er nach XXXX . Dort spiele er Fußball. Bei Frau XXXX zahle er ein wenig Geld für das Zimmer. Gefragt, ob er Grundversorgung oder noch irgendwelche Leistungen vom Staat bekomme, gab er an, dass er eine Bestätigung vom AMS bekommen habe, dass er Anspruch auf Arbeitslosengeld habe.

Gefragt, was mit ihm geschehen würde, wenn er nach Afghanistan zurückkehren würde, gab er an, dass, wenn die Taliban einen Beschluss fassen würden, gelte das landesweit. Eine Rückkehr nach Afghanistan sei für ihn unmöglich, weil seine Denkweise und Einstellung sich von jener der Taliban und der einfachen Bevölkerung sehr stark unterscheide. Die Taliban hätten überall ihre Spione eingeschleust. Auch wenn es in Afghanistan kein Meldesystem gebe, funktioniere die Nachrichtenübertragung hervorragend. Gefragt, was er für Pläne habe, wenn er in Österreich bleiben dürfe, gab er an, dass er in einer Touristenregion lebe und (nach dem Pflichtschulabschluss) eine Ausbildung zum Koch machen möchte.

Über Befragen durch den Rechtsvertreter verneinte er die Frage, ob er sich als religiösen Menschen bezeichnen würde und gab an, dass für ihn alle Menschen gleich wären und er das Thema Religion als sinnlos empfinde. Für ihn sei es wichtig, Gerechtigkeit anderen Menschen gegenüber zu zeigen und das Leben der Tiere zu respektieren. Wenn ein Mensch grundlegende Punkte, die er erwähnt habe, erfülle, brauche er keine Religion. Er sei niemals gläubig gewesen, aber in eine islamische Familie hineingeboren worden. Befragt, ob er sich eher in den islamischen oder westeuropäischen Werten wiederfinde, gab er an, dass seine persönliche Einstellung ihn mit seiner Umgebung hier verbinde. Seine persönliche Einstellung unterscheide sich vom Islam, die Menschen hätten die Grenzen in Form der Länder geschaffen und auch die Grenzen verschiedener Religionen. In der Folge nannte er über Befragen mehrere (weibliche) Freunde. Von afghanischen Freunden falle ihm nur der in der Verhandlung anwesende Herr XXXX ein. Er sei hier in die Gesellschaft in Österreich integriert worden und habe im Übrigen den Kontakt zu anderen Flüchtlingen abgebrochen.

Gefragt nach allfälligen Ergänzungen zu seinem Asylvorbringen, wies er darauf hin, dass die Paschtunen die Hazara als "dreckig" ansehen würden, dass er dankbar sei, dass ihm in Österreich geholfen worden sei und er schon viel erreicht habe und ihm auch neue Werte beigebracht worden seien.

Die anwesende Vertrauensperson XXXX gibt an, dass er selbst Menschenrechtsaktivist in Afghanistan gewesen sei und dass, wenn die Taliban es auf eine Person abgesehen hätten, sie direkt bedroht sei und wenn der Assistent der Distriktverwaltung offen ausspreche, keinen Schutz bieten zu können, so spreche er im Namen der Regierung.

Den Verfahrensparteien wurde gemäß § 45 Abs. 3 AVG das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan (soweit verfahrensrelevant) zur Kenntnis gebracht und eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme (auch zum Verfahrensergebnis) eingeräumt. Verlesen wurde der aktuelle Strafregisterauszug des Beschwerdeführers, in dem keine Verurteilung aufscheint.

Die beigezogene Dolmetscherin gab an, dass sich die vom Beschwerdeführer übermittelten Facebook-Links nicht öffnen lassen würden und dass angezeigt wird, dass die Links entweder entfernt worden seien oder keine Gültigkeit mehr hätten.

Von der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme machte ausschließlich der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Vertretung Gebrauch. Darin wurden zunächst ergänzende Ausführungen zum Hazara-Kuchi-Konflikt in Ghazni getätigt und weiters dargetan, dass die Taliban Familienangehörigen von Personen, die für die Regierung arbeiten würden, verfolgen oder sogar töten würden. Dem Beschwerdeführer stehe überdies keine innerstaatliche Fluchtalternative in Herat zur Verfügung und wurde auf die diesbezügliche prekäre Versorgungslage hingewiesen. Dies gelte auch für Mazar-e Sharif.

In der Folge wurde ausgeführt, dass verwestlich wahrgenommene Personen von UNHCR als Risikogruppe angesehen würden und dem Beschwerdeführer pauschal unterstellt würde, ein Abtrünniger zu sein und vom Islam abgefallen zu sein.

Der Beschwerdeführer habe in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG auch ausgiebig dargelegt, dass er sich mittlerweile vollständig vom islamischen Glauben abgewandt habe. Er lehne nicht nur den konservativen Islam ab, sondern folge keiner Religion (mehr) und habe ein durch Selbstbestimmung geprägtes Menschenbild, nach dem er sich sehr gut an die österreichische Kultur angepasst und integriert habe. Apostasie werde in Afghanistan mit der Todesstrafe geahndet und wurde diesbezüglich auf rezente Entscheidungen des BVwG hingewiesen. Es sei daher im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer wegen Abfalls vom Islam bei einer Rückkehr nach Afghanistan mit - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteilen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit konfrontiert wäre und ihm daher Asyl zu gewähren wäre, wobei ihm in Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim Islam in Afghanistan um die Staatsreligion handle, zu der sich mehr als 99% der Einwohner bekennen würden, auch keine innerstaatliche Fluchtalternative offenstehe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat, wie folgt, festgestellt und erwogen:

1. Feststellungen:

Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Hazara an und war ursprünglich schiitischer Moslem. Er hat sich zwischenzeitig vollständig vom Islam abgewandt, den er allerdings auch in Afghanistan nur geringfügig und über sozialen Druck praktiziert hat. Der Beschwerdeführer ist zu keiner anderen Religion konvertiert und auch kein überzeugter Atheist, er glaubt wohl an ein höheres Wesen, aber an keine bestimmte Religion und praktiziert auch keine Religion. Die Eckpunkte seiner Überzeugung sind Menschlichkeit, Gleichberechtigung und ein respektvoller Umgang mit anderen Menschen, Religion empfindet er generell sinnlos.

Der Beschwerdeführer wurde im Dorf XXXX , Provinz Maidan Wardak geboren. Als Geburtsdatum wurde im Einvernehmen mit dem Beschwerdeführer der XXXX festgelegt. Der Beschwerdeführer besuchte elf Jahre lang die Schule und schloss die zehnte Schulstufe ab. Die Familie betrieb eine Landwirtschaft mit Ackerbau und Viehzucht, wobei der Beschwerdeführer auch einen Hund hielt.

Es kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer persönlich von den Taliban verfolgt wurde und wegen einer asylrelevanten Verfolgungsgefahr durch die Taliban Afghanistan verlassen hat. Seine Mutter und seine beiden jüngeren Brüder leben mittlerweile in XXXX in Pakistan. Er hat zu ihnen gelegentlichen Kontakt. Der Beschwerdeführer hat Afghanistan glaublich Ende Jänner/Anfang Februar 2016 verlassen und reiste spätestens am 07.09.2016 irregulär nach Österreich ein, wobei er sogleich einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Der Beschwerdeführer leidet unter keinen organischen Beschwerden, der Tod seines Vaters in Afghanistan belastet ihn jedoch nach wie vor schwer. Er führt kein Familienleben in Österreich und ist unbescholten.

Der Beschwerdeführer hat die Zeit in Österreich außerordentlich dazu genutzt, sich hier zu integrieren, wobei er auch die westlichen Werte, insbesondere Gleichberechtigung der Frau, verinnerlicht hat. Der Beschwerdeführer pflegt auch zahlreiche Freundschaften zu Frauen. Er hat in Österreich im Zeitpunkt der Verhandlung alle Teilprüfungen bis auf Englisch für den Pflichtschulabschluss bereits absolviert und in Österreich bereits mehrfach unselbständig legal gearbeitet, zunächst als Pferdepfleger und nunmehr als Küchenhelfer. Er möchte - sobald die gesetzlichen Voraussetzungen dies ermöglichen - den Beruf eines Koches erlernen.

Zu Afghanistan wird verfahrensbezogen Folgendes festgestellt:

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 4.6.2019, politische Ereignisse, zivile Opfer, Anschläge in Kabul, IOM (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage; Abschnitt 2/Politische Lage; Abschnitt 23/Rückkehr).

Politische Ereignisse: Friedensgespräche, Loya Jirga, Ergebnisse Parlamentswahl

Ende Mai 2019 fand in Moskau die zweite Runde der Friedensgespräche zwischen den Taliban und afghanischen Politikern (nicht der Regierung, Anm.) statt. Bei dem Treffen äußerte ein Mitglied der Taliban, Amir Khan Muttaqi, den Wunsch der Gruppierung nach Einheit der afghanischen Bevölkerung und nach einer "inklusiven" zukünftigen Regierung. Des Weiteren behauptete Muttaqi, die Taliban würden die Frauenrechte respektieren wollen. Ein ehemaliges Mitglied des afghanischen Parlaments, Fawzia Koofi, äußerte dennoch ihre Bedenken und behauptete, die Taliban hätten kein Interesse daran, Teil der aktuellen Regierung zu sein, und dass die Gruppierung weiterhin für ein islamisches Emirat stünde. (Tolonews 31.5.2019a).

Vom 29.4.2019 bis 3.5.2019 tagte in Kabul die "große Ratsversammlung" (Loya Jirga). Dabei verabschiedeten deren Mitglieder eine Resolution mit dem Ziel, einen Friedensschluss mit den Taliban zu erreichen und den inner-afghanischen Dialog zu fördern. Auch bot Präsident Ghani den Taliban einen Waffenstillstand während des Ramadan von 6.5.2019 bis 4.6.2019 an, betonte aber dennoch, dass dieser nicht einseitig sein würde. Des Weiteren sollten 175 gefangene Talibankämpfer freigelassen werden (BAMF 6.5.2019). Einer weiteren Quelle zufolge wurden die kritischen Äußerungen zahlreicher Jirga-Teilnehmer zu den nächtlichen Militäroperationen der USA nicht in den Endbericht aufgenommen, um die Beziehungen zwischen den beiden Staaten nicht zu gefährden. Die Taliban nahmen an dieser von der Regierung einberufenen Friedensveranstaltung nicht teil, was wahrscheinlich u.a. mit dem gescheiterten Dialogtreffen, das für Mitte April 2019 in Katar geplant war, zusammenhängt. Dort wäre die Regierung zum ersten Mal an den Friedensgesprächen mit den Taliban beteiligt gewesen. Nachdem erstere jedoch ihre Teilnahme an die Bedingung geknüpft hatte, 250 Repräsentanten nach Doha zu entsenden und die Taliban mit Spott darauf reagierten, nahm letztendlich kein Regierungsmitarbeiter an der Veranstaltung teil. So fanden Gespräche zwischen den Taliban und Exil-Afghanen statt, bei denen viele dieser das Verhalten der Regierung öffentlich kritisierten (Heise 16.5.2019).

Anfang Mai 2019 fand in Katar auch die sechste Gesprächsrunde zwischen den Taliban und den USA statt. Der Sprecher der Taliban in Doha, Mohammad Sohail Shaheen, betonte, dass weiterhin Hoffnung hinsichtlich der inner-afghanischen Gespräche bestünde. Auch konnten sich der Quelle zufolge die Teilnehmer zwar bezüglich einiger Punkte einigen, dennoch müssten andere "wichtige Dinge" noch behandelt werden (Heise 16.5.2019).

Am 14.5.2019 hat die unabhängige Wahlkommission (Independent Electoral Commission, IEC) die Wahlergebnisse der Provinz Kabul für das afghanische Unterhaus (Wolesi Jirga) veröffentlicht (AAN 17.5.2019; vgl. IEC 14.5.2019, IEC 15.5.2019). Somit wurde nach fast sieben Monaten (die Parlamentswahlen fanden am 20.10.2018 und 21.10.2018 statt) die Stimmenauszählung für 33 der34 Provinzen vervollständigt. In der Provinz Ghazni soll die Wahl zusammen mit den Präsidentschafts- und Provinzialratswahlen am 28.9.2019 stattfinden. In seiner Ansprache zur Angelobung der Parlamentsmitglieder der Provinzen Kabul und Paktya am 15.5.2019 bezeichnete Ghani die siebenmonatige Wahl als "Katastrophe" und die beiden Wahlkommissionen, die IEC und die Electoral Complaints Commission (ECC), als "ineffizient" (AAN 17.5.2019).

Zivile-Opfer, UNAMA-Bericht

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im ersten Quartal 2019 (1.1.2019 - 31.3.2019) 1.773 zivile Opfer (581 Tote und 1.192 Verletzte), darunter waren 582 der Opfer Kinder (150 Tote und 432 Verletzte). Dies entspricht einem Rückgang der gesamten Opferzahl um 23% gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres, welches somit der niedrigste Wert für das erste Jahresquartal seit 2013 ist (UNAMA 24.4.2019).

Diese Verringerung wurde durch einen Rückgang der Zahl ziviler Opfer von Selbstmordanschlägen mit IED (Improvised Explosive Devices - unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung/Sprengfallen) verursacht. Der Quelle zufolge könnten die besonders harten Winterverhältnisse in den ersten drei Monaten des Jahres 2019 zu diesem Trend beigetragen haben. Es ist unklar, ob der Rückgang der zivilen Opfer wegen Maßnahmen der Konfliktparteien zur Verbesserung des Schutzes der Zivilbevölkerung oder durch die laufenden Gespräche zwischen den Konfliktparteien beeinflusst wurde (UNAMA 24.4.2019).

Die Zahl der zivilen Opfer aufgrund von Nicht-Selbstmord-Anschlägen mit IEDs durch regierungsfeindliche Gruppierungen und Luft- sowie Suchoperationen durch regierungsfreundliche Gruppierungen ist gestiegen. Die Zahl der getöteten Zivilisten, die regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben wurden, übertraf im ersten Quartal 2019 die zivilen Todesfälle, welche von regierungsfeindlichen Elementen verursacht wurden (UNAMA 24.4.2019).

Kampfhandlungen am Boden waren die Hauptursache ziviler Opfer und machten etwa ein Drittel der Gesamtzahl aus. Der Einsatz von IEDs war die zweithäufigste Ursache für zivile Opfer: Im Gegensatz zu den Trends von 2017 und 2018 wurde die Mehrheit der zivilen Opfer von IEDs nicht durch Selbstmordanschläge verursacht, sondern durch Angriffe, bei denen der Angreifer nicht seinen eigenen Tod herbeiführen wollte. Luftangriffe waren die Hauptursache für zivile Todesfälle und die dritthäufigste Ursache für zivile Opfer (Verletzte werden auch mitgezählt, Anm.), gefolgt von gezielten Morden und explosiven Kampfmittelrückständen (UXO - unexploded ordnance). Am stärksten betroffen waren Zivilisten in den Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Faryab und Kunduz (in dieser Reihenfolge) (UNAMA 24.4.2019).

Anschläge in Kabul-Stadt

Ende Mai 2019 fanden in Kabul-Stadt einige Anschläge und gezielte Tötungen in kurzen Abständen zu einander statt: Am 26.5.2019 wurde ein leitender Mitarbeiter einer NGO in Kart-e Naw (PD5, Police District 5) durch unbekannte bewaffnete Männer erschossen (Tolonews 27.5.2019a). Am 27.5.2019 wurden nach der Explosion einer Magnetbombe, die gegen einen Bus von Mitarbeitern des Ministeriums für Hadsch und religiöse Angelegenheiten gerichtet war, zehn Menschen verletzt. Die Explosion fand in Parwana-e Do (PD2) statt. Zum Vorfall hat sich keine Gruppierung bekannt (Tolonews 27.5.2019b).

Des Weiteren wurden im Laufe der letzten zwei Maiwochen vier Kontrollpunkte der afghanischen Sicherheitskräfte durch unbekannte bewaffnete Männer angegriffen (Tolonews 31.5.2019b).

Am 30.5.2019 wurden in Folge eines Selbstmordangriffes nahe der Militärakademie Marshal Fahim im Stadtteil Char Rahi Qambar (PD5) sechs Personen getötet und 16 Personen, darunter vier Zivilisten, verletzt. Die Explosion erfolgte, während die Kadetten die Universität verließen (1 TV NEWS 30.5.2019). Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zu dem Anschlag (AJ 30.5.2019).

Am 31.5.2019 wurden sechs Personen, darunter vier Zivilisten, getötet und fünf Personen, darunter vier Mitglieder der US-Sicherheitskräfte, verletzt, nachdem ein mit Sprengstoff beladenes Auto in Qala-e Wazir (PD9) detonierte. Quellen zufolge war das ursprüngliche Ziel des Angriffs ein Konvoi ausländischer Sicherheitskräfte (Tolonews 31.5.2019c).

Am 2.6.2019 kam nach der Detonation von mehreren Bomben eine Person ums Leben und 17 weitere wurden verletzt. Die Angriffe fanden im Westen der Stadt statt, und einer davon wurde von einer Klebebombe, die an einem Bus befestigt war, verursacht. Einer Quelle zufolge transportierte der Bus Studenten der Kabul Polytechnic University (TW 2.6.2019). Der IS bekannte sich zu den Anschlägen und beanspruchte den Tod von "mehr als 30 Schiiten und Mitgliedern der afghanischen Sicherheitskräfte" für sich. Die Operation erfolgte in zwei Phasen: Zuerst wurde ein Bus, der 25 Schiiten transportierte, angegriffen, und darauf folgend detonierten zwei weitere Bomben, als sich "Sicherheitselemente" um den Bus herum versammelten. Vertreter des IS haben u.a. in Afghanistan bewusst und wiederholt schiitische Zivilisten ins Visier genommen und sie als "Polytheisten" bezeichnet. (LWJ 2.6.2019).

Am 3.6.2019 kamen nach einer Explosion auf der Darul Aman Road in der Nähe der American University of Afghanistan fünf Menschen ums Leben und zehn weitere wurden verletzt. Der Anschlag richtete sich gegen einen Bus mit Mitarbeitern der Independent Administrative Reform and Civil Service Commission (Tolonews 3.6.2019) US-Angaben zufolge ist die Zahl der IS-Anhänger in Afghanistan auf ca. 5.000 gestiegen, fünfmal so viel wie vor einem Jahr. Gemäß einer Quelle profitiert die Gruppierung vom "zahlenmäßigen Anstieg der Kämpfer in Pakistan und Usbekistan und von aus Syrien geflohenen Kämpfern". Des Weiteren schließen sich enttäuschte Mitglieder der Taliban sowie junge Menschen ohne Zukunftsperspektive dem IS an, der in Kabul, Nangarhar und Kunar über Zellen verfügt (BAMF 3.6.2019). US-Angaben zufolge ist es "sehr wahrscheinlich", dass kleinere IS-Zellen auch in Teilen Afghanistans operieren, die unter der Kontrolle der Regierung oder der Taliban stehen (VOA 21.5.2019). Eine russische Quelle berichtet wiederum, dass ca. 5.000 IS-Kämpfer entlang der Nordgrenze tätig sind und die Nachbarländer bedrohen. Der Quelle zufolge handelt es sich dabei um Staatsbürger der ehemaligen sowjetischen Republiken, die mit dem IS in Syrien gekämpft haben (Newsweek 21.5.2019).

Anmerkung der Staatendokumentation: Zur besseren Ortung der oben beschriebenen Vorfälle folgt eine kartografische Darstellung der Staatendokumentation mit der Einteilung der Stadt Kabul in Polizeidistrikte:

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(Quelle: BFA 13.2.2019)

Rückkehr

Die International Organization for Migration (IOM) gewährt seit April 2019 keine temporäre Unterkunft für zwangsrückgeführte Afghanen mehr. Diese erhalten eine Barzuwendung von ca. 150 Euro sowie Informationen über mögliche Unterkunftsmöglichkeiten. Gemäß dem Europäischen Auswärtigen Amt (EAD) nutzten nur wenige Rückkehrer die Unterbringungsmöglichkeiten von IOM (BAMF 20.5.2019).

Quellen:

1 TV NEWS (30.5.2019): At least six killed in suicide blast near military academy in Kabul,

http://www.1tvnews.af/en/news/afghanistan/38366-breaking -blast-rocks-kabu l, Zugriff 3.6.2019

AAN - Afghanistan Analysts Network (17.5.2019): The Results of Afghanistan's 2018 Parliamentary Elections: A new, but incomplete Wolesi Jirga,

https://www.afghanistan-analysts.org/the-results-of-afghanistans-2018-parliamentary-elections-a-new-but-incomplete-wolesi-jirga/, Zugriff 22.5.2019

AJ - Al Jazeera (30.5.2019): Suicide bomber targets Afghan military training centre in Kabul,

https://www.aljazeera.com/news/2019/05/suicide-bomber-targets-afghan-military-training-centrekabul-190530082719388.html, Zugriff 3.6.2019

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (3.6.2019): Briefing Notes, Afghanistan, per EMail

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (20.5.2019): Briefing Notes, Afghanistan, per EMail

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (6.5.2019): Briefing Notes, Afghanistan, per EMail

BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staatendokumentation (13.2.2019): Kabul Police Districts Map, liegt im Archiv der Staatendokumentation auf

Heise (16.5.2019): Afghanistan: Wie viel Macht hat der Präsident?, https://www.heise.de/tp/features/Afghanistan-Wie-viel-Macht-hat-der-Praesident-4422023.html,Zugriff 3.6.2019

IEC - Independent Electoral Commission via Facebook (14.5.2019):

Press Declaration 24/2/1398,

https://www.facebook.com/AfghanistanIEC/posts/2361637283896572?__tn__=-R, Zugriff 4.6.2019

IEC - Independent Electoral Commission (15.5.2019): Kabul - Wolesi Jirga Final Results,

http://www.iec.org.af/results/en/home/finalresult_by_province/1/2, Zugriff 4.6.2019

LWJ - Long War Journal (2.6.2019): Islamic State bombs bus, security personnel in western Kabul,

https://www.longwarjournal.org/archives/2019/06/islamic-state-bombs-bus-securitypersonnel-in-western-kabul.php, Zugriff 3.6.2019

Newsweek (21.5.2019): Russia Spy Chief warns 5,000 ISIS Foreign Fighters Threaten Borders of Former Soviet Union, https://www.newsweek.com/russia-spy-chief-warns-5000-isis-foreignfighters-threaten-borders-former-1431576, Zugriff 4.6.2019

Tolonews (3.6.2019): Five Killed As Explosion Targets Govt Employees Bus In Kabul,

https://www.tolonews.com/afghanistan/explosion-targets-govt-bus-kabul, Zugriff 3.6.2019

Tolonews (31.5.2019a): Taliban Wants An ‚Inclusive Post-Peace Govt', https://www.tolonews.com/afghanistan/taliban-wants-inclusive-post-peace-govt, Zugriff 3.6.2019

Tolonews (31.5.2019b): Concerns Mount Over Sharp Increase In Attacks

In Kabul,

https://www.tolonews.com/afghanistan/concerns-mount-over-sharp-increase-attacks-%C2%A0kabul, Zugriff 3.6.2019

Tolonews (31.5.2019c): Heavy Explosion Rocks Kabul; 4 Civilians Killed,

https://www.tolonews.com/afghanistan/heavy-explosion-rocks-kabul, Zugriff 3.6.2019

Tolonews (27.5.2019a): Seven Members Of One Family Murdered in Kabul,

https://www.tolonews.com/afghanistan/seven-members-one-family-murdered-kabul, Zugriff 3.6.2019

Tolonews (27.5.2019b): 10 Wounded As Blast Targets Govt Employees Bus In Kabul,

https://www.tolonews.com/afghanistan/10-wounded-blast-targets-govt-employees-bus-kabul, Zugriff 3.6.2019

TW - The Week (2.6.2019): Afghan officials: 3 bomb blasts in capital, 1 killed,

https://www.theweek.in/news/world/2019/06/02/afghan-officials-3-bomb-blasts-in-capital-1-killed.html, Zugriff 3.6.2019

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (24.4.2019): Quarterly Report on the Protection of Civilians in Armed Conflict: 1 January to 31 March 2019, https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_protection_of_civilians_in_armed_conflict_-_first_quarter_report_2019_english_.pdf, Zugriff 3.4.2019

VOA - Voice of America (21.5.2019): Islamic State in Afghanistan Growing Bigger, More Dangerous, https://www.voanews.com/a/islamic-state-in-afghanistan-growing-bigger-moredangerous/4927406.html, Zugriff 4.6.2019

KI vom 26.3.2019, Anschläge in Kabul, Überflutungen und Dürre, Friedensgespräche, Präsidentschaftswahl (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage; Abschnitt 3/Sicherheitslage; Abschnitt 21/Grundversorgung und Wirtschaft).

Anschläge in Kabul-Stadt

Bei einem Selbstmordanschlag während des persischen Neujahres-Fests Nowruz in Kabul-Stadt kamen am 21.3.2019 sechs Menschen ums Leben und weitere 23 wurden verletzt (AJ 21.3.2019, Reuters 21.3.2019). Die Detonation erfolgte in der Nähe der Universität Kabul und des Karte Sakhi Schreins, in einer mehrheitlich von Schiiten bewohnten Gegend. Quellen zufolge wurden dafür drei Bomben platziert: eine im Waschraum einer Moschee, eine weitere hinter einem Krankenhaus und die dritte in einem Stromzähler (TDP 21.3.2019; AJ 21.3.2019). Der ISKP (Islamische Staat -Provinz Khorasan) bekannte sich zum Anschlag (Reuters 21.3.2019).

Während eines Mörserangriffs auf eine Gedenkveranstaltung für den 1995 von den Taliban getöteten Hazara-Führer Abdul Ali Mazari im überwiegend von Hazara bewohnten Kabuler Stadtteil Dasht-e Barchi kamen am 7.3.2019 elf Menschen ums Leben und 95 weitere wurden verletzt. Der ISKP bekannte sich zum Anschlag (AJ 8.3.2019).

Überflutungen und Dürre

Nach schweren Regenfällen in 14 afghanischen Provinzen kamen mindestens 63 Menschen ums Leben. In den Provinzen Farah, Kandahar, Helmand, Herat, Kapisa, Parwan, Zabul und Kabul, wurden ca. 5.000 Häuser zerstört und 7.500 beschädigt (UN OCHA 19.3.2019). Dem Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen (UN OCHA) zufolge waren mit Stand 19.3.2019 in der Provinz Herat die Distrikte Ghorvan, Zendejan, Pashtoon Zarghoon, Shindand, Guzarah und Baland Shahi betroffen (UN OCHA 19.3.2019). Die Überflutungen folgten einer im April 2018 begonnen Dürre, von der die Provinzen Badghis und Herat am meisten betroffen waren und von deren Folgen (z.B. Landflucht in die naheliegenden urbanen Zentren, Anm.) sie es weiterhin sind. Gemäß einer Quelle wurden in den beiden Provinzen am 13.9.2018 ca. 266.000 IDPs vertrieben: Davon zogen 84.000 Personen nach Herat-Stadt und 94.945 nach Qala-e-Naw, wo sie sich in den Randgebieten oder in Notunterkünften innerhalb der Städte ansiedelten und auf humanitäre Hilfe angewiesen sind (IFRCRCS 17.3.2019).

Friedensgespräche

Kurz nach der Friedensgesprächsrunde zwischen Taliban und Vertretern der USA in Katar Ende Jänner 2019 fand Anfang Februar in Moskau ein Treffen zwischen Taliban und bekannten afghanischen Politikern der Opposition, darunter der ehemalige Staatspräsident Hamid Karzai und mehrere "Warlords", statt (Qantara 12.2.201). Quellen zufolge wurde das Treffen von der afghanischen Diaspora in Russland organisiert. Taliban-Verhandlungsführer Sher Muhammad Abbas Stanaksai wiederholte während des Treffens schon bekannte Positionen wie die Verteidigung des "Dschihad" gegen die "US-Besatzer" und die gleichzeitige Weiterführung der Gespräche mit den USA. Des Weiteren verkündete er, dass die Taliban die Schaffung eines "islamischen Regierungssystems mit allen Afghanen" wollten, obwohl sie dennoch keine "exklusive Herrschaft" anstrebten. Auch bezeichnete er die bestehende afghanische Verfassung als "Haupthindernis für den Frieden", da sie "vom Westen aufgezwungen wurde"; Weiters forderten die Taliban die Aufhebung der Sanktionen gegen ihre Führer und die Freilassung ihrer gefangenen Kämpfer und bekannten sich zur Nichteinmischung in Angelegenheiten anderer Länder, zur Bekämpfung des Drogenhandels, zur Vermeidung ziviler Kriegsopfer und zu Frauenrechten. Diesbezüglich aber nur zu jenen, "die im Islam vorgesehen seien" (z.B. lernen, studieren und sich den Ehemann selbst auswählen). In dieser Hinsicht kritisierten sie dennoch, dass "im Namen der Frauenrechte Unmoral verbreitet und afghanische Werte untergraben würden" (Taz 6.2.2019).

Ende Februar 2019 fand eine weitere Friedensgesprächsrunde zwischen Taliban und US-Vertretern in Katar statt, bei denen die Taliban erneut den Abzug der US-Truppen aus Afghanistan forderten und betonten, die Planung von internationalen Angriffen auf afghanischem Territorium verhindern zu wollen. Letzterer Punkt führte jedoch zu Meinungsverschiedenheiten: Während die USA betonten, die Nutzung des afghanischen Territoriums durch "terroristische Gruppen" vermeiden zu wollen und in dieser Hinsicht eine Garantie der Taliban forderten, behaupteten die Taliban, es gebe keine universelle Definition von Terrorismus und weigerten sich gegen solch eine Spezifizierung. Sowohl die Taliban- als auch die US-Vertreter hielten sich gegenüber den Medien relativ bedeckt und betonten ausschließlich, dass die Friedensverhandlungen weiterhin stattfänden. Während es zu Beginn der Friedensgesprächsrunde noch Hoffnungen gab, wurde mit Voranschreiten der Verhandlungen immer klarer, dass sich eine Lösung des Konflikts als "frustrierend langsam" erweisen würde (NYT 7.3.2019).

Die afghanische Regierung war weder an den beiden Friedensgesprächen in Doha noch an dem Treffen in Moskau beteiligt (Qantara 12.2.2019; vgl. NYT 7.3.2019), was Unbehagen unter einigen Regierungsvertretern auslöste und die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Regierungen beeinträchtigte (Reuters 18.3.2019; vgl. WP 18.3.2019). Beispielsweise erklärte US-Unterstaatssekretär David Hale am 18.3.2019 die Beendigung der Kontakte zwischen US-Vertretern und dem afghanischen nationalen Sicherheitsberater Hamdullah Mohib, nachdem dieser US-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad und den Ausschluss der afghanischen Regierung aus den Friedensgesprächen öffentlich kritisiert hatte (Reuters 18.3.2019).

Verschiebung der Präsidentschaftswahl

Die Präsidentschaftswahl, welche bereits von April auf Juni 2019 verschoben worden war, soll Quellen zufolge nun am 28.9.2019 stattfinden. Grund dafür seien "zahlreiche Probleme und Herausforderungen, welche vor dem Wahltermin gelöst werden müssten, um eine sichere und transparente Wahl sowie eine vollständige Wählerregistrierung sicherzustellen - so die unabhängige Wahlkommission (IEC) (VoA 20.3.2019; vgl. BAMF 25.3.2019).

Quellen:

AJ - Al Jazeera (21.3.2019): Blasts in Afghan capital Kabul kill six during new year festival,

https://www.aljazeera.com/news/2019/03/blasts-afghan-capital-kabul-kill-6-year-festival-190321064823472.html, Zugriff 26.3.2019

AJ - Al Jazeera (8.3.2019): Death toll rises to 11 in attack on Shia gathering in Kabul,

https://www.aljazeera.com/news/2019/03/death-toll-rises-11-afghan-capital-attack-shia-gathering-190308102222870.html, Zugriff 26.3.2019

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (25.3.2019): Briefing Notes Afghanistan, liegen im Archiv der Staatendokumentation auf

NYT - The New York Times (7.3.2019): U.S. Peace Talks With Taliban Trip Over a Big Question: What Is Terrorism?, https://www.nytimes.com/2019/03/07/world/asia/taliban-peace-talksafghanistan.html, Zugriff 26.3.2019

IFRCRCS - International Federation of Red Cross and Red Crescent Societies (17.3.2019): Emergency Appeal Afghanistan: Drought and Flash Floods,

https://reliefweb.int/report/afghanistan/afghanistan-drought-and-flash-floods

Qantara (12.02.2019): Any deal will do, https://en.qantara.de/print/34493, Zugriff 26.3.2019

Reuters (21.3.2019): Explosions in Afghan capital Kabu

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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