Entscheidungsdatum
30.10.2019Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W205 2127585-2/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SCHNIZER-BLASCHKA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Gambia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.11.2016, Zl. 1104128303- 160166090, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als
unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer brachte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 02.02.2016 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz ein.
Die am gleichen Tag durchgeführten EURODAC - Abfragen ergab einen Kategorie 1 Treffer aus Italien mit Datum 22.04.2014.
Aufgrund der vorliegenden Informationen zum Reiseweg und des vorliegenden Eurodac Treffers von Italien wurde ein Wiederaufnahmeverfahren mit Italien eingeleitet.
Italien stimmte daraufhin am 23.03.2016 gem. Art. 18 Abs. 1 (b) der Wiederaufnahme der beschwerdeführenden Partei ausdrücklich zu.
Am 06.05.2016 wurde der Beschwerdeführer vor dem BFA einvernommen.
Mit Bescheid vom 10.05.2016, wurde I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Prüfung der Anträge zuständig sei, sowie II. gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gem. § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung nach Italien zulässig sei. Begründend wird in diesem Bescheid insbesondere festgehalten, dass aus den vorgelegten medizinischen Unterlagen in Bezug auf Miliartuberkulose zum Entscheidungszeitpunkt keine gem. Art. 3 EMRK relevanten gesundheitlichen Erkrankungen vorliegen würden, die eine Überstellung unzulässig erscheinen lassen würden. Der klinische Verlauf dieser Erkrankung wäre unkompliziert und die Therapie würde bisher gut toleriert. Die entsprechenden Medikamente wären auch in Italien nach Auskunft der Ärztekammer erhältlich.
Der Beschwerdeführer bekämpfte die Entscheidung des Bundesamtes mittels fristgerecht eingebrachter Beschwerde.
Mit Datum 20.07.2016 legte die beschwerdeführende Partei ergänzende Beweismittel im Beschwerdeverfahren vor. Hierbei handelt es sich um einen Befund des XXXX XXXX , Abteilung für Lungenheilkunde. Zusammenfassend wird hierin in Bezug auf die vorliegende TBC Erkrankung festgehalten, dass sich die beschwerdeführende Partei mehrere Tage in stationärer Behandlung auf der Abteilung für Lungenheilkunde befunden hätte. Es läge eine ausgedehnte Miliartuberkulose mit Manifestation in der Wirbelsäule, in den Rippen, in der Leber und Lymphknoten vor. Es hätten sich bei einer durchgeführten PET - CT Untersuchung Mehrfachspeicherungen im Sinne einer sehr schweren und prinzipiell sicher auch lebensbedrohlichen TBC Infektion bzw. Manifestation ergeben. Komplizierend wären im Rahmen des letzten Aufenthaltes erhöhte Transaminasen, sowie eine Harnsäureproblematik aufgetreten. Diese Indikatoren würden trotz einer bereits seit 4 Monaten stattfindenden Therapie, aufgrund der schweren Ausbreitung der miliaren Erkrankung bestehen. Eine Weiterführung der laufenden Therapie wäre indiziert. Bei feststellbarem Gewichtsverlust erscheine eine stationäre Aufnahme zur Therapie und zur kalorischen Substitution erforderlich.
Mit Beschluss des BVwG vom 21.07.2016 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Mit Schreiben vom 22.07.2016 teilte die österreichische Dublin Behörde Italien mit, dass die Überstellung des Beschwerdeführers aufgeschoben werde.
Mit Beschluss vom 22.07.2016, Zl. W168 2127585-1, wurde der Beschwerde gem. §°21°Abs.°3 BFA-VG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben. Festgestellt wurde, dass umfassende Erörterungen und Abklärungen der unmittelbar diesbezüglich erforderlichen Behandlungen, bzw. der notwendigen Therapien und deren Verfügbarkeit im Zielstaat dem gegenständlichen Bescheid des BFA nicht zu entnehmen seien.
Am 04.11.2016 wurde der Beschwerdeführer erneut vor dem BFA einvernommen.
Mit angefochtenem Bescheid vom 11.11.2016, wurde I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Prüfung der Anträge zuständig sei, sowie II. gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gem. § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung nach Italien zulässig sei. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer leide an Militartuberkulose und sei in Behandlung. Die Therapie durch gegebene Medikation habe zu einer Verbesserung seines Gesundheitszustandes geführt. Die Medikamente seien laut Apothekerkammer Wien und aufgrund einer Erhebung durch die Staatendokumentation, mit den geforderten Inhaltsstoffen, auch in Italien erhältlich. Für die geforderte Behandlung seiner Krankheit sei mit September 2013 am Flughafen Rom die Vereinigung Cooperativa Accoglienza Fiuminico beauftragt worden. Diese Vereinigung betreue alle Fälle von vulnerablen Dublin Rückkehrern in Italien. Rückkehrer würden ab dem Flughafen persönlich betreut werden und deren Behandlung obliege ab diesem Zeitpunkt einem Monitoring. Somit sei eine durchgehende Betreuung und Behandlung im Falle des Beschwerdeführers gegeben. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung sei somit auszuschließen.
Gegen den Bescheid wurde mit Schriftstück vom 25.11.2016 Beschwerde erhoben und ausgeführt, der Beschwerdeführer sei in Italien sehr schwer krank geworden. Später habe sich herausgestellt, dass der Beschwerdeführer an einer sehr aggressiven Form von Tuberkulose erkrankt sei. Er habe sich an seine Betreuter gewandt und um Hilfe gebeten. Er habe in Italien aber keine medizinische Versorgung erhalten. Da sei ihm bewusst geworden sei, dass er in Italien Gefahr laufe, zu sterben, habe er sich entschlossen, Italien zu verlassen und sich in Österreich ärztliche Hilfe zu suchen. Im Zug nach Österreich sei es ihm bereits so schlecht gegangen, dass er nur mehr liegen habe können. In Salzburg habe er sich fünf Wochen in stationärer Behandlung befunden, später sei er auch in XXXX für ein paar Tage im Krankenhaus gewesen. Er habe nunmehr laufend Kontrollen auf der Lungenambulanz im XXXX -Klinikum.
Gem. § 28 Abs.2 AsylG sei das Asylverfahren zuzulassen, wenn das BFA nicht binnen zwanzig Tagen nach Einbringung des Antrages auf internationalen Schutz entscheide bzw. binnen zwanzig Tagen keine Mitteilung über das Führen von Konsultationen ergangen sei. Laut Bescheid sei dem Beschwerdeführer erst am 12.04.2016 schriftlich mitgeteilt worden, dass Konsultationen geführt werden würden. Da binnen der zwanzig Tagen ab Antragstellung keine Mittelung gem. § 28 Abs. 2 AsylG an den Beschwerdeführer ergangen sei, sei sein Verfahren in Österreich zuzulassen.
Es sei absehbar, dass der Beschwerdeführer bei Rückkehr nach Italien keine medizinische Versorgung erhalten werde. Weiters wurde auf prekäre Lebensbedingungen für Asylsuchende und Schutzberechtigte in Italien hingewiesen und ausgeführt, dass in allen Fällen, selbst bei jungen, gesunden, männlichen Asylwerbern individuelle Zusicherungen eingeholt werden müssten.
Mit Beschluss vom 15.12.2016, W205 2127585-2 wurde der Beschwerde gem. § 17 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Am 18.07.2018 wurde der Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme (aktualisierte Länderfeststellungen) verständigt und ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt, er wurde aufgefordert, Zweckdienliches zur Frage der Beurteilung der Zuständigkeit Österreichs zur Behandlung seines Antrages auf internationalen Schutz vorzubringen, beispielsweise, wie sich seine aktuelle persönliche (private und familiäre) Situation in Österreich konkret gestalte, sowie wie sich sein aktueller Gesundheitszustand darstelle. Für den Fall, dass er noch einer ärztlichen Behandlung bedürfen sollte, wären aktuelle medizinische Befunde vorzulegen.
In seiner Stellungnahme vom 17.08.2018 wurde zusammengefasst ausgeführt, dass eine Rücküberstellung des Beschwerdeführers nach Italien jedenfalls eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC gewährleisteten Rechte darstelle. Der Beschwerdeführer leide an TBC und sei in ständiger ärztlicher Behandlung und habe bis vor kurzem Medikamente genommen. Er sei durch die Medikamente sehr müde gewesen und sein Körper habe geschmerzt, deshalb seien die Medikamente abgesetzt worden. Anfang Oktober habe er einen Kontrolltermin bei dem geschaut werde, welche Medikamente doch noch notwendig seien.
Der Stellungnahme beigelegt waren ein Ambulanzbericht vom 19.04.2018, ein vorläufiger Arztbrief und Laborbefundzusammenstellung vom 22.03.2018, eine Behandlungserklärung auf Englisch und ein Praktikumszeugnis-Zwischenbericht vom 08.08.2018.
Am 19.04.2018 langte eine Verständigung von einer Amtshandlung gegen den Beschwerdeführer, wegen § 127 StGB [Anm. BVwG: Diebstahl], ein.
Am 13.08.2019 wurde der Beschwerdeführer erneut vom Ergebnis der Beweisaufnahme (aktualisierte Länderfeststellungen mit Stand 22.07.2019) verständigt und ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme zu seiner persönlichen Situation innerhalb einer Frist von vier Wochen gegeben. Die Stellungnahme langte am 06.09.2019 beim BVwG ein. Vorgebracht wurde, dass die nächste Untersuchung des Beschwerdeführers am 29.10.2019 sei und diese zeigen solle, ob und in welcher Intensität die Krankheit weiterbestehe. Bis dahin gelte er jedenfalls nicht als geheilt. Generell nehme er Medikamente und habe etwa alle paar Monate Arzttermine, um den Krankheitsverlauf zu überprüfen. Tuberkulose sei eine Infektionskrankheit, die zwar langsam fortschreite, aber doch ohne entsprechende Behandlung oft tödlich verlaufe. Deshalb sei es wichtig für die Gesundheit des Beschwerdeführers, eine konsistente, professionell durchgeführte, auf ihn und sein Krankheitsbild angepasste, medizinische Behandlung zu bekommen. Eine Behandlung, wie er sie in Italien bekommen würde, sei nicht ausreichend, um die Krankheit zu stoppen. Im schlimmsten Fall würde es sogar zum Tode kommen. Eine Rücküberstellung nach Italien wäre daher eine unzulässige Lebensgefährdung iSd Art. 2 EMRK. Der Beschwerdeführer lebe seit drei Jahren in Österreich. Er bemühe sich um eine gute Integration, lerne Deutsch und habe schon Freunde gefunden. Er fühle sich hier in Hinblick auf seine Krankheit sicher und von den staatlichen Organen gut behandelt. Auch sein psychischer Zustand habe sich seit seinem Aufenthalt in Österreich verbessert. Er freue sich darauf, später hier arbeiten zu können. Bisher sei ihm nur ein Praktikum als Techniker möglich gewesen.
Am 29.10.2019 hielt das BVwG telefonische Rücksprache mit dem betreuenden Arzt des Beschwerdeführers. Dieser gab an, dass der Beschwerdeführer austherapiert sei und keine Medikamente mehr nehme. Die Behandlung des Beschwerdeführers sei beendet.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer, ein gambischer Staatsangehöriger, stellte im österreichischen Bundesgebiet am 02.02.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Auf Grund des vorliegenden Eurodac - Treffers und der Angaben des Beschwerdeführers zu Italien wurde vom BFA ein Wiederaufnahmeverfahren mit Italien eingeleitet. Italien stimmte daraufhin der Wiederaufnahme der beschwerdeführenden Partei gem. Art. 18 Abs. 1 lit. b zu.
Mit dem im Erstverfahren ergangenen Bescheid des BFA vom 10.05.2016 wurde I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Prüfung der Anträge zuständig ist, sowie II. gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gem. § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung nach Italien zulässig ist.
Mit Beschluss des BVwG vom 21.07.2016 wurde der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Mit Schreiben vom 22.07.2016 teilte die österreichische Dublin Behörde Italien mit, dass die Überstellung des Beschwerdeführers aufgeschoben werde.
Mit Beschluss vom 22.07.2016, Zl. W168 2127585-1, wurde der Beschwerde gem. §°21°Abs.°3 BFA-VG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben. Mit dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen hier angefochtenen Bescheid vom 11.11.2016, wurde I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Prüfung der Anträge zuständig sei, sowie II. gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gem. § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung nach Italien zulässig ist.
Gegen den Bescheid wurde rechtzeitig mit Schriftstück vom 25.11.2016 Beschwerde erhoben, der mit hg. Beschluss vom 15.12.2016 die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde.
Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Italien Gefahr laufe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.
Der Beschwerdeführer litt an Tuberkulose und wurde von 16.02.2016 bis Mai 2018 in der Lungenambulanz des XXXX Universitätsklinikums therapiert. Er ist seit einem Jahr austherapiert und nimmt keine Medikamente. Insgesamt leidet der Beschwerdeführer an keinen schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen (mehr), bezüglich derer es in Italien keine Behandlungsmöglichkeiten gäbe. Allfällige Kontrolltermine können in Italien wahrgenommen werden.
Besonders ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen bestehen im österreichischen Bundesgebiet nicht.
Zur Lage in Italien werden folgende - dem Beschwerdeführer mit hg. Schreiben vom 13.08.2019 zum Parteiengehör übermittelten - Feststellungen getroffen:
KI vom 22.7.2019, Asylstatistik, Unterbringung (relevant für Abschnitt 2/ Allgemeines zum Asylverfahren; Abschnitt 6/Unterbringung)
Mit Stand 30.6.2019 befanden sich in Italien 108.924 Migranten in staatlicher Unterbringung (VB 16.7.2019).
Mit Stand 5. Juli 2019 waren in Italien 65.138 Personen in einem Asylerfahren, davon haben
18.534 Personen ihren Asylantrag im Jahr 2019 gestellt (MdI 5.7.2019).
Im Jahre 2019 haben die italienischen Asylbehörden bis zum 7. Juni
42.916 Asylentscheidungen getroffen, davon erhielten 4.605 Flüchtlingsstatus, 2.790 subsidiären Schutz, 672 humanitären Schutz,
2.340 waren unauffindbar und 32.304 wurden negativ entschieden (MdI 7.6.2019).
Quellen:
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MdI - Ministero dell'Interno (5.7.2019): Commissione Nazionale per il Diritto di Asilo, per E-Mail
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MdI - Ministero dell'Interno (7.6.2019): Commissione Nazionale per il Diritto di Asilo,
https://www.camera.it/application/xmanager/projects/leg18/attachments/upload_file_doc_acquisiti/pdfs/000/001/795/REPORT_FINO_AL_07.06.2019_.pdf, Zugriff 22.7.2019
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VB des BM.I Italien (16.7.2019): Bericht des VB, per E-Mail
KI vom 26.2.2019, Änderungen bei der Versorgung von Asylwerbern (Salvini-Gesetz) und
neuer Circular Letter (relevant für Abschnitt 3/Dublin-Rückkehrer, Abschnitt
6/Unterbringung und Abschnitt 7/Schutzberechtigte)
Mit dem Gesetzesdekret Nr. 113 vom 4.10.2018 (in Verbindung mit dem Umwandlungsgesetz Nr.132 vom 1.12.2018; umgangssprachlich als "Salvini-Dekret" bzw. "Salvini-Gesetz" bekannt), sind eine Reihe von Änderungen verbunden, die sich derzeit in Umsetzung befinden und zu denen nun
mehr Informationen vorliegen:
Humanitärer Schutzstatus:
Vor der Einführung des neuen Dekrets standen in Italien drei
Schutzformen zur Verfügung:
internationaler Schutz, subsidiärer Schutz und humanitärer Schutz. Letzterer wurde für die Dauer von zwei Jahren gewährt, wenn "besondere Gründe", insbesondere "humanitären Charakters"vorlagen. Zwischen 2014 und 2018 war der humanitäre Schutz die häufigste in Italien zuerkannte Schutzform. Nach der neuen Rechtslage ist der Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen an eine restriktive und vor allem taxative Liste von Gründen gebunden, aus denen eine befristete Aufenthaltserlaubnis (unterschiedlicher Dauer) erteilt werden kann:
1. für medizinische Behandlung ("cure mediche") (1 Jahr gültig;
verlängerbar);
2. Spezialfälle ("casi speciali" ):
a) für Opfer von Gewalt oder schwerer Ausbeutung
b) Für Opfer häuslicher Gewalt (1 Jahr gültig);
c) bei außergewöhnlichen Katastrophen im Herkunftsland (6 Monate gültig; verlängerbar);
d) in Fällen besonderer Ausbeutung eines ausländischen Arbeitnehmers, der eine Beschwerde eingereicht hat und an einem Strafverfahren gegen den Arbeitgeber mitwirkt;
e) bei Handlungen von besonderem zivilem Wert (zu genehmigen vom Innenminister auf
Vorschlag des zuständigen Präfekten) (2 Jahre gültig; verlängerbar);
f) wenn zwar kein Schutz gewährt wurde, der Antragsteller aber faktisch nicht außer
Landes gebracht werden kann ("protezione speciale" = non-refoulement).
Die Territorialkommissionen der nationalen Asylbehörde sind nach der neuen Rechtslage nicht mehr für die Prüfung der humanitären Gründe zuständig. Wenn kein Asylstatus oder subsidiärer Schutz zuerkannt wird, prüfen sie nur noch, ob Gründe gegen eine Ausweisung vorliegen. Ist das der Fall, leiten sie dies an die Quästuren weiter, welche für die Prüfung der humanitären Gründe zuständig sind. Begründet wurde dieser Schritt damit, dass ein zu weiter Ermessensspielraum in der Vergangenheit zu einem Ausufern der humanitären Aufenthaltstitel geführt hat (rund 40.000 in den letzten drei Jahren), jedoch zumeist ohne dass eine soziale und berufliche Eingliederung der Betroffenen stattgefunden hätte. Es kommt jedoch zu keiner Aberkennung bestehender humanitärer Titel. Diejenigen, die bereits einen (alten) Titel aus humanitären Gründen zuerkannt bekommen haben, können weiterhin alle damit verbundenen Ansprüche geltend machen.
Abgelaufene (alte) Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen, werden jedoch nicht erneuert (VB 22.2.2019) und können auch durch rechtzeitigen Antrag nicht mehr verlängert werden. Sie können jedoch bei rechtzeitiger Antragstellung und Erfüllung der Voraussetzungen, in einen anderen Titel umgewandelt werden (Aufenthaltstitel für Arbeit, Familienzusammenführung, etc. oder in einen humanitären Titel neuer Rechtslage) (VB 25.2.2018). Ansonsten läuft der Titel ab und der Aufenthalt in Italien ist nicht mehr rechtmäßig (VB 22.2.2019).
Versorgung:
Weitgehende Änderungen gibt es auch im Unterbringungssystem. Das bisherige System (CARA als Erstaufnahme, SPRAR als kommunal organisierte Unterbringung und Integration für Asylwerber und Schutzberechtigte, CAS als Notmaßnahme für Bootsflüchtlinge welche mittlerweile ca. 80% des italienischen Unterbringungssystems ausmachen) wird völlig neu organisiert. Künftig wird zwischen einer Erstaufnahme und einer sekundären Versorgungsschiene unterschieden (VB 19.2.2019).
Die Erstaufnahmeeinrichtungen ("prima accoglienza") werden CAS und CARA ersetzen.
Zielgruppe dieser Einrichtungen sind Asylwerber (auch in einem Beschwerdeverfahren oder in Dublin-out-Verfahren bis zur Überstellung) sowie ausdrücklich auch Dublin-Rückkehrer. Fremde, die in Italien bereits einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, werden in jener Region untergebracht, in welcher der Antrag ursprünglich eingebracht wurde. In allen anderen Fällen ist jene Region zuständig, in der sich der Flughafen befindet, an dem der Fremde ankommt. Für diese Erstaufnahmeeinrichtungen wurden seitens des italienischen Innenministeriums neue Ausschreibungsspezifikationen ausgearbeitet, die bereits durch den italienischen Rechnungshof genehmigt und an die Präfekturen übermittelt wurden. Die Ausschreibung und staatliche Verwaltung/Kontrolle der Einrichtungen obliegt nach wie vor den Präfekturen. Seitens des italienischen Innenministers wurde betont, dass die Einhaltung sämtlicher europarechtlicher Bestimmungen (hier insbesondere die Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU) unter Wahrung der menschlichen Würde jedenfalls sichergestellt sei. Herkunft, religiöse Überzeugung, Gesundheitszustand, Vulnerabilität sowie die Familieneinheit finden Berücksichtigung. Bei den Kernleistungen (Sozialbetreuung, Information, soziokulturelle Mediation, sanitäre Einrichtungen sowie Startpaket, Taschengeld und Telefonkarte) soll es zu keiner Kürzung oder Streichung kommen. Integrationsmaßnahmen werden im neuen System nur noch Schutzberechtigten zukommen. Bei den Ausschreibungsspezifikationen wird zwischen kollektiven und individuellen (z.B. Selbstversorger) Unterbringungsplätzen unterschieden. Die Versorgung sieht unter anderem folgende Leistungen vor:
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Unterbringung, Verpflegung
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Sozialbetreuung, Information, linguistisch-kulturelle Mediation
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notwendige Transporte
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medizinische Betreuung: Erstuntersuchung, ärztliche Betreuung in den Zentren zusätzlich
zum allgemeinen Zugang zum nationalen Gesundheitsdienst
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Hygieneprodukte
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Wäschedienst oder Waschprodukte
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Erstpaket (Kleidung, Bettzeug, Telefonkarte)
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Taschengeld (€ 2,50/Tag/Person bis zu € 7,50/Tag für eine Kernfamilie)
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Schulbedarf
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usw.
Nach Auskunft des italienischen Innenministeriums sind Plätze für Familien sowie allein reisende Frauen (mit Kindern) vorgesehen. In den Spezifikationen sind Personalschlüssel,
Reinigungsintervalle, Melde- und Aufzeichnungsverpflichtungen des Betreibers in Bezug auf
Leistungen an die Bewohner, An-/Abwesenheiten etc. festgelegt. Die Präfekturen sind zu
regelmäßigen, unangekündigten Kontrollen berechtigt und verpflichtet (VB 19.2.2019).
Die sekundären Aufnahmeeinrichtungen (früher SPRAR) heißen ab sofort SIPROIMI ("Sistema di protezione per titolari di protezione internazionale e per minori stranieri non accompagnati" - Schutzsystem für international Schutzberechtigte und unbegleitete minderjährige Fremde) und stehen Personen mit internationalem Schutz und unbegleiteten Minderjährigen zur Verfügung sowie Personen, die nach der neuen Rechtslage einen Aufenthaltstitel wegen besonders berücksichtigungswürdiger Umstände haben ("neue" humanitäre Titel). In diesen Einrichtungen werden zusätzlich zu den oben beschrieben Leistungen auch Maßnahmen mit dem Ziel einer umfassenden Integration (Gesellschaft, Arbeitsmarkt, Sprache, etc.) geboten (VB 19.2.2019).
Personen mit humanitärem Schutz nach alter Rechtslage, die sich mit Stichtag 05.10.2018 noch in einem SPRAR/SIPROIMI befanden, können dort für den vorgesehenen Zeitraum bzw. bis zum Ende des Projektzeitraumes weiterhin bleiben. Jene Fremde mit humanitärem Schutz nach alter Rechtslage, die sich noch in einer Erstaufnahmeeinrichtung befinden, verbleiben dort so lange, bis ihnen von der Quästur der Aufenthaltstitel ("permesso di soggiorno") übergeben wurde und werden danach aus dem Aufnahmesystem entlassen (VB 19.2.2019).
In den letzten Jahren war das italienische Aufnahmesystem angesichts der zahlreichen Anlandungen von Migranten von Überforderung und dem Versuch geprägt, möglichst viele Unterbringungsplätze in möglichst kurzer Zeit zu schaffen. Dabei entstanden verschiedene Arten von Unterbringungszentren auf Projektbasis in Gemeinden, Regionen und zentraler Ebene mit nur grob festgelegt Zielgruppen. Mit der Neustrukturierung wurde ein differenziertes Aufnahmesystem geschaffen, das auch der Kritik des italienischen Rechnungshofes Rechnung trägt, der die undifferenzierte Unterbringung bzw. Erbringung insbesondere von kostspieligen Integrationsmaßnahmen an Migranten ohne dauerhaften Aufenthaltstitel bemängelt hat. So werden Asylwerber zukünftig in den Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht. Personen mit Schutzstatus bzw. einer der neuen Formen des humanitären Schutzes sowie allein reisende Minderjährige erhalten Zugang zu den sekundären Aufnahmeeinrichtungen, in denen zusätzlich integrative Leistungen angeboten werden. Durch die neuen Vergabekriterien wurde auch auf den Vorwurf reagiert, die Aufnahmeeinrichtungen außerhalb des SPRAR seien inhomogen und würden keine einheitlichen Standards sicherstellen. Durch die Staffelung der Strukturen nach Unterbringungsplätzen mit entsprechend angepasstem Personalstand und Serviceleistungen kann seitens der Präfekturen im Rahmen der Vergabeverfahren auf den Bedarf und die Gegebenheiten vor Ort im jeweiligen Fall eingegangen werden, wodurch sich die Kosten von € 35/Person/Tag auf € 19-26/Person/Tag senken sollen. Dass eine solche Restrukturierung ohne Einbußen bei der Qualität oder dem Leistungsangebot (so der Vorwurf bzw. die Befürchtung der Kritiker) machbar ist, erscheint angesichts der vorliegenden Unterlagen aus Sicht des VB nachvollziehbar (VB 19.2.2019).
Auch die medizinische Versorgung von Asylwerbern ist weiterhin gewährleistet. Es wurde oft kritisiert, dass durch das neue Gesetz Asylwerber von der medizinischen Versorgung abgeschnitten würden, weil deren Registrierung bei den Gemeinden ("residenza") nicht mehr vorgesehen ist. Letzteres ist grundsätzlich richtig, allerdings unterscheidet Italien beim "Wohnsitz" zwischen "residenza" und "domicilio" (VB 19.2.2019). Nach der neuen Rechtslage ist die Einschreibung beim Nationalen Gesundheitsdienst für Asylwerber auf Basis des "domicilio" garantiert (CILD 1.2.2019), welcher üblicherweise im Aufnahmezentrum liegt. Somit ist auch für Asylwerber weiterhin die Ausstellung einer Gesundheitskarte ("tessera sanitaria") möglich, mit welcher sie Zugang zu den Leistungen erhalten. Zusätzlich sind in den Erstaufnahmezentren Ärzte beschäftigt, die neben medizinischen Erstuntersuchungen und Notfallmaßnahmen auch die nationalen Gesundheitsdienste entlasten sollen. Der Zugang zu medizinischer Notversorgung in öffentlichen Spitälern bleibt weiterhin bestehen, auch für illegale Migranten (VB 19.2.2019).
Im Sinne des Tarakhel-Urteils stellte Italien im Februar 2015 in einem Rundbrief eine Liste von Einrichtungen zur Verfügung, welche für die Unterbringung von Familien geeignet sind, welche als Dublin-Rückkehrer nach Italien kommen. Im Sinne der neuenRechtslage im Land hat Italien am 8. Jänner 2019 einen neuen Rundbrief versendet und auf die geänderten Gegebenheiten reagiert. Es wird darin bestätigt, dass in Übereinstimmung mit dem neuen Gesetz 132/2018, gemäß der Dublin-VO rücküberstellte Antragsteller nicht in SIPROIMI, sondern im Rahmen der Erstaufnahme (s.o.) untergebracht werden. Italien garantiert, dass diese Zentren dafür geeignet sein werden, um alle Arten von Betroffenen zu betreuen und die Einhaltung ihrer Grundrechte zu gewährleisten, vor allem die Familieneinheit und den Schutz Minderjähriger (MdI 8.1.2019).
Quellen:
CILD - Coalizione Italiana Libertà e Diritti Civili (1.2.2019):
ANAGRAFE E DIRITTI: COSA
CAMBIA COL DECRETO SALVINI. Know Your Rights,https://immigrazione.it/docs/2019/knowyour-rights.pdf, Zugriff 26.2.2018- MdI - Ministero dell'Interno (8.1.2019): Circular Letter, per E-Mail
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VB des BM.I Italien (25.2.2019): Auskunft des VB, per E-Mail
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VB des BM.I Italien (22.2.2019): Bericht des VB, per E-Mail
-
VB des BM.I Italien (19.2.2019): Bericht des VB, per E-Mail
KI vom 18.12.2018, Sicherheits- und Immigrationsdekret (Salvini-Dekret); Asylstatistik
(relevant für Abschnitt2/ Allgemeines zum Asylverfahren; Abschnitt 3/Dublin-Rückkehrer, Abschnitt 6/Unterbringung und Abschnitt 7/Schutzberechtigte)
Das Sicherheits- und Immigrationsdekret des italienischen Innenministers Matteo Salvini ist am 28.11.2018 vom italienischen Parlament endgültig als Gesetz angenommen worden (GF 3.12.2018; vgl. DS 28.11.2018, INT 27.11.2018).
Es sieht eine Reihe von Änderungen im Asylbereich vor. Um die wichtigsten zu nennen: Der humanitäre Aufenthalt, zuletzt die am häufigsten verhängte Schutzform in Italien, wird künftig nur noch für ein Jahr (bislang zwei Jahre) und nur noch als Aufenthaltstitel für "spezielle Fälle" vergeben, nämlich wenn erhebliche soziale oder gesundheitliche Gründe vorliegen, bzw. wenn im Herkunftsland außergewöhnliche Notsituationen herrschen. Schutzberechtigten, die bestimmte Straftaten begehen, kann der Status leichter wieder aberkannt werden. Ebenso können Migranten, denen bereits die italienische Staatsbürgerschaft verliehen wurde, diese wieder verlieren, wenn sie wegen Terrorismusdelikten verurteilt werden. Die Aufenthaltsdauer in den Abschiebezentren wird von maximal 90 auf 180 Tage verdoppelt. Es wird insgesamt weniger Geld für den Bereich Immigration zur Verfügung gestellt, dafür mehr für die Repatriierung. Das SPRAR-System der Unterbringung soll künftig nur noch für unbegleitete minderjährige Asylwerber und anerkannte Schutzberechtigte zugänglich sein, während andere Asylwerber bis zum Abschluss ihres Verfahrens in den CAS/CARA bleiben sollen. Auch ist vorgesehen, dass besetzte Gebäude geräumt und Besetzer bestraft werden sollen. Italien wird hinkünftig eine Liste sicherer Herkunftsstaaten führen (GF 3.12.2018; vgl. INT 27.11.2018, SO 29.11.2018).
Vulnerable Asylwerber mit Ausnahme unbegleiteter Minderjähriger haben demnach keinen Zugang zum SPRAR-System mehr. Diese Personen werden nun im Rahmen des CAS-Systems untergebracht. Das italienische Innenministerium hat hierzu bekannt gegeben, dass für CAS daher neue Ausschreibungsbedingungen ausgearbeitet wurden, die seitens der Präfekturen in Zukunft bindend herangezogen werden müssen. Es steht derzeit noch eine abschließende Prüfung durch den italienischen Rechnungshof aus, daher wurden diese noch nicht veröffentlicht. Seitens desitalienischen Innenministeriums wurde jedoch betont, dass die Einhaltung sämtlicher europarechtlicher Bestimmungen (hier insbesondere die Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU) unter Wahrung der menschlichen Würde jedenfalls sichergestellt sei. Bei den Kernleistungen (Sozialbetreuung, Information, soziokulturelle Mediation, sanitäre Einrichtungen sowie Startpaket, Taschengeld und Telefonkarte) komme es zu keiner Kürzung oder Streichung. Lediglich Integrationsmaßnahmen seien in der neuen Systematik Personen mit internationalem Schutz vorbehalten (VB 17.12.2018).
Von der Neuregelung des Aufnahmesystems in Italien sind auch Dublin-Rückkehrer betroffen. Diese werden bereits aktuell nicht mehr im Rahmen des SPRAR-Systems, sondern im CAS untergebracht und laut italienischem Innenministerium kann eine adäquate Unterbringung sichergestellt werden (VB 17.12.2018).
Laut offizieller italienischer Statistik wurden im Jahr 2018 bis zum 14. Dezember 52.350 Asylanträge in Italien gestellt. Mit selbem Datum waren 2018 bereits 53.834 Anträge negativ erledigt (inkl. Unzulässige), 6.852 erhielten Flüchtlingsstatus, 4.132 erhielten subsidiären Schutz, 19.884 erhielten humanitären Schutz. 7.651 Antragsteller waren nicht mehr auffindbar (MdI 14.12.2018).
Quellen:
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DS - Der Standard (28.11.2018): Salvini pflügt Italiens Asylrecht radikal um,
https://derstandard.at/2000092626603/Salvini-pfluegt-via-Sicherheitsdekret-italienisches-
Asylrecht-um, Zugriff 5.12.2018
-
GF - Guida Fisco (3.12.2018): Decreto Sicurezza: riassunto del testo e cosa prevede su
immigrazione,
https://www.guidafisco.it/decreto-sicurezza-testo-cos-e-cosa-prevede-cambiasalvini-immigrazione-2157, Zugriff 5.12.2018
-
MdI - Ministero dell'Interno (14.12.2018): Commissione Nazionale per il Diritto di Asilo, per EMail
-
INT - Internazionale (27.11.2018): Cosa prevede il decreto sicurezza e immigrazione,
https://www.internazionale.it/bloc-notes/annalisa-camilli/2018/11/27/decreto-icurezzaimmigrazione-cosa-prevede, Zugriff 18.12.2018
-
SO - Spiegel Online (29.11.2018): Italien verschärft seine Einwanderungsgesetze drastisch,
http://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-italien-verschaerfteineeinwanderungsgesetze-drastisch-a-1241091.html, Zugriff 5.12.2018
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VB des BM.I Italien (17.12.2018): Bericht des VB, per E-Mail
Allgemeines zum Asylverfahren
In Italien existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 21.3.2018; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle). Laut offizieller italienischer Statistik wurden 2018 bis zum 21. September 42.613 Asylanträge in Italien gestellt. Mit selbem Datum waren 2018 38.512 Anträge negativ erledigt (inkl. unzulässige), 4.756 erhielten Flüchtlingsstatus, 2.838 erhielten subsidiären Schutz, 17.728 erhielten humanitären Schutz. 5.433 Antragsteller waren nicht mehr auffindbar (MdI 21.9.2018). Die Asylverfahren nehmen je nach Region sechs bis fünfzehn Monate in Anspruch. Wenn Rechtsmittel ergriffen werden, kann sich diese Dauer auf bis zu zwei Jahren erstrecken (USDOS 20.4.2018).
Am 24.9.2018 hat Italiens Regierung ein Dekret verabschiedet, das Verschärfungen im Asylrecht vorsieht. Der Schutz aus humanitären Gründen würde weitgehend abgeschafft werden, besetzte Häuser sollen geräumt werden und deren Bewohnern drohen Haftstrafen. Auch die Regelungen für den Verlust des Schutzanspruchs würden verschärft werden. Das vom Kabinett einstimmig verabschiedete Dekret bleibt unter Juristen jedoch umstritten. Es muss nun vom Präsidenten unterzeichnet und dann innerhalb von 60 Tagen auch noch vom Parlament verabschiedet werden, bevor es in Kraft treten kann. In Anbetracht der umstrittenen Materie, kann es also noch zu einer Abschwächung des Dekrets kommen (NZZ 25.9.2018).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (21.3.2018): Italian Council for Refugees (CIR) / Association for Legal Studies on Immigration (ASGI): Country Report: Italy,
h
ttp://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2017update.pdf , Zugriff 3.8.2018
-
MdI - Ministero dell'Interno (21.9.2018): Commissione Nazionale per il Diritto di Asilo, per E-Mail
-
NZZ - Neue Zürcher Zeitung (25.9.2018): Italien verschärft sein Asylrecht: Der Schutz aus
humanitären Gründen wird abgeschafft, https://www.nzz.ch/international/italien-verschaerft-seinasylrecht-ld.1422862, Zugriff 25.9.2018
-
USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017: Italy, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430262.html, Zugriff 24.9.2018
Dublin-Rückkehrer
Wenn Italien einer Überstellung ausdrücklich zustimmt, wird der Flughafen angegeben, welcher der für das konkrete Asylverfahren zuständigen Quästur am nächsten liegt. Wenn Italien durch Fristablauf zustimmt, landen Rückkehrer üblicherweise auf den Flughäfen Rom-Fiumicino und Mailand-Malpensa. Ihnen wird am Flughafen von der Polizei eine Einladung (verbale di invito) ausgehändigt, der zu entnehmen ist, welche Quästur für ihr Asylverfahren zuständig ist. Die Quästuren sind oft weit von den Ankunftsflughäfen entfernt und die Asylwerber müssen auf eigene Faust und zumeist auch auf eigene Kosten innerhalb weniger Tage dorthin reisen, was bisweilen problematisch sein kann(AIDA 21.3.2018).
Die Situation von Dublin-Rückkehrern hängt vom Stand ihres Verfahrens in Italien ab:
1. Wenn ein Rückkehrer noch keinen Asylantrag in Italien gestellt hat, kann er dies tun, so wie jede andere Person auch (AIDA 21.3.2018).
2. Ist das Verfahren des Rückkehrers in der Zwischenzeit positiv ausgegangen, hat er eine
Aufenthaltserlaubnis erhalten (AIDA 21.3.2018).
3. Ist das Verfahren des Rückkehrers noch anhängig, wird es fortgesetzt und er hat dieselben Rechte wie jeder andere Asylwerber auch (AIDA 21.3.2018).
4. Wenn das Verfahren vor endgültiger Entscheidung unterbrochen wurde, etwa weil sich der
Antragsteller diesem entzogen hat, und der Betreffende wird von Italien im Rahmen von
Art. 18(1)(c) zurückgenommen, wird das Verfahren auf Antrag wieder aufgenommen
(EASO 12.2015).
5. Bei Rückkehrern, die unter Art. 18(1)(d) und 18(2) fallen und welche Italien verlassen haben, bevor sie über eine negative erstinstanzliche Entscheidung informiert werden konnten, beginnt die Rechtsmittelfrist erst zu laufen, nachdem der Rückkehrer von der Entscheidung in Kenntnis gesetzt wurde (EASO 12.2015; vgl. AIDA 21.3.2018).
6. Wurde der Rückkehrer beim ersten Aufenthalt in Italien von einer negativen Entscheidung
in Kenntnis gesetzt und hat dagegen nicht berufen, kann er zur Außerlandesbringung in ein
Schubhaftlager gebracht werden (AIDA 21.3.2018).
7. Hat sich der Rückkehrer dem persönlichen Interview nicht gestellt und sein Antrag wurde
daher negativ beschieden, kann er nach Rückkehr ein neues Interview beantragen (AIDA
21.3.2018).
(Für weitere Informationen, siehe Kapitel 6.3. Dublin-Rückkehrer.)
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (21.3.2018): Italian Council for Refugees (CIR) / Association for Legal Studies on Immigration (ASGI): Country Report: Italy,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2017update.pdf , Zugriff 3.8.2018
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EASO - European Asylum Support Office (12.2015): Quality Matrix Report: Dublin procedure, per E-Mail
Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable
In Italien gelten folgende Personenkreise als vulnerabel:
Minderjährige, unbegleitete Minderjährige, Schwangere, alleinstehende Eltern mit minderjährigen Kindern, Opfer von Menschenhandel, Opfer von Genitalverstümmelung und ernsthaft physisch oder psychisch Kranke sowie Alte, Behinderte, und Opfer von Folter, Vergewaltigung oder anderen Formen physischer, psychischer oder sexueller Gewalt. In Italien ist kein eigener Identifizierungsmechanismus für Vulnerable vorgegeben. Es gibt lediglich Leitfäden des Gesundheitsministeriums. Die Identifizierung ist in jeder Phase des Verfahrens durch am Verfahren beteiligte Personen, Beamte oder Betreuer möglich. Die zuständige erstinstanzliche Asylbehörde kann zur Absicherung eine medizinische Untersuchung verlangen. Wenn im Zuge des Interviews ein Vertreter der Behörde den Verdacht hat, es mit einer vulnerablen Person zu tun zu haben, kann er diese speziellen Diensten zuweisen.
Wenn die Vulnerabilität eines Antragstellers festgestellt wurde, ist dessen Zugang zu angemessener medizinischer und psychologischer Versorgung und Betreuung sicherzustellen. Vulnerable werden im Verfahren prioritär behandelt (AIDA 21.3.2018).
Beim Schutz von Minderjährigen sind deren Reifegrad und Entwicklung zu berücksichtigen und es ist im besten Interesse des Kindes zu handeln. Der Schutz asylwerbender Minderjähriger wurde durch Gesetz 47/2017 gestärkt, das auch Regeln für die Altersfeststellung festlegt. Es besagt, dass in Ermangelung von Ausweispapieren und bei Zweifeln am Alter des Antragstellers, die Staatsanwaltschaft am Jugendgericht eine sozialmedizinische Untersuchung anordnen kann. Die Untersuchung wird im multidisziplinären Ansatz von entsprechend geschulten Fachkräften durchgeführt, mit möglichst nicht-invasiven Methoden und unter Achtung der Integrität der Person
(AIDA 21.3.2018; vgl. CoE/GoI 10.4.2018).
Derzeit wird NGOs zufolge Gesetz 47/2017 aber nicht effektiv umgesetzt und das Alter lediglich mittels Handwurzelröntgen festgestellt und auc