Entscheidungsdatum
06.11.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
G304 2218697-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA.: Irak, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.04.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Spruchpunkte III. und VI. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben werden.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit oben im Spruch angeführtem Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 24.10.2015 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.), dem BF gemäß § 57 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen den BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß 46 FPG in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt V.), und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).
2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.
3. Am 10.05.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.
4. Am 18.10.2019 langte beim BVwG ein dringendes an das BFA gerichtete Ersuchen der österreichischen Botschaft Budapest vom 17.10.2019 ein.
Die Botschaft teilte mit, dass der BF und ein weiterer irakischer Staatsangehöriger sich derzeit in einer bestimmten näher angeführten ungarischen Haftanstalt in U-Haft befinden, haben sie doch mit Kraftfahrzeugen jeweils fünf Personen, die sich in Ungarn illegal aufgehalten haben und angegeben haben, irakischer bzw. iranischer Abstammung zu sein, auf der Autobahn Richtung Budapest gefahren, um diese in weiterer Folge über die österreichische Grenze zu bringen. Die genannten Personen seien noch in Ungarn von der Polizei auf der Autobahn angehalten und in Gewahrsam genommen worden.
Die Botschaft ersuchte um dringende Mitteilung, ob bzw. welchen Aufenthaltsstatus die beiden genannten irakischen Staatsangehörigen in Österreich besitzen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Irak, stammt aus Kirkuk, dem Nordirak, und gehört der sunnitisch-muslimischen Glaubensrichtung und der kurdischen Volksgruppe an.
1.2. Festgestellt wird, dass der BF ledig ist, keine Kinder hat, und in Österreich keine Familienangehörige hat und in keiner Lebensgemeinschaft lebt, in seiner Herkunftsstadt Kirkuk im Nordirak mit seinen Geschwistern (Bruder, Schwester) und weiteren familiären Bezugspersonen jedoch noch familiäre Anknüpfungspunkte hat.
1.3. Der BF konnte in seiner Herkunftsstadt "Kirkuk" ungehindert von 2010 bis zur Ausreise im Jahr 2015 einer Erwerbstätigkeit in einer Bäckerei nachgehen.
1.4. Der BF ist Anfang Oktober 2015 legal aus dem Irak ausgereist. Er ist seine Reise von Kirkuk aus mit einem Autobus bis zu einem bestimmten - rund 240 Kilometer Luftlinie entfernten - Ort in Kurdistan angetreten und von dort legal mit dem Autobus über die Grenze in die Türkei gereist. Von dort reiste der BF schlepperunterstützt weiter bis nach Österreich.
1.5. Der BF stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 20.10.2015 am 24.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
1.5.1. In seiner Erstbefragung am 22.11.2015 brachte der BF vor, von "unbekannten Arabern" bedroht worden zu sein und sich in seinem Herkunftsstaat vor Arabern und dem IS zu fürchten.
1.5.2. In seiner ersten niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 17.11.2017 brachte der BF zu seinen Fluchtgründen vor, er sei bei seiner Arbeit von einem Arbeitskollegen, der Lehrling gewesen sei, aufgefordert worden, sich einem bestimmten Verein, der laut Angaben des BF mit dem IS zusammenarbeite, anzuschließen. Der BF habe daraufhin Anzeige bei der Polizei erstattet, woraufhin sein Arbeitskollege eine Woche später festgenommen worden sei. Ein Monat später sei der BF telefonisch bedroht worden. Es sei auch auf den BF und sein Haus geschossen worden. Nachdem dem BF gesagt worden sei, er müsse seine Heimat verlassen, bevor er umgebracht werde, habe er beschlossen, seine Heimat zu verlassen.
Die Eltern des BF seien in weiterer Folge ebenfalls bedroht worden. Der Bruder des BF beschuldige den BF, dass sie wegen ihm Probleme bekommen hätten, und rede deswegen nicht mehr mit ihm.
1.5.2.1. Das Fluchtvorbringen des BF war nicht glaubwürdig, bereits deswegen, weil der BF keine Beweismittel - weder eine Anzeigebestätigung noch eine Arztbestätigung vom Krankenhaus, in welchem er nach einem Beschuss angeblich versorgt worden sei, vorlegen konnte.
1.6. Fest steht, dass der BF im November 2015 nach Österreich gekommen ist, um hier über ein unglaubwürdiges Fluchtvorbringen ein Bleiberecht zu erhalten.
1.7. Mit Bescheid vom 12.04.2019 wurde sein Asylantrag abgewiesen und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung verhängt. Nachdem der BF dagegen Beschwerde erhoben hatte, ist er am 16.07.2019 freiwillig aus dem Bundesgebiet ausgereist, und zwar einem Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister folgend mit Zielland Italien.
1.8. Am 18.10.2019 langte beim BVwG ein Schreiben der Österreichischen Botschaft Budapest vom 17.10.2019 ein, in welchem mitgeteilt wurde, dass der BF und ein weiterer irakischer Staatsangehöriger auf der Autobahn Richtung Budapest mit jeweils fünf Personen, die sich in Ungarn illegal aufgehalten haben und die angegeben haben, irakischer bzw. iranischer Abstammung zu sein, unterwegs gewesen seien, um diese in weiterer Folge über die Grenze nach Österreich zu bringen. Der BF und der weitere von der Österreichischen Botschaft Budapest genannte irakische Staatsangehörige wurden in Ungarn von den Polizeibehörden auf der Autobahn angehalten und in Gewahrsam genommen und befinden sich nunmehr in einer bestimmten von der Botschaft näher angeführten Haftanstalt in Untersuchungshaft.
1.9. Der BF hat im Bundesgebiet nachweislich diverse Deutschkurse besucht und am 15.03.2017 ein ÖSD Zertifikat A1 und am 05.07.2017 ein ÖSD Zertifikat A2 erworben, und in seiner Asylunterkunft freiwillig bei diversen Transport-, Reinigungs- und Handwerkstätigkeiten mitgeholfen.
Der BF hat eine ungarische Freundin, die in Österreich eine Hauptwohnsitzmeldung aufweist, mit welcher er jedoch nicht zusammenlebt, sondern nur Besuchskontakt pflegt.
2. Zur Lage im Irak
2.1. Sicherheitslage Nord- und Zentralirak
In den Provinzen Ninewa und Salah al-Din muss weiterhin mit schweren Anschlägen und offenen bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen dem IS und irakischen Sicherheitskräften gerechnet werden. Diese Gefährdungslage gilt ebenfalls für die Provinz Anbar und die Provinz Ta'mim (Kirkuk), sowie auch für die Provinz Diyala. Hinzu kommen aktuelle Spannungen zwischen irakischen Streitkräften und kurdischen Peshmerga (AA 1.11.2018).
Mit dem Zuwachs und Gewinn an Stärke von lokalen und sub-staatlichen Kräften, haben diese auch zunehmend Verantwortung für die Sicherheit, politische Steuerung und kritische Dienstleistungen übernommen. Infolgedessen ist der Nord- und Zentralirak, obgleich nicht mehr unter der Kontrolle des IS, auch nicht unter fester staatlicher Kontrolle. Die Fragmentierung der Macht und die große Anzahl an mobilisierten Kräften mit widersprüchlichen Loyalitäten und Programmen stellt eine erhebliche Herausforderung für die allgemeinen Stabilität dar (GPPI 3.2018).
Der Zentralirak ist derzeit der wichtigste Stützpunkt für den IS. Die Gewalt dort nahm im Sommer 2018 zu, ist aber inzwischen wieder gesunken. In der Provinz Diyala beispielsweise fiel die Zahl sicherheitsrelevanter Vorfälle von durchschnittlich 1,7 Vorfällen pro Tag im Juni 2018 auf 1,1 Vorfälle im Oktober 2018. Auch in der Provinz Salah al-Din kam es im Juni 2018 zu durchschnittlich 1,4 sicherheitsrelevanten Vorfällen pro Tag, im Oktober jedoch nur noch zu 0,5. Die Provinz Kirkuk verzeichnete im Oktober 2018 einen Anstieg an sicherheitsrelevanten Vorfällen, mit durchschnittlich 1,5 Vorfällen pro Tag, die höchste Zahl seit Juni 2018. Die Anzahl der Vorfälle selbst ist jedoch nicht so maßgeblich wie die Art der Vorfälle und die Schauplätze an denen sie ausgeübt werden. Der IS ist in allen ländlichen Gebieten der Provinz Diyala, in Süd-Kirkuk, Nord- und Zentral-Salah-al-Din tätig. Es gibt regelmäßige Angriffe auf Städte; Zivilisten und Beamte werden entführt; Steuern werden erhoben und Vergeltungsmaßnahmen gegen diejenigen ausgeübt, die sich weigern zu zahlen; es kommt auch regelmäßige zu Schießereien. Es gibt immer mehr Berichte über IS-Mitglieder, die sich tagsüber im Freien bewegen und das Ausmaß ihrer Kontrolle zeigen. Die Regierung hat in vielen dieser Gegenden wenig Präsenz und die anhaltenden Sicherheitseinsätze sind ineffektiv, da die Kämpfer ausweichen, wenn die Einsätze im Gang sind, und zurückkehren, wenn sie wieder beendet sind. Der IS verfügt derzeit über eine nach außen hin expandierende Kontrolle in diesen Gebieten (Joel Wing 2.11.2018).
Quellen:
? AA - Auswärtiges Amt (1.11.2018): Irak: Reisewarnung, https://www.auswaertiges-amt.de/de/iraksicherheit/202738, Zugriff 1.11.2018
? GPPI - Global Public Policy Institute (3.2018): Iraq after ISIL:
Sub-State Actors, Local Forces, and the Micro-Politics of Control, http://www.gppi.net/fileadmin/user_upload/media/pub/2018/Gaston_Derzsi-Horvath_Iraq_After_ISIL.pdf, Zugriff 5.11.2018
? Joel Wing - Musings on Iraq (2.11.2018): October 2018: Islamic State Expanding Operations In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/11/october-2018-islamic-state-expanding.html, Zugriff 5.11.2018
2.2. Minderheiten
In der irakischen Verfassung vom 15.10.2005 ist der Schutz von Minderheiten verankert (AA 12.2.2018). Trotz der verfassungsrechtlichen Gleichberechtigung leiden religiöse Minderheiten unter weitreichender faktischer Diskriminierung und Existenzgefährdung. Der irakische Staat kann den Schutz der Minderheiten nicht sicherstellen (AA 12.2.2018).
Offiziell anerkannte Minderheiten, wie chaldäische und assyrische Christen sowie Jesiden, genießen in der Verfassung verbriefte Minderheitenrechte, sind jedoch im täglichen Leben, insbesondere außerhalb der Autonomen Region Kurdistan, oft benachteiligt (AA 12.2.2018).
Die wichtigsten ethnisch-religiösen Gruppierungen sind (arabische) Schiiten, die 60 bis 65 Prozent der Bevölkerung ausmachen und vor allem den Südosten/Süden des Landes bewohnen, (arabische) Sunniten (17 bis 22 Prozent) mit Schwerpunkt im Zentral- und Westirak und die vor allem im Norden des Landes lebenden, überwiegend sunnitischen Kurden (15 bis 20 Prozent) (AA 12.2.2018). Genaue demografische Aufschlüsselungen sind jedoch mangels aktueller Bevölkerungsstatistiken sowie aufgrund der politisch heiklen Natur des Themas nicht verfügbar (MRG 5.2018). Zahlenangaben zu einzelnen Gruppen variieren oft massiv (siehe unten).
Eine systematische Diskriminierung oder Verfolgung religiöser oder ethnischer Minderheiten durch staatliche Behörden findet nicht statt.
Quelle:
? AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf, Zugriff 19.7.2018
2.2.1. Kurden
Schätzungen zufolge sind 15-20 Prozent der irakischen Bevölkerung Kurden. Während sich die arabische Bevölkerung vorwiegend in den westlichen Landesteilen, der Zentralregion und im Süden des Landes verteilt, leben die Kurden mehrheitlich im Nordosten. Die Kurden in der autonomen Zone bekennen sich überwiegend als Sunniten. Aber es gibt unter ihnen auch neuzeitliche Zoroastrier und Jesiden. Die meisten Kurden Bagdads fühlen sich einem schiitischen Religionszweig verbunden: dem des Faili-Schiitentums (GIZ 11.2018).
Von ethnisch-konfessionellen Auseinandersetzungen sind auch Kurden betroffen, soweit sie außerhalb der Autonomen Region Kurdistan leben. Nach der Befreiung von Ortschaften aus den Händen des IS kam es teilweise zu Machtkämpfen um die Vorherrschaft im jeweiligen Gebiet (AA 12.2.2018). An verschiedenen Stellen begann die irakische Armee in enger Zusammenarbeit mit den schiitischen Volksmobilisierungseinheiten gegen die Kurden vorzugehen (SWP 7.2018). Im Nachgang zum Unabhängigkeitsreferendum hat die zentral-irakische Armee die zwischen Kurden und Zentralregierung umstrittenen Gebiete größtenteils wieder unter die Kontrolle Bagdads gebracht (AA 12.2.2018).
Quellen:
? AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf
? GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (11.2018): Irak - Gesellschaft, https://www.liportal.de/irak/gesellschaft/, Zugriff 19.11.2018
? MRG - Minority Rights Group International (10.2014): Iraq - Kurds, http://minorityrights.org/minorities/kurds-3/, Zugriff 17.8.2018
? SWP - Stiftung Wissenschaft und Politik (7.2018): Die Kurden im Irak und in Syrien nach dem Ende der Territorialherrschaft des "Islamischen Staates",
https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2018S11_srt.pdf, Zugriff 20.8.2018
, Zugriff 19.7.2018
2.3.Rückkehr
Die freiwillige Rückkehrbewegung irakischer Flüchtlinge aus anderen Staaten befindet sich im Vergleich zum Umfang der Rückkehr der Binnenflüchtlinge auf einem deutlich niedrigeren, im Vergleich zu anderen Herkunftsstaaten aber auf einem relativ hohen Niveau. Die Sicherheit von Rückkehrern ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig - u.a. von ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit, ihrer politischen Orientierung und den Verhältnissen vor Ort. (...) (AA 12.2.2018).
Quelle:
? AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf, Zugriff 12.10.2018
3. Beweiswürdigung:
3.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
3.2. Zur Person des BF und seinen individuellen Verhältnissen
3.2.1. Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des BF beruhen auf dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt.
3.2.2. Dass der BF im Bundesgebiet keine Familienangehörigen hat und in keiner Lebensgemeinschaft lebt, ergab sich aus seinem diesbezüglich glaubhaften Vorbringen in seiner Einvernahme vor dem BFA am 17.11.2017 in Zusammenschau mit seinen Angaben in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 14.03.2019, in welcher er befragt danach, ob sich bei seinen familiären Verhältnissen zwischenzeitig etwas verändert habe, keine diesbezügliche Änderung vorbringen konnte.
Dass der BF eine Freundin hat, die ungarische Staatsangehörige ist, mit dieser jedoch nicht zusammenlebt, sondern nur Besuchskontakt pflegt, beruht auf dem diesbezüglich glaubhaften Vorbringen des BF vor dem BFA am 14.03.2019 (Niederschrift über Einvernahme des BF vor BFA. S. 4).
3.2.3. Die Feststellung, dass der BF in seinem Herkunftsstaat noch familiäre Anknüpfungspunkte hat, konnte, weil aufgrund widersprüchlicher Angaben des BF vor dem BFA am 17.07.2019 und 14.03.2019 ein Fehlen familiärer Anknüpfungspunkte ausgeschlossen werden konnte, getroffen werden.
Der BF sprach am 17.11.2017 vor dem BFA, befragt danach, wo sein Vater lebe, zunächst davon, sein Vater habe bis zur Ausreise des BF in Kirkuk gelebt, nunmehr wisse er nicht, ob er noch lebe, habe er doch seit ca. einem Jahr keinen Kontakt mehr zu ihm. Befragt nach seiner Mutter gab er an, er wisse nicht, wo sich derzeit seine Mutter befinde, "(...) sie wollte ausreisen. Sie müsste in der Türkei oder in Griechenland sein. Ich habe das vom Schlepper gehört" (Niederschrift über Einvernahme des BF vor BFA am 17.11.2017, S. 3).
Weiter befragt zu seinen Geschwistern gab der BF an, sein Bruder lebe derzeit in der Türkei, sie alle seien wegen ihm geflüchtet. Seine Schwester "lebt auch normalerweise mit meinen Eltern und sie ist auch mit ihnen ausgereist. Ich weiß nicht, wo sie sich befindet. (Niederschrift über Einvernahme vor BFA am 17.11.2017, S. 4).
Dass die Eltern und Geschwistern des BF nach Ausreise des BF weiterhin im Irak verblieben sind, beweisen seine widersprüchlichen, unglaubwürdigen dazu entgegengesetzten Angaben:
Der BF gab zunächst, befragt, wo sein Vater lebe, an, er wisse nicht, ob sein Vater, der vor Ausreise des BF in Kirkuk gelebt habe, noch lebe, brachte später befragt nach seinen Geschwistern jedoch widersprüchlich dazu vor, seine Schwester sei mit den Eltern zusammen ausgereist, der Bruder des BF lebe nunmehr in der Türkei - sie alle seien wegen ihm geflüchtet, geht doch aus seinen ersten Angaben hervor, dass der Vater des BF nicht ausgereist ist, sondern nach Ausreise des BF weiterhin in Kirkuk verblieben ist. Dass die Mutter des BF ausgereist ist, kann ebenso nicht festgestellt werden, war doch das unbestimmte Vorbringen, vom Schlepper erfahren zu haben, seine Mutter müsste in der Türkei oder in Griechenland sein, nicht glaubwürdig.
Dass der BF von einer Ausreise seiner Mutter auf seiner eigenen schlepperunterstützten Reise im Oktober 2015 erfahren hat, ist auszuschließen, ist seine Mutter doch nicht mit dem BF zusammen ausgereist, sondern wollte diese laut BF angeblich nur ausreisen, und hat der BF im Zuge der Erstbefragung seine Eltern und Geschwister als im Irak verbliebene Familienangehörige angeführt.
Es ist zudem nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund der BF zu seinem Schlepper nach Einreise in das österreichische Bundesgebiet noch Kontakt gehabt haben sollte. Dass er von seinem Schlepper im Nachhinein vom Aufenthalt seiner Mutter in der Türkei oder in Griechenland erfahren hat, ist nicht glaubwürdig, dies bereits aufgrund seiner unbestimmten Angaben zum Aufenthaltsland seiner Mutter.
In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 14.03.2019 gab der BF, befragt danach, ob sich seine familiären Verhältnisse seit seiner letzten niederschriftlichen Einvernahme verändert haben, Folgendes an:
"Ich habe vom Schlepper gehört, dass meine Eltern und eine Schwester von mir sich in Griechenland befinden. Mein Bruder war in der Türkei, aber ich habe keinen Kontakt zu ihm. Ich habe keine Informationen über den Aufenthaltsstatus meiner Familie. Es wird gesagt, dass meine Eltern und meine Schwester auf der Flucht im Meer ertrunken sind. Das wird vom Schlepper bestritten." (Niederschrift über Einvernahme des BF vor BFA am 17.11.2017, S. 3)."
Zwischen der Einvernahme des BF vor dem BFA am 17.07.2017 und seiner Einvernahme vor dem BFA am 14.09.2019 will der BF vom Schlepper erfahren haben, dass sich seine Eltern und "eine" Schwester in Griechenland befinden (Niederschrift über Einvernahme des BF vor BFA am 14.03.2019, S. 3).
Der BF gab dann vor dem BFA am 14.03.2019 - plötzlich - gesteigert an, es werde gesagt, dass seine Eltern und seine Schwester auf der Flucht im Meer ertrunken seien, dies sei jedoch vom Schlepper bestritten worden.
Aus seinem Vorbringen, "eine" Schwester halte sich mit den Eltern in Griechenland auf, ist mindestens eine weitere Schwester des BF anzunehmen. Aufgrund der unmissverständlichen Ausdrucksweise des BF - "eine Schwester von mir" - ist auch nicht von einem Versehen in der Niederschrift auszugehen, steht der BF doch laut Unterschrift des Einvernahmeprotokolls, womit er die Richtigkeit seiner Angaben bestätigte, zu all den in der Niederschrift festgehaltenen Angaben. Der BF gab zudem ausdrücklich an, den Dolmetscher sehr gut verstanden zu haben.
Aus seinem Vorbringen vor dem BFA am 14.03.2019, sein Bruder "war in der Türkei, aber ich habe keinen Kontakt zu ihm" in Zusammenschau mit seinem Vorbringen vor dem BFA am 17.11.2017, sein Bruder lebe in der Türkei, er habe jedoch keinen Kontakt zu ihm, gebe dieser ihm doch die Schuld daran, dass sie (gemeint: alle Familienangehörigen des BF) flüchten müssen haben, geht hervor, dass der BF sehr wohl mit seinem Bruder aufrechten Kontakt hat und auch nach seiner Ausreise hatte, könnte er doch nunmehr auf keinen Fall angeben, dass sein Bruder in der Türkei "war", wenn er nie Kontakt mit ihm hatte.
Aufgrund des zu seinen Familienangehörigen erstatteten unglaubwürdigen Vorbringen konnte von im Irak noch vorhandenen familiären Bezugspersonen im Irak ausgegangen werden.
3.3. Zum Fluchtvorbringen
3.3.1. Das Fluchtvorbringen des BF, von einem Arbeitskollegen, einem Lehrling, aufgefordert worden zu sein, einem bestimmten laut Angaben des BF mit dem IS zusammenarbeitenden Verein beizutreten, woraufhin der BF dies bei der Polizei angezeigt habe, sein Arbeitskollege eine Woche später festgenommen und ein Monat später der BF telefonisch bedroht und sein Haus und der BF selbst beschossen worden sei, war nicht glaubwürdig, weil der BF diesbezüglich ein undetailliertes, nach Nachfragen zu seinen Gunsten nur angepasstes, bruchstückhaftes, vages Fluchtvorbringen erstattet hat und keine Beweismittel, weder eine Bestätigung über seine behauptete Anzeige bei der Polizei noch eine Arztbestätigung über seinen angeblichen Krankenhausaufenthalt, nachdem er beschossen und verletzt worden sei, vorlegen konnte.
Beides - sowohl eine von der Polizei erhaltene Anzeigebestätigung als auch einen Befund - hätte der BF weggeworfen. Der BF gab an, die erhaltene Anzeigebestätigung weggeworfen zu haben, mit der Begründung, "weil die Schlepper sagten, dass mein Rucksack sehr schwer ist; sie drohten mir, dass sie mich umbringen würden, wenn ich es nicht wegschmeißen sollte."
Dieses erstmals, befragt nach etwaigen Beweismitteln, erstattete Vorbringen ist unglaubwürdig.
Festgestellt werden konnte, dass der BF nicht wegen einer bestimmten Bedrohungssituation, sondern aus anderen Gründen ausgereist ist, dies Anfang Oktober 2015 auf legale Weise - mit einem "Sammeltaxi", wie er in seiner Erstbefragung angab, bzw. Autobus, wie er in der Einvernahme vor dem BFA am 17.11.2017 angab, von Kirkuk aus. Dass der BF zusammen mit anderen Leuten - in aller Öffentlichkeit - zunächst von Kirkuk an einen bestimmten - etwa rund 240 Kilometer Luftlinie weit entfernten - Ort in Kurdistan - mit einem Autobus gefahren ist, bevor er mit dem Autobus in die Türkei ausgereist ist, zeugt von keiner Furcht vor tatsächlicher Bedrohung vor seiner Ausreise.
Der BF brachte in seiner Einvernahme vor dem BFA am 17.11.2017 vor, sich zu fürchten, bei einer Rückkehr getötet zu werden. Davor konnte er zu seiner behaupteten Bedrohung nur vage, undetaillierte Angaben machen und nur mutmaßend angeben, dass seine Bedroher dem von ihm angeführten Verein, der mit dem IS zusammenarbeite, angehören würden.
Er sprach von telefonischer Bedrohung und davon, dass sowohl sein Haus als auch er selbst beschossen worden sei (AS 87).
Der BF gab, nachdem er ein anfangs ein kurzgehaltenes Fluchtvorbringen erstattet und dazu keine Beweismittel vorlegen können hatte, zum Vorfall, bei dem angeblich auf sein Haus geschossen worden sein soll, an:
"Das erste Mal war um 23:00 Uhr. Das zweite Mal um ca. 20:00 - 21:00 Uhr herum, sie waren mit einem Motorrad unterwegs. Wo man auf mich geschossen hat, waren sie mit einem silbernen Opel unterwegs, mit einem Kennzeichen von Bagdad. (AS 88)"
Daraufhin befragt, ob der BF mehr dazu sagen könne, gab er an:
"Ich weiß nicht, was ich genau erzählen muss."
Gerade, wenn der BF selbst einmal beschossen worden sein soll, wären selbstständige nähere Angaben zum eigentlichen Vorfall, wie und von welchen und von wie vielen Personen er angeschossen worden sei, zu erwarten gewesen. Der BF hat jedoch nicht auf hauptsächliche, sondern nur auf begleitende Umstände Bezug genommen, indem er vorbrachte, dass dort, wo der BF beschossen worden sein soll, die Täter mit einem silbernen Opel, mit Kennzeichen von Bagdad, unterwegs gewesen seien (AS 88).
Der BF gab dann, befragt, warum er so wichtig für diesen Verein sei, wieso man unbedingt ihn haben wollte, an:
"Erstens weil ich ein Kurde bin, sie dachten, ich könne als Kurde besser arbeiten. Zweitens weil sie mich beschuldigt haben, dass ich diesen Lehrling angezeigt habe und sie wollten sich rächen."
Aufgefordert dazu, detaillierte Angaben rund um den Vorfall, an dem er angeblich persönlich angeschossen worden sei, zu machen, gab er an:
"Ich war auf dem Weg vom Supermarkt nach Hause. Ich wurde vom Auto aus angeschossen. Als ich dann getroffen wurde, bin ich hingefallen. Bei dieser Schießerei brachte mich meine Familie ins Spital. (AS 89)"
Dieses Vorbringen war jedenfalls sehr bruchstückhaft - auf dem Nachhauseweg von einem Supermarkt vom Auto aus angeschossen worden, dann hingefallen, und von seiner Familie ins Spital gebracht worden zu sein.
Nach Vorhalt, dass der BF immer noch sehr vage und unkonkret sei, gab er erneut aufgefordert zu detaillierten Angaben, an:
"Diese Leute waren sicher von dieser Gruppe, das war spät am Abend. Ich habe geblutet und habe viel Blut verloren. Ich war zwei Tage im Spital, ich war zwei Tage im Spital, mir wurde Blut verabreicht und das war das Spital (...). (AS 89)"
Dieses Aussageverhalten des BF nach Vorhalt, angeblich Opfer eines solch einschneidenden Ereignisses gewesen zu sein und gar nichts über den fluchtauslösenden Vorfall berichten zu können, spricht für keine tatsächlich einschneidende fluchtauslösende Bedrohungssituation, gab er doch, anstatt das einschneidende Erlebnis zu schildern, zu Beginn an, dass "diese Leute sicher von dieser Gruppe" gewesen seien, um offenbar seinem vorherigen Fluchtvorbringen in der Einvernahme mehr Ausdruck zu verleihen, und versuchte er darauf durch gesteigerte Angaben, geblutet zu haben, viel Blut verloren zu haben und daraufhin zwei Tage im Spital gewesen zu sein, seine behauptete Bedrohung und Verletzung zu unterstreichen. Dies ist ihm jedoch nicht gelungen, kann doch seinen gesteigerten Angaben und den auf Fragen in der Einvernahme offenbar zu seinen Gunsten angepassten Antworten nicht geglaubt werden.
Der BF konnte außerdem bezüglich seines Krankenhausaufenthaltes im Irak ebenso wenig ein Beweismittel vorlegen wie über seine angeblich bei der Polizei erstattete Anzeige.
Das Fluchtvorbringen des BF war undetailliert, bruchstückhaft, gesteigert und mußmaßend bezüglich der angeblichen Bedroher des BF und mit keinen Beweismitteln belegt.
In seiner Beschwerde verwies der BF im Wesentlichen auf unzureichende Ermittlungen zu den vorgebrachten Fluchtgründen durch die belangte Behörde, eine unzumutbare Abschiebung des BF in den Irak und auf mangelnde Berücksichtigung der Integration des BF, der in Österreich eine ungarische Staatsbürgerin als Lebensgefährtin hat.
Zu den unzureichenden behördlichen Ermittlungen zu den Fluchtgründen wurde in der Beschwerde vorgebracht:
"Die Beweiswürdigung in dem angefochtenen Bescheid ist nicht nachvollziehbar und nicht denklogisch. Es ist nicht einzusehen, weshalb die Aufforderung zur Mitarbeit in dem terroristischen Verein nicht von einem Lehrling ausgegangen sein soll. Da es sich um eine äußerst konspirative Tätigkeit des Vereins gehandelt hat, lässt sich auch aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer den Namen des Vereines nicht nennen kann, kein schlüssiger Hinweis dafür ableiten, dass der Versuch der Rekrutierung nicht stattgefunden hat. Von Seiten der Behörde wurde nicht die geringste Ermittlungstätigkeit entfaltet. (AS 356, 357)"
Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass es am BF selbst gelegen ist, detailliert seine Fluchtgründe zu schildern und alle dafür dienlichen Beweismittel vorzulegen oder beizuschaffen oder beischaffen zu lassen. Seiner Mitwirkungspflicht ist der BF jedoch nicht nachgekommen. Der BF musste in seiner Einvernahme vor dem BFA wegen jeweils nur ungenauer Angaben mehrmals zu detailliertem Vorbringen aufgefordert werden. Das Ergebnis war ein bruchstückhaftes, gesteigertes mutmaßendes Fluchtvorbringen.
Der Versuch einer Rekrutierung des BF, der laut Beschwerdevorbringen aus dem Vorbringen des BF angeblich hervorgehen soll, kann bereits deswegen ausgeschlossen werden, weil der BF vor dem BFA nicht imstande war, glaubhaft zu machen, dass seine telefonische Bedrohung und sein darauffolgender Beschuss von Angehörigen des besagten Vereins oder irgendwelchen IS-Angehörigen oder IS-Sympathisanten ausgegangen sind.
Von einem Rekrutierungsversuch hat der BF vor dem BFA nicht gesprochen, brachte er doch zunächst vor, ein ihm unbekannter Verein mit Extremisten, und dann, sein Arbeitskollege, ein Lehrling, habe "wollen", dass sich der BF diesem Verein anschließe. Demnach hätte der Verein bzw. sein Arbeitskollege nur gewollt, dass sich der BF ihnen anschließe, und ihn nicht dazu gezwungen. Etwas später gab der BF, aufgefordert zu detaillierten Angaben rund um den besagten Verein, an:
"Mir erzählte der Lehrling über diesen Verein. Er erzählte mir alles, was dieser Verein machen würde, und sagte mir, dass ich auch mitmachen solle. So wären wir von Gott belohnt werden. (AS 87)".
Ein auf den BF ausgeübter Zwang zum Vereinsbeitritt geht aus diesem Fluchtvorbringen nicht hervor. Außerdem ist es nicht nachvollziehbar, dass der Lehrling dem BF vom besagten Verein erzählt haben soll, der BF in seiner Einvernahme vor dem BFA am 17.11.2017 jedoch nicht den Namen dieses Vereins angeben konnte. Dass er den Namen aus Angst vor dem Verein nicht bekanntgeben wollte, ist auszuschließen, soll er laut seinen Angaben doch auch im Irak ohne Furcht vor besagtem Verein seinen Arbeitskollegen, ein angebliches Vereinsmitglied, bei der Polizei angezeigt haben.
Der BF gab, befragt danach, welchen Namen der von ihm erwähnte Verein trage und mit wem die Leute dieses Vereins zusammenarbeiten, an:
"Ich kenne den Namen dieses Vereins nicht. Ich kenne nur den Namen des Lehrlings. Diese Leute haben den Namen immer geheim gehalten. Ich glaube, dass sie mit dem IS zusammengearbeitet haben und dass sie alles im Namen Gottes machen würden."
Vor dem Hintergrund seines vorherigen Vorbringens, sein Arbeitskollege habe ihm alles erzählt, was dieser Verein machen würde, wäre zu erwarten gewesen, dass dem BF auch der Name des besagten Vereins bekannt worden wäre.
Aufgrund seines unglaubwürdigen Vorbringens kann nicht von einem Rekrutierungsversuch durch Extremisten bzw. IS-Sympathisanten ausgegangen werden. Dass der BF zu Islamisten in seinem Herkunftsstaat, wie er vor dem BFA angab, keinen Kontakt gehabt hat (AS 86), kann außerdem auch nicht geglaubt werden, bereits aufgrund seines eigenen Vorbringens, befragt, ob er zu Islamisten Kontakt gehabt habe:
"Nein. Ich bin von ihnen geflüchtet (AS 86)."
Demnach ist der BF nicht "vor ihnen", sondern "von ihnen", mit denen er offenbar in seinem Herkunftsstaat in Kontakt getreten ist, geflüchtet. Seinen eigenen Angaben zufolge soll er mit seinem Arbeitskollegen, der einem Verein, der mit dem IS zusammengearbeitet haben soll, näheren Kontakt gehabt haben. Dieser habe ihm laut seinen Angaben alles erzählt, was der besagte Verein machen würde.
Bereits diesen Angaben zufolge hatte er jedenfalls indirekten Kontakt zu Islamisten - über seinen Arbeitskollegen, der einem Verein angehört haben soll, welcher wiederum mit dem IS zusammengearbeitet haben soll.
Erst eine Woche, nachdem er seinen Arbeitskollegen bei der Polizei angezeigt haben und ihm diese versichert haben soll, seine Anzeige anonym zu behandeln, soll zudem sein Arbeitskollege festgenommen, und erst ein Monat danach (!) der BF von besagten "Extremisten" bedroht worden sein, wobei der BF bei seinem anfänglichen vor dem BFA kurzgehaltenen Fluchtvorbringen zunächst nicht auf seine eigene persönliche Bedrohung, sondern darauf Bezug genommen hat, sein Haus sei beschossen worden, bevor er daran anschloss, daraufhin telefonisch bedroht worden zu sein, bevor erneut auf sein Haus und dann auf ihn selbst geschossen worden sei (AS 87).
Aus dem zeitlichen einmonatigen Abstand zwischen behaupteter Festnahme seines Arbeitskollegen aus einem angeblich mit dem IS zusammenarbeitenden Verein, und den auf das Haus und den BF selbst folgenden angeblichen Bedrohungen kann kein zeitlicher Zusammenhang erkannt werden.
Auch wenn die Erstbefragung sich nicht auf die näheren Fluchtgründe bezieht, hat der BF, der sowohl in der Erstbefragung als auch in seiner nachfolgenden Einvernahme vor dem BFA am 17.11.2017 nach Rückübersetzung der Niederschrift die Richtigkeit der Angaben bestätigen und auch nie eine einer Einvernahme entgegenstehende psychische Beeinträchtigung anführen konnte, sein Vorbringen in der Erstbefragung komplett anders als in der nachfolgenden Einvernahme vor dem BFA geschildert.
In der Erstbefragung gab er zu seinem Fluchtgrund an:
"Ich habe in der Stadt Kirkuk gewohnt und in der Stadt wohnen auch Turkmenen und viele Araber, die mit dem IS sympathisieren. Ich wurde 2x von unbekannten Arabern mit dem Tod bedroht. Anfang September 2015 wurde auf mich geschossen und dabei wurde ich am rechten Oberschenkel getroffen und verletzt. Es wurde auch 3x auf unser Haus geschossen. Aus Angst um mein Leben, beschloss ich meine Heimat zu verlassen. (AS 17)"
In der Erstbefragung sprach er allgemeingehalten davon, sich bei einer Rückkehr vor Tötung durch die Araber und den IS zu fürchten.
Während der BF in der Erstbefragung davon sprach, es sei insgesamt dreimal auf ihr Haus geschossen worden, sprach er vor dem BFA am 17.11.2017 davon, sein Haus sei insgesamt zweimal beschossen worden. Während der BF in der Erstbefragung angab, insgesamt zweimal von unbekannten Arabern bedroht und Anfang September 2015 beschossen worden zu sein, gab er vor dem BFA am 17.11.2017 an, er sei einmal telefonisch bedroht und einmal beschossen worden.
Insgesamt, vor allem aufgrund der vagen, bruchstückhaften Angaben zu seinem Fluchtgrund vor dem BFA am 17.11.2017, ist es dem BF nicht gelungen, sein Fluchtvorbringen glaubhaft zu machen. Aus seinem glaubhaften Vorbringen vor dem BFA am 17.11.2017, in seinem Herkunftsstaat "von 2010 bis zu seiner Ausreise im Jahr 2015" derselben Erwerbstätigkeit - in einer Bäckerei - nachgegangen zu sein (AS 85), geht vielmehr eine ungehinderte Lebensführung des BF bis zur Ausreise hervor.
Der BF gab zudem vor dem BFA am 17.11.2017 an, am 20.10.2015 illegal in Österreich eingereist zu sein. In seiner Einvernahme vor dem BFA am 19.03.2019 sprach der BF davon, "etwa um den 24.10.2015" nach Österreich gekommen zu sein (AS 203). Es wird seinen diesbezüglichen Angaben vor dem BFA am 17.11.2017 geglaubt, wollte der BF doch mit seiner ungenauen Angabe vor dem BFA am 19.03.2019, "etwa um den 24.10.2015" eingereist zu sein, doch offenbar nur eine zeitnah zur Einreise erfolgte Asylantragstellung glaubhaft machen.
Fest steht, dass der BF erst am 24.10.2015 um genau 18:30 Uhr seinen gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte, somit vier Tage nach seiner Einreise am 20.10.2015. Bereits daraus geht keine tatsächliche Furcht vor Bedrohung hervor, hätte sich der BF ansonsten sicher gleich nach Einreise an die Sicherheitsbehörden im Bundesgebiet gewandt, um internationalen Schutz zu beantragen.
Festgestellt werden konnte, dass der BF nach Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 20.10.2015 nur deswegen am 24.01.2015 in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, um sich hier ein Bleiberecht zu verschaffen, und, wie aus seiner freiwilligen Ausreise am 16.07.2019 hervorgehend, offenbar kein Interesse an internationalem Schutz, sondern, wie aus der am 18.10.2019 beim BVwG eingelangten Mitteilung durch die Österreichische Botschaft Budapest hervorgehend, ein Interesse an Erlangung eines Bleiberechts aus anderen Gründen, darunter offenbar auch daran, weitere irakische und iranische Staatsbürger über die österreichische Grenze zu schleppen, hat.
Eine Bedrohung bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat befürchtet der BF offenbar nicht, wäre er ansonsten doch nicht im Juli 2019 freiwillig während offenen Beschwerdeverfahrens aus dem Bundesgebiet ausgereist und der Mitteilung der Österreichischen Botschaft über die Inhaftnahme des BF in Ungarn folgend nicht kriminellen Machenschaften im Schengen-Raum nachgegangen.
Ein konkretes Abschiebungshindernis ging aus der gesamten Aktenlage vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen nicht vor. Ein solches konnte der BF zudem auch mit seinem im Folgenden angeführten Beschwerdevorbringen nicht glaubhaft machen:
"Zu berücksichtigen wäre ferner gewesen, dass nach Erwägungen des UNHCR, die aktuell veröffentlicht werden, von der Abschiebung irakischer Asylwerber Abstand zu nehmen ist, da die Situation im Irak jedenfalls derzeit noch als unzumutbar zu qualifizieren ist."
Wie aus den zugrunde gelegten Länderberichten hervorgeht, ist die Sicherheit von Rückkehrern von einer Vielzahl von Faktoren abhängig - u.a. von ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit, ihrer politischen Orientierung und den Verhältnissen vor Ort.
Warum dem BF in seiner individuellen Rückkehrsituation eine Rückkehr in den Irak nicht zugemutet werden könnte, wurde mit diesem Beschwerdevorbringen jedenfalls nicht substantiiert vorgebracht, ebenso nicht mit der der Erlassung des angefochtenen Bescheides vorangegangenen Stellungnahme von März 2019, in welcher der Rechtsvertreter des BF auf die allgemeine Länderberichtslage, nicht jedoch auf die den BF konkret betreffende Rückkehrsituation eingegangen ist.
In dieser Stellungnahme von März 2019 wurde zudem unter anderem fallentfremdet davon gesprochen, dass der BF "als Araber in der kurdisch-autonomen Region nicht auf Dauer leben" könne (AS 227) - handelt es sich doch beim BF laut seinem diesbezüglich glaubhaften Vorbringen vor dem BFA am 17.11.2017 um einen Angehörigen der kurdischen Volksgruppe, der der sunnitisch-muslimischen Glaubensrichtung angehört (AS 85). Weiter wurde in der Stellungnahme vorgebracht, dass dem BF im gesamten irakischen Staatsgebiet eine asylrelevante Verfolgungsgefahr drohe, ohne dass angeführt wurde, worin diese konkrete individuelle Verfolgung des BF in seinem Herkunftsstaat bestehen soll.
Mit dem weiteren Vorbringen, es bestehe für den BF bereits aufgrund seiner Integration und seiner der konservativ-islamischen Gesellschaftsordnung widersprechenden österreichischen Lebensführung bei einer Rückkehr eine Verfolgungsgefahr, ist darauf hinzuweisen, dass keine systematische und gezielte Verfolgung von Rückkehrern im Irak besteht.
3.4. Zur Lage im Irak
Die Länderfeststellungen beruhen auf dem aktualisierten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 20.11.2018.
4. Rechtliche Beurteilung:
4.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
4.2. Zu Spruchteil A):
§ 24 AsylG 2005 idgF lautet wie folgt:
"§ 24. (1) Ein Asylwerber entzieht sich dem Asylverfahren, wenn
1. dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht sein Aufenthaltsort wegen Verletzung seiner Mitwirkungspflichten gemäß § 13 Abs. 2 BFA-VG, §§ 15 oder 15a weder bekannt noch sonst durch das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht leicht feststellbar ist oder
2. er das Bundesgebiet freiwillig verlässt, und das Verfahren nicht als gegenstandslos abzulegen ist (§ 25 Abs. 1) oder
3. er trotz Aufforderung zu den ihm vom Bundesamt im Zulassungsverfahren gesetzten Terminen nicht kommt.
(2) Asylverfahren sind einzustellen, wenn sich der Asylwerber dem Verfahren entzogen hat (Abs. 1) und eine Entscheidung ohne eine allenfalls weitere Einvernahme oder Verhandlung nicht erfolgen kann. Ein eingestelltes Verfahren ist von Amts wegen fortzusetzen, sobald die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes möglich ist. Mit Fortsetzung des Verfahrens beginnt die Entscheidungsfrist nach § 73 Abs. 1 AVG zu laufen. Nach Ablauf von zwei Jahren nach Einstellung des Verfahrens ist eine Fortsetzung des Verfahrens nicht mehr zulässig. Ist das Verfahren vor dem Bundesamt einzustellen, ist nach § 34 Abs. 4 BFA-VG vorzugehen.
(2a) Bei freiwilliger Abreise des Fremden in den Herkunftsstaat ist das Asylverfahren mit seiner Ausreise einzustellen, es sei denn der Sachverhalt ist entscheidungsreif. Ein eingestelltes Verfahren ist von Amts wegen fortzusetzen, wenn sich der Fremde nach Einstellung nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. Mit Fortsetzung des Verfahrens beginnt die Entscheidungsfrist nach § 73 Abs. 1 AVG oder § 34 Abs. 1 VwGVG zu laufen. Nach Ablauf von zwei Jahren nach Einstellung des Verfahrens ist eine Fortsetzung des Verfahrens nicht mehr zulässig.
(3) Steht der entscheidungsrelevante Sachverhalt fest und hat sich der Asylwerber dem Verfahren entzogen (Abs. 1), steht die Tatsache, dass der Asylwerber vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht bisher nicht einvernommen wurde, einer Entscheidung nicht entgegen."
Eingangs wird darauf hingewiesen, dass der BF am 16.07.2019 freiwillig - laut Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister - aus dem Bundesgebiet nach Italien ausgereist ist, und sich nunmehr einer Mitteilung der Österreichischen Botschaft Budapest folgend in einer bestimmten ungarischen Haftanstalt aufhält, nachdem er zusammen mit einem weiteren irakischen Staatsangehörigen beim Versuch, jeweils fünf irakische bzw. iranische Staatsbürger von Ungarn nach Österreich zu transportieren, aufgegriffen und in Gewahrsam genommen worden war.
Im gegenständlichen Fall konnte die gegenständliche Entscheidung aufgrund des bereits aufgrund der Aktenlage geklärten Sachverhaltes bzw. des feststehenden maßgeblich entscheidungsrelevanten Sachverhaltes getroffen werden.
Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
4.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.
Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318;
09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN;
19.10.2000, Zl. 98/20/0233; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131;
25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
4.2.2. Das gegenständliche Fluchtvorbringen des BF rund um eine Bedrohung durch Extremisten in seinem Herkunftsstaat war nicht glaubwürdig.
Dem BF droht im Irak daher keine asylrechtlich relevante Verfolgung, vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen auch keine systematische, gezielte Verfolgung aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Kurden oder aufgrund seines sunnitischen Glaubens.
Die Beschwerde des BF gegen Spruchpunkt I. war daher als unbegründet abzuweisen.
4.3. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:
4.3.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1) oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.
Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zl. 95/18/0049; 05.04.1995, Zl. 95/18/0530; 04.04.1997, Zl. 95/18/1127; 26.06.1997, ZI. 95/18/1291; 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).
Bei der Prüfung und Zuerkennung von subsidiärem Schutz im Rahmen einer gebotenen Einzelfallprüfung sind zunächst konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zur Frage zu treffen, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein "real risk" einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0174). Die dabei anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0236; VwGH 23.09.2014, Ra 2014/01/0060 mwN). Zu berücksichtigen ist auch, ob solche exzeptionellen Umstände vorliegen, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet (VwGH 23.09.2014, Ra 2014/01/0060 mwH).
4.3.2. Dass der BF im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden.
Der BF ging in seiner Herkunftsstadt im Irak von 2010 bis zu seiner Ausreise im Jahr 2015 ungehindert einer Erwerbstätigkeit nach.
Es kann bei einer Rückkehr des BF in den Irak von einer alsbaldigen Arbeitsaufnahme und mit Unterstützung durch im Irak verbliebene Familienangehörige (Bruder, Schwester und weitere Bezugspersonen) auch von einer raschen Wiedereingliederung in die irakische Gesellschaft ausgegangen werden.
Es besteht jedenfalls eine gesicherte Rückführmöglichkeit in die Herkunftsstadt des BF, konnte der BF doch bereits, als er Anfang Oktober 2015 ausgereist ist, eine Entfernung von etwa 240 Kilometern Luftlinie problemlos auf dem Landweg mit dem Autobus von seiner Herkunftsstadt an einen bestimmten Ort in Kurdistan, von wo aus er mit dem Autobus seine Ausreise in die Türkei angetreten ist, zurücklegen, und kann ihm eine Rückkehr dorthin auch nunmehr zugemutet werden, bereits deswegen, weil nach den Länderfeststellungen Rückführungen aus Deutschland in die Autonome Region Kurdistan regelmäßig stattfinden und der BF von dort auch sicher in seine an Kurdistan angrenzende Herkunftsprovinz reisen können wird.
Ein Abschiebungshindernis konnte der BF mit seinem allgemeingehaltenen Vorbringen in seiner Beschwerde zu einer unzumutbaren Abschiebung in den Irak nicht darlegen, und ging ein solches auch aus dem gesamten Akteninhalt vor dem Hintergrund der aktuellen Länderberichtslage nicht hervor.
Es geht aus der individuellen Rückkehrsituation des BF vor dem Hintergrund der aktuellen allgemeinen Länderberichtslage jedenfalls keine dem BF bei einer Rückkehr drohende Art. 2 oder Art. 3 EMRK - Verletzung hervor.