TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/8 W117 1231829-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.11.2019
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Entscheidungsdatum

08.11.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §55 Abs1
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z2
VwGVG §28

Spruch

W117 1231829-3/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Andreas Druckenthaner über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch RA XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.11.2016, Zl. 227051906-1431573 (INT), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBI I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, ist gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 iVm § 9 Abs. 3 1. Satz BFA Verfahrensgesetz, BGBI I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, auf Dauer unzulässig.

II. Gemäß §55 Abs. 1 AsylG 2005 wird XXXX eine "Aufenthaltsberechtigung plus" erteilt.

III. Der übrige Teil von Spruchpunkt I. sowie Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 28 VwGVG ersatzlos zu beheben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Georgiens, reiste am 23.01.2002 illegal in Österreich ein und hat am 24.01.2002 erstmals einen Asylantrag beim Bundesasylamt eingebracht (Zl. 02 03.375-BAW).

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.09.2002, Zl. 02 03.375-BAW, wurde der Asylantrag vom 24.01.2002 gem. § 7 Asylgesetz 1997, BGBI I 1997/76 (AsylG) idgF abgewiesen und gem. § 8 AsylG festgehalten, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Georgien zulässig ist.

Laut Aktenvermerk vom 21.12.2009 zur Zl. D13 231829/2008/11E zog der Beschwerdeführer im Rahmen der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof seine Beschwerde gegen den angeführten Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.09.2002, Zl. 02 03.275-BAW zurück, sodass dieser folglich in Rechtskraft erwachsen ist.

Mit Bescheid der BPD XXXX vom 16.07.2010 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 FPG ausgewiesen.

Am 25.11.2011 brachte der Beschwerdeführer einen zweiten Asylantrag beim Bundesasylamt ein.

Bei der niederschriftlichen Erstbefragung gab er am 25.11.2011 gegenüber einem Organ des Öffentlichen Sicherheitsdienstes im Wesentlichen an, dass er Österreich seit seiner ersten Einreise im Jahr 2002 nicht mehr verlassen hätte. Er hätte jetzt auch völlig andere Asylgründe als im Jahr 2002. Diese neuen Gründe wären im Jahr 2011 entstanden. Bei einer Rückkehr nach Georgien würde er nun mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Staatsfeind erklärt werden und es würde ihn unmenschliche Behandlung bis hin zum Tod erwarten. Im Zuge der Erstbefragung legte der Beschwerdeführer einen vom georgischen Konsulat in XXXX am 28.06.2005 ausgestellten (bis 28. Juni 2010 gültigen) georgischen Reisepass vor (Gültigkeitsdauer des Passes wurde bis 29.06.2015 verlängert).

Unter anderem wurde der Beschwerdeführer am 03.02.2012 vom Bundesasylamt einvernommen und gab an, dass er bei der Hauptverhandlung am 31.01.2012 zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten bedingt verurteilt worden sei und er befürchte bei einer Rückkehr nach Georgien aufgrund dieser Verurteilung auch in Georgien unrechtmäßig verurteilt zu werden. Da er mit den sogenannten "Dieben im Gesetz" in Verbindung stehe.

Mit Bescheid vom 13.03.2012, Zl. 11 14.253-BAW, hat das Bundesasylamt den zweiten Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und den Antrag gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.02.2014, GZ. W103 1231829-2/7E, hinsichtlich Asyl und subsidiärem Schutz als unbegründet abgewiesen. Ferner wurde das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Zuvor wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen das mit Bescheid der LPD XXXX vom 22.03.2013 erlassene Rückkehrverbot mit Bescheid des UVS XXXX vom 30.09.2013 stattgegeben und dieses auf 5 Jahre herabgesetzt, weil er seit dem Frühjahr 2010 seine kriminellen Tätigkeiten beendet hatte und im Bundesgebiet über zahlreiche persönliche aber auch familiäre Kontakte (Bruder) verfügte.

Im fortgesetzten Verfahren zur Rückkehrentscheidung wurde der Beschwerdeführer am 10.07.2014 niederschriftlich beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen.

In der Stellungnahme vom 24.07.2014 brachte der Beschwerdeführer hinsichtlich der Rückkehrentscheidung vor, dass in seinem Fall von einer erheblichen sozialen Integration auszugehen sei, weshalb beantragt werde, diese auf Dauer für unzulässig zu erklären.

Im Zuge seiner neuerlichen niederschriftlichen Einvernahme am 09.07.2015 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zum Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 ASylG 2005 brachte der Beschwerdeführer zusammengefasst vor, dass er seit 14 Jahren im Bundesgebiet aufhältig und integriert sei sowie eine Lebensgefährtin habe. Sein Bruder lebe mit seiner Familie ebenfalls in Österreich.

Mit Schreiben vom 13.07.2015 wurde der Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme informiert.

In der Stellungnahme vom 29.07.2015 führte der Beschwerdeführer abermals zu seiner Integration nach 13-jährigem Aufenthalt in Österreich aus und beantragte abermals, die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären.

Im Zuge seiner erneuten niederschriftlichen Einvernahme am 06.09.2016 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl brachte der Beschwerdeführer zusammengefasst vor, dass er sich seit 15 Jahren im österreichischen Bundesgebiet befinde, eine Firma besitze und sozialversichert sei, wozu noch eine Forderung von € 2.200.- offen sei. Durchschnittlich belaufe sich sein monatliches Einkommen auf 1.150.- €. Er sei ledig und kinderlos. Ferner brachte er vor, dass seine Abschiebung eine grobe Verletzung von Art. 3 EMRK darstelle.

Mit Schriftsatz des bevollmächtigten Vertreters des Beschwerdeführers vom 03.10.2016 wurden Integrationsunterlagen nachgereicht und angemerkt, dass er sich seit seiner strafgerichtlichen Verurteilung langjährig wohlverhalten habe.

Nach der Auskunft der MA 63 der Stadt XXXX vom 11.11.2016 ist die Gewerbeberechtigung für den Beschwerdeführer seit 28.07.2015 aufrecht. Seitens des Geschäftspartners des Beschwerdeführers wurde am 14.11.2016 die Richtigkeit von vorgelegten Monatsabrechnungen bestätigt und der entsprechende Vertrag übersendet.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Herkunftsstaat zulässig ist (Spruchpunkt I). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für seine freiwillige Ausreise mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt II.). Das Bundesamt stellte darin fest, dass die Identität des Beschwerdeführers infolge der Vorlage seines georgischen Reisepasses feststehe. Er sei nicht verheiratet und habe keine Kinder. Er habe eine allgemeinbildende höhere Schule sowie bis 1996 in XXXX die Universität (Makrowirtschaft) besucht und sei im Herkunftsstaat als Fliesenleger tätig gewesen. In Österreich sei er selbständig erwerbstätig und sozialversichert. Er spreche die Sprachen Georgisch, Russisch, Englisch und Deutsch. Er sei wegen seiner Mitgliedschaft in der ehemaligen sowjetischen kriminellen Vereinigung "Diebe im Gesetz" durch ein inländisches Gericht zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 9 Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet sei lediglich als Asylwerber rechtmäßig gewesen und im Übrigen illegal. Seine Eltern würden in Georgien und sein Bruder in Österreich leben. Er habe angegeben, eine georgische Lebensgefährtin zu haben, jedoch keine näheren Angaben dazu gemacht. Das Bundesamt traf ferner Feststellungen zum Herkunftsstaat. Die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 lägen nicht vor. Ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK bestehe im Bundesgebiet nicht, ferner sei trotz jahrelangem Aufenthalt im Bundesgebiet unter Missachtung seiner Ausreiseverpflichtung und mangels entsprechender Integration eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sowie seine Abschiebung zulässig. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage mangels hervorgekommenen Gründen 2 Wochen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde des Vertreters des Beschwerdeführers vom 07.12.2016, womit der Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltlicher Rechtswidrigkeit zur Gänze angefochten wird. Darin wird abermals auf die erhebliche Integration des Beschwerdeführers im Bundesgebiet in beruflicher und sozialer Hinsicht sowie seine Lebensgemeinschaft mit einer georgischen Staatsbürgerin verwiesen. Die vorgenommene Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK sei rechtswidrig und unvollständig erfolgt, zumal seine gesamte Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet seit 2002 relevant sei. Grundsätzlich sei bei einem derart langen Aufenthalt auch nach der Judikatur des EGMR davon auszugehen, dass die Bindungen zum Heimatstaat weitgehend abgerissen seien (Urteil Große Kammer vom 18.10.2006, Üner gg. Niederlande, BswNr 46410/99). Der Beschwerdeführer spreche sehr gut Deutsch, sei selbsterhaltungsfähig und selbständig erwerbstätig und verfüge darüber hinaus noch über einen Gewerbeschein als selbständiger Hausbetreuer samt einem Werkvertrag. Die Integration werde lediglich durch seine strafgerichtliche Verurteilung getrübt, welche er bereue und sich seither langjährig wohlverhalten habe. Überdies lebe sein Bruder, zu welchem eine enge Beziehung bestehe, im Bundesgebiet. Die Rückkehrentscheidung sei auf Dauer unzulässig sowie die Erteilung eines Aufenthaltstitels geboten. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung werde ua. beantragt. Vorgelegt wurden ein telc-Deutsch-Zertifikat vom 30.04.2016 auf dem Niveau B2, ein Werkvertrag vom 02.10.2016 über eine Hausbetreuung, ein ÖSD - Deutsch-Zertifikat vom 10.03.2016 auf dem Niveau B1 sowie eine Gewerbeanmeldung vom 10.10.2016 als Hausbetreuer.

Der Beschwerdeführer legte am 21.03.2019 ein Konvolut an Integrationsunterlagen vor.

Am XXXX wurde eine öffentlich-mündliche Verhandlung durchgeführt.

Diese nahm entscheidungswesentlich folgenden Verlauf:

"[...]

RI: Die Verwaltungsbehörde wirft Ihnen im Bescheid unter anderem vor, dass Sie Schulden bei

der Sozialversicherung in Österreich hätten. Wie sieht es damit aus?

BF: Diese Schulden sind teilweise ein Fehler, das ist nicht richtig. Ich zahle sie teilweise in Raten.

RI: Wieviel zahlen Sie denn?

BF: Ich werde wahrscheinlich noch ca. vier Jahren brauchen, weil ich die laufenden Beträge

zahle. Die Schulden statte ich im Ausmaß von 120 EUR pro Monat ab.

RI: Was machen Sie denn derzeit, was arbeiten Sie derzeit?

BF: Zurzeit habe ich einen Vertrag mit einer Firma, als Lagerarbeiter. Zusätzlich habe ich einen

Vertrag mit einer Familie, für die ich die Hausbetreuung mache.

RI: Haben Sie da einen Hausbetreuungsvertrag?

RV legt vor (nochmals):

* Eine Gewerbeanmeldung vom 10.10.2016, immer noch aufrecht,

* einen Vertrag als Auftragnehmer mit Gewerbeschein vom 02.10.2016 (für einfache

Haustechniktätigkeiten),

* einen Werkvertrag über die Ausführung von Trockenbauarbeiten vom 22.10.2019

Dazu gibt BF an: Die Firma, wo ich als Lagerarbeiter angemeldet bin, wurde eigentlich durch

meine Hilfe überhaupt gegründet und ist durch meine Hilfe entstanden und bis heute bringe

ich neue Aufträge für diese Firma und das, was Sie jetzt in der Hand halten, ist auch Projekt,

wo ich auch drinnen erwähnt bin. Durch meine Unterstützung haben sie diesen Auftrag

bekommen. Heute habe ich noch ein Treffen und ich werde heute noch so einen Auftrag

bekommen.

RI: Wieviel Einkommen haben Sie durchschnittlich netto im Monat, was bleibt Ihnen da

ungefähr?

BF: 1.250 EUR von der Firma und 260 von der Familie - insgesamt etwas über 1.500 EUR.

RI: Jetzt wirft Ihnen die Veraltungsbehörde auch vor, dass das alles, diese

Gewerbescheine ,unrechtmäßig sind, weil Sie gar nicht zum Aufenthalt berechtigt und

eigentlich gehöre Ihnen gleich alles weggenommen.

BF: Nein, ich habe ja die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG.

BF legt die Kopie der vorläufigen Aufenthaltsberechtigungskarte vor.

RI: Die Behörde sagt also, sie waren vom 24.01.2002 bis 18.12.2009 und vom 25.11.2011 bis

zum 01.03.2014 nur legal und ansonsten waren Sie illegal.

BF: Ich verweise auf meine vorläufige Aufenthaltsberechtigungskarte, die mir erst vor kurzem

wieder erneuert wurde, nämlich am 27.02.2019 und bin ich also zum Aufenthalt nach wie vor

berechtigt.

RI: Jetzt bleibt also nur eine Lücke zwischen 2009 und 2011 bestehen. Ist das richtig?

BF: Ich möchte das auch aufklären. Damals, 2009, habe ich vom Asylgerichtshof meine "Klage"

zurückgezogen und war für mich damals die Fremdenpolizei zuständig.

RI: Warum haben Sie das damals zurückgezogen?

BF: Der Grund, der damals in der Beschwerde war, war entfallen.

RI: Aber Sie haben damals einen neuen Asylantrag gestellt?

BF: Ja, aber mit einem ganz anderen Grund.

RI: Weil die Behörde wirft Ihnen auch vor, dass Sie quasi das Rechtssystem in Österreich

ausnützen und lauter Anträge stellen, um hier zu bleiben.

BF: Nachdem ich den zweiten Asylantrag in der ersten Instanz gestellt habe, wurde ja

überprüft, ob der Antrag zugelassen wird. Der Antrag wurde ja zugelassen.

RV bringt dazu vor, dass die Verwaltungsbehörde wegen entschiedener Sache in Folge

"unglaubwürdigen Kern des neuen Vorbringens" den Asylantrag zurückweisen hätte können.

Das hat sie aber nicht getan.

RI: Die Verwaltungsbehörde wirft Ihnen vor, dass Sie eigentlich im Jahr 2011 rückkehrwillig

waren und dann einen Gesinnungswandel hatten und weil Sie sich schon eingelebt hätten,

nicht mehr nach Georgien zurückkehren wollten. Der Asylantrag sei dann nur gestellt worden,

um wieder dazubleiben.

BF: Dazu möchte ich sagen, dass die Gründe für den zweiten Asylantrag erst seit 2010

entstanden sind.

RI: Die Behörde wirft Ihnen auch vor, dass Sie kein ÖSD-Zertifikat vorgelegt hätten. Dieser

Vorwurf ist offensichtlich aktenwidrig, da im Akt ausdrücklich ein 10.03.2016 datiertes ÖSD-

Zertifikat Deutsch B1 vorliegt und keine ÖSD-Zertifizierung weist B2 auf.

RV bringt dazu vor, dass zum damaligen Zeitpunkt "telc" schon anerkannte Zertifikate waren.

Erst seit 2018 ist "telc" nicht mehr anerkannt.

RI: Wie ist aktuell Ihre Wohnsituation?

BF: Ich verweise auf den Hauptmietvertrag, den ich schon vorgelegt habe und der jetzt erneuert

wurde, vom 14.01.2019, hinsichtlich der Wohnung in der Fünfhausgasse 3 und der ist gültig für

vier Jahre.

Verlesen wird dieser Mietvertrag.

RI: Die Verwaltungsbehörde wirft Ihnen auch vor, eine Lebensgefährtin ins Treffen geführt zu

haben, aber keine persönlichen Daten der Lebensgefährtin angegeben zu haben, sodass die

Behörde davon ausgeht, dass Sie gar keine Lebensgefährtin hätten.

BF: Sie hat leider den Hauptwohnsitz in Polen und sie kommt nur über das Wochenende zu mir,

das geht eben nicht anders, weil Sie in Polen arbeitet. Sie ist aber Georgierin und sie wartet

draußen.

RI: Seit wann kennen Sie sie?

BF: Seit etwas vier Jahren.

RI: Wieso haben Sie bei der Behörde keine Angaben gemacht?

BF: Ich habe da nichts versteckt.

RI: Sie sagen aber, Sie hätten keine Angaben zur Person gemacht.

BF: Niemand hat mich nach näheren Daten gefragt. Es war leider ein sehr konfliktreiches

Treffen mit dem Referenten der Verwaltungsbehörde am XXXX und auch die

Dolmetscherin hat zwar Deutsch gekonnt, aber nicht Georgisch. Die Dolmetscherin sagte

selbst, dass sie mich teilweise nicht versteht.

RI: Warum nicht?

BF: Ich spreche Hochgeorgisch, dass Sie nicht verstehen kann und wir haben dann sogar auf

Deutsch fortgesetzt.

Verlesen wird der Strafregisterauszug und festgehalten, dass offensichtlich die Verurteilung aus

dem Jahr 2010 getilgt ist.

BF: Das war mein größter Fehler damals, dass ich Kontakt hatte, zu Leute, zu denen ich keinen

Kontakt haben sollte. Ich habe mit meinen Handlungen niemandem Schaden zugefügt und das

hat der Richter damals auch berücksichtigt und bin ich minimalst bestraft davongekommen.

RV bringt vor, dass man insofern schnell in diesem Paragrafen landet, als man sich nicht einmal

an Vermögensdelikten beteiligen muss, um "dabei zu sein".

RV: Haben Sie noch ehrenamtliche Arbeit gemacht?

BF: Nichts Neues.

RI: Was für einen Status hat Ihre Freundin?

BF: Sie hat ein Arbeitsvisum für Polen.

Aufgerufen wird die Lebensgefährtin des BF um 10:35 Uhr als Zeugin.

Die Zeugin weist sich mit einem Reisepass und entsprechendem Visum für Polen, gültig bis

20.03.2020, aus. Der Reisepass ist gültig bis 2029.

RI: Verstehen Sie die D?

Z: Ja, natürlich.

Z gibt nach umfassender Belehrung über die Rechte und Pflichten als

Zeugin an: Ich bin die

Lebensgefährtin des BF seit Dezember 2017.

RI: Wie haben Sie sich kennengelernt?

Z: Per Internet, ungefähr vor vier Jahren schon. Ich war 2017 hier in Österreich, meine

Verwandten besuchen.

RI: Wer sind diese Verwandten?

Z: Die Frau meines Cousins und damals, bei diesem Besuch habe ich diesen BF persönlich

kennengelernt. Davor hatten wir per Internet kommuniziert.

RI: Was arbeiten Sie in Polen?

Z: In einer Firma für Malerarbeiten in Polen.

RI: Was machen Sie selber dort?

Z: Ich habe den Beruf eines Malers gelernt, in Georgien.

RI: Sind Sie gelernte Malerin?

Z: Nein, ich bin angelernt und male meistens Kindergärten und Schulen aus. Ich arbeite da

achten Stunden täglich. Am Wochenende, Samstag, Sonntag, natürlich nicht.

RI: Wie lange ist die Beschäftigungsbewilligung für Polen gültig?

Z: Das hängt mit dem Visum zusammen und dann wird wieder verlängert.

RI: wie oft haben Sie Kontakt mit dem BF, wie oft sehen Sie sich?

Z: Ich komme am Wochenende.

RI: Wo in Polen sind Sie, wie weit ist das weg von Wien?

Z: In XXXX , die Reise dauert neun Stunden und deswegen komme ich jedes zweite Wochenende

und das schon seit zwei Jahren.

RI: Wissen Sie über den Status des BF Bescheid?

Z: Ja.

RI: Wissen Sie, warum wir heute dasitzen?

Z: Ja. Das ist ein sehr wichtiger Tag heute in seinem Leben.

RI: Ist eine Eheschließung geplant?

Z: Ja, natürlich.

RI: Haben Sie Familienangehörige in Österreich?

BF: Ich habe einen einzigen Bruder. Der wohnt in XXXX mit seiner Familie.

RI: Ist er schon österreichischer Staatsbürger?

BF: Nein, noch Georgier. Er hat ein unbefristetes Niederlassungsrecht, aber er ist noch

georgischer Staatsbürger.

RI: XXXX ist weit weg von XXXX . Wie sieht es mit dem Kontakt aus?

BF: Persönlich besuchen wir uns gegenseitig einmal im Monat, das schaffen wir schon

, ansonsten telefonisch.

RI an RV: Haben Sie noch Fragen?

RV: Nein.

[...]"

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Sachverhalt:

Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Georgien, seine Identität steht fest.

Im Herkunftsstaat leben noch die Eltern des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer ist aktuell gesund.

Er lebt seit rund 17 (!) Jahren auf Grund zweier Asylverfahren in Österreich. Das erste Asylverfahren zum Antrag vom 24.01.2002 endete am 21.12.2009 durch Zurückziehung der Beschwerde gegen den in Bezug auf Asyl und Refoulementschutz negativen Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.09.2002. Sodann wurde er mit Bescheid der BPD XXXX vom 16.07.2010 gemäß § 53 Abs. 1 FPG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. Am 25.11.2011 stellte er seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, welcher letztlich mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.04.2014 hinsichtlich Asyl und subsidiärem Schutz negativ entschieden und die Angelegenheit zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen wurde.

Der Beschwerdeführer war vom 24.01.2002 bis zum 18.12.2009 und ist seit 25.11.2011 (bis heute) auf der Basis vorläufiger Aufenthaltsberechtigungen nach dem Asylgesetz zum Aufenthalt berechtigt; lediglich in der Zeit zwischen dem ersten rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens und der neuerlichen Asylantragstellung, also vom 18.12.2009 bis 25.11.2011 nicht legal im Bundesgebiet aufhältig. Die Aufenthaltsberechtigungskarte wurde dem Beschwerdeführer zuletzt in diesem Jahr neu ausgestellt.

In der Zeit vom 01.11.2014 bis zum 21.03.2016 bezog er die staatliche Grundversorgung (Unterbringung, Verpflegung, Taschengeld und Krankenversicherung). Der Beschwerdeführer ist in Österreich seit 28.07.2015 selbständig erwerbstätig gewesen und ist in dieser Firma auf Werkvertragsebene als Lagerarbeiter tätig. Zusätzlich verfügt er noch über die Gewerbeberechtigung als Hausbetreuer und einen entsprechenden Werkvertrag. Er ist mit einem monatlichen Einkommen von etwa 1.500.- Euro netto nun selbsterhaltungsfähig. Die Schulden Sozialversicherung statte ich im Ausmaß von 120 EUR pro Monat ab.

Die Wohnsituation des Beschwerdeführers ist gesichert - der Beschwerdeführer legte einen mit 14.01.2019 datierten vierjährigen Mietvertrag vor.

Der Beschwerdeführer ist nach der Tilgung seiner Straftat nun auch wieder unbescholten.

Sein erwachsener Bruder lebt als dauernd Aufenthaltsberechtigter ebenfalls in Österreich. Der Beschwerdeführer trifft ihn regelmäßig. Der ledige und kinderlose Beschwerdeführer verfügt seit vier Jahren zudem über eine Lebensgefährtin, welche als georgische Staatsbürgerin mit einem Arbeitsvisum in Polen aufenthaltsberechtigt ist und ihn jedes zweite Wochenende in Österreich besucht.

Der Beschwerdeführer besitzt außergewöhnlich gute Deutschkenntnisse, welche er auf dem Niveau B1 bereits mit Vorlage eines mit 10.03.2016 datierten ÖSD-Zertifikates nachgewiesen hatte - das zum damaligen Zeitpunkt vorgelegte Zertifikat über Sprachkenntnisse auf dem Niveau B2 - kein ÖSD-Zertifikat - war zum Zeitpunkt der Vorlage aber noch anerkannt; erst 2018 nach entsprechender Novellierung nicht mehr. Der Beschwerdeführer konnte der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ohne Beiziehung eines Dolmetschers folgen und gab auch Antworten in deutscher Sprache.

Entscheidungsgrundlagen:

* gegenständliche Aktenlage:

> erstinstanzlicher Verfahrensakt;

> PV;

> in der Verhandlung vorgelegte Dokumente.

Würdigung der Entscheidungsgrundlagen:

Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Identität (Name, Geburtsdatum; Staatsbürgerschaft) ergeben sich aus dem georgischen Reisepass des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zur Situation des Beschwerdeführers in Österreich rgeben sich aus seinen beiden Asylverfahren, den Angaben des Beschwerdeführers zu seinen persönlichen Verhältnissen in der mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht sowie aus den vorgelegten Integrationsunterlagen bzw. der Einsichtnahme in die bezughabenden staatlichen Register.

Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass der (nach Tilgung seiner Straftat nunmehr wieder) unbescholtene Beschwerdeführer in Österreich bisher versucht hat, seinen Lebensunterhalt eigenständig zu erwirtschaften. Der Beschwerdeführer hat auch hinreichend dargetan, dass er dazu in der Lage ist; der öffentlichen Hand wird er somit aller Vorraussicht nicht zur Last fallen; in diesem Zusammenhang hat er auch glaubwürdig dargetan, dass er seine Sozialversicherungsschulden in geraumer Zeit zurückzahlen wird.

Mit der Vorlage des Mietvertrages hat er auch eine stabile Wohnungssituation bescheinigt.

In Bezug auf die dem Beschwerdeführer nun nicht mehr zum Vorwurf zu machende Verurteilung ist aber unabhängig davon auch anzumerken, dass das Strafgericht den Beschwerdeführer als untergeordnete "Randfigur" ansah und deshalb das ausgesprochene Strafausmaß äußerst gering ausfiel.

Die Dauer seines Aufenthalts im Bundesgebiet wird weitgehend durch die Dauer der Asylverfahren begründet, an deren Dauer - insbesondere vor dem Asylgerichtshof und dem Bundesverwaltungsgericht - ihn selbst kein Verschulden trifft, sondern diese vielmehr auf die ausufernde Zahl an Asylverfahren zurück zu führen ist. Sein illegaler Weiterverbleib im Bundesgebiet trotz Ausweisung nach Georgien und des gegen ihn bestehenden Rückkehrverbots dauerte rund eineinhalb Jahre und fällt angesichts seines darüber hinaus rund 15 Jahre währenden legalen Aufenthalts als Asylwerber nicht entscheidungswesentlich zu Ungunsten des Asylwerbers aus, zumal es sich beim zweiten Asylverfahren auch nicht um eine entschiedene Sache oder um einen völlig unbegründeten Asylantrag handelte, sondern der Beschwerdeführer neue, nicht von vornherein unsubstantiierte Asylgründe geltend gemacht hatte. Damit ist auch der Argumentation der Verwaltungsbehörde, der Beschwerdeführer würde alle nur erdenklichen Rechtsmittel ergreifen, um seinen weiteren Verbleib in Österreich zu sichern, der Boden entzogen. Als gänzlich aktenwidrig stellt sich der bescheidmäßige Vorwurf der Verwaltungsbehörde dar, der Beschwerdeführer sei seit 2014 illegal in Österreich, übersieht die Verwaltungsbehörde dabei doch, dass das zweite Asylverfahren nicht einfach mit dem negativen Abspruch in der Frage des internationalen und des subsidiären Schutzes endete, sondern nach Behebung durch das Bundesverwaltungsgericht gemäß §75 Abs. 20 AsylG hinsichtlich der Frage der Erlassung einer Rückkehrentscheidung bis zum nun gegenständlichen Entscheidungszeitpunkt offen ist; der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass die Verwaltungsbehörde selbst dem Beschwerdeführer noch in diesem Jahr eine neue Karte über das Bestehen einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung ausstellte.

Darüber hinaus hat er seinen langjährigen Aufenthalt in Österreich sondern auch zur sprachlichen Integration genützt, indem er außergewöhnlich gute Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1 - mit ÖSD-Zertifikat - und B2 - zum Zeitpunkt der damaligen Vorlage anerkannt - nachgewiesen hat.

Auch in Bezug auf das Bestehen einer Lebensgemeinschaft mit einer in Polen zum Aufenthalt und zur Arbeit berechtigten georgischen Staatsangehörigen, welche der Beschwerdeführer ungefähr alle zwei Wochen - infolge der Entfernung - trifft, hegt das erkennende Gericht keine Bedenken, machte diese als Zeugin in der Verhandlung befragt, einen in persönlicher Hinsicht sehr überzeugenden Eindruck.

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht im Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 11 VwGVG sind, soweit in diesem und im vorangehenden Abschnitt nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren nach diesem Abschnitt jene Verfahrensvorschriften anzuwenden, die die Behörde in einem Verfahren anzuwenden hat, das der Beschwerde beim Verwaltungsgericht vorangeht.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in den dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG 2005 idgF ist das AsylG 2005 am 01.01.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren.

Gegenständlich sind die Verfahrensbestimmungen des AVG, des BFA-VG, des VwGVG und jene im AsylG 2005 enthaltenen sowie die materiellen Bestimmungen des AsylG 2005 idgF samt jenen Normen, auf welche das AsylG 2005 verweist, anzuwenden.

Letzteres insofern in der geltenden Fassung, als der Beschwerdeführer den Antrag auf internationalen Schutz zuletzt am 25.11.2011 gestellt hat.

Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 idgF ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.02.2014, GZ. W103 1231829-2/7E, wurde das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Hierüber wurde seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl mit angefochtenem Bescheid abgesprochen.

Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK geboten ist. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung kommt ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 überhaupt in Betracht (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

"Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Gemäß § 9 Abs. 5 BFA-VG darf gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist - wie die zuständige Fremdenpolizeibehörde - auch der eine Ausweisung aussprechende AsylGH bzw. das BAA stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art8 EMRK abzuwägen (vgl. VfGH 22.9.2008, B642/08).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR) hat fallbezogen unterschiedliche Kriterien herausgearbeitet, die bei einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht:

Er hat etwa die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.1.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.9.2004, Fall Ghiban, Appl. 11.103/03, NVwZ 2005, 1046), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.5.1985, Fall Abdulaziz ua., Appl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567;

20.6.2002, Fall Al-Nashif, Appl. 50.963/99, ÖJZ 2003, 344;

22.4.1997, Fall X, Y und Z, Appl. 21.830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 2.8.2001, Fall Boultif, Appl. 54.273/00), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 5.7.2005, 2004/21/0124;

11.10.2005, 2002/21/0124), die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 11.4.2006, Fall Useinov, Appl. 61.292/00) für maßgeblich erachtet.

Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 5.9.2000, Fall Solomon, Appl. 44.328/98; 31.1.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562).

Nach den Vorgaben der Judikatur des EGMR, vor allem nach den in der Rechtssache Boultif formulierten Kriterien, ist zu ermitteln:

-

die Dauer des Aufenthalts des Beschwerdeführers in dem Land, aus dem er ausgewiesen werden soll;

-

die Staatsangehörigkeit der einzelnen Betroffenen;

-

die familiäre Situation des Beschwerdeführers und insbesondere gegebenenfalls die Dauer seiner Ehe und andere Faktoren, welche die Effektivität eines Familienlebens bei einem Paar belegen;

-

die Frage, ob aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind und wenn ja, welches Alter sie haben, und

-

das Maß an Schwierigkeiten, denen der Ehegatte in dem Land unter Umständen begegnet, in das der Beschwerdeführer auszuweisen ist.

Zu den einzelnen Tatbeständen des § 9 Abs 2 BFA-VG unter Einbindung der vom EGMR aufgestellten Kriterien:

Das tatsächliche Bestehen eines Privat- und Familienlebens:

Unzweifelhaft besteht in Österreich ein intensives Privatleben des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 8 EMRK, hält sich der Beschwerdeführer doch seit Jänner 2002 auf Grund zweier nicht a priori als unberechtigt anzusehenden Asylverfahren ununterbrochen im österreichischen Bundesgebiet auf. In dieser Zeit war sein Aufenthalt im Bundesgebiet zumindest im Zeitraum von 15 Jahren infolge seiner Asylverfahren ein legaler.

Dieser Tatbestand des § 9 Abs. 2 BFA-VG spricht zugunsten des Beschwerdeführers.

Die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden zu einem Zeitpunkt entstand, zu dem sich der Beteiligte seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war:

Der Beschwerdeführer ist im Jänner 2002 ins Bundesgebiet eingereist und hat zwei Anträge auf internationalen Schutz gestellt. Da den Asylbegehren des Beschwerdeführers nach nochmaligem Studium der Aktenlage trotz negativer Entscheidung durch die Verwaltungsbehörde nicht von vornherein die Substantiiertheit abgesprochen werden kann, kann nicht zulasten des Beschwerdeführers angenommen werden, dass ihm sein unsicherer Aufenthalt bewusst gewesen sein musste - dies insbesondere auch nicht vor dem Hintergrund der Länge des Verfahrens.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit:

Im entsprechenden Strafregisterauszug scheint keine Verurteilung mehr auf, sodass von der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers auszugehen ist.

Der Grad der Integration:

Unzweifelhaft ist von einem bereits hohen Integrationsgrad auszugehen:

Der Beschwerdeführer hat belegt, dass er bereits Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1 und darüber hinaus erworben hat.

Der Beschwerdeführer hat seinen großen Integrationswillen auch insofern gezeigt, als er bereits seit Juli 2015 selbständig erwerbstätig war und außerdem noch über eine Gewerbeberechtigung als Hausbetreuer samt entsprechendem Werkvertrag verfügt. Aktuell ist er nach seinen Angaben zusätzlich Lagerarbeiter in seiner Firma und erwirtschaftet ein monatliches Einkommen, welches über dem ASVG-Richtsatz liegt, sodass von seiner Selbsterhaltungsfähigkeit auszugehen ist, was gerade in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit von großer Bedeutung ist.

Die bereits für den täglichen Gebrauch mehr als hinreichend dargetanen und durch Zertifikate nachgewiesenen Kenntnisse der deutschen Sprache runden das Bild überdurchschnittlich erfolgter Integrationsbemühungen ab und lassen prognostisch gesehen diese - gleichsam mathematisch - weiter als linear ansteigend erscheinen.

Die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war:

In diesem Zusammenhang ist auf die Ausführungen im Rahmen obiger Rubriken zu verweisen, der Aufenthalt des Beschwerdeführers selbst ist nicht rechtswidrig, basiert er doch auf einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung aus zwei Asylanträgen.

Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere des Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts:

Aktuell liegen keine Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, vor, hinsichtlich letzteren Aspektes ist wiederum auf das durch das Asylverfahren begründete Aufenthaltsrecht zu verweisen.

Sein zwischenzeitlich illegaler Weiterverbleib im Bundesgebiet trotz Ausweisung nach Georgien und des gegen ihn bestehenden Rückkehrverbots dauerte rund eineinhalb Jahre und fällt angesichts seines darüber hinaus rund 15 Jahre währenden legalen Aufenthalts als Asylwerber nicht entscheidungswesentlich zu Ungunsten des Asylwerbers aus, zumal es sich beim zweiten Asylverfahren auch nicht um eine entschiedene Sache oder um einen völlig unbegründeten Asylantrag handelte, sondern der Beschwerdeführer neue, nicht von vornherein unsubstantiierte Asylgründe geltend gemacht hatte.

Zum Problemkreis der Unbescholtenheit siehe bereits oben.

Die Bindungen zum Herkunftsstaat:

Der Beschwerdeführer hat zwar immer noch den größeren Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht, durch die jedoch vorliegenden Integrationsschritte und vor allem den Umstand, dass der Beschwerdeführer während seines durchgehenden mehr als 17-jährigen Aufenthaltes enorme Integrationsschritte in Österreich setzte, ist eine im Vergleich mit dem Herkunftsstaat nicht sehr zurücktretende Sozialisation anzunehmen.

Unzweifelhaft hat sich der Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers nach Österreich verlagert.

Die Frage, ob die bisherige Dauer des Aufenthaltes des Fremden in den den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist:

Den Beschwerdeführer trifft an der Dauer des Verfahrens kein Verschulden: Die Zahl

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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