Entscheidungsdatum
22.11.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
G304 2178818-1/8E
Beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch MigrantInnenverein, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.11.2017, Zl. XXXX, beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA oder belangte Behörde) vom 18.11.2017 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.), der Antrag des BF auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Irak, den Herkunftsstaat des BF, abgewiesen (Spruchpunkt II.), dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.), festgestellt, dass die Abschiebung des BF in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).
2. Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde erhoben.
3. Am 05.12.2017 langte die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF ist irakischer Staatsangehöriger.
1.2. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asyl- als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, dem BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig ist und ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.
1.2.1. Beweiswürdigend wurde "betreffend die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaates" im Wesentlichen ausgeführt:
"Die Behörde ist davon überzeugt, dass Ihr Vorbringen mit den tatsächlichen Erlebnissen übereinstimmt. Sie gaben glaubhaft an, ebenso, wie viele andere irakische Staatsbürger, aufgrund der allgemeinen Bürgerkriegssituation geflüchtet zu sein.
Aus diesen Angaben lässt sich jedoch keinerlei individuelle Verfolgungssituation durch den Herkunftsstaat erkennen und würde diese keinen Hinweis auf eine Verfolgung oder Bedrohung enthalten, die unter die Bestimmungen der GFK zu subsumieren wäre.
Zusammenfassend wird nunmehr angeführt, dass Sie gemäß Ihren Angaben in Ihrer Einvernahme, welche den Hauptbestandteil Ihrer Beweiseinbringung darstellt, nicht aufgrund eines Fluchtgrundes gemäß Genfer Konvention Ihr Land verließen, sondern vielmehr, aufgrund der im Heimatland aktuellen Bürgerkriegssituation. Nach dieser Bestimmung ist Flüchtling, wer aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen der politischen Gesinnung, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Keiner dieser angeführten Gründe ist im vorliegenden Fall gegeben.
Dies unterstrichen Sie auch mit Ihrer Aussage, dass Sie nie persönlich bedroht wurden und die allgemeine angespannte Lage zwischen Sunniten und Schiiten ausschlaggebend für Ihre Flucht bzw. den Vorfall in dem Restaurant sei: "Ja, das ist die allgemeine Lage.
Befragt gebe ich an, dass ich bedroht wurde, da ich Sunnit bin. Es
ist wegen des Konflikts zwischen Sunniten und Schiiten ... Weil ich
Sunnit bin und die Städte Babel und Bagdad von schiitischen Milizen
regiert wird ... Eine persönliche Bedrohung gab es nicht. Es gab
eine schriftliche."
Daran anschließend wurde ausgeführt:
"Das Asylrecht hat nicht die Aufgabe, vor den allgemeinen Unglücksfolgen zu bewahren, die aus Krieg, Bürgerkrieg oder sonstigen Unruhen hervorgehen, sondern ist Voraussetzung für eine Asylgewährung die Furcht vor einer gegen den Asylwerber selbst konkret gerichteten Verfolgungshandlung (vgl. Erk. Des VwGH v. 20.5.1994, Zl. 94/01/0128).
Deswegen lebt Ihre Familie noch immer im Irak. Sofern Sie eine Kopie eines Drohbriefes bzw. Festnahmeauftrags in Vorlage gebracht haben, so ist dieser beiden Schreiben hinsichtlich ihrer Beweiskraft keinerlei Bedeutung beizumessen, zumal davon auszugehen ist, dass derartige Beweismittel jederzeit im Irak beschaffbar sind und mit gegebenem Inhalt zur Verbesserung der Asylausgangssituation ausgestellt werden können. Des Weiteren reisten Sie legal aus dem Irak aus, was die von Ihnen vorgelegten Beweismittel noch vager und unglaubwürdiger erscheinen lassen."
1.2.2. Bezüglich der gesundheitlichen Situation des BF wurde im angefochtenen Bescheid festgestellt:
"Sie sind gesund, im arbeitsfähigen Alter und leiden an keinerlei lebensbedrohlichen Krankheiten. Sie gaben an, an Depression, posttraumatischer Belastungsstörung und Schlafstörung zu leiden und nehmen dagegen folgende Medikamente: Quetialan, Sertralin, Dominal.
"
Beweiswürdigend wurde diesbezüglich festgehalten:
"Die Feststellung hinsichtlich Ihres Gesundheitszustandes und dass Sie an keinen lebensbedrohlichen Krankheiten leiden, ergeben sich aus Ihren glaubhaften Ausführungen im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme, sowie des persönlichen Eindruckes, welchen der entscheidungsbefugte Organwalter im Rahmen der Einvernahme gewinnen konnte."
1.3. Die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem BFA am 22.06.2017 gestaltete sich auszugsweise wie folgt:
1.3.1. Der BF brachte in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA zu seinen Fluchtgründen vor, wegen seiner Zugehörigkeit zum muslimisch-sunnitischen Glauben seitens Angehöriger der schiitischen Miliz Asab Ahl Al Haqq bedroht worden zu sein, und zwar insgesamt dreimal, erstmals mittels Drohbrief, das zweite Mal am Telefon und das dritte Mal in einem Restaurant, in welchem er als Koch gearbeitet habe und ihm die Bedrohung von seinem Chef mitgeteilt worden sei. Nach Erhalt des Drohbriefs habe er sich an die Polizei gewandt. Diese habe in der Anzeige den vom BF angeführten Namen des Milizführers aus seinem Stadtviertel festgehalten. Nach zwei weiteren Bedrohungen habe sich der BF nicht mehr an die Polizei gewandt, sondern sei nach letzter Bedrohung auf Anraten seines Chefs ausgereist. Es gebe gegen den BF auch einen Festnahmeauftrag, werde ihm doch vorgeworfen, einen Unschuldigen zur Anzeige gebracht zu haben.
Der BF legte zum Beweis seines Fluchtvorbringens Kopien von Unterlagen in arabischer Sprache vor, und zwar Kopien eines Drohbriefs der schiitischen Miliz Asaib Ahl Al Haqq, einer schriftlichen Verständigung von einem Gericht und eines Festnahmeauftrags.
1.3.2. Der BF brachte zu seinem Gesundheitszustand vor:
"Ich bin aufgrund von Depression, posttraumatischer Belastungsstörung sowie Schlafstörungen in Behandlung. Ich nehme folgende Medikamente: Quetialan, Sertralin, Dominal. Befragt gebe ich an, dass es mir ansonsten gut geht."
Seinen Gesundheitszustand bescheinigend wurde ein ärztlicher Befundbericht vorgelegt.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter I. angeführte Verfahrensgang und die unter II. getroffenen Feststellungen beruhen auf dem diesbezüglichen Akteninhalt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
3.1.1. Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.
Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.
3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Anmerkung: sog. Bescheidbeschwerden) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg cit. nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1
B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheids und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 28 VwGVG Anm11). Gemäß dieser Bestimmung kann die Berufungsbehörde, sofern der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen. Wie oben ausgeführt, ist aufgrund von § 17 VwGVG die subsidiäre Anwendung von § 66 Abs. 2 AVG durch die Verwaltungsgerichte ausgeschlossen.
Im Gegensatz zu § 66 Abs. 2 AVG setzt § 28 Abs. 3 VwGVG die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung nicht mehr voraus.
Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063 (Waffenverbot), in Bezug auf die grundsätzliche Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte nach § 28 VwGVG und die Möglichkeit der Zurückverweisung ausgesprochen, dass angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte darstellt. So kommt eine Aufhebung des Bescheides nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Das Verwaltungsgericht hat nachvollziehbar zu begründen, wenn es eine meritorische Entscheidungszuständigkeit nicht als gegeben annimmt, etwa weil es das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und Z 2 des § 28 Abs. 2 VwGVG verneint bzw. wenn es von der Möglichkeit des § 28 Abs. 3 erster Satz VwGVG nicht Gebraucht macht.
Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt ist, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0156; 13.10.1991, Zl. 90/09/0186; 28.07.1994, Zl. 90/07/0029).
3.2. Mit Spruchpunkten I. und II. des angefochtenen Bescheides wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asyl- als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen.
3.2.1. Beweiswürdigend wurde im angefochtenen Bescheid "betreffend die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaates" im Wesentlichen ausgeführt:
"Die Behörde ist davon überzeugt, dass Ihr Vorbringen mit den tatsächlichen Erlebnissen übereinstimmt. Sie gaben glaubhaft an, ebenso, wie viele andere irakische Staatsbürger, aufgrund der allgemeinen Bürgerkriegssituation geflüchtet zu sein.
Aus diesen Angaben lässt sich jedoch keinerlei individuelle Verfolgungssituation durch den Herkunftsstaat erkennen und würde diese keinen Hinweis auf eine Verfolgung oder Bedrohung enthalten, die unter die Bestimmungen der GFK zu subsumieren wäre.
Zusammenfassend wird nunmehr angeführt, dass Sie gemäß Ihren Angaben in Ihrer Einvernahme, welche den Hauptbestandteil Ihrer Beweiseinbringung darstellt, nicht aufgrund eines Fluchtgrundes gemäß Genfer Konvention Ihr Land verließen, sondern vielmehr, aufgrund der im Heimatland aktuellen Bürgerkriegssituation. Nach dieser Bestimmung ist Flüchtling, wer aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen der politischen Gesinnung, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Keiner dieser angeführten Gründe ist im vorliegenden Fall gegeben.
Dies unterstrichen Sie auch mit Ihrer Aussage, dass Sie nie persönlich bedroht wurden und die allgemeine angespannte Lage zwischen Sunniten und Schiiten ausschlaggebend für Ihre Flucht bzw. den Vorfall in dem Restaurant sei: "Ja, das ist die allgemeine Lage.
Befragt gebe ich an, dass ich bedroht wurde, da ich Sunnit bin. Es
ist wegen des Konflikts zwischen Sunniten und Schiiten ... Weil ich
Sunnit bin und die Städte Babel und Bagdad von schiitischen Milizen
regiert wird ... Eine persönliche Bedrohung gab es nicht. Es gab
eine schriftliche."
Daran anschließend wurde ausgeführt:
"Das Asylrecht hat nicht die Aufgabe, vor den allgemeinen Unglücksfolgen zu bewahren, die aus Krieg, Bürgerkrieg oder sonstigen Unruhen hervorgehen, sondern ist Voraussetzung für eine Asylgewährung die Furcht vor einer gegen den Asylwerber selbst konkret gerichteten Verfolgungshandlung (vgl. Erk. Des VwGH v. 20.5.1994, Zl. 94/01/0128).
Deswegen lebt Ihre Familie noch immer im Irak. Sofern Sie eine Kopie eines Drohbriefes bzw. Festnahmeauftrags in Vorlage gebracht haben, so ist dieser beiden Schreiben hinsichtlich ihrer Beweiskraft keinerlei Bedeutung beizumessen, zumal davon auszugehen ist, dass derartige Beweismittel jederzeit im Irak beschaffbar sind und mit gegebenem Inhalt zur Verbesserung der Asylausgangssituation ausgestellt werden können. Des Weiteren reisten Sie legal aus dem Irak aus, was die von Ihnen vorgelegten Beweismittel noch vager und unglaubwürdiger erscheinen lassen."
Der BF brachte zu seinen Fluchtgründen vor dem BFA im Wesentlichen zusammengefasst vor, wegen seiner Zugehörigkeit zum muslimisch-sunnitischen Glauben seitens Angehöriger der schiitischen Miliz Asab Ahl Al Haqq bedroht worden zu sein, und zwar insgesamt dreimal, erstmals mittels Drohbrief, das zweite Mal am Telefon und das dritte Mal in einem Restaurant, in welchem er als Koch gearbeitet habe und ihm die Bedrohung von seinem Chef im Restaurant mitgeteilt worden sei. Nach Erhalt des Drohbriefs habe er sich an die Polizei gewandt. Diese habe in der Anzeige den vom BF angeführten Namen des Milizführers aus seinem Stadtviertel festgehalten. Nach zwei weiteren Bedrohungen habe sich der BF nicht mehr an die Polizei gewandt, sondern sei er nach letzter Bedrohung auf Anraten seines Chefs ausgereist. Es gebe gegen den BF auch einen Festnahmeauftrag, werde ihm doch vorgeworfen, einen Unschuldigen zur Anzeige gebracht zu haben. (Niederschrift über Einvernahme vor dem BFA, S. 5f)
Entgegen der Annahme der belangten Behörde nahm der BF in seiner Einvernahme vor dem BFA nicht nur auf die allgemeine Bürgerkriegs-, sondern auf eine konkrete individuelle Bedrohungssituation Bezug, soweit er angab, insgesamt drei Mal von Angehörigen der schiitischen Miliz Asaib Ahl Al Haqq bedroht worden zu sein, erstmals mittels eines auf seinen Namen adressierten Drohbriefs, das zweite Mal am Telefon, und das dritte Mal sei ihm die Bedrohung bei der Arbeit von seinem Chef mitgeteilt worden. Dieser habe ihm auch zur Ausreise geraten. Es gebe gegen den BF auch einen Festnahmeauftrag, werde ihm doch vorgeworfen, einen Unschuldigen zur Anzeige gebracht zu haben.
Eine Auseinandersetzung mit diesem Fluchtvorbringen vor dem Hintergrund entsprechender Länderberichte, darunter von Länderberichten zur staatlichen Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit und innerstaatlichen Fluchtalternative ist unterblieben und folglich nachzuholen. Der BF hat vor dem BFA zum Beweis seines Fluchtvorbringens Kopien von Unterlagen in arabischer Sprache vorgelegt, und zwar eines Drohbriefs der schiitischen Miliz Asaib Ahl Al Haqq, einer schriftlichen Verständigung vom Gericht und eines Festnahmeauftrags. Ohne diese in arabischer Sprache vorgelegten Unterlagen zuvor übersetzen und auf deren Echtheit überprüfen lassen zu haben, traf die belangte Behörde folgende mutmaßende Schlussfolgerung:
"Sofern Sie eine Kopie eines Drohbriefes bzw. Festnahmeauftrags in Vorlage gebracht haben, so ist dieser beiden Schreiben hinsichtlich ihrer Beweiskraft keinerlei Bedeutung beizumessen, zumal davon auszugehen ist, dass derartige Beweismittel jederzeit im Irak beschaffbar sind und mit gegebenem Inhalt zur Verbesserung der Asylausgangssituation ausgestellt werden können. Des Weiteren reisten Sie legal aus dem Irak aus, was die von Ihnen vorgelegten Beweismittel noch vager und unglaubwürdiger erscheinen lassen."
Eine nähere Auseinandersetzung mit dem Fluchtvorbringen des BF und der von ihm vorgelegten Beweismitteln vor dem Hintergrund entsprechender Länderberichte zur schiitischen Miliz Asaib Ahl al Haqq, der staatlichen Schutzfähigkeit, Schutzwilligkeit und innerstaatlichen Fluchtalternative ist unterblieben, jedoch unbedingt erforderlich, um auf eine Asylberechtigung schließen oder eine solche ausschließen zu können.
3.2.2. Bezüglich der gesundheitlichen Situation des BF wurde im angefochtenem Bescheid festgestellt:
"Sie sind gesund, im arbeitsfähigen Alter und leiden an keinerlei lebensbedrohlichen Krankheiten. Sie gaben an, an Depression, posttraumatischer Belastungsstörung und Schlafstörung zu leiden und nehmen dagegen folgende Medikamente: Quetialan, Sertralin, Dominal.
"
Beweiswürdigend wurde diesbezüglich festgehalten:
"Die Feststellung hinsichtlich Ihres Gesundheitszustandes und dass Sie an keinen lebensbedrohlichen Krankheiten leiden, ergeben sich aus Ihren glaubhaften Ausführungen im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme, sowie des persönlichen Eindruckes, welchen der entscheidungsbefugte Organwalter im Rahmen der Einvernahme gewinnen konnte."
Der BF brachte vor dem BFA zu seinem Gesundheitszustand vor:
"Ich bin aufgrund von Depression, posttraumatischer Belastungsstörung sowie Schlafstörungen in Behandlung. Ich nehme folgende Medikamente: Quetialan, Sertralin, Dominal. Befragt gebe ich an, dass es mir ansonsten gut geht."
Seinen Gesundheitszustand bescheinigend wurde ein ärztlicher Befundbericht vorgelegt.
Eine nähere Auseinandersetzung mit dem vom BF angeführten konkreten Gesundheitszustand unter Berücksichtigung seines vorgelegten Befundberichts vor dem Hintergrund entsprechender Länderberichte zu Behandlungsmöglichkeiten für Depression und posttraumatische Belastungsstörung ist unterblieben, um auf ein Abschiebungshindernis schließen oder ein solches verneinen zu können, jedoch unbedingt erforderlich.
3.2.3. Die belangte Behörde hat notwendige für die Entscheidung wesentliche Ermittlungen rund um sein Fluchtvorbringen und seinen Gesundheitszustand unterlassen.
3.2.4. Es hat sich nicht ergeben, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das BVwG selbst im Interesse der Raschheit gelegen wäre, zumal nichts darauf hindeutet, dass die erforderlichen Feststellungen durch das BVwG selbst, verglichen mit den Feststellungen durch die belangte Behörde nach Zurückverweisung der Angelegenheit, mit einer wesentlichen Zeitersparnis und Verkürzung der Verfahrensdauer verbunden wäre.
Schließlich liegt auch kein Anhaltspunkt dahingehend vor, dass die Feststellungen durch das BVwG selbst im Vergleich zur Feststellung durch die Verwaltungsbehörde mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre.
3.2.5. Aus den dargelegten Gründen war daher der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Da im gegenständlichen bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G304.2178818.1.00Zuletzt aktualisiert am
10.03.2020