TE Bvwg Beschluss 2019/12/2 W240 2225190-1

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Veröffentlicht am 02.12.2019
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Entscheidungsdatum

02.12.2019

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs3 Satz 2
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W240 2225190-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter über die Beschwerde der XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.10.2019, Zahl:

1245754910-190935257, beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 3 2. Satz BFA-VG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin stellte am 12.09.2019 im österreichischen Bundesgebiet gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Hinsichtlich der Beschwerdeführerin scheint eine Eurodac-Treffermeldung vom 23.03.2017 in Bezug auf Italien auf (Kategorie 1, Asylantragstellung).

Die Beschwerdeführerin führte im Rahmen der Erstbefragung am 13.09.2019 in Österreich aus, sie sei selbständig mit dem Zug nach Österreich gefahren. Sie würde hier den Vater ihres noch ungeborenen Kindes finden wollen. Sie hätte ihn in Italien kennengelernt, er heiße XXXX und er würde sich irgendwo in Österreich aufhalten. In Italien hätte sie sich ca. ein Jahr aufgehalten, hätte Kontakt zur Behörde gehabt und wäre erkennungsdienstlich behandelt worden. Zu Italien befragt gab sie an, dass das Leben in Italien sehr schwierig wäre. Man könnte nirgends schlafen, sie hätte auf der Straße schlafen müssen, es gebe kein Essen und es wäre ein Albtraum.

Am 17.09.2019 wurde ein Wiederaufnahmeersuchen gem. Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO betreffend die Beschwerdeführerin an Italien gestellt.

Mit Schreiben vom 09.10.2019 wurde den italienischen Behörden von Österreich mitgeteilt, dass mangels Erhalt eines Anwortschreibens der italienischen Behörden die Zuständigkeit für das Verfahren betreffend die Beschwerdeführerin gem. Art. 18 Abs. 1 lit. b iVm.

Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO mit 09.10.2019 auf Italien übergehe.

Am selben Tag langte eine Antwort Italiens bei der Behörde ein, es wurde darin mitgeteilt, dass die Beschwerdeführerin in Italien unter der Identität XXXX um Asyl angesucht hätte. Sie hätte in Italien internationalen Schutz erhalten und es wäre der Beschwerdeführerin von der Polizei in XXXX eine Aufenthaltserlaubnis gültig bis zum XXXX 2023 ausgestellt worden.

In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 11.10.2019 führte die Beschwerdeführerin insbesondere aus:

"(...)

LA: Haben Sie bereits irgendwo einen Antrag auf int. Schutz gestellt?

VP: Ich war mal in Italien, da hatte ich Behördenkontakt. Mir sind die Fingerabdrücke abgenommen worden, und es wurden mir Unterlagen ausgehändigt. Ich war ca. ein Jahr in Italien habe aber nicht um Asyl angesucht.

LA: Haben Sie in einem Land der EU einen Aufenthaltstitel?

VP: In Italien bekam ich einen Ausweis, damit ich etwas vorweisen kann, aber sonst nicht.

LA: Wo ist dieser Ausweis jetzt?

VP: Die Karte und die ganze Handtasche habe ich verloren, ich bin krank geworden und dadurch habe ich die Sachen verloren.

LA: Leiden Sie an irgendwelchen schwerwiegenden Krankheiten oder benötigen Sie Medikamente?

VP: Schwerwiegende Krankheiten habe ich nicht, ich war hier in der Betreuungsstelle beim Arzt und habe Tabletten verschrieben bekommen, die ich täglich 2 Mal nehmen muss.

LA: Was sind das für Tabletten?

VP: Den Namen weiß ich nicht, nachgefragt gebe ich an, dass ich die Tabletten wegen der Schwangerschaft nehmen muss. Eine Tablette bekam ich, weil ich Schmerzen im Unterleib hatte, und die andere bekam ich zusätzlich.

LA: Haben Sie med. Unterlagen dabei?

VP: Das Rezept habe ich bei der Apotheke abgeben müssen, ich habe nur den Mutter-Kind-Pass. (wird von der VP vorgelegt und in Kopie zum Akt genommen).

LA: Seit wann sind Sie schwanger? VP: Ich bin jetzt im achten Monat.

LA: Bis jetzt irgendwelche Komplikationen?

VP: Also das, was ich vorher erwähnt habe, und mir wird manchmal schwindlig.

LA: Sie haben vorher erwähnt, dass Sie krank waren und deshalb Ihren Ausweis verloren haben, wo waren Sie da als Sie krank waren?

VP: In Italien.

LA: Sind Sie dann zum Arzt gegangen, oder wie war das. Haben Sie Unterlagen aus Italien dabei?

VP: Es war so eine Schlafstelle, und dort bin ich dann krank geworden, meine ganze Tasche mit den Unterlagen ist mir dort gestohlen worden. Und wenn man keine Karte hat, darf man in der Schlafstelle nicht schlafen, deshalb musste ich die Schlafstelle verlassen. Dann hat mich eine Dame in Italien bei sich zu Hause aufgenommen. Ich habe dann der Dame geholfen und bei ihr geputzt, weil ich dort schlafen konnte. Ich wusste nicht das ich schwanger bin, als ich bemerkt habe, dass ich schwanger bin, hat die Dame gesagt, sie könne mich nicht weiter unterstützen und ich musste von der Unterkunft weggehen. Dann war ich auf der Straße und habe um Hilfe gebeten, somalische Leute haben mir geholfen und mich gefragt wo der Vater dieses Kindes ist. Ich habe gesagt der ist in Österreich und dann haben sie mir ein Zugticket besorgt und mir gesagt, ich müsste nach Österreich.

LA: Haben Sie den Diebstahl bei der Polizei in Italien angezeigt und haben Sie bei der Behörde den Verlust oder Diebstahl Ihrer Karte gemeldet?

VP: Ich war bei der Polizei um diese Verlustanzeige zu machen. Ich wurde gefragt wo ich wohne, meine Adresse, ich hatte aber keine Adresse mehr, weil ich nicht beweisen konnte, dass ich an dieser Notschlafstelle war, und weil meine Unterlagen gestohlen waren konnte ich nichts mehr vorweisen. Und dann hat die Polizei gesagt ich soll nächstes Mal kommen, und beim nächsten Mal wieder, und es ging mir nicht so gut, und ich bekam auch keine Hilfe von niemanden und deshalb habe ich beschlossen das Land zu verlassen.

LA: Haben Sie dieser Dame gesagt, dass Sie keine Karte mehr haben?

VP: Das war der Grund weshalb sie mich rausgeworfen hat. Weil ich keine Unterlagen mehr hatte und illegal dort war und weil ich schwanger war.

LA: Wann ungefähr war das, dass die Dame Sie rausgeworfen hat?

VP: Ich bin mir nicht sicher aber ich glaube es war im Mai.

LA: Wie lange waren Sie bei dieser Frau?

VP: Ich war ca. fünf Monate bei dieser Frau, bis sie gesehen hat, dass ich schwanger bin, dann hat sie gemeint sie könnte mich nicht mehr unterstützen.

LA: Sind Sie damit einverstanden, dass ho. Behörde Einsicht in bereits vorliegende und künftig erhobene ärztliche Befunde nehmen kann, sowie dass die Sie behandelnden Ärzte, als auch behördlich bestellte ärztliche Gutachter wechselseitig Informationen zu den Ihre Person betreffenden erhobenen ärztlichen Befunde austauschen können? Sind Sie weiters mit der Weitergabe Ihrer medizinischen Daten an die Sicherheitsbehörde, den Mitgliedstaat und die für die Grundversorgung zuständigen Stellen einverstanden? Sie werden darauf hingewiesen, dass ein Widerruf Ihrer Zustimmung jederzeit möglich ist.

VP: Ja.

Aufforderung: Sie werden aufgefordert, sämtliche sich in Ihrem Besitz befindlichen bzw. die sich in Zukunft in Ihrem Besitz befindlichen med. Unterlagen selbstständig und ohne weiterer Aufforderung der ho. Behörde in Vorlage zu bringen.

LA: Haben Sie dies verstanden?

VP: Ja.

LA: Sie wurden zu diesem Antrag auf int. Schutz bereits am 13.09.2019 in Wels erstbefragt. Entsprechen die dabei von Ihnen gemachten Angaben der Wahrheit bzw. möchten Sie dazu noch Korrekturen oder Ergänzungen anführen?

VP: Die Angaben stimmen, ich möchte neue Sachen hinzufügen. Ich wusste damals nicht wo mein Mann sich befindet, aber jetzt weiß ich wo er wohnt. Er heißt XXXX , er wohnt in XXXX . Nachgefragt gebe ich an, dass ich nicht genau weiß welchen Aufenthaltsstatus er hat. Er ist aber legal in Österreich. Er arbeitet in XXXX .

LA: Wissen Sie was genau er arbeitet?

VP: Ich weiß nur, dass er in einer XXXX arbeitet, er arbeitet oft in der Nacht.

LA. Wann und wie haben Sie den Vater Ihres Kindes kennengelernt?

VP: Kennengelernt haben wir uns im Dezember 2018 in Italien. Nachgefragt gebe ich an, dass er zufällig in Italien war, und dann haben wir uns auf einem Markt getroffen und kennengelernt, wir haben die Nummern ausgetauscht. Als er dort war haben wir uns dann mehrmals getroffen. Dann nach einem Monat, hat er zu meiner Familie Kontakt aufgenommen. Dann haben wir uns entschlossen zu heiraten. Die Verlobung fand in Somalia statt. (der DM erkärt, dass es eine islamische Regel gibt, die erlaubt, obwohl man nicht anwesend ist, können die Eltern die abwesenden Personen vertreten, und somit ist nach dem islamischen Recht die Verlobung und Heirat gültig).

LA: Sind Sie jetzt nur verlobt oder sind Sie nach islamischen Recht verheiratet?

VP: Wir sind auch verheiratet.

LA: Wann genau war das mit Ihrer Verlobung und Heirat? VP: Es war im XXXX 2019.

LA. Warum hat Ihr Ehemann Sie dann nicht mit nach Österreich genommen?

VP: Also ich habe damals gewartet bis ich meine Unterlagen bekomme in Italien. Nachgefragt gebe ich an, dass ich in einem Quartier war, wo ich zu Essen bekommen habe und eine Schlafplatz hatte. Ich bekam meine Unterlagen, also meine Karte die ich vorher erwähnt habe, dann wurde ich schwanger, was ich vorher nicht wusste, dann habe ich alles verloren und musste diese Unterkunft verlassen. Dann war ich bei dieser Frau, die hat mich nach ein paar Monaten rausgeschmissen und dann bin ich von Italien weggegangen, in Italien hilft einem niemand.

LA. Haben Sie Dokumente die Ihre Ehe bestätigen?

VP: Jetzt nicht, aber ich kann meinen Mann danach fragen.

LA: Ihr Mann hat eine Heiratsurkunde?

VP: Ich glaube schon.

(die AW wird bis zum 17.10.2019 die Dokumente besorgen und der Behörde vorlegen).

LA: Nachdem Sie das Camp verlassen mussten und bei dieser Frau waren haben Sie da Kontakt zu Ihrem Mann aufgenommen?

VP: Nein, weil mein Telefon auch weg war.

LA: Wie haben Sie jetzt Ihren Mann wiedergefunden?

VP: Als ich hier war in der Unterkunft, habe ich somalischen Asylwerbern in diesem Quartier mitgeteilt, wie sein Name ist, wie er aussieht und wie lange er schon hier in Österreich lebt. Dann haben sie mir mit der Suche geholfen, zufällig war einer da, der schon in XXXX war, und der hat gesagt, vielleicht kennt er ihn oder er kann jemanden anrufen der ihn kennt, und somit habe ich seine Telefonnummer wiederbekommen und ich habe das dann sofort der Information mitgeteilt, nachdem ich mit ihm gesprochen habe. Seine Telefonnummer habe ich der Information mitgeteilt.

LA: Woher habe Sie jetzt wieder ein Handy?

VP: Das habe ich gekauft, nachgefragt gebe ich an hier in Österreich.

LA: Die Adresse von Ihrem Mann kennen Sie nicht?

VP: Ich kenne nur den Namen der Stadt wo er wohnt, in XXXX , die Adresse weiß ich nicht auswendig.

LA: Haben Sie Ihren Mann schon gesehen seit sie in Österreich sind?

VP: Gesehen habe ich ihn nicht, weil er ja arbeitet, ich darf nicht nach XXXX reisen.

LA: Werden Sie von Ihrem Mann unterstützt?

VP: Ja, doch schon. Er hatte keine Zeit gehabt aber er mir einen Freund geschickt, der mir finanzielle Unterstützung gebracht hat. Nachgefragt gebe ich an, dass ich einmal Kleidung bekommen habe und auch 150 Euro hat er mir geschickt.

LA: Wie lange sind Sie dann schon in Österreich?

VP: Seit ca. zwei Monaten, also ich bin im September nach Österreich gekommen.

LA: Sind Sie in Österreich in der Grundversorgung?

VP: Ja, und ich habe einmal 40 Euro Taschengeld bekommen.

LA: Haben Sie sonst noch Angehörige oder sonstige Verwandte in Österreich?

VP: Nein, außer meinem Mann niemanden.

LA: Haben Sie im Bereich der Europäischen Union, in Norwegen, Island, Liechtenstein oder der Schweiz, Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?

VP: Nein.

LA: Gibt es noch andere Personen hier in Österreich, von denen Sie abhängig wären oder zu denen ein besonders enges Verhältnis besteht?

VP: Ich kenne nur meinen Mann und seinen Freund der mir die Sachen gebracht hat.

LA: Wann genau sind Sie in Italien eingereist?

VP: Im Jahr 2017, das ganze Jahr 2018 war ich in Italien und im Jahr 2019 habe ich das Land verlassen.

LA: Waren Sie in Italien jemals in ärztlicher Behandlung? VP: Nein.

LA: Weil Sie immer gesund waren, oder keinen Arzt benötigt haben?

VP: Ich war nie im Krankenhaus und auch nie beim Arzt. Von der Behörde aus wurde ich auch nicht zum Arzt gebracht.

(..)

LA: Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben?

VP: Wohin in Italien, wo soll ich dann hingehen, ich habe niemanden in Italien und ich habe auch keine Unterkunft dort. Ich möchte nicht zurück nach Italien.

LA: Haben Sie von der Polizei in Italien Unterlagen bekommen, als Sie die Anzeige machen wollten?

VP: Nein, die haben mir nur einen Termin gegeben, wann ich wieder kommen soll, aber Unterlagen haben sie mir keine gegeben.

LA: Wann genau war der Vorfall mit der Tasche und wann wollten Sie die Anzeige machen?

VP: Im Februar wurde mir die Tasche gestohlen, als ich krank wurde, weil ich krank war, bin ich nicht gleich zur Polizei gegangen, aber nach drei Tagen bin ich dann zur Polizei gegangen und habe informiert, dass die Tasche gestohlen wurde. Die Dame bei der ich gewohnt habe hat mich aus mehrmals zur Polizei begleitet. Und es nicht mehr herausgekommen.

LA: Die Dame, war das eine Italienerin?

VP: Ja, sie hat sich um ihre Mutter gekümmert und dabei habe ich ihr auch geholfen.

LA: Und Sie haben keine Bestätigung Ihrer Anzeige bei der Polizei bekommen? VP: Sie haben immer gesagt, ich soll zu meiner Unterkunft zurückgehen und dann wiederkommen, jedesmal war es dasselbe.

(...)

LA: Haben Sie sich damit an die Rechtsberatung oder eine andere Person oder Organisation z.B. im Camp gewandt?

VP: Wir haben uns heute getroffen, aber über dieses Schreiben haben wir uns nicht unterhalten.

LA: Und Sie haben auch nicht nachgefragt? VP: Nein.

Frage an die Rechtsberaterin: Haben Sie Fragen oder Vorbringen?

Antwort der Rechtsberaterin: Ich habe keine Fragen und kein Vorbringen.

LA: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Angaben vollständig und so ausführlich wie Sie es wollten zu machen? VP: Ja.

LA: Wollen Sie noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?

VP: Ja. Ich würde gerne gemeinsam mit meinem Mann hier in Österreich leben. Nach Italien möchte ich nicht mehr zurück.

LA: Haben Sie sich in Italien an die Asylbehörde gewandt nachdem Sie die Karte verloren haben?

VP: Ich habe es mehrmals versucht, aber es ist nicht leicht dort einen Termin zu bekommen. Ich bin auch mehrmals zur Polizei gegangen wie ich vorher erwähnt habe.

(...)"

Hinsichtlich der Beschwerdeführerin wurden vorgelegt:

-

Ein Mutter-Kind-Pass

-

Unterlagen zu XXXX in Kopie (Bescheid des BFA; österreichischer Pass, Lohnzettel, Meldebestätigung vom September 2018)

Am 17.10.2019 wurde eine Kopie der traditionellen Heiratsurkunde ans BFA übermittelt.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 25.10.2019 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich die Beschwerdeführerin nach Italien zurückzubegeben habe (Spruchpunkt I.). Es wurde festgehalten, dass ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde (Spruchpunkt II.). Gemäß § 61 Abs. 1 Z. 1 FPG wurde gegen die Beschwerdeführerin die Außerlandesbringung gemäß angeordnet und festgestellt, dass gemäß § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Italien zulässig sei (Spruchpunkt III.).

Neben weiteren Ausführungen wurde im Bescheid insbesondere festgehalten, die Beschwerdeführerin sei schwanger und ihr errechneter Geburtstermin sei laut Mutter-Kind-Pass der XXXX 2019. Es hätten keine Erkrankungen festgestellt werden können, die einer Überstellung nach Italien entgegenstehen würden. Die Beschwerdeführerin habe bereits in Italien einen Asylantrag gestellt und es sei ihr in Italien der Status einer Asylberechtigten zuerkannt worden, ihr sei eine Aufenthaltsgenehmigung bis zum XXXX 2023 ausgestellt worden. Ihr Lebensgefährte XXXX , StA. Somalia, sei in Österreich subsidiär schutzberechtigt. Andere private Anknüpfungspunkte zu in Österreich aufenthaltsberechtigten Personen konnte das BFA nicht feststellen. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Überstellung nach Italien eine Verletzung des Art. 8 EMRK bedeuten würde.

Beweiswürdigend wurde zum Gesundheitszustand ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe vor dem BFA angegeben, dass sie keine schwerwiegenden Krankheiten hätte, Sie wären hier in der Betreuungsstelle beim Arzt gewesen und hätte Tabletten verschrieben bekommen, die sie zwei Mal täglich einnehmen müsste. Den Namen der Tabletten würden sie nicht wissen, die Tabletten würde sie wegen der Schwangerschaft einnehmen müssen. Eine Tablette hätte sie bekommen, weil sie Schmerzen im Unterleib hätte, die andere hätte sie zusätzlich bekommen. Medizinische Unterlagen habe sie keine vorgelegt. Hinweise auf eine schwere oder lebensbedrohliche Erkrankung seien für das BFA im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen.

Beweiswürdigend wurde zu den Feststellungen hinsichtlich des in Österreich lebenden angeblichen Ehemannes insbesondere ausgeführt, dass sie diesen im Dezember 2018 in Italien kennengelernt hätte. Sie hätte mit ihm Nummern ausgetauscht und sich mehrmals in Italien getroffen. Er habe zur Familie der Beschwerdeführerin Kontakt aufgenommen. Sie hätten sich entschlossen zu heiraten, die Verlobung und Heirat habe im Jänner 2019 in Somalia stattgefunden. Dokumente, die ihre Ehe bestätigen würden, hätte sie nicht, ihr Mann besitze jedoch glaublich eine Heiratsurkunde. Ein Treffen mit ihrem Mann in Österreich sei nicht möglich gewesen, da dieser arbeite und die Beschwerdeführerin nicht nach XXXX reisen dürfe. Sie würde jedoch von ihrem Mann unterstützt werden und über einen Freund habe er ihr finanzielle Unterstützung sowie Kleidung geschickt. Durch die Rechtsberatung seien Unterlagen zu XXXX ans BFA übermittelt worden, es habe sich jedoch keine Heiratsurkunde bei den Unterlagen befunden, eine Eheschließung wurde vom BFA nicht festgestellt.

Vom BFA wurde kein Familienleben wie auch Privatleben iSd Art 8 EMRK der Beschwerdeführerin in Österreich festgestellt. Es wurde vom BFA ausgeführt, dass die Ausführungen der Beschwerdeführerin zu Italien widersprüchlich und tatsachenwidrig gewesen seien. Wie den Länderinformationen zu Italien zu entnehmen sei gebe es Einrichtungen zur Unterbringung von Schutzberechtigten in Italien. Aus den Angaben der Beschwerdeführerin im Verfahren seien für das BFA somit keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht bzw. glaubwürdig vorgebracht worden, dass sie tatsächlich in konkrete Gefahr liefe, in Italien Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihr eine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde. In der Beschwerde wurde insbesondere ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin - wie im vorgelegten Mutter-Kind-Pass ausgewiesen - hochschwanger sei und von ihrem Ehemann im XXXX 2019 das gemeinsame Kind erwarte. Die Argumentation des BFA, dass kein Familienleben bestünde, gehe daher ins Leere und stelle die Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Italien eine Verletzung ihrer im Art. 8 EMRK gewährten Rechte dar, da ihr Kind dadurch vom Vater getrennt würde. Ihr Ehemann besitze in Österreich eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter und gehe in Österreich einer Arbeit nach. Die Beschwerdeführerin gehöre zu den besonders schutzbedürftigen Personen und bestünden erhebliche Zweifel daran, dass die Beschwerdeführerin als Schwangere bzw. als Frau mit Kleinkind in Italien eine gesicherte Unterkunft erhalte. Die Überstellung nach Italien greife massiv sowie unverhältnismäßig in das Familienleben und damit in die durch Art. 8 EMRK geschützten Rechtsgüter der Beschwerdeführerin ein. Das BVwG werde ersucht, den vorliegenden Fall noch einmal zu prüfen und das Verfahren in Österreich zuzulassen.

Zusammen mit der Beschwerde wurde ein mit 23.10.2019 datiertes Schreiben eines österreichischen Facharztes für Frauenheilkunde und Geburtshilfe über die bestehende Schwangerschaft der Beschwerdeführerin übermittelt. Weiters wurde eine Kopie einer Übersetzung in die englische Sprache einer somalischen Heiratsurkunde übermittelt, wonach die Beschwerdeführerin (angeführt als XXXX im XXXX 2018 nach muslimischem Ritus geheiratet hat.

4. Mit hg. Beschluss vom 12.11.2019 war der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß

§ 17 BFA-VG zuerkannt worden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin, eine somalische Staatsangehörige, stellte am 12.09.2019 im österreichischen Bundesgebiet gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 17.09.2019 wurde ein Wiederaufnahmeersuchen gem. Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO betreffend die Beschwerdeführerin an Italien gestellt.

Am 09.10.2019 langte eine Antwort Italiens bei der Behörde ein. Es wurde mitgeteilt, dass die Beschwerdeführerin in Italien unter der Identität XXXX um Asyl angesucht hätte. Sie hätte in Italien internationalen Schutz erhalten und es wäre der Beschwerdeführerin von der Polizei in XXXX eine Aufenthaltserlaubnis gültig bis zum XXXX 2023 ausgestellt worden.

Im Akt liegen insbesondere Kopien von diversen Unterlagen, auch betreffend den angeblichen Ehemann XXXX vor. Zudem insbesondere ein vorgelegter Mutter-Kind-Pass, wonach die Beschwerdeführerin im XXXX 2019 ein Kind erwartet. Weiters wurde eine Kopie einer Übersetzung in die englische Sprache einer somalischen Heiratsurkunde übermittelt, wonach die Beschwerdeführerin (angeführt als XXXX im XXXX 2018 nach muslimischem Ritus geheiratet hat.

Die Beschwerdeführerin führte insbesondere aus, dass sie - wie im vorgelegten Mutter-Kind-Pass ausgewiesen - hochschwanger sei und von ihrem Ehemann XXXX , der in Österreich über einen subsidiären Schutzstatus verfügt, im XXXX 2019 das gemeinsame Kind erwarte. Sie habe ihren in Österreich lebenden Ehemann im Dezember 2018 in Italien kennengelernt und sich mehrmals in Italien getroffen. Er habe zur Familie der Beschwerdeführerin Kontakt aufgenommen. Sie hätten sich entschlossen zu heiraten, die Verlobung und Heirat habe im Jänner 2019 in Somalia stattgefunden. Sie würde von ihrem Mann unterstützt werden und über einen Freund habe er ihr finanzielle Unterstützung sowie Kleidung geschickt.

Vom BFA wurde im nunmehr angefochtenen Bescheid kein Familienleben wie auch Privatleben iSd Art 8 EMRK der Beschwerdeführerin in Österreich festgestellt. Die belangte Behörde hat keine abschließende Beurteilung der behaupteten Beziehung der Beschwerdeführerin zum in Österreich somalischen Staatsbürger, der angeblich der Vater ihres Kindes ist, vorgenommen und somit das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin nicht abschließend beurteilt, um eine Grundlage für ihre Entscheidung zu schaffen.

Die belangte Behörde hat die notwendigen Ermittlungen des maßgeblichen Sachverhaltes unterlassen, weshalb zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides durch die belangte Behörde keine Entscheidungsreife vorlag.

Hinsichtlich des Verfahrensganges und festzustellenden Sachverhalt wird auf die unter

Punkt I. getroffenen Ausführungen verwiesen.

2. Beweiswürdigung:

Der für die gegenständliche Zurückverweisung des Bundesverwaltungsgerichtes relevante Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage zweifelsfrei.

Insbesondere liegen keine ausreichenden Ermittlungen und in der Folge keine abschließende Beurteilung betreffend die familiären Beziehungen der Beschwerdeführerin ihrem in Österreich lebenden angeblichen Ehemann vor, von dem sie behaupteter Maßen ein Kind erwartet. Die Beweiserhebung des BFA stellt keine geeignete Ermittlungstätigkeit dar, um ausschließen zu können, dass bei der Beschwerdeführerin aufgrund der ihr gegenüber ausgesprochenen Außerlandesbringung ein unzulässiger Eingriff in ihr von Art. 3 EMRK geschütztes Recht und in ihr von Art. 8 EMRK geschütztes Privat- und Familienleben droht.

Die erstinstanzliche Behörde hat eine abschließende Beurteilung des Familienlebens der Beschwerdeführerin nicht durchgeführt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgebung der Beschwerde:

3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) lauten:

"§ 4a Ein Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, in welchen Staat sich der Fremde zurück zu begeben hat.

Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

----------

-1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

[...]

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.

...

§ 57 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

...

§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

..."

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

§ 21 Abs. 3 BFA-VG lautet:

"(3) Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint."

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

"§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."

3.3. Gemäß § 21 Abs. 3 2. Satz BFA-VG ist der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

3.4. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass zum Entscheidungszeitpunkt eine Überstellung der Beschwerdeführerin nach Italien nicht zulässig ist, da in casu die gegenständliche Entscheidung des Bundesamtes auf Basis eines insgesamt qualifiziert mangelhaften Verfahrens ergangen ist, weshalb eine Behebung und Zurückverweisung nach § 21 Abs. 3 2. Satz BFA-VG zu erfolgen hatte.

Dies aus folgenden Erwägungen:

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (z. B. VfGH 17.06.2005, B 336/05; 15.10.2004, G 237/03) und des Verwaltungsgerichtshofes (z. B. VwGH 23.01.2007, 2006/01/0949; 25.04.2006, 2006/19/0673; 08.09.2015, Ra 2015/18/0113-0120) ist im Zuständigkeitsverfahren nämlich aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären. Erforderlich ist in diesem Zusammenhang eine prognostische Beurteilung der Verhältnisse im Aufnahmestaat, die auf der Grundlage einer Gesamtbeurteilung der aktuellen Berichtslage unter Bedachtnahme auf die individuelle Lage der betroffenen Beschwerdeführerin zu erfolgen hat.

Im nunmehr angefochtenen Bescheid wurde festgehalten, die Beschwerdeführerin sei schwanger und ihr errechneter Geburtstermin sei im XXXX 2019. Das BFA führte aus, es könne nicht festgestellt werden, dass im gegenständlichen Fall sonstige schwere psychische Störungen und/oder schwere oder ansteckende Krankheiten bestehen. Beweiswürdigend wurde zum Gesundheitszustand ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe vor dem BFA angegeben, dass sie keine schwerwiegenden Krankheiten hätte, sie wäre in der Betreuungsstelle beim Arzt gewesen und hätte Tabletten verschrieben bekommen, die sie zwei Mal täglich einnehmen müsste. Den Namen der Tabletten würde sie nicht wissen, die Tabletten würde sie wegen der Schwangerschaft einnehmen müssen. Eine Tablette hätte sie bekommen, weil sie Schmerzen im Unterleib hätte, die andere hätte sie zusätzlich bekommen. Medizinische Unterlagen habe sie keine vorgelegt. Hinweise auf eine schwere oder lebensbedrohliche Erkrankung seien für das BFA im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen. Es könne laut BFA nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin in Italien systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgungen ausgesetzt gewesen sei oder diese dort zu erwarten hätte.

Die Beschwerdeführerin sei anerkannter Flüchtling in Italien. Beweiswürdigend wurde zu den Feststellungen hinsichtlich des in Österreich lebenden angeblichen Ehemannes insbesondere ausgeführt, dass sie diesen im Dezember 2018 in Italien kennengelernt hätte. Sie hätte mit ihm Nummern ausgetauscht und sich mehrmals in Italien getroffen. Er habe zur Familie der Beschwerdeführerin Kontakt aufgenommen. Sie hätten sich entschlossen zu heiraten, die Verlobung und Heirat habe im Jänner 2019 in Somalia stattgefunden. Dokumente, die ihre Ehe bestätigen würden, hätte sie nicht, ihr Mann besitze jedoch glaublich eine Heiratsurkunde. Weiters wurde eine Kopie einer Übersetzung in die englische Sprache einer somalischen Heiratsurkunde übermittelt, wonach die Beschwerdeführerin (angeführt als XXXX im XXXX 2018 nach muslimischem Ritus geheiratet hat. Vom BFA wurde kein Familienleben wie auch Privatleben iSd Art 8 EMRK der Beschwerdeführerin in Österreich festgestellt. Hinreichende Feststellungen zum Privat- und Familienleben in Österreich, insbesondere zum behaupteten Ehemann, von dem die Beschwerdeführerin behaupteter Maßen ein Kind erwartet, wurden im Bescheid jedoch nicht getroffen.

Im vorliegenden Fall kann die allfällige Verpflichtung der Republik Österreich zur Ausübung des Selbsteintrittsrechtes noch nicht abschließend beurteilt werden. Dies im gegenständlichen Fall insbesondere vor dem Hintergrund, da es sich bei der Beschwerdeführerin um eine schwangere Frau handelt, die behauptet aufgrund von Schmerzen im Unterleib Tabletten einzunehmen und deren angeblicher Ehemann und Vater des Kindes, welches sie mit errechnetem Geburtstermin im XXXX 2019 erwartet, laut ihren Ausführungen in Österreich als subsidiär Schutzberechtigter lebe.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird sich daher im fortgesetzten Verfahren auf der Grundlage zeitnaher, die aktuellen Entwicklungen berücksichtigenden Berichte, mit dem Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin sowie mit der aktuellen Lage in Italien (auch) von alleinstehenden asylberechtigten Frauen, welche schwanger sind bzw. ein Kind versorgen müssen, auseinander zu setzen und ausgehend davon die Beziehungsintensität der Beschwerdeführerin zum behaupteten Ehemann und angeblichen Vater ihres Kindes, welches im XXXX 2019 zur Welt kommen soll, zu ermitteln haben. Hinsichtlich der Ausführungen zum angeblichen Ehemann stellte das BFA fest, dass kein Familienleben wie auch Privatleben iSd Art 8 EMRK der Beschwerdeführerin in Österreich festgestellt werden könne, hinreichende Ermittlungen sowie eine Auseinandersetzung mit den vorgelegten Unterlagen können dem Akt nicht entnommen werden. Selbst wenn nach Auseinandersetzung der Angaben und Unterlagen festgestellt wird, dass keine gültige Ehe vor Einreise der Beschwerdeführerin mit ihrem in Österreich lebenden angeblichen Ehemann vorgelegen ist, sind jedoch weitere Feststellungen zur Beziehung der Beschwerdeführerin mit ihrem angeblichen Ehemann zu treffen, vor allem, da sie von diesem behauptet, schwanger zu sein.

In der Beschwerde wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass die Argumentation des BFA, es bestehe kein Familienleben ins Leere gehe und stelle die Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Italien eine Verletzung ihrer im Art. 8 EMRK gewährten Rechte darstelle, da ihr Kind dadurch vom Vater getrennt würde. Ihr Ehemann besitze in Österreich eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter und gehe in Österreich einer Arbeit nach. In der Beschwerde wurde behauptet, dass die Beschwerdeführerin zu den besonders schutzbedürftigen Personen gehöre und es bestünden erhebliche Zweifel daran, dass die Beschwerdeführerin als Schwangere bzw. als Frau mit Kleinkind in Italien eine gesicherte Unterkunft erhalte. Die Überstellung nach Italien greife massiv sowie unverhältnismäßig in das Familienleben und damit in die durch Art. 8 EMRK geschützten Rechtsgüter der Beschwerdeführerin ein. Auch sei die durch die Beschwerdeführerin dargelegte Schwangerschaft seitens des BFA nicht hinreichend in der Abwägung gemäß Art. 8 EMRK berücksichtigt worden.

Die Ausführungen im nunmehr angefochtenen Bescheid vermögen auch für das BVwG in Summe eine konkrete Auseinandersetzung der belangten Behörde mit den Auswirkungen der Ausweisung auf das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin nicht zu ersetzen. Im Besonderen hat es die belangte Behörde unterlassen, klare Feststellungen über die familiären und privaten Verhältnisse der Beschwerdeführerin, insbesondere in Bezug zum angeblich in Österreich lebenden Ehemann, nachvollziehbar und unter Verweis auf entsprechende Beweismittel zu treffen sowie das vorgelegte als Heiratsurkunde betitelte Dokument in die Beweiswürdigung einzubeziehen.

Die von der belangten Behörde angeführte Argumentation stellt jedenfalls - wie bereits oben näher ausgeführt - keine maßgeblichen Schritte zur Ermittlung des relevanten Sachverhalts dar.

3.5. Es erweist sich die von der belangten Behörde vorgenommene Interessensabwägung in Bezug auf die Zulässigkeit eines Eingriffs in das von Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Privat- und Familienleben als unzureichend.

Das Bundesamt wird daher im fortgesetzten Verfahren im Sinne des Art. 3 EMKR den aktuellen Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin festzustellen haben und insbesondere im Sinne des Art. 8 EMRK eine eingehende Prüfung des in Österreich vorhandenen Privat- und Familienlebens vorzunehmen haben.

Das BFA wird im fortgesetzten Verfahren zunächst die tatsächlichen familiären Verhältnisse hinreichend festzustellen haben, das vorgelegte als Heiratsurkunde betitelte Dokument in die Beweiswürdigung einzubeziehen haben und auch den in Österreich aufhältigen angeblichen Ehemann bzw. Lebensgefährten, welcher behaupteter Maßen der Vater des im XXXX 2019 zur Welt kommenden Kindes ist, konkret zur behaupteten Beziehung zur Mutter und zum behaupteter Maßen gemeinsamen Kind zu befragen haben.

3.6. Im vorliegenden Fall kann zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichts aufgrund der nicht hinreichenden Sachverhaltserhebungen durch die erstinstanzliche Behörde nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, ob bei der Beschwerdeführerin aufgrund der ihr gegenüber ausgesprochenen Außerlandesbringung ein unzulässiger Eingriff in ihr von Art. 8 EMRK geschütztes Privat- und Familienleben droht und um eine Gefährdung der durch Art. 3 EMRK geschützten Rechtsposition der Beschwerdeführerin im Falle ihrer Außerlandesbringung nach Italien ausschließen zu können.

3.7. Wie dargelegt wurde im gegenständlichen Fall der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt, weshalb gemäß § 21 Abs. 3 2. Satz BFA-VG zwingend vorzugehend war.

3.8. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG unterbleiben.

B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelle
Verhältnisse, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W240.2225190.1.01

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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