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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AlVG 1977 §33 Abs2 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde des SC in I, vertreten durch Dr. Erwin Köll, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sparkassenplatz 2, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Tirol vom 19. September 1997, Zl. LGSTi/V/1216/4695 18 02 45-702/1997, betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid lehnte die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, vom 17. Juni 1997 auf Gewährung von Notstandshilfe ab. Die belangte Behörde ging davon aus, daß der Beschwerdeführer vom 30. März 1996 bis 20. März 1997 und vom 4. Juni 1997 bis 11. Juni 1997 im Bezug des Arbeitslosengeldes (= 346 Tage) gestanden sei. Am 17. Juni habe er den Anspruch auf Gewährung von Notstandshilfe geltend gemacht. Der Beschwerdeführer besitze keinen gültigen Befreiungsschein und habe auch keinen Anspruch auf einen solchen. Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Innsbruck vom 18. März 1997 sei dem Antrag des Beschwerdeführers vom 3. Jänner 1997 auf Feststellung gemäß Art. 7 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich des Beschlusses 1/1980 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 keine Folge gegeben worden. Der dagegen erhobenen Berufung sei nach Anhörung des Landesdirektoriums vom Arbeitsmarktservice Tirol mit der Begründung keine Folge gegeben worden, daß der Beschwerdeführer im Zeitraum vom 20. August 1992 bis 2. September 1992 nicht im Besitz eines von einer österreichischen Behörde ausgestellten Sichtvermerkes gewesen sei und auch keinen Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes gestellt habe. Der Beschwerdeführer habe somit vom 24. März 1997 bzw. 18. März 1997 zurückgerechnet nicht mindestens fünf Jahre seinen ordnungsgemäßen Wohnsitz in Österreich gehabt. Er sei nicht Inhaber eines Befreiungsscheines bzw. erfülle zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruches auf Notstandshilfe am 17. Juni 1997 auch nicht die Voraussetzungen auf die Ausstellung eines Befreiungsscheines. Die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 lit. a i.V.m. § 34 Abs. 4 AlVG seien daher nicht erfüllt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Aus Anlaß (u.a.) der vorliegenden Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 20. Jänner 1998, Zl. A 11/98, an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, § 33 Abs. 2 lit. a sowie § 34 Abs. 3 und 4 Z. 1 und 2 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 als verfassungswidrig aufzuheben.
Mit Erkenntnis vom 11. März 1998, G 363 bis 365/97, u.a., wurden die genannten gesetzlichen Bestimmungen als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, daß die aufgehobenen Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind. Der vorliegende Beschwerdefall wurde zwar in diesem Gesetzesprüfungsverfahren zur Zl. G 29/98 protokolliert, konnte aber im Hinblick auf das fortgeschrittene Prozeßgeschehen nicht mehr einbezogen werden und es wurde daher das diesbezügliche Verfahren mit dem genannten Erkenntnis eingestellt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nunmehr über die Beschwerde erwogen:
Der Anspruch des Beschwerdeführers auf Gewährung von Notstandshilfe wurde gestützt unter anderem auf die nunmehr vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig aufgehobenen Bestimmungen des AlVG abgewiesen.
Im vorliegenden Beschwerdefall ist das als verfassungswidrig aufgehobene Gesetz aufgrund der Erstreckung der Anlaßfallwirkung durch den Verfassungsgerichtshof nicht mehr anzuwenden.
Damit ist dem angefochtenen Bescheid die ihn tragende Rechtsgrundlage entzogen; er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998080082.X00Im RIS seit
18.10.2001