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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
ASVG §113 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde der K-GmbH in Graz, vertreten durch Dr. Ulrich O. Daghofer, Rechtsanwalt in Graz, Albrechtgasse 3, gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Steiermark vom 11. Oktober 1995, Zl. 5-226 Ke 137/3-95, betreffend Ordnungsbeiträge gemäß § 56 Abs. 1 ASVG (mitbeteiligte Partei: Steiermärkische Gebietskrankenkasse, Graz, Josef-Pongratz-Platz 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin versäumte es nach dem insoweit unstrittigen Sachverhalt, ihre Dienstnehmerin M.W. zum 31. März 1994 bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse abzumelden. Die Abmeldung wurde erst im November 1994 nachgeholt.
Mit Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 4. Mai 1995 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 56 Abs. 1 ASVG verpflichtet, die allgemeinen Beiträge (Ordnungsbeiträge) für diese Dienstnehmerin für die Zeit vom 1. April bis zum 1. Juli 1994 in der Höhe von S 25.530,-- weiter zu entrichten.
Dem von der Beschwerdeführerin dagegen erhobenen Einspruch gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Begründend stellte die belangte Behörde zunächst das Einspruchsvorbringen dar. Danach sei eine urlaubsbedingte Abwesenheit der Personalverrechnerin in der Karwoche für das Mißgeschick verantwortlich gewesen. Die Personalverrechnerin habe nach ihrer Rückkehr alle klientenbezogenen Meldungen an die Gebietskrankenkasse rechtzeitig nachgeholt, die Abmeldung der eigenen Dienstnehmerin aber offenbar übersehen. Letztere habe unmittelbar nach dem 1. April 1994 ein neues Dienstverhältnis angenommen und sei ordnungsgemäß angemeldet worden, was natürlich auch zur Abfuhr von Sozialversicherungsbeiträgen ab April 1994 geführt habe. Die Vorschreibung von Ordnungsbeiträgen habe daher ausschließlich konfiskatorischen Charakter und führe zu einer Bereicherung der Versicherung. Die verhängte Ordnungsstrafe sei in bezug auf den Zweck, den Dienstgeber an seine Meldepflicht zu erinnern und mögliche Inanspruchnahmen des Krankenversicherungsträgers durch Beiträge zu finanzieren, überschießend. Es werde daher der Verzicht auf die Weiterentrichtung nach § 56 Abs. 3 ASVG beantragt, weil die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin in den letzten drei Jahren nie säumig gewesen sei und die vorgeschriebenen Beiträge zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des Versicherungsträgers und möglicherweise zu einem verfassungswidrigen Eingriff in das Einkommen der Beschwerdeführerin führen würden. Eine ablehnende Ermessensentscheidung im Sinne des § 56 Abs. 3 ASVG möge begründet werden.
Diesem von ihr dargestellten Einspruchsvorbringen hielt die belangte Behörde - nach einer Darstellung der Rechtslage und einem Hinweis auf die unstrittige Verspätung der Abmeldung - zunächst entgegen, die verspätete Abmeldung eines Dienstnehmers stelle ein die gesamte Versicherungsgemeinschaft belastendes Risiko dar. Hieran schlossen sich in der Bescheidbegründung allgemein gehaltene Ausführungen zu diesem Thema, die sich im wesentlichen an Inhalten des von der belangten Behörde im folgenden auch zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 7. März 1991, Slg. Nr. 12.672/1991, sowie an der dort wiedergegebenen Stellungnahme der Bundesregierung im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof orientierten. Fallbezogen wurde eingefügt, bei der Beschwerdeführerin - einer Wirtschaftstreuhandgesellschaft - handle es sich um einen Dienstgeber, bei dem man voraussetzen könne, daß er mit Sozialversicherungsangelegenheiten "bestens vertraut" sei.
In konkreter Auseinandersetzung mit Teilen des Einspruchsvorbringens (Seite 6 der Bescheidausfertigung) verwies die belangte Behörde die Beschwerdeführerin mit ihren eine ungerechtfertigte Bereicherung des Versicherungsträgers und einem verfassungswidrigen Eingriff in das Einkommen behauptenden Argumenten auf das erwähnte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes.
Dem fügte die belangte Behörde folgendes hinzu:
"Wenn der Verfassungsgerichtshof in diesem Erkenntnis auch davon ausgeht, daß in der Praxis in fast allen § 56 ASVG-Fällen der Dienstgeber einen Antrag gemäß § 56 Abs. 3 ASVG stellt und diesen Anträgen bei erstmaligen Verstößen in der Regel ganz, bei weiteren Verstößen zumindest teilweise entsprochen wird, wäre auszuführen, daß im gegenständlichen Fall für eine gänzliche bzw. teilweise Erlassung der Weiterentrichtung der allgemeinen Beiträge keine gewichtigen Argumente vorliegen.
Obwohl, wie aus der Aktenlage hervorgeht, der Einspruchswerber, der eigentlich mit An- und Abmeldungen in der Sozialversicherung vertraut sein müßte, im Jahre 1994 eine Anmeldung zu spät erstattete und über sein Ansuchen von der Verhängung eines Beitragszuschlages Abstand genommen wurde, hat er die gegenständliche Abmeldung mehr als sieben Monate nach Beendigung des Dienstverhältnisses der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vorgelegt."
Die Vorschreibung der Ordnungsbeiträge sei daher zu Recht erfolgt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde hat Teile der Akten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - eine Gegenschrift erstattet, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 56 Abs. 1 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, lautete bis zur 21. ASVG-Novelle:
"§ 56 (1) Für Versicherte, die vom Dienstgeber nicht oder nicht rechtzeitig abgemeldet werden, sind die allgemeinen Beiträge bis zum Zeitpunkt der Abmeldung oder bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Versicherungsträger sonst von dem Ende der Beschäftigung Kenntnis erhält, längstens aber für die Dauer von drei Monaten nach dem Ende der Versicherung, weiter zu entrichten."
Seit der 21. ASVG-Novelle, BGBl. Nr. 6/1968, lautet § 56 Abs. 1 ASVG:
"(1) Für Versicherte, die vom Dienstgeber nicht oder nicht rechtzeitig abgemeldet werden, sind die allgemeinen Beiträge bis zum Zeitpunkt der schriftlichen Abmeldung durch den Dienstgeber, längstens aber für die Dauer von drei Monaten nach dem Ende der Versicherung, weiter zu entrichten."
§ 56 Abs. 3 ASVG lautet (in der bisher unverändert gebliebenen Stammfassung):
"(3) Der Versicherungsträger, bei dem die Beiträge einzuzahlen sind, kann auf die Weiterentrichtung der Beiträge über das Ende der Versicherung hinaus (Abs. 1) oder auf die Entrichtung der bisherigen Beiträge (Abs. 2) zur Gänze oder zum Teil verzichten und bereits entrichtete Beiträge dieser Art zurückerstatten."
Die Änderung des § 56 Abs. 1 ASVG durch die 21. ASVG-Novelle war in der Regierungsvorlage
(669 BlgNR 11. GP) noch nicht vorgesehen und wurde vom Ausschuß für soziale Verwaltung ohne besondere Erläuterung eingefügt (689 BlgNR 11. GP, 6). Aus dem inhaltlichen Zusammenhang mit der Änderung des § 41 Abs. 1 ASVG durch die 21. ASVG-Novelle und deren Erläuterung (669 BlgNR 11. GP, 19) ist aber zu schließen, daß der Gesetzgeber mit der Änderung in § 56 Abs. 1 ASVG auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reagierte. Dieser hatte vor allem im Erkenntnis vom 7. November 1962, Slg. Nr. 5.896/A, unter Berufung auf frühere Entscheidungen dargelegt, nach der Stammfassung der Bestimmung werde die Vorschreibung weiterer Beiträge durch jeden - also von welcher Seite immer ausgelösten - Vorgang ausgeschlossen, durch den der Versicherungsträger vom Ende der Beschäftigung Kenntnis erlange. Diese Rechtsprechung bezog sich vor allem auf Fälle, in denen geltend gemacht wurde, der Versicherungsträger habe durch eine Neuanmeldung des nicht abgemeldeten Dienstnehmers seitens eines anderen Dienstgebers davon Kenntnis erlangt, daß das bisherige Dienstverhältnis beendet worden war.
Insoweit die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall geltend macht, schon wegen der Neuanmeldung ihrer früheren Dienstnehmerin durch einen anderen Dienstgeber könne die weitere Vorschreibung von Beiträgen wegen des im konkreten Fall aus diesem Grund gegebenen Fehlens der Gefahr einer ungerechtfertigten Erbringung von Leistungen und zur Vermeidung einer "Bereicherung" des Versicherungsträgers durch die Entrichtung von Beiträgen seitens beider Dienstgeber nicht rechtens sein, ist ihr daher entgegenzuhalten, daß der Gesetzgeber die Rechtslage durch die 21. ASVG-Novelle - angesichts der dargestellten Rechtsprechung bewußt - in einer Weise verändert hat, die mit der Vorstellung, die Weiterentrichtung von Beiträgen solle in derartigen Fällen unterbleiben, nicht vereinbar wäre.
Den verfassungsrechtlichen Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes gegen § 56 ASVG in der Fassung der 21. ASVG-Novelle (die sich nicht im besonderen auf die Änderungen des § 56 Abs. 1 ASVG durch diese Novelle gründeten) folgte der Verfassungsgerichtshof in dem von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis vom 7. März 1991, VfSlg. 12.672/1991, nicht. Er sprach aus, § 56 Abs. 1 ASVG könne "jedenfalls dann keine überschießende Reaktion des Gesetzgebers sein, wenn der Sozialversicherungsträger in jenen Fällen auf die Weiterzahlung zu verzichten hat, in denen diese Rechtsfolge ausnahmsweise unangebracht ist", und "eben diese Möglichkeit" sei "in § 56 Abs. 3 ASVG vorgesehen". Dem Einwand des Verwaltungsgerichtshofes, diese Vorschrift sei unbestimmt, sei entgegenzuhalten, daß sich der Sinn des in § 56 Abs. 3 ASVG eingeräumten Ermessens durch Heranziehung des § 59 Abs. 2 ASVG und des § 113 Abs. 1 ASVG ermitteln lasse.
§ 59 Abs. 2 ASVG lautet:
"§ 59. (2) Der zur Entgegennahme der Zahlung berufene Versicherungsträger kann die Verzugszinsen herabsetzen oder nachsehen, wenn durch ihre Einhebung in voller Höhe die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners gefährdet wären. Die Verzugszinsen können überdies nachgesehen werden, wenn es sich um einen kurzfristigen Zahlungsverzug handelt und der Beitragsschuldner ansonsten regelmäßig seine Beitragspflicht erfüllt hat."
§ 113 Abs. 1 ASVG lautet in den hier maßgeblichen Teilen:
"§ 113. (1) Beitragszuschläge können den in § 111 genannten Personen (Stellen) in folgenden Fällen vorgeschrieben werden:
1.
...
2.
Wenn eine Anmeldung zur Pflichtversicherung verspätet
erstattet worden ist oder wenn das Entgelt verspätet gemeldet worden ist, kann ein Beitragszuschlag bis zum Doppelten jener Beiträge, die auf die Zeit ab Beginn der Pflichtversicherung bis zum Eintreffen der verspäteten Anmeldung bzw. bis zum Eintreffen der verspäteten Meldung des Entgeltes beim Versicherungsträger entfallen, vorgeschrieben werden.
3.
...
Bei der Festsetzung des Beitragszuschlages hat der Versicherungsträger insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners und die Art des Meldeverstoßes zu berücksichtigen. Der Beitragszuschlag darf jedoch die Höhe der Verzugszinsen nicht unterschreiten, die ohne seine Vorschreibung auf Grund des § 59 Abs. 1 für die nachzuzahlenden Beiträge zu entrichten gewesen wären."
Zu berücksichtigen sind demnach - wie sich auch aus den weiteren Verweisen des Verfassungsgerichtshofes auf Literaturmeinungen ergibt - jedenfalls die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners. Dieser Gesichtspunkt konnte im vorliegenden Fall keine Rolle spielen, weil die Beschwerdeführerin (anders als etwa die Beschwerdeführerin in dem mit dem Erkenntnis vom 18. Juni 1991, Zl. 87/08/0089, entschiedenen Anlaßfall für die Befassung des Verfassungsgerichtshofes) sich im Verwaltungsverfahren nicht auf wirtschaftliche Schwierigkeiten berufen hat und auch in der Beschwerde - unter Wiedergabe der Rechtsmeinung des Verfassungsgerichtshofes, es komme u.a. auf die wirtschaftlichen Verhältnisse an - vielmehr (nur) geltend macht, sie sei "eine relativ große Wirtschaftstreuhandgesellschaft".
In bezug auf das Verschulden des Beitragsschuldners an der Versäumung der rechtzeitigen Abmeldung des Dienstnehmers führt der Verweis des Verfassungsgerichtshofes einerseits auf § 59 Abs. 2 ASVG und andererseits auf § 113 Abs. 1 ASVG nicht sogleich zu einem einheitlichen Beurteilungsmaßstab. Nach der zuletzt genannten Bestimmung ist bei der Festsetzung des Beitragszuschlages (im Rahmen der dafür vorgegebenen Grenzen) "die Art des Meldeverstoßes zu berücksichtigen". § 59 Abs. 2 ASVG erlaubt die Herabsetzung der Verzugszinsen nur mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners, während der zweite Satz dieser Bestimmung nur die völlige Nachsicht der Zinsen und dies nur unter der Voraussetzung ermöglicht, daß "es sich um einen kurzfristigen Zahlungsverzug handelt und der Beitragsschuldner ansonsten regelmäßig seine Beitragspflicht erfüllt hat". Das darin liegende Erfordernis einer objektiven Geringfügigkeit des Verzuges (welches seit der 29. ASVG-Novelle an dessen Dauer und nicht mehr an der Höhe der Verzugszinsen zu messen ist) ist - im Gegensatz zur Bedachtnahme auf die sonst regelmäßige Erfüllung der Pflichten - auf § 56 Abs. 3 ASVG nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nur insoweit übertragbar, als es bei der Anwendung dieser Bestimmung um einen nicht bloß teilweisen, sondern gänzlichen Verzicht auf die Weiterentrichtung der Beiträge gehen soll.
Im vorliegenden Fall war die Verspätung der Abmeldung keine bloß "kurzfristige". Mangels Hinzutretens die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin betreffender Argumente für einen Verzicht widersprach es daher nicht dem Sinn des Gesetzes, wenn auf die Weiterentrichtung der Beiträge nicht zur Gänze verzichtet wurde.
Die Ermessensübung entspräche aber nicht dem Sinn des Gesetzes, wenn trotz hinreichend berücksichtigungswürdiger Umstände in bezug auf das Zustandekommen des (nicht bloß kurzfristigen) Meldeverstoßes und trotz einer sonst regelmäßigen Erfüllung der Meldepflichten auch nicht zum Teil auf die Weiterentrichtung der Beiträge verzichtet wurde.
Zum Gesichtspunkt der sonst regelmäßigen Erfüllung der Meldepflichten wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe "im Jahre 1994 eine Anmeldung zu spät erstattet" und es sei über ihr "Ansuchen von der Verhängung eines Beitragszuschlages Abstand genommen" worden. Dieser Hinweis entspricht nicht den vom Verwaltungsgerichtshof in dem schon zitierten Erkenntnis vom 18. Juni 1991, Zl. 87/08/0098, in bezug auf die Berücksichtigung früherer Meldeverstöße angenommenen Begründungspflichten. Die Bezugnahme der belangten Behörde auf die gewährte Nachsicht setzt in Verbindung mit den gesetzlichen Bedingungen hiefür - da auf wirtschaftliche Schwierigkeiten der Beschwerdeführerin nichts hindeutet - jedoch voraus, daß der erste Meldeverstoß keinen schweren Vorwurf begründete. In bezug auf die Vorwerfbarkeit des zweiten, der vorliegenden Entscheidung zugrunde liegenden Meldeverstoßes führt die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin müsse "eigentlich mit An- und Abmeldungen in der Sozialversicherung vertraut" bzw. "bestens vertraut" sein und habe die Abmeldung dennoch "mehr als sieben Monate" zu spät vorgenommen.
Die Beschwerdeführerin verweist auf die "Flut von Meldungen", die sie ständig zu bewältigen habe, weshalb der Umstand, daß dem nunmehr zu beurteilenden Meldeverstoß nur ein ähnlicher Fehler im Jahre 1994 vorausgegangen sei, in Wahrheit ein Beweis dafür sei, daß die Beschwerdeführerin "äußerst sorgfältig" arbeite. Damit knüpft die Beschwerdeführerin an den Inhalt ihrer Stellungnahme im Einspruchsverfahren an, wonach 1994 "eine Vielzahl von Meldungen pünktlichst erfolgt" sei und die Beschwerdeführerin sich "zur fristgerechten Vorlage von Meldungen und Abrechnungsunterlagen ... auch ohne Ordnungsmaßnahmen veranlaßt" sehe und sich "mit allen Kräften" darum bemühe.
Dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg, weil in der Bescheidbegründung der belangten Behörde mit noch hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommt, der Vorwurf, die Abmeldung der Dienstnehmerin trotz der besonderen Vertrautheit mit derartigen Vorgängen mehr als sieben Monate lang unterlassen zu haben, überwiege gegenüber dem Argument, die Vielzahl der zu erstattenden An- und Abmeldungen stelle für sich genommen einen berücksichtigungswürdigen Umstand dar.
In dem Erkenntnis, mit dem er die Verfassungsmäßigkeit des § 56 ASVG bejahte, ist der Verfassungsgerichtshof entgegen der Annahme der belangten Behörde - die dem das Erfordernis "gewichtiger Argumente" entgegenstellte - auch nicht davon ausgegangen, einem Antrag nach § 56 Abs. 3 ASVG würde in der Praxis "bei erstmaligen Verstößen in der Regel ganz, bei weiteren Verstößen zumindest teilweise entsprochen". Eine Bezugnahme hierauf enthält das Erkenntnis nur in der Wiedergabe der Stellungnahme der Bundesregierung, aber nicht in den Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes, in denen die Verzichtsmöglichkeit auf Fälle bezogen wird, in denen die Rechtsfolge "ausnahmsweise" unangebracht sei. Dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes und den Bestimmungen, an denen sich die Ermessensentscheidung danach zu orientieren hat, ist auch sonst nicht zu entnehmen, daß es in Fällen, in denen nicht die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners für einen Verzicht auf die Weiterentrichtung der Beiträge sprechen, der Meldeverstoß kein bloß kurzfristiger ist und ihm überdies im selben Jahr schon ein - wenn auch unter Umständen geringfügiger - Meldeverstoß vorausgegangen ist, nicht gewichtigerer als der im vorliegenden Fall vorgetragenen Entschuldigungsgründe in bezug auf den zweiten Meldeverstoß bedarf, um das gänzliche Absehen von einem Verzicht auf die Weiterentrichtung der Beiträge als Ermessensmißbrauch erscheinen zu lassen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
ErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1995080331.X00Im RIS seit
20.11.2000