TE Bvwg Beschluss 2019/12/16 G305 2190566-2

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Veröffentlicht am 16.12.2019
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Entscheidungsdatum

16.12.2019

Norm

AsylG 2005 §2
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §33 Abs1

Spruch

G305 2190566-2/2E

G305 2190569-2/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS, über die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 06.06.2019 des XXXX, geb. am XXXX, (BF1), und des XXXX, geb. XXXX, (BF2), StA: Irak, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, betreffend die Verfahren gegen die Bescheide des BFA vom 20.02.2018, Zl. XXXX (BF1); XXXX (BF2), beschlossen:

A)

Die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand werden gemäß § 33 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

1. Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA oder belangte Behörde) vom 20.02.2018 wurden die Anträge der BF1 und BF2 vom 25.10.2015 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asyl-, als auch hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, ihnen kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, gegen sie eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass ihre Abschiebung in den Irak zulässig ist und ausgesprochen, dass die Frist für ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

2. Nach Erhebung einer Beschwerde dagegen wurde diese jeweils dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) fristgerecht vorgelegt.

3. Mit Schreiben des BVwG vom 23.04.2019 wurden die BF1 und BF2 zur für am 24.05.2019 anberaumten mündlichen Verhandlung geladen.

4. Zur mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 24.05.2019 sind jedoch weder die BF1 und BF2 noch ihr Rechtsvertreter erschienen. Die belangte Behörde ist auch nicht erschienen, hat zuvor jedoch einen Teilnahmeverzicht abgegeben.

5. In der in Abwesenheit der BF1 und BF2 und ihres Rechtsvertreters durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde vom verhandelnden Richter mündlich verkündet, dass die Beschwerden der BF1, BF2 und der Frau des BF1 und ihres gemeinsamen Kindes, der BF3 und BF4 - letztere waren bereits freiwillig in ihren Herkunftsstaat zurückgekehrt, gegen alle Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen werden.

6. Die BF1 und BF2 stellten am 06.06.2019 jeweils einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Im Zuge dessen wurde jeweils Folgendes vorgebracht:

"Zu der Verhandlung am 24.5.2019 sind die beiden Beschwerdeführer (BF1 und BF2) unentschuldigt nicht erschienen. Der Grund für das Nichterscheinen war, dass die Ladung vom MigrantInnenverein St. Marx an eine nicht mehr aktuelle Adresse in (...) geschickt worden war (Kopie des Briefumschlages beigelegt). Der Mitarbeiter, der beauftragt war, die postalische Weiterleitung der Ladungen zu veranlassen, (...), hat übersehen, dass von den beschwerdeführenden Parteien eine neue Adresse bekannt gegeben worden war. Die 14-tägige Frist ist gewahrt, weil erst mit der Zustellung der Niederschrift vom 31.05.2019 aufgefallen ist, dass die Frist versäumt worden war.

"Die beschwerdeführenden Parteien trifft an dem Nichterscheinen kein Verschulden.

Bei der Beauftragung des Mitarbeiters (Hilfskraft) mit dem Versenden der Ladungen und deren Adressierung, liegt kein Organisations- oder Auswahlverschulden vor. Herr (...) ist seit ca. 3 Jahren im MigrantInnenverein St. Marx tätig und hat sich stets als äußerst zuverlässig erwiesen. Der Fehler stellt ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Mit Schreiben des BVwG vom 23.04.2019 wurden die BF1 und BF2 zur für am 24.05.2019 anberaumten mündlichen Verhandlung geladen.

2. Ein Mitarbeiter der Kanzlei des Rechtsvertreters der BF1 und BF2 hat deren Ladung jedoch nicht an ihre aktuelle, sondern an ihre vorherige Wohnadresse zugestellt.

3. Deshalb wussten die BF1 und BF2 nicht davon Bescheid, dass am 24.05.2019 vor dem BVwG eine mündliche Verhandlung stattfand und sie zu dieser als Partei geladen waren.

4. Die mündliche Verhandlung vor dem BVwG am 24.05.2019 wurde in Abwesenheit der BF1 und BF2 und ihres Rechtsvertreters durchgeführt. Am Schluss der Verhandlung erging eine mündliche Verkündung des Erkenntnisses, wobei die Beschwerden der BF1 und BF2 ganzumfänglich als unbegründet abgewiesen wurden.

5. Die BF1 und BF2 brachten am 06.06.2019 über ihren Rechtsvertreter bei der belangten Behörde jeweils einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein, der folgendermaßen lautete:

"Zu der Verhandlung am 24.5.2019 sind die beiden Beschwerdeführer (BF1 und BF2) unentschuldigt nicht erschienen. Der Grund für das Nichterscheinen war, dass die Ladung vom MigrantInnenverein St. Marx an eine nicht mehr aktuelle Adresse in (...) geschickt worden war (Kopie des Briefumschlages beigelegt). Der Mitarbeiter, der beauftragt war, die postalische Weiterleitung der Ladungen zu veranlassen, (...), hat übersehen, dass von den beschwerdeführenden Parteien eine neue Adresse bekannt gegeben worden war. Die 14-tägige Frist ist gewahrt, weil erst mit der Zustellung der Niederschrift vom 31.05.2019 aufgefallen ist, dass die Frist versäumt worden war.

Die beschwerdeführenden Parteien trifft an dem Nichterscheinen kein Verschulden.

Bei der Beauftragung des Mitarbeiters (Hilfskraft) mit dem Versenden der Ladungen und deren Adressierung, liegt kein Organisations- oder Auswahlverschulden vor. Herr (...) ist seit ca. 3 Jahren im MigrantInnenverein St. Marx tätig und hat sich stets als äußerst zuverlässig erwiesen. Der Fehler stellt ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar."

6. Festgestellt wird, dass die Verhandlungsniederschrift vom 24.05.2019 dem Rechtsvertreter der BF1 und BF2 am 29.05.2019 zugestellt wurde.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die unter Punkt II. getroffenen Feststellungen beruhen auf dem diesbezüglich unzweifelhaften Akteninhalt.

Die Feststellung, dass die Verhandlungsniederschrift vom 24.05.2019 dem Rechtsvertreter der BF1 und BF2 am 29.05.2019, und nicht wie vom Rechtsvertreter behauptet am 31.05.2019, zugestellt wurde, beruht auf einem vorliegenden dies bescheinigenden Rückschein im Verfahren zu Zl. G305 2190566-1ff. Dass es sich bezüglich der Angabe des Rechtsvertreters der BF, die Verhandlungsniederschrift erst am 31.05.2019 zugestellt erhalten zu haben, um ein Versehen handelt, ergibt sich daraus, dass das Dokument mit dem Rückschein mit "30.05.2019" datiert war und demnach ein Erhalt der Verhandlungsniederschrift erst tags darauf am 31.05.2019 gar nicht möglich war.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu A) I. Abweisung der Wiedereinsetzungsanträge

3.2.1. § 33 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, idF BGBl. I Nr. 24/2017, lautet:

"Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 33. (1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) (...)

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. (...)

(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(4a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ausfertigung einer Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrags als Voraussetzung für die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof und einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht hingewiesen wurde oder dabei die zur Verfügung stehende Frist nicht angeführt war. Der Antrag ist binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung einer Entscheidung, die einen Antrag auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4, eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit eines Antrags auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 Kenntnis erlangt hat,

beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen. Über den Antrag entscheidet das Verwaltungsgericht.

(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags findet keine Wiedereinsetzung statt."

3.2.2. Über die gegenständlichen Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die am 06.06.2019 beim BVwG eingebracht wurden, ist gemäß § 33 Abs. 4 VwGVG mit Beschluss zu entscheiden (vgl. VwGH 28.09.2016, Ro 2016/16/0013).

Im vorliegenden Fall wurden die verfahrensgegenständlichen Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Beschwerdeverfahren nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.04.2019 am 06.06.2019 beim BVwG eingebracht, weshalb das BVwG mit Beschluss über diese Anträge zu entscheiden hat.

Von einer Kenntnis der Verspätung eines Rechtsmittels und damit dem Beginn der Frist zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits zu dem Zeitpunkt auszugehen, zu dem die Partei bzw. deren Vertreter die Verspätung bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennen konnte und musste (vgl. VwGH 24.09.2015, Ra 2015/07/0113, mwN). Wenn eine Kenntnis in diesem Sinn anzunehmen ist, obliegt der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts; eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. in diesem Sinn zur Beurteilung des Verschuldensgrades des Wiedereinsetzungswerbers VwGH 31.5.2017, Ra 2017/22/0064, mwN).

Analog zu dieser VwGH-Rechtsprechung ist im gegenständlichen Fall entscheidend, wann der Rechtsvertreter von der Versäumung der mündlichen Verhandlung durch die BF erfahren hat.

Der Rechtsvertreter der BF1 und BF2, der ebenso wie die BF1 und BF2 nicht zur mündlichen Verhandlung am 24.05.2019 erschienen ist, hätte bei gehöriger Aufmerksamkeit sich noch am Tag der Verhandlung nach dem Ausgang des Verfahrens erkundigen, folglich noch an diesem Tag erfahren können, dass die BF von der mündlichen Verhandlung ferngeblieben sind. Dies war jedoch nicht der Fall.

Der Rechtsvertreter der BF1 und BF2 will laut seinem am 06.06.2019 beim BVwG eingelangten Schreiben erst mit Zustellung der Verhandlungsniederschrift vom 24.05.2019 am 31.05.2019 von der mündlichen Verhandlung vom 24.05.2019 erfahren haben. Aus einem dem Akt zu Zl. 2190566-1ff einliegenden Rückschein ergibt sich jedoch, dass der Rechtsvertreter die übermittelte Verhandlungsniederschrift am 29.05.2019 übernommen hat. Demnach hat der Rechtsvertreter der BF mit Zustellung der Verhandlungsniederschrift vom 24.05.2019 am 29.05.2019 davon erfahren, dass die mündliche Verhandlung von seinen Mandanten, den BF1 und BF2, versäumt wurde.

Die Wiedereinsetzungsanträge der BF1 und BF2 wurden am 06.06.2019 und damit auf jeden Fall rechtszeitig innerhalb der dafür vorgesehenen 14-tägigen Frist bei der belangten Behörde eingebracht, was auch ab dem Verhandlungszeitpunkt am 24.05.2019 an gerechnet der Fall wäre.

3.2.3. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen haben (VwGH 29.01.2004, 2001/20/0425). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei, wobei an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl. etwa VwGH 18.12.2014, Ra 2014/01/0015, mwN).

Ein dem Vertreter widerfahrenes Ereignis stellt einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Vertreter selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei höchstens um einen minderen Grad des Versehens handelt (vgl. VwGH 23.3.2017, Ra 2017/06/0027). Das Verschulden von Kanzleikräften stellt für den Vertreter dann ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne der obigen Ausführungen dar, wenn der Vertreter der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber seinen Kanzleikräften nachgekommen ist. Dabei wird durch entsprechende Kontrollen dafür vorzusorgen sein, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind. Der Vertreter verstößt demnach auch dann gegen die ihm obliegende Sorgfaltspflicht, wenn er weder im Allgemeinen noch im Besonderen (wirksame) Kontrollsysteme vorgesehen hat, die im Fall des Versagens einer Kanzleikraft Fristversäumungen auszuschließen geeignet sind (vgl. VwGH 24.01.2019, Ra 2019/09/0002; 20.1.2016, Ra 2015/04/0098; 29.5.2015, Ra 2015/08/0013; 27.5.2014, 2014/16/0001).

Der Rechtsvertreter hatte bezüglich der Handlungen seines Mitarbeiters, der die Ladung der BF1 und BF2 statt an ihre aktuelle an ihre vorherige Wohnadresse zugestellt hat, eine Überwachungspflicht, welcher er jedoch im gegenständlichen Fall nicht hinreichend nachgekommen ist. Er hätte sich vor allem auch deswegen, weil er selbst nicht beabsichtigte, zur mündlichen Verhandlung am 24.05.2019 zu erscheinen, und dann ebenso wie die BF1 und BF2 auch tatsächlich nicht zur Verhandlung am 24.05.2019 erschienen ist, noch rechtzeitig vor dem Verhandlungstermin erkundigen müssen, ob die Ladung der BF1 und BF2 ordnungsgemäß zugestellt worden ist.

Der Rechtsvertreter der BF1 und BF2 legte seinem Wiedereinsetzungsantrag vom 06.06.2019 eine Kopie des Briefumschlages bei, wonach die Ladung der BF1 und BF2 zur mündlichen Verhandlung am 24.05.2019 (vom 23.04.2019) am 14.05.2019 wieder an den Rechtsvertreter mit dem Vermerk "Verzogen" rückgesendet wurde. Ihm hätte demnach bei Einhaltung seiner Überwachungspflicht bereits vor dem Verhandlungstermin am 24.05.2019, nämlich nach Rücksendung der für die BF bestimmten Ladung an ihn am 14.05.2019, von der Zustellung an die vorherige und nicht an die zum Ladungszeitpunkt aktuelle Adresse erfahren müssen.

Im gegenständlichen Fall ist dem Rechtsvertreter die Versäumung der mündlichen Verhandlung durch die BF1 und BF2 anzulasten. Dass die BF1 und BF2 die mündliche Verhandlung am 24.05.2019 versäumt haben, beruht auf dem Verschulden des Rechtsvertreters, der die von seinem Mitarbeiter vorgenommene Zustellung der Ladung nicht nachkontrolliert bzw. auch die Posteingänge danach nicht sorgfältig kontrolliert hat, wäre ihm doch andernfalls die mit 14.05.2019 vorgenommene Retoursendung der für die BF1 und BF2 bestimmten Ladung mit dem Vermerk "Verzogen" aufgefallen und hätte er folglich den BF noch rechtzeitig eine Teilnahme an der für 24.05.2019 anberaumt gewesenen und an diesem Tag in Abwesenheit der BF und ihres Rechtsvertreters auch durchgeführten mündlichen Verhandlung ermöglichen können.

Da es sich beim Verschulden des Rechtsvertreters der BF um kein minderes Versehen, sondern um eine ihm anzulastende Verletzung seiner Überwachungspflicht bzw. um eine grobe Sorgfaltsverletzung handelt, mussten die BF die Konsequenzen daraus tragen, und werden die verfahrensgegenständlichen Wiedereinsetzungsanträge in den vorigen Stand daher als unbegründet abgewiesen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die gegenständliche Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

geringfügiges Verschulden, Voraussetzungen, Wiedereinsetzungsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G305.2190566.2.00

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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