Entscheidungsdatum
07.01.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W112 2218010-1/22E
Schriftliche Ausfertigung des am 21.08.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Elke DANNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. RUSSISCHE FÖDERATION, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.03.2019, Zl.1222785503-190266894, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.08.2019 zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II. und III. des angefochtenen Bescheides wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, §§ 52 Abs. 2 und 9 FPG als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. wird stattgegeben und der Beschwerdeführerin eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen eingeräumt.
III. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid in diesem Umfang ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die zu diesem Zeitpunkt noch minderjährige Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der RUSSISCHEN FÖDERATION, stellte am XXXX 2019 bei der XXXX Botschaft in XXXX einen Antrag auf Erteilung eines Touristenvisums. Die XXXX Botschaft in XXXX verweigerte die Ausstellung eines Touristenvisums, weil die vorgelegten Informationen über die Begründung für den Zweck und die Bedingungen des beabsichtigten Aufenthalts nicht zuverlässig waren.
2. Die Beschwerdeführerin reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 14.03.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
3. Am 15.03.2019 fand die Erstbefragung der Beschwerdeführerin durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt, bei der sie angab, Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe zu sein. Am 19.09.2018 habe sie einen Mann übers Internet kennengelernt, der in Österreich lebe und den sie am XXXX in seiner Abwesenheit nach muslimischem Ritus geheiratet habe. Sie habe die RUSSISCHE FÖDERATION verlassen, um bei ihrem Mann in Österreich leben zu können. Im Falle einer Rückkehr in ihr Herkunftsland wäre ihr Onkel böse auf die Beschwerdeführerin, weil dieser die Verantwortung nach dem Tod ihres Vaters für sie übernommen habe.
4. Am 17.03.2019 gab die Beschwerdeführerin im Zuge eines Gespräches mit dem XXXX ( XXXX ) betreffend Familiensuche ("Family Tracing Project") an, dass ihr Vater verstorben sei und ihre Mutter, zu der sie mindestens einmal pro Woche Kontakt habe, in XXXX lebe. Darüber hinaus leben auch vier Schwestern der Beschwerdeführerin in XXXX . Abgesehen von ihrem nach muslimischen Ritus getrauten Ehemann habe die Beschwerdeführerin keine Verwandten in der Europäischen Union. Die Beschwerdeführerin habe in ihrem Herkunftsstaat XXXX Jahre die Grundschule besucht, jedoch noch nicht gearbeitet.
5. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vernahm die Beschwerdeführerin am 20.03.2019 niederschriftlich ein. Die Beschwerdeführerin gab zu ihren Fluchtgründen befragt an, dass sie mit ihrem Ehemann habe leben wollen. Im Falle einer Rückkehr in ihr Herkunftsland habe sie zwar nichts zu befürchten, ihr Onkel wäre jedoch sehr unzufrieden, weil er wolle, dass die Beschwerdeführerin bei ihrem Ehemann bleibe.
6. Am 27.03.2019 vernahm das Bundesamt die Beschwerdeführerin neuerlich ein. Die Beschwerdeführerin gab an, dass sie nunmehr keine Jungfrau mehr sei und deshalb im Falle einer Rückkehr eine Schande für ihre Familie sei. Zudem werde sie von jedem vergewaltigt werden.
7. Das Bundesamt wies den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz mit dem im Spruch genannten Bescheid sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat RUSSISCHE FÖDERATION gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab und erteilte der Beschwerdeführerin keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 AsylG 2005. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in die RUSSISCHE FÖDERATION gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Das Bundesamt erkannte der Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt IV.) und räumte der Beschwerdeführerin gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise ein (Spruchpunkt V.). Gegen die Beschwerdeführerin wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).
Das Bundesamt führte begründend aus, dass die Beschwerdeführerin keine asylrelevanten Verfolgungsgründe glaubhaft gemacht habe. Ebenso drohe der Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat auch keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertige, da die Beschwerdeführerin über familiäre Anknüpfungspunkt in ihrem Herkunftsstaat sowie über eine ausreichende Schulbildung verfüge und deshalb davon auszugehen sei, dass sie im Falle der Rückkehr wieder Fuß fassen könne. So könne sie einen Beruf erlernen und eine geregelte Arbeit aufnehmen. Die Rückkehrentscheidung greife nicht in das Familienleben der Beschwerdeführerin ein, da die Beschwerdeführerin in Österreich mit ihrem angeblichen Ehemann nicht im gemeinsamen Haushalt lebe und somit kein Familienleben vorliege. Auch ein unrechtmäßiger Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführerin liege nicht vor, zumal sie sich erst seit kurzem in Österreich aufhalte und sie unter Umgehung der Grenzkontrollen und somit illegal in das Bundesgebiet eingereist sei. Ihre Einreise nach Österreich sei auch nur mit dem Vorhaben erfolgt, in Österreich einen Asylantrag zu stellen. Darüber hinaus seien keine besonders gewichtigen privaten Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib in Österreich hervorgekommen. Da die Beschwerdeführerin keine Verfolgungsgründe vorgebracht habe, sei die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde abzuerkennen gewesen und der Beschwerdeführerin keine Frist für die freiwillige Ausreise einzuräumen. Die Erlassung eines Einreiseverbotes sei aufgrund der Gesamtbeurteilung des Verhaltens der Beschwerdeführerin, ihrer Lebensumstände sowie ihrer familiären und privaten Anknüpfungspunkte gerechtfertigt und notwendig um die von ihr ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch ihre Mittellosigkeit zu verhindern.
Der Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 02.04.2019 vom Bundesamt persönlich übergeben. Zudem wurde der Bescheid dem XXXX als gesetzlicher Vertreter der Beschwerdeführerin am 02.04.2019 durch persönliche Übernahme eines Angestellten des XXXX zugestellt.
8. Die Beschwerdeführerin erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde und focht den Bescheid wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit der Beweiswürdigung an. Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass es das Bundesamt verabsäumt habe, sich ausreichend mit der individuellen Situation der Beschwerdeführerin in ihrem Herkunftsstaat auseinanderzusetzen. Das Bundesamt habe es unterlassen, den angeblichen Ehemann der Beschwerdeführerin als Zeugen einzuvernehmen, was die Angaben der Beschwerdeführerin bestätigt hätte, sowie eine Begutachtung durchzuführen, ob die Beschwerdeführerin tatsächlich ihre Jungfräulichkeit verloren habe, zumal ihr in diesem Falle Asyl zuzuerkennen gewesen wäre. Im Falle einer Rückkehr der Beschwerdeführerin sei mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass sie Eingriffen von hoher Intensität (bis zur Ermordung) durch Privatpersonen (insbesondere ihrem Onkel) ausgesetzt wäre und sie keinen effizienten staatlichen Schutz zu erwarten hätte. Ihr drohe aufgrund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Frauen, die sich den tschetschenischen Traditionen bzw. dem Gewohnheitsrecht widersetzt haben, eine asylrelevante Verfolgung in der RUSSISCHEN FÖDERATION. Ihr wäre jedenfalls subsidiärer Schutz zuzuerkennen gewesen. Eine inländische Fluchtalternative stehe ihr aufgrund ihrer Minderjährigkeit nicht offen. Da der Bescheid mangelhaft gewesen sei und somit aufzuheben sei, könne gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 e contratio auch keine rechtmäßige Ausweisung erfolgen, weshalb die Rückkehrentscheidung aufzuheben sei. Auf Grund der Rechtswidrigkeit des Bescheides sei der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu gewähren um die Vollziehung des rechtsunrichtigen Bescheides, was für die Beschwerdeführerin mit einem unverhältnismäßigen Nachteil verbunden wäre, zu verhindern. Das verhängte Einreiseverbot sei aufzuheben, weil die Beschwerdeführerin keine Gefährdung für die Öffentliche Ordnung darstelle, zumal ihr Verlobter berufstätig und bereit sowie imstande gewesen sei, die Kosten des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin zu übernehmen. Die Beschwerdeführerin legte unter einem einen Ausweis (unleserlich), eine Arbeitsbestätigung (unleserlich), ein Zwischenarbeitszeugnis der XXXX vom 25.10.2018, vier Verdienstabrechnungen der XXXX und einen Mietvertrag betreffend den angeblichen Ehemann der Beschwerdeführerin sowie einen vorläufigen gynäkologischen Ambulanzbericht vom 15.04.2019 vor.
Die Beschwerdeführerin stellte die Anträge, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen und die aufschiebende Wirkung zuerkennen sowie den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass dem Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten Folge gegeben und ihr der Status der Asylberechtigten zuerkannt werde; in eventu dahingehend abändern, dass der Beschwerdeführerin der Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat RUSSISCHE FÖDERATION zuerkannt werde; in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass die Rückkehrentscheidung aufgehoben werde; in eventu die festgestellte Abschiebung gemäß § 46 FPG aufschieben; in eventu der Beschwerdeführerin einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilen; in eventu das auf die Dauer von vier Jahren befristete Einreiseverbot aufheben; in eventu den angefochtenen Bescheid zur Gänze beheben und dem Bundesamt zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Bundesamt zurückweisen.
9. Das Bundesamt legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt am 24.04.2019 dem Bundesverwaltungsgericht vor, wo er am 26.04.2019 einlangte.
10. Das Bundesverwaltungsgericht gab mit Teilerkenntnis vom 18.06.2019 der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides statt und behob diesen Spruchpunkt gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 iVm Abs. 5 BFA-VG ersatzlos.
Das Bundesverwaltungsgericht führte begründend aus, dass das Bundesamt von der Unglaubhaftigkeit des Vorbringens der Beschwerdeführerin, nicht jedoch davon ausgegangen war, dass sie kein Vorbringen erstattet hatte. Die Unglaubhaftigkeit des erstatteten Vorbringens konnte die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG jedoch nicht tragen.
11. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 21.08.2019 eine mündliche Verhandlung durch, an der zwei Vertreter des Bundesamtes teilnahmen.
Die Beschwerdeführerin machte in der Verhandlung folgende Angaben:
"R: Sie wurden am 14.03.2019 polizeilich erstbefragt, am 20.03.2019 und 27.03.2019 vom Bundesamt niederschriftlich einvernommen. Wie würden Sie die dortige Einvernahmesituation beschreiben?
BF: Wie meinen Sie das?
R: Gab es Probleme bei der Einvernahme? War alles in Ordnung?
BF: Alles okay.
R: Haben Sie bei Ihren bisherigen Aussagen vor der Polizei im Rahmen der Erstbefragung vor dem Bundesamt und dem Bundesamt immer die Wahrheit gesagt oder möchten Sie etwas richtigstellen oder ergänzen?
BF: Ich habe die Wahrheit gesagt.
R: Mit Bescheid vom 29.03.2019 wies das Bundesamt Ihren Antrag auf internationalen Schutz sowohl im Hinblick auf den Status der Asylberechtigten, als auch im Hinblick auf den Status der subsidiär Schutzberechtigten ab, stellte fest, dass Ihre Abschiebung in die Russische Föderation rechtmäßig ist, erteilte Ihnen keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung gegen Sie, erkannte der Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab und räumte Ihnen keine Frist für die freiwillige Ausreise ein. Gegen diesen Bescheid erhoben Sie mit Schriftsatz vom 23.04.2019 Beschwerde. Halten Sie diesen Schriftsatz und die darin gestellten Anträge aufrecht?
BF: Ja.
R: Gab es Probleme bei der Ausreise?
BF: Als ich von XXXX ausgereist bin? Ja.
R: Welche Probleme gab es bei der Ausreise.
BF: Bei der Ausreise hat es keine Probleme gegeben, aber ansonsten hat es Probleme mit meinem Onkel gegeben.
R: Wer organisierte die Ausreise - und wie?
BF: Eine Bekannte von meiner Mutter hat uns einen Rat gegeben und dann bin ich hierhergekommen.
R: Welche anderen Reisen haben Sie bisher allein unternommen, vor oder nach Ihrer Reise nach Österreich?
BF: In andere Länder?
R: Sie sagten, Sie sind alleine von XXXX nach Österreich gereist und jetzt ist meine Frage, ob Sie schon vorher allein gereist sind oder nachher?
BF: Nein.
R: Warum nicht?
BF: Ich weiß nicht.
R: Wurden Sie jemals aufgrund Ihrer Rasse verfolgt oder wegen Ihrer ethnischen Zugehörigkeit?
BF: Nein, deswegen nicht.
R: Wurden Sie aufgrund Ihrer Nationalität verfolgt?
BF: Nein.
R: Wurden Sie aus religiösen Gründen verfolgt?
BF: Nein.
R: Wie stehen Sie zu islamistischen Gruppierungen, wie zB dem IS oder der YUNUD AL SHAM?
BF: Was ist denn das? Was ist YUNUD AL SHAM?
R: Das ist eine Terrororgainsation, die in Syrien ist.
BF: Ich habe keinen Bezug zu dieser Organisation.
R: Sie kennen niemanden, der einen Bezug zu dieser Organisation hat oder diese unterstützt?
BF: Nein.
R: Gehören Sie islamistischen Gruppierungen an? (Hinweis auf Aussageverweigerungsrecht)
BF: Ich weiß nicht, was Sie meinen.
R: Gehören Sie islamistischen Gruppierungen an? Gehören Sie einer terroristischen Vereinigung an, wie der fundamentalistischen Islamgruppe [...]?
BF: Nein.
R: Waren Sie je in SYRIEN? (Hinweis auf Aussageverweigerungsrecht)
BF: Nein, ich war nicht dort.
R: Haben Sie sich selbst je dem IS oder der YUNUD AL SHAM angeschlossen oder diese unterstützt? (Hinweis auf Aussageverweigerungsrecht)
BF: Nein, war ich nicht.
R: Haben Sie sich im Herkunftsland politisch betätigt und/oder waren Sie Mitglied einer politischen Partei oder Bewegung?
BF: Nein.
R: Wurden Sie verfolgt, weil Sie sonst einer bestimmten sozialen Gruppe angehören?
BF: Gruppe?
R: Zum Beispiel der Gruppe der Behinderten?
BF: Nein.
R: Wurden Sie jemals verfolgt, weil Sie eine Frau sind?
BF: Nein.
R: Warum sind Sie am XXXX aus der Russischen Föderation ausgereist? Schildern Sie bitte möglichst genau Ihre Fluchtgründe!
BF: Am XXXX habe ich meinen Mann geheiratet. Nachdem hat mir mein Mann gesagt, dass ich noch sehr jung bin und noch nicht kommen soll. Als ich geheiratet habe, wusste mein Onkel nicht, dass ich vorhabe, nach Österreich zu kommen. Dann hat er das erfahren. Er hat mir nicht erlaubt, nach Österreich zu kommen. Mein Mann hat mir gesagt, dass ich warten soll, bis ich volljährig bin, aber es hat schon Gespräche gegeben, dass man mich nicht ausreisen lässt, dass man mich umbringen könnte, wenn ich ausreisen werde. Ich habe mit meiner Mutter darüber gesprochen. Meine Mutter hat sich in meine Lage versetzt und eine Bekannte hat ihr eben diese Reisemöglichkeiten vorgeschlagen bzw. geraten. So bin ich hierhergekommen. Mein Mann wusste nicht, dass ich hierherkomme. Das ist es.
R: Hatten Sie in der Russischen Föderation sonst jemals Probleme mit staatlichen Behörden (zB der Polizei) Ihres Herkunftslandes?
BF: Mit der Polizei hatte ich keine Probleme, aber wenn man mich wieder zurückschickt, dann werde ich große Probleme haben, weil sich mein Onkel von mir losgesagt hat. Wenn das die Behörden erfahren, dann werde ich auch nicht in Ruhe gelassen. Aber ansonsten hatte ich keine Probleme mit der Polizei.
R: Was würde Sie im Falle einer Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat konkret erwarten?
BF: Wenn ich zurückkehre? Ich war ja minderjährig, als ich nach Österreich kam. Ich und mein Mann waren ja schon zusammen, um das so auszudrücken und unsere islamischen Gesetze sind diesbezüglich sehr streng. Wenn man das erfährt, ich bin ja auch noch schwanger. Deswegen wird mich mein Onkel jedenfalls nicht in Ruhe lassen. Ich habe Angst nach Hause zu kommen. Mein Mann lebt hier und auch mein Kind wird hier geboren. Ich habe einen sehr guten Mann. Ich möchte mit ihm zusammenbleiben.
R: Wer konkret sollte Ihnen, warum konkret, etwas antun wollen?
BF: Mein Onkel und das Gesetz.
R: Was würde passieren, wenn Sie (hypothetisch) an einen anderen Ort in der Russischen Föderation außerhalb Tschetscheniens ziehen würden, zB nach XXXX , XXXX l?
BF: Wenn ich zurückkehre in die Russische Föderation, dann könnte man mich dort finden. Ich möchte nicht in die Russische Föderation zurück, weil mein Mann hier ist.
R: Wie sollte man Sie finden?
BF: Ich weiß es nicht. Ich habe diesbezügliche Befürchtungen.
R: Waren Sie in Österreich jemals Problemen ausgesetzt?
BF: Nein.
R: Warum sollte Ihr Onkel Sie in Österreich nicht finden und in der Russischen Föderation schon?
BF: Ich glaube nicht, dass er nach Österreich kommt. Ich glaube, dass man mich in Österreich davor schützen wird. Ich habe schon gesehen, dass die Frauen hier gut behandelt werden.
R: Welche Macht hat Ihr Onkel, dass er Sie in der Russischen Föderation finden würde?
BF: Wie meinen Sie das?
R: Wie soll es Ihrem Onkel möglich sein, Sie in der Russischen Föderation zu finden?
BF: Ich habe nicht gesagt, dass er mich überall in der Russischen Föderation finden kann. Ich habe nur gesagt, dass ich das befürchtet habe. Das Wichtigste für mich ist, dass mein Mann hier ist.
R: Warum sollte Ihr Onkel Sie überhaupt finden wollen?
BF: Weil ich seine Nichte bin. Ich bin die Tochter seines Bruders. Er trägt für mich die Verantwortung. Ich habe ja keinen Vater. Deswegen.
R: Wer ist für Sie obsorgeberechtigt gewesen, Ihre Mutter oder Ihr Onkel?
BF: Meine Mutter. Aber nach der islamischen Regel sind das die Eltern und wenn der Vater nicht da ist, dann der Bruder und wenn es keinen Bruder gibt, dann der Onkel.
R: Hat sich Ihre Situation seit der Beschwerdeerhebung am 23.04.2019 geändert?
BF: Wie meinen Sie das, in welchem Zusammenhang?
R: Gibt es Änderungen seit der Beschwerde?
BF: Ich habe einen sehr guten Mann. Das ist das Wertvollste und ich bin schwanger.
R: In der wievielten Woche sind Sie?
BF: Fast XXXX . Woche.
R: Können Sie Belege dazu vorlegen?
BF legt vor einen Mutter-Kind-Pass mit Beilagen. Zwei Seiten des Mutter-Kind-Pass werden in Kopie zum Akt genommen.
R: Demnach war die Empfängnis nach der Beschwerdeerhebung. Ist das korrekt?
BF: Ja. Ich habe mich damals in der Wohnung meines Mannes angemeldet.
R: Welche Deutschkurse und -prüfungen haben Sie bisher absolviert?
BF: Ich wollte Deutschkurse besuchen, aber man hat mir gesagt, dass das mit einer grünen Karte nicht möglich ist.
R: Wie schätzen Sie Ihre Deutschkenntnisse ein?
BF: Eigentlich gar nicht.
R: Seit wann halten Sie sich in Österreich auf?
BF: Wann ich hierhergekommen bin? Seit März.
R: Ist das Ihr erster Aufenthalt in Österreich?
BF: Ja.
R: Besitzen Sie außer dem asylrechtlichen Aufenthaltstitel in Österreich noch ein weiteres Aufenthaltsrecht?
BF: Nein.
R: Haben Sie seit Ihrer Asylantragstellung in Österreich das Bundesgebiet einmal verlassen?
BF: Nein.
R: Wovon bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt, seit Sie in Österreich sind?
BF: Mein Mann unterstützt mich.
R: Haben Sie in Österreich bislang eine Berufstätigkeit oder ehrenamtliche Tätigkeiten ausgeübt?
BF: Ich? Nein.
R: Haben Sie versucht (sei es erfolgreich oder erfolglos) Ihre Selbsterhaltungsfähigkeit herzustellen?
BF: Ich würde gerne arbeiten, aber ich kann ja die Sprache nicht. Deswegen kann ich das gar nicht.
R: Welche Bildungsmaßnahmen haben Sie in Österreich gesetzt?
BF: Hier in Österreich? Keine.
R: Sind Sie Mitglied in einem Verein?
BF: Nein.
R: Wie verbringen Sie den Alltag?
BF: Ich kümmere mich um den Haushalt. Ich gehe spazieren mit einer Freundin und das ist alles.
R: Sind Sie standesamtlich verheiratet? Alles andere zählt in Österreich nicht.
BF: Ich wurde erst am XXXX XXXX Jahre alt. Wir haben schon vorher versucht, einen Termin zu bekommen, um unsere Ehe standesamtlich zu schließen. Als wir dort waren, hat man uns gesagt, dass Dokumente (Bestätigung) aus Tschetschenien brauche, ob ich dort verheiratet war. Deswegen hat das jetzt eine Zeit lang gedauert. Wir werden wieder hingehen. Wir haben schon einen Termin.
R: Wie haben Sie die Ehefähigkeitsbestätigung aus der Russischen Föderation bekommen?
BF: Ich habe diese Bestätigung nicht bekommen.
R: Sie haben gesagt, Sie gehen wieder zum Standesamt. Mit welchen Dokumenten gehen Sie hin?
BF: Ich habe nur die grüne Karte.
R: Was haben Sie gemacht, um eine Ehefähigkeitsbescheinigung zu bekommen.
BF: Ich habe nichts gemacht, weil ich keine Verbindung mit meinen Angehörigen haben.
R: Sie haben keinen Kontakt zu Ihren Angehörigen?
BF: Nein. Ich könnte so eine Bestätigung nur über die Verwandten meines Mannes bekommen.
R: Welche Verwandten Ihres Mannes wohnen in der Russischen Föderation?
BF: Ein Onkel und eine Tante.
R: Wie heißen die?
BF: XXXX .
R: Wie noch?
BF: XXXX .
R: Und die Tante?
BF: XXXX und das ist alles.
R: XXXX , wie?
BF: Den Familiennamen der Tante weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass sie XXXX heißt.
R: Warum hat Ihr Mann keine Verpflichtungserklärung für Sie abgegeben (s. Erstbefragung)?
BF: Man hat uns nicht gesagt, dass er das unterschreiben soll.
R: Sie haben bei der Erstbefragung gesagt, dass Ihr Mann keine Verpflichtungserklärung für Sie abgegeben hat und ich frage, warum.
BF: Mein Mann hat ja schon bei der Einvernahme gesagt, dass er für meinen Unterhalt aufkommen wird. Wir haben keine diesbezügliche Bestätigung bekommen.
R: Haben Sie Kinder?
BF: Wir werden ein Kind haben.
R: Gibt es Probleme in der Schwangerschaft?
BF: Nein, nur die Schwangerschaftsvergiftung.
R: Was machen Sie gegen die Schwangerschaftsvergiftung?
BF: Eigentlich nichts, aber ich übergebe mich öfters deswegen. Deswegen kann ich nicht wirklich esse[n]. Auch wenn ich etwas esse, nimmt das mein Magen nicht auf und ich habe sofort Brechreiz.
R: Haben Sie in Österreich Verwandte?
BF: Nein.
R: Haben Sie Bekannte und Freunde in Österreich und wenn ja, wann haben Sie diese kennengelernt?
BF: Ich habe keine Verwandten, nur die Verwandten meines Mannes. Seine Großmutter ist hier.
R: Wie gestaltet sich Ihre Beziehung zu seinen Verwandten?
BF: Gut.
R: Beschreiben Sie das ein bisschen.
BF: Ich weiß nicht was Sie meinen.
R: Unterstützen Sie sich im täglichen Leben? Wohnen Sie zusammen?
BF: Wir leben nicht zusammen. Ich fahre zu ihr und helfe ihr zuhause. Ich koche und putze.
R: Hatten Sie in der Russischen Föderation bereits Kontakt zu den Verwandten Ihres Mannes, die dort lebten?
BF: Sie wollten wissen, ob ich Sie kenne?
R: Ja, Kannten Sie die Verwandten Ihres Mannes in der Russischen Föderation?
BF: Ja.
R: Beschreiben Sie die Beziehung zu diesen.
BF: Wir haben uns gesehen. Wir haben uns verstanden und wir hatten ein gutes Verhältnis zu einander.
R: Mit welchen Freunden und Bekannten Ihres Mannes haben Sie Kontakt in Österreich?
BF: Sie meinen die Männer?
R: Ihr Mann wird ja hier einen Freundeskreis haben. Wie schaut Ihr Kontakt zu den Freunden Ihres Mannes aus.
BF: Ja, er hat Freunde. Er hat männliche Freunde und mit denen habe ich keinen Kontakt.
R: Warum nicht?
BF: Weil das bei uns nicht üblich ist, mit den Freunden des Mannes in Verbindung zu stehen.
R: Sie leben in Österreich. Da ist das üblich.
BF: Auch wenn ich in Österreich lebe, wird mir mein Mann das nicht erlauben.
R: Was heißt, Ihr Mann wird Ihnen das nicht erlauben?
BF: Bei uns in Tschetschenien bzw. auch nach den islamischen Regeln ist es nicht üblich, dass eine Frau mit einem Mann in Kontakt steht, das gilt auch für die Freunde des Mannes.
R: Ich möchte von Ihnen wissen, was das bedeutet, wenn Sie sagen, das wird Ihr Mann Ihnen nicht erlauben.
BF: Ich verstehe nicht, was Sie meinen.
R: Sie haben vorhin gesagt, dass Ihnen Ihr Mann das nicht erlauben wird. Erklären Sie mir das.
BF: Ich habe es nicht einmal versucht, Kontakt mit seinen Freunden aufzunehmen. Wenn ich ihn gefragt hätte, ob ich mit seinen Freunden in Kontakt stehen darf, hätte er mir das nicht erlaubt.
R: Wofür brauchen Sie sonst noch die Erlaubnis Ihres Mannes?
BF: Für alles.
R: Was heißt für alles?
BF: Das bezieht sich auf alles, was ich mache. Da muss ich mich immer mit meinem Mann beratschlagen.
R: Was heißt, Sie brauchen für alles die Erlaubnis Ihres Mannes. Was ist, wenn Sie etwas ohne Erlaubnis Ihres Mannes machen.
BF: Das ist der Ausdruck meiner Achtung meinem Mann gegenüber. Nach dem Islam muss sich eine Frau mit Ihrem Mann beratschlagen.
R: Ich habe Sie konkret befragt, was passiert, wenn Sie etwas ohne Erlaubnis Ihres Mannes machen? Können Sie diese Frage beantworten, ja, oder nein?
BF: Nichts passiert.
R: Haben Sie jemals etwas ohne die Erlaubnis Ihres Mannes gemacht?
BF: Nein.
R: Sind Sie Opfer von häuslicher Gewalt?
BF: Nein.
R: Haben Sie in Ihrem Herkunftsland noch Verwandte?
BF: In Tschetschenien?
R: Überhaupt in der Russischen Föderation.
BF: Ja, ich habe Verwandte.
R: Haben Sie auch Verwandte in der Russischen Föderation. außerhalb von Tschetscheniens.
BF: Soviel ich weiß, hat er nicht
R: Hat Ihr Mann auch Verwandte in der Russischen Föderation. außerhalb von Tschetscheniens?
BF: Ich weiß es nicht, ich habe ihn nicht danach gefragt.
R: Wo und wovon lebt Ihre Mutter?
BF: Ob Sie arbeitet?
R: Entweder das oder ob Sie eine Pension erhaltet.
BF: Sie lebt in der Russischen Föderation und arbeitet und bekommt auch eine Pension.
R: Wie halten Sie von Österreich aus mit Ihr Kontakt?
BF: Ich habe keinen Kontakt mit ihr.
R: Seit wann?
BF: Seit meiner Einreise in Österreich habe ich keinen Kontakt.
R: Warum?
BF: Wegen dem Onkel.
R: Laut dem Family Tracing, Sie sind als Minderjährige eingereist, hatten Sie Kontakt zu Ihrer Mutter. Was sagen Sie dazu?
BF: Als ich hierherkam?
R: Laut Family Tracing in Österreich hatten Sie Kontakt zu Ihrer Mutter. Warum sagen Sie jetzt das Gegenteil. Dort steht häufig und regelmäßig, mindestens einmal pro Woche.
BF: Als ich in XXXX war, hatte ich noch Kontakt und danach nicht mehr.
R: Wo und wovon lebt Ihre Schwester XXXX ?
BF: Sie ist Krankenschwester. Sie lebt in XXXX .
R: Wie halten Sie von Österreich aus mit ihr Kontakt?
BF: Ich kontaktiere sie nicht. Ich habe keinen Kontakt zu ihr.
R: Wo und wovon lebt Ihre Schwester XXXX ?
BF: Ihr Mann arbeitet. Sie lebt in Dorf XXXX .
R: Wie halten Sie von Österreich aus mit Ihr Kontakt?
BF: Ich habe keinen Kontakt mit meinen Schwestern.
R: Wo und wovon lebt Ihre Schwester XXXX ?
BF: Sie lebt bei der Mutter. Sie arbeitet und die Schwester XXXX lebt im Dorf XXXX . Ihr Mann arbeitet und kommt für sie auf.
R: Wie halten Sie von Österreich aus mit diesen beiden Schwestern von Österreich aus Kontakt?
BF: Ich habe keinen Kontakt zu ihnen.
R: Wie war Ihre Beziehung zu Ihren Schwestern vor der Ausreise.
BF: Sehr gut.
R: Beschreiben Sie, was heißt sehr gut.
BF: Ich habe Vertrauen zu ihnen gehabt. Wenn ich Hilfe gebraucht habe, haben sie mir geholfen.
R: Beschreiben Sie Ihre Beziehung zum Onkel vor der Eheschließung!
BF: Auch gut, aber mein Onkel ist sehr streng. Wir hatten nicht sehr oft Kontakt zu ihm, aber das Verhältnis war sehr gut.
R: Und nach der Eheschließung?
BF: Nach der Eheschließung, als ich nach Österreich fahren werde, hat sich das verändert.
R: Nach der Eheschließung, nachdem er erfahren hat, dass Sie nach Österreich fahren würde. Gab es davor schon Probleme?
BF: Ich habe es ihm nicht gesagt, weil ich gewusst habe, dass es Probleme geben würde.
R: Wusste Ihre Mutter von der Eheschließung?
BF: Ja, das wusste sie.
R: Was ist mit Ihren russischen Freunden? Wie halten Sie mit ihnen Kontakt?
BF: Ich habe keinen Kontakt zu meinen Freunden. Ich hatte auch nicht viele Freunde. Ich hatte nur Freunde von der Schule und im College.
R: Wann haben Sie die Schule abgeschlossen?
BF: Als ich XXXX war. Ich glaube, dass das 2016 war. Ich glaube, dass das 2016 war.
R: Welches College haben Sie danach besucht?
BF: Ich habe es nicht abgeschlossen.
R: Ich habe Sie gefragt, welches haben Sie besucht?
BF: Das hieß damals XXXX . Gegen Ende des ersten Schuljahres wurde die Anstalt anders bezeichnet. Das hieß damals XXXX . Während des dritten Schuljahres habe ich die Ausbildung aufgehört.
R: Welche Ausbildung war das konkret? Was haben Sie dort gelernt?
BF: Das war eine Sachbearbeiter-Ausbildung als XXXX sachbearbeiter. Da hätte ich mit Dokumenten zu tun gehabt.
R: Wieviel hat Ihnen von der Ausbildung gefehlt?
BF: jetzt hätte ich das Diplom bekommen.
R: Das heißt ein halbes Jahr oder ein Jahr.
BF: Ein Jahr, nicht ein Jahr, XXXX , also eigentlich fast ein Jahr.
R: Wovon haben Sie in der Russischen Föderation gelebt?
BF: Meine Mutter hat mir Geld gegeben und nach dem Tod des Vaters haben wir eine Pension bekommen. Bei uns in Tschetschenien gibt es eine solche Pension und zwar bis zum 18. Lebensjahr. Von diesem Geld hat mir die Mutter das Taschengeld ausbezahlt und auch das Geld für die Kleidung etc. Das Geld war nicht ausreichend. Deswegen hat meine Mutter zusätzlich von sich aus Geld dazu bezahlt.
R: Welche Lebens- und Karriereplanung hatten Sie, als Sie das College besuchten?
BF: Ich habe gleich nach der Schule damit begonnen. Ich glaube, dass das im Jahr 2016 war...
R: Welche Lebens- und Karriereplanung hatten Sie, als Sie das College gingen.
BF: Ich wollte Lehrerin in einer Schule werden. Ich wollte eine pädagogische Ausbildung machen. Ich wollte gleich nach dem College eine universitäre Ausbildung machen. Die Klassenlehrerin hat mir allerdings dieses XXXX , das ich dann besucht habe, empfohlen. Ich war dort und man hat mir dort gesagt, welche Berufe ich nachher ausüben kann. Man hat mir dort empfohlen, mich als XXXX ausbilden zulassen und ich habe dann diesen Beruf ausgesucht. Mir hat auch die Ausbildung dort gefallen. Nach dem Abschluss des XXXX hatte ich weitergehende Pläne. Ich wollte gleich mit dem Abschlussdiplom mit dem XXXX eine Aufnahmeprüfung an der Uni bestehen. Ich wollte die pädagogische universitäre Ausbildung machen. Ich wollte dann nach dem ersten Jahr die pädagogische Ausbildung als Fernlehrgang fortsetzen und dann wollte ich parallel zu der Ausbildung als XXXX arbeiten. Solche Pläne hatte ich.
R: Welche Sprachen sprechen Sie?
BF: Russisch und Tschetschenisch.
R: Was haben Sie in der Russischen Föderation in Ihrer Freizeit gemacht?
BF: Ich mag zeichnen und sticken. Das Sticken funktioniert so, dass man auf dem Stoff eine Zeichnung macht und dann stickt. So wie die Großmutter. (BF weint)
R: Meinen Sie Ihre eigene Großmutter?
BF: Ja, meine Großmutter hat auch gestickt.
R: Sind Sie in Österreich und Ihrem Herkunftsland strafgerichtlich unbescholten?
BF: Hier oder wo?
R: Sind Sie in Österreich und Ihrem Herkunftsland strafgerichtlich unbescholten?
BF: Ich hatte keine diesbezüglichen Probleme. Ich wurde nicht verurteilt.
R: Sind sie auf andere Art und Weise mit der österreichischen Rechtsordnung in Konflikt geraten?
BF: Nein.
R: Möchten Sie noch Beweismittel zur Frage Ihres Privat und Familienlebens vorlegen, die Sie bisher im Verfahren noch nicht vorgelegt haben?
BF: Ich habe nur den Beweis, dass ich schwanger bin.
R: Wie geht es Ihnen, abgesehen von der Schwangerschaft gesundheitlich?
BF: Wie meinen Sie das?
R: Gibt es sonst irgendwelche gesundheitlichen Probleme, abgesehen von der Schwangerschaft?
BF: Nein. Manchmal, das hat jetzt begonnen, wenn ich lange stehe, dann wird mir schlecht. Das habe ich aber erst hier bekommen.
R: Waren Sie vor der Einreise jemals ernsthaft krank?
BF: Nein.
R: Warum sind Sie illegal und schlepperunterstützt nach Österreich eingereist?
BF: Man hätte mir kein Visum gegeben, weil ich minderjährig war.
R: Warum haben Sie im NOVEMBER 2018 die Ausstellung eines Auslandsreisepasses beantragt, wenn Sie vorhatten, schlepperunterstützt auszureisen?
BF: Ich hatte nicht vor, mein Heimatland illegal zu verlassen. Ich wollte warten, bis ich XXXX bin. Mein Mann hat mir das auch gesagt.
R: Warum haben Sie es dann nicht gemacht?
BF: Ich habe schon gesagt, dass ich Probleme mit meinem Onkel hatte und das war der Grund. Deswegen musste ich von dort flüchten und konnte nicht ausreisen.
R: Welche konkreten Probleme gab es mit dem Onkel.
BF: Es ging um meine Ausreise nach Österreich.
R: Welchen konkreten Problemen waren Sie durch Ihren Onkel ausgesetzt?
BF: Er war dagegen, er wollte nicht, dass ich nach Österreich komme.
R: Welcher konkreten Gefährdung waren Sie ausgesetzt?
BF: Er hätte mich nicht ausreisen lassen. Ich wollte zu meinem Mann kommen nach Österreich. Nachdem ich ausgereist bin, kann ich nicht mehr zurück, weil ich jetzt keine Jungfrau bin und auch schon schwanger bin.
R: Das heißt, es gab keine konkreten Übergriffe Ihres Onkels auf Sie. Ist das korrekt?
BF: Als ich dort war, nicht.
R: Wann und warum wurde Ihnen Ihr erster Auslandsreisepass ausgestellt?
BF: Mein erster Auslandspass? Der, den ich vorher hatte? Um hierher zu kommen.
R: Warum beantragten Sie und Ihre Mutter ein Visum für XXXX , wenn Sie zu XXXX nach Österreich wollten?
BF: Damals hatte ich keine Probleme. Meine Mutter wollte mir ein Geschenk machen für die Winterferien.
R: Sie beantragten das Visum am XXXX . 2019. Damals hatten Sie also keine Probleme. Sehe ich das richtig?
BF: Ja.
R: Das war aber drei Monate nach der Eheschließung mit Ihrem Mann, wo es angeblich ja die Probleme mit Ihrem Onkel gab.
BF: Ja.
R: Sie haben das Visum in XXXX beantragt. Wie lange haben Sie sich in XXXX aufgehalten?
BF: Ich habe das nicht in XXXX eingereicht. Ich wusste gar nicht, wann meine Mutter die Dokumente eingereicht hat. Ich kenne mich überhaupt nicht aus, was das Visum anbelangt. Meine Mutter hat das erledigt.
R: Warum sind Sie nicht legal nach Österreich eingewandert, zB im Rahmen einer Rot-Weiß-Rot-Karte?
BF: Ich wusste nicht, dass es eine solche Möglichkeit gibt.
R: Woher wussten Sie, dass es Visa für XXXX gibt?
BF: Von meiner Mutter.
R: Wo haben Sie Ihren Pass fotografiert?
BF: Das hat der Schlepper gemacht.
R: Warum nur diese beiden Seiten?
BF: Als ich nach XXXX kam, hat er mir die Pässe abgenommen und dann hat er mir die Kopie gegeben. Ich habe ihm nicht die Summe ausbezahlt, die er gefordert hat. Er hat mir den Pass abgenommen, hat mir die Kopie gegeben. Er sagte, dass er die Pässe der Mutter zurückgeben wird, wenn Sie die fehlende Summe dazuzahlt.
R: War der Schlepper eine Frau?
BF: Das war ein Mann.
R: Warum trägt der Schlepper, wenn es ein Mann war, rosaroten Nagellack?
BF: Mit mir waren zwei Frauen im Auto. Er ist dann spurlos verschwunden und hat die Pässe nicht zurückgegeben und das Geld auch nicht mehr gefordert.
R: Warum haben Sie nur die Kopie des Inlandsreisepasses und nicht auch die Kopie des Auslandsreisepasses?
BF: Er hat mir nur diese Kopie gegeben.
R: Was ist mit Ihrem abgelaufenen Pass?
BF: Abgelaufen?
R: Ja, das ist Ihre Aussage.
BF: Das habe ich nicht gesagt.
R: Wo ist Ihr abgelaufener Reisepass?
BF: Das habe ich nicht gesagt.
R: Ich verweise auf AS 67, Einvernahme vom 20.03.2019. "Mein erster Pass ist abgelaufen..." Möchten Sie dazu etwas angeben?
BF: Ich weiß nicht. Ich glaube, dass ich den Pass bekommen habe, als ich sieben war, aber ich weiß es nicht wirklich. Ich kann mich nicht mehr erinnern. Man hat mir nur gesagt, dass dieser Pass abgelaufen ist. Wo er ist, weiß ich nicht.
R: Können Sie den Inlands- und Auslandsreisepass mittlerweile vorlegen? (Aufforderung AS 67)
BF: Ich habe diese Pässe nicht.
R: Wie wollen Sie dann heiraten?
BF: Ist das notwendig, einen Pass zu haben, wenn man hier heiratet?
R: Ja.
BF: Man hat mir gesagt, dass die weiße Karte ausreichend ist.
R: Wo ist Ihr Mobiltelefon aus der Russischen Föderation?
BF: Als ich hierherkam, hatte ich kein Telefon.
R: Wo ist es?
BF: Ich hatte kein Telefon, als ich gekommen bin.
R: Wie haben Sie dann mit Ihrem Mann über Internet kommuniziert?
BF: Als ich nach Österreich kam, hatte ich kein Telefon. Zuhause hatte ich schon Telefon. Ich und mein Mann standen zuerst über Internet bzw. Instagram in Verbindung.
R: Warum haben Sie Ihr Telefon nicht mitgenommen.
BF: Ich habe das Telefon meiner Mutter gegeben.
R: Warum haben Sie Ihr Telefon nicht mitgenommen?
BF: Ich dachte nicht, dass ich das Telefon hier brauchen werde.
R: Sie wollten sich nicht bei Ihrer Mutter rühren: Meine erste Reise, alles funktioniert?
BF: Das wollte ich.
R: Warum nehmen Sie dann Ihr Handy nicht mit?
BF: Ich dachte, dass ich hier kein Telefon brauchen werde.
R: Warum?
BF: Ich war davon überzeugt, dass mein Mann mir hier ein Telefon schenken wird.
R: Was, wenn der Schlepper nicht zur Oma Ihres Mannes gefahren wäre? Wie hätten Sie ihn dann in Österreich gefunden?
BF: Er hätte mich dorthin gebracht.
R: Wie hätten Sie ihn gefunden oder er Sie, wenn Sie kein Telefon dabeihaben.
BF: Die Großmutter hatte seine Telefonnummer. Ich wusste, dass sie eine hat.
R: Legen Sie Belege für Ihre Eheschließung in der Russischen Föderation vor!
BF: Nein.
R: Was heißt nein? Haben Sie keine?
BF: Ich habe keine Beweise. Wir haben in der Russischen Föderation geheiratet, aber nur nach dem muslemischen Ritus.
R: Legen Sie Belege für das Kennenlernen Ihres Mannes vor?
BF: In Tschetschenien, nein.
R: Was heißt nein. Haben Sie keine Belege?
BF: Ich habe keine Beweise.
R: Welche Internet-Dienste haben Sie verwendet, um mit Ihrem Mann zu kommunizieren?
BF: Über Instagram?
R: Welche Internetdienste haben Sie sonst noch verwendet, um mit ihm zu kommunizieren?
BF: Über Instagram standen wir in Kontakt und dann hat er unsere Beziehung sehr ernst genommen. Ich war damit einverstanden. Er hat mich dann gefragt, ob ich ihn heiraten will.
R: Beantworten Sie meine Frage, Welche Internetdienste haben Sie sonst noch verwendet, um mit ihm zu kommunizieren?
BF: Über What's App. Wir haben die Nummern ausgetauscht.
R: War die Nummer Ihres Mannes, an die Sie geschrieben haben, diese die er auch jetzt verwendet?
BF: Nein, er hat schon die Nummer gewechselt.
R: Warum?
BF: Als ich bei der Polizei war, als ich in XXXX um Asyl angesucht habe, hat man mir gesagt, dass ich nach XXXX gebracht werde. Damals hat mir mein Mann sein Handy gegeben und die SIM-Karte mit seiner Nummer. Er hatte dann kein Telefon. Er hat sich eine neue SIM-Karte gekauft und ein neues Handy.
R: Verstehe ich Sie richtig? Sie haben die alte SIM-Karte Ihres Mannes und das alte Handy.
BF: Nein, die SIM-Karte habe ich nicht mehr. Mein Mann hat mir eine neue SIM-Karte gekauft, als er nach XXXX zu mir kam. Die vorherige SIM-Karte habe ich ihm gegeben. Ich weiß nicht, was damit passiert ist.
R: Sie hätten über Auszüge und Screenshots von Instagram und Whatsapp Ihr Vorbringen zum Kennenlernen und zur muslimischen Eheschließung auf Distanz belegen können. Warum haben Sie das nicht gemacht?
BF: Ich habe die Korrespondenz mit meinem Mann gelöscht. Ich habe das nicht.
R Warum haben Sie das gemacht?