Entscheidungsdatum
08.01.2020Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W171 2227131-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA, als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Indien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst, ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl: XXXX , zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG i.V.m. § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.
III. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.
IV. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz im Umfang der Eingabengebühr wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 17.03.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz.
1.2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge auch BFA oder Behörde genannt) vom 16.04.2019 wurde sein Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen, subsidiärer Schutz nicht gewährt, ein Aufenthaltstitel gem. § 57 AsylG nicht erteilt und gegen ihn wurde ein Rückkehrentscheidung erlassen. Die Abschiebung nach Indien wurde für zulässig erklärt und gem. § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt, ein Einreiseverbot für die Dauer von 2 Jahren erlassen und dem BF gem. § 15b Abs. 1 AsylG aufgetragen, dauerhaft an einer konkreten Adresse Unterkunft zu nehmen.
1.3. Diese bescheidmäßige Entscheidung des BFA wurde in den verfahrenswesentlichen Punkten mit Erkenntnis des BVwG vom 29.05.2019 bestätigt und die Beschwerde dagegen als unbegründet abgewiesen. Das Erkenntnis des BVwG vom 29.05.2019 wurde der ausgewiesenen Rechtsvertretung am 29.05.2019 zugestellt, womit das Erkenntnis, sowie die Entscheidung des BFA in Rechtskraft erwuchs.
1.4. Seit 04.06.2019 besteht ein Festnahmeauftrag gem. § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG. Der BF ist seit 12.08.2019 von seiner Ehepartnerin geschieden.
1.5. Am 20.12.2019 widersetzte sich der BF einer Verkehrskontrolle, konnte jedoch schlussendlich angehalten werden. Er wurde am 20.12.2019 wegen des Verdachts gem. § 15 iVm § 269 StGB festgenommen bzw. angezeigt. Bei seiner Festnahme gab der BF an, dass er indischer Staatsbürger ohne Aufenthalts-, Beschäftigungs- und Lenkberechtigung sei und derzeit einer Tätigkeit als Essenszusteller nachginge. Auch sei er seit ca. 2 Wochen in Österreich aufhältig und habe keinen aufrechten Wohnsitz im Bundesgebiet. Um fremdenpolizeilicher Maßnahmen zu entgehen habe er sich der Anhaltung entziehen wollen. Der BF wurde daraufhin in ein Anhaltezentrum überstellt.
1.6. Mit gegenständlich angefochtenem Schubhaftbescheid vom 21.12.2019 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Im Bescheid wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF aufgrund seines Vorverhaltens die Kriterien der Fluchtgefahr im § 76 Abs. 3 Z 1, 2, 3, 8 und 9 FPG erfüllt habe, und die Verhängung der Schubhaft auch verhältnismäßig sei. Die privaten Interessen an der Schonung der persönlichen Freiheit hätte dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen. Die Verhängung eines gelinderen Mittels käme aufgrund des bisherigen Verhaltens nicht in Frage, da dies zur Sicherung der Ausreise nicht ausreichen würde. Die gegenständliche Verhängung der Schubhaft sei daher rechtmäßig erfolgt.
1.7. Mit Beschwerdeschriftsatz vom 02.01.2020 erhob der BF durch seine Rechtsvertretung die verfahrensgegenständliche Beschwerde gemäß § 22a BFA-VG. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, der BF sei als obdachlos bei Ute Bock gemeldet gewesen und sei selbstverständlich kooperationsbereit und ausreisewillig. Er werde sich dem weiteren Verfahren nicht entziehen. Fluchtgefahr liege nicht vor, da Schubhaft nie als Standardmaßnahme angewandt werden dürfe. Bisher sei der BF der indischen Botschaft nicht vorgeführt worden und läge auch kein Heimreisezertifikat vor. Weder eine illegale Einreise, das Fehlen beruflicher Integration oder einer Krankenversicherung, noch der Mangel finanzieller Mittel sei für sich genommen ausreichend. Der BF sei bereit einem gelinderen Mittel Folge zu leisten. Es sei nicht nachvollziehbar, aus welchem Grunde die Behörde daher von der Verhängung eines gelinderen Mittels Abstand genommen habe. Der Zweck der Sicherung der Abschiebung hätte im vorliegenden Fall auch durch ein gelinderes Mittel in Form einer periodischen Meldeverpflichtung oder der angeordneten Unterkunftnahme erreicht werden können.
Das Ermittlungsverfahren sei mangelhaft geführt worden, da sich der Bescheid lediglich auf die vorliegende polizeiliche Einvernahme stütze und nicht ermittelt worden sei, ob der BF sich kooperativ zeige und bereit wäre, nach Indien auszureisen.
Es existiere kein Hinweis darauf, dass seitens der Botschaft für den BF tatsächlich ein Heimreisezertifikat ausgestellt werde. Die Verhängung der gegenständlichen Schubhaft sei daher nicht rechtmäßig erfolgt.
Beantragt werde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie der Ersatz der Verfahrenskosten.
1.8. Am 03.01.2020 legte die Behörde nach Urgenz des Gerichts Teile des gegenständlichen Schubhaftakts vor und kündigte eine Stellungnahme für den 07.01.2020 an.
1.9. Ebenso am 03.01.2020 wurde der BF seitens der Behörde einvernommen und gab im Wesentlichen an, gesund zu sein und nicht in ärztlicher Behandlung zu stehen. Sein Reisepass befinde sich in seinem Hotelzimmer. Er wolle zwar ausreisen und wieder heimkehren, aber erst in 7-8 Monaten, im Sommer. Er sei in Österreich nicht gemeldet. Er habe sich nicht anmelden können, da ihn sonst die Polizei festgenommen hätte. Bei dem Vorfall mit der Verfolgungsjagd hätte er flüchten können, habe jedoch freiwillig aufgegeben.
1.10. In der Stellungnahme vom 07.01.2020 wurde ausgeführt, dass im Zentralen Melderegister eine Obdachlosmeldung des BF beim Verein "Ute Bock" nicht aufscheine und aufgrund der Tatsache, dass ein Reisepass des BF vorhanden sei, von einer baldigen Abschiebung auszugehen sei. Die Rückreisewilligkeit des BF sei weiterhin zu bezweifeln, da der BF eine freiwillige Heimkehr erst in 5-8 Monaten wolle.
Eine Vorführung des BF vor die Botschaft habe bisher noch nicht erfolgen können, da der BF seit dem 25.04.2019 bis zum 21.12.2019 flüchtig gewesen sei. Der BF habe mehrere Tatbestände der Fluchtgefahr verwirklicht und eine Anordnung zur Unterkunftnahme missachtet. Die Verhängung eines gelinderen Mittels scheide daher aus. Die Verwendung der polizeilichen Einvernahme vom 20.12.2019 für die Schubhaftverhängung sei jedenfalls ausreichend gewesen. Die gegenständliche Schubhaft sein rechtmäßig verhängt worden.
Anträge wurden nicht gestellt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zur Person:
1.1. Der BF reiste illegal in das Bundesgebiet ein und ist indischer Staatsangehöriger. Er ist jedenfalls Fremder i.S.d. Diktion des FPG.
1.2. Er stellte am 17.03.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bisher hat der BF keinen gültigen dauerhaften Aufenthaltstitel in Österreich erhalten und wurden eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot gegen ihn erlassen.
1.3. Der BF ist gesund und haftfähig.
1.4. Er hat in Österreich ein Verfahren wegen des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt laufen, ist jedoch zum Entscheidungszeitpunkt nicht vorbestraft. Er hat in diesem Zusammenhang auch mehrere Verwaltungsübertretungen, die einer gesonderten Verfolgung unterliegen, begangen.
Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft:
2.1. Mit Erkenntnis des BVwG vom 29.05.2019 wurde die gegen den BF ausgesprochene Rückkehrentscheidung bestätigt. Die Rückkehrentscheidung ist aktuell durchsetzbar.
2.2. Der BF wurde der indischen Botschaft bisher nicht vorgeführt. Durch das Vorliegen eines Reisepasses bzw. einer Passkopie ist von einer baldigen Abschiebemöglichkeit des BF nach Indien auszugehen. Für den BF wurde bereits für den XXXX ein Rückflug gebucht.
2.3. Der BF ist haftfähig.
Zum Sicherungsbedarf:
3.1. Gegen den BF liegt eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.
3.2. Der BF ist aktuell zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht rückkehrwillig.
3.3. Er ist nicht vertrauenswürdig.
3.4. Der BF ist im Inland untergetaucht und war vom 25.04.2019 bis zu seiner Festnahme für die Behörde nicht greifbar. Er war polizeilich nicht gemeldet und unbekannten Aufenthalts.
3.5. Der BF ist bisher nicht kooperativ gewesen.
3.6. Trotz bestehendem Einreiseverbot reiste er anfangs Dezember 2019 erneut in Österreich ein.
3.7. Eine gemäß § 15b Abs. 1 AsylG angeordnete Unterkunftnahme hat der BF in der Vergangenheit missachtet und ist er wiederholt nachts nicht in seine Betreuungsstätte zurückgekehrt.
Zur familiären/sozialen Komponente:
4.1. Der BF ist in Österreich nicht relevant integriert und konnte keine soziale bzw. familiäre Vernetzung in Österreich glaubhaft darlegen oder nachzuweisen.
4.2. Der BF geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und ist daher auch auf Grundlage einer legalen Arbeit nicht selbsterhaltungsfähig.
4.3. Der BF arbeitete illegal und verfügte über geringe finanziellen Mittel zur Existenzsicherung.
4.4. Er verfügt nicht über einen gesicherten Wohnsitz.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Person und zum Verfahrensgang (1.1.-1.4.):
Die Feststellungen zum Verfahrensgang und zur Person des BF sowie zum Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung ergeben sich im Wesentlichen aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und des Gerichtsakts des Bundesverwaltungsgerichtes (1.1. u. 1.2.). Der BF ist nach den Angaben im Verwaltungsakt als indischer Staatsangehöriger identifiziert worden. Ein Reisepass bzw. eine Passkopie liegt vor.
In der Einvernahme vom 03.01.2020 bestätigte der BF seine Gesundheit und liegen darüber hinaus keine Anhaltspunkte für das Fehlen einer Haftfähigkeit vor (1.3.).
Aufgrund einer im Akt einliegenden polizeilichen Meldung ergibt sich, dass der BF im Rahmen einer motorisierten Verfolgungsjagd einer polizeilichen Kontrolle entgehen wollte. Diesbezüglich ist von polizeilichen Vorerhebungen wegen versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt auszugehen. Mit dieser Tathandlung einhergehend hat der BF auch Verwaltungsübertretungen begannen, die jedenfalls den Gegenstand eines abgesonderten Verwaltungsstrafverfahrens bilden (1.4).
2.2. Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft (2.1.-2.3.):
Die Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten und wurde seitens des BF auch in keiner Weise in Zweifel gezogen. Mit Erkenntnis des BVwG vom 29.05.2019 wurde die Beschwerde in den wesentlichen Punkten abgewiesen. Eine Zustellung dieses Erkenntnisses erfolgte am selben Tage. Die behördliche Rückkehrentscheidung ist daher mit 29.05.2019 in Rechtskraft erwachsen und sohin durchsetzbar (2.1.).
Aufgrund einer ergänzenden Information der Behörde ergibt sich, dass für den BF bereits für den XXXX ein Rückflug nach Indien gebucht wurde. Die Tatsache, dass für den BF Dokumente vorliegen begründen die Ansicht, dass einer baldigen Rückkehr des BF keine wesentlichen Hindernisse entgegenstehen. Die Befürchtung der beschwerdeführenden Partei, seine Ausreise (Abschiebung) könne sich über die Gebühr verzögern, ist daher nach derzeitigem Stand der Dinge unbegründet (2.2.).
Im gesamten Verfahren sowie in der Beschwerdeschrift finden sich keine Hinweise darauf, dass der BF nicht haftfähig sein könnte (2.3.).
2.3. Zum Sicherungsbedarf (3.1.-3.7.):
Das Vorliegen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme ergibt sich, wie bereits erwähnt, aus den Angaben im vorliegenden Akt. Hiezu darf auf die Ausführungen zu 2.1. verwiesen werden (3.1.).
Die aktuell fehlende Rückkehrwilligkeit (3.2.) ergibt sich aus der konkreten, glaubwürdigen und mehrfach wiederholten Aussage des BF im Rahmen der Einvernahme vom 03.01.2020 in welcher er wiederholt angibt, ausreisewillig zu sein, dies jedoch erst in einigen Monaten. Da das Gericht im Rahmen der Bescheidüberprüfung bzw. der Zukunftsprognose für die weitere Anhaltung nicht von einer vagen Absichtserklärung für die Zukunft ausgehen kann, geht das Gericht in weiterer Folge davon aus, dass der BF, wie festgestellt, nicht rückkehrwillig war bzw. ist.
Die fehlende Vertrauenswürdigkeit (3.3.) ergibt sich bereits klar aus der Tatsache, dass gegen den BF Vorerhebungen wegen des Verdachts des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt eingeleitet worden sind. Diesbezüglich war es für das Gericht daher nicht möglich von einer Vertrauenswürdigkeit des BF auszugehen.
Aufgrund der Aktenlage ergibt sich, dass der BF im Jahr 2019 für die Behörde unauffindbar untergetaucht ist und auch in dieser Phase keine polizeiliche Meldung vorgelegen ist. Durch Einblick in das Zentrale Melderegister lässt sich auch sehen, dass keine Obdachlosenmeldung des BF gegeben war (3.4).
Der BF hat selbst in der Einvernahme vom 03.01.2020 angegeben, keine polizeiliche Meldung vorgenommen zu haben, damit ihn die Polizei nicht festnehmen und abschieben hätte können. Daraus entspringt die unter 3.5. getroffene Feststellung, dass der BF jedenfalls nicht als kooperativ anzusehen ist. Auch lässt sich aus dem gesamten Vorverhalten des BF keine wesentliche Kooperation erblicken, weshalb auch die vom BF nunmehr behauptete Kooperationswilligkeit als reine Schutzbehauptung zu qualifizieren gewesen ist (3.5.).
Aufgrund der Akteninformation im Zusammensicht mit den Angaben des BF im Rahmen der Einvernahme vom 03.01.2020 ergibt sich, dass der BF etwa Anfang Dezember 2019 trotz bestehenden Einreiseverbots wieder in Österreich eingereist ist (3.6.).
Gemeinsam mit dem abweisenden Asylbescheid des BFA wurde dem BF auch behördlich rechtsverbindlich aufgetragen, sich an einen bestimmten Ort aufzuhalten (angeordnete Unterkunftnahme) die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde wurde ausgeschlossen, und dies auch in Folge durch das BVwG bestätigt. Dennoch hat der BF diese angeordnete Unterkunftnahme aufgrund der Information aus dem Akt in der Vergangenheit missachtet und ist wiederholt nachts nicht in seine Betreuungsstätte zurückgekehrt (3.7.).
2.4. Familiäre/soziale Komponente (4.1.-4.4.):
Basierend auf die gerichtlichen Feststellungen des BVwG im Erkenntnis XXXX vom 29.05.2019 aus dem sich ergibt, dass bereits im damaligen Asylverfahren keine Hinweise auf eine maßgeblichen Grad an Integration oder allfälliger sozialer bzw. integrativer Verfestigung des BF in Österreich festgestellt werden konnte, wurden seitens des erkennenden Gerichts alle zur Verfügung stehenden Einvernahmen, sowie die Beschwerdeschrift für die Beurteilung der familiären/sozialen Komponente herangezogen. Dabei hat sich ergeben, dass der BF nunmehr von seiner Ehegattin geschieden ist. Ein Familienleben mit dieser bestand zuvor nicht. Es war daher im Sinne der Feststellung (4.1.) von keiner berücksichtigungswürdigen sozialen Verfestigung bzw. Vernetzung des BF in Österreich auszugehen.
Hinweise auf eine legale Erwerbstätigkeit und eine damit im Zusammenhang zu bringende Selbsterhaltungsfähigkeit waren nicht ersichtlich (4.2.).
Das Verfahren ergab vielmehr, dass der BF, der im Rahmen einer illegalen Erwerbstätigkeit von der Polizei betreten und festgenommen wurde, durch illegale Arbeit über geringe finanzielle Mittel verfügt hat (4.3.).
In der Einvernahme vom 03.01.2020 gesteht der BF zu, keinen gesicherten Wohnsitz und auch keine Meldeadresse zu haben. Auch an der von ihm angegeben Unterkunftsadresse hat er sich nicht angemeldet. Es handelt sich dabei um ein Hotel (4.4.).
2.5. Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen.
Von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die geklärte Sachlage Abstand genommen werden.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft:
3.1.1. Gesetzliche Grundlage:
Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.
Zur Judikatur:
3.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, "dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig"(VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, "weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese 'Einstellungsänderung' durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfeststellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessene Verzögerung zu erblicken)." (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).
3.1.3. Aufgrund des gerichtlichen Beweisverfahrens sieht das Gericht im vorliegenden Fall Sicherungsbedarf für gegeben an. Der BF hält sich nicht rechtmäßig im Inland auf und es besteht gegen den BF seit mehreren Monaten eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung. Der BF ist nach den gerichtlichen Feststellungen aktuelle nicht als rückkehrwillig einzustufen und führte er hiezu selbst aus, erst in einigen Monaten tatsächlich ausreisen zu wollen. Der BF war nach den Angaben im Akt in der Zeit vom 25.04.2019 bis zu seiner Festnahme am 20.12.2019 für die Behörde nicht greifbar und auch polizeilich in Österreich nicht gemeldet. Aufgrund der eigenen Angaben des BF ergibt sich, dass der BF in der Zwischenzeit aus Österreich ausgereist ist und erst anfangs Dezember 2019 trotz bestehenden Einreiseverbots erneut in Österreich eingereist ist.
Der BF hat gegen die über ihn bescheidmäßig verhängte angeordnete Unterkunftnahme gemäß § 15 b Abs. 1 AsylG verstoßen und sich nicht an diese behördliche Anordnung gehalten.
Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung des Vorverhaltens des Beschwerdeführers kann dieser weder als vertrauenswürdig, noch als kooperativ angesehen werden. Die fehlende Vertrauenswürdigkeit basiert im Wesentlichen auf seinem bisheriges Verhalten, insbesondere auf seiner Flucht vor einer Polizeikontrolle, die schließlich zu seiner Festnahme geführt hatte. Das Gericht konnte in weiterer Folge auch keine Kooperativität des BF feststellen, da dieser auch ganz konkret angegeben hatte, sich polizeilich im Inland nicht weiter gemeldet zu haben, damit die Polizei ihn nicht zu einer Ausreise verhalten könne.
Zudem haben weder die gerichtlichen, noch die behördlichen Recherchen ergeben, dass der BF im Inland über wesentliche soziale Anknüpfungspunkte verfügen würde, die geeignet wären, diesem von einem möglichen Untertauchen tatsächlich abzuhalten. Der BF ist in Österreich nicht legal erwerbstätig und verfügt trotz illegaler Erwerbstätigkeit nicht über ausreichende Geldreserven, um seine Existenz dauerhaft in Österreich sichern zu können. Nach den Angaben im behördlichen Akt ist der BF nunmehr geschieden. Ein familiäres Zusammenleben fand auch vor der Scheidung nicht statt. Das Gericht konnte daher nicht davon ausgehen, dass eine ausreichende soziale Vernetzung in Österreich bestehen könnte. Das Vorhandensein eines gesicherten Wohnsitzes hat das Verfahren nicht ergeben, zumal der BF in der Einvernahme vom 03.01.2020 dies auch selbst so angibt.
Das Gericht sieht daher im Gleichklang mit der Behörde, Sicherungsbedarf im Sinne der Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 76 Abs. 3 Z 1, 2, 3, 8 und 9 FPG für gegeben an.
3.1.4. Darüber hinaus ist die Verhältnismäßigkeit der Schubhaftnahme nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ebenso gegeben. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer im Ergebnis keine familiäre/sozialen Kontakte im Inland hat. Der BF hat gegen verwaltungsrechtliche und aller Voraussicht nach auch gegen strafrechtliche Bestimmungen verstoßen und damit zum Ausdruck gebracht, dass er ganz klar keine Unterordnung unter das im Inland bestehende Rechtssystem beabsichtigt (versuchter Widerstand gegen die Staatsgewalt!). Er hat in Österreich einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz gestellt und wurde über ihn eine Rückkehrentscheidung und auch ein Einreiseverbot verhängt. Die Republik Österreich hat damit nach Ansicht des Gerichts nunmehr ausreichend klar dargestellt, dass ein Verbleib des BF im Inland zumindest derzeit rechtlich nicht gedeckt ist und sohin auch ein erhöhtes Interesse an einer Außerlandesbringung des BF kundgetan. Die spärlich erwiesenen inländischen Kontakte können die persönlichen Interessen des BF am Verbleib auf freiem Fuße nicht ausreichend stärken um ein Überwiegen des öffentlichen Interesses an der gesicherten Außerlandesbringung des BF und eines geordneten Fremdenwesens erfolgreich herabzumindern. Das Gericht geht daher - wie oben angeführt - von der Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft aus, zumal die Bemühungen des BFA eine baldige Abschiebung durchführen zu können, im Rahmen des Verfahrens deutlich hervorgekommen sind. Der BF hat sich in der Vergangenheit gar nicht ausreisewillig gezeigt und ist es auch aktuell nicht. Auch dies war bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft ebenso als evidentes Interesse der Allgemeinheit, den BF Außerlandes zu bringen, zu berücksichtigen. Darüber hinaus sind keine weiteren Gründe für eine mögliche Unverhältnismäßigkeit der Haft im gerichtlichen Verfahren hervorgekommen.
Die Verhältnismäßigkeit der verhängten Schubhaft ist daher gegeben.
3.1.5. Die Anordnung eines gelinderen Mittels führt nach Ansicht des Gerichts nicht zu einer ausreichenden Sicherung der Durchführbarkeit einer konkreter werdenden Abschiebung. Die Kriterien, die bereits unter dem Punkt "Sicherungsbedarf" erörtert wurden, zeigen eindeutig, dass der BF in keiner Weise vertrauenswürdig ist und über keine Kontakte im Inland verfügt. Eine jederzeitige Erreichbarkeit des Beschwerdeführers, auch an einem von der Behörde bestimmten Ort, ist daher nach Ansicht des Gerichts nicht mit der erforderlichen Sicherheit gewährleistet, zumal der BF bereits eine gültige, angeordnete Unterkunftnahme geradezu ignoriert hat und untergetaucht ist. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, der ein evidentes Interesse daran hat, dass er im Inland verbleiben kann, sich einer zu erwartenden Abschiebung nunmehr freiwillig stellt und für die Behörde tatsächlich erreichbar bleiben würde. Auch eine familiäre Bindung, die unter Umständen Halt bieten könnte, ist in der Form nicht vorhanden. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist die Behörde daher zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen nicht gefunden werden kann.
Den Ausführungen zur Verhängung eines gelinderen Mittels im Rahmen der Beschwerdeschrift konnte nicht gefolgt werden. Die dort zitierte Entscheidung des BVwG (im Übrigen handelt es sich dabei um dieselbe Gerichtsabteilung wie im vorliegenden Fall) geht von einem anderen Sachverhalt aus. Während in der zitierten Entscheidung mit Ausnahme eines geringen Meldevergehens sonst nicht gegen vergleichbare Auflagen verstoßen wurde, hat der BF im vorliegenden Fall bereits mehrfach Auflagen zur Unterkunftnahmen missachtet. Der BF missachtete am 18.03.2019, 27.03.2019, 18.04.2019, 24.04.2019 und 25.04.2019 die seine Person betreffend ausgesprochene Anordnung zur Unterkunftnahme gemäß § 15 b Abs. 1 AsylG und wurde daher am 25.04.2019 aus der Grundversorgung entlassen und vom Quartier abgemeldet. Eine Vergleichbarkeit mit dem zitierten Judikat ist nicht erkennbar.
3.1.6. Die gegenständlich verhängte Schubhaft erweist sich daher auch als "ultima ratio" und wird die Schubhaft auch bis zur Entscheidung über die Ausstellung eines Heimreisezertifikates und der darauffolgenden Abschiebung weiterzuführen sein. Auf Grund des zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch Verhältnismäßigkeit gegeben sind und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der "ultima ratio" im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben.
3.1.7. Die Behörde hat im gegenständlichen bekämpfen Schubhaftbescheid die Beweggründe für die Erforderlichkeit der Verhängung der Haft erkennbar aufgezeigt und sich mit der konkreten Situation des BF auseinandergesetzt. Wie oben näher ausgeführt wird, gelangt die gerichtliche Überprüfung der laufenden Schubhaft nicht zu einer Unrechtmäßigkeit der bescheidmäßigen Verhängung.
3.1.8. Im vorliegenden Fall konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens hinreichend geklärt werden konnte. Der Sachverhalt konnte aus den Akten (in Zusammensicht mit den gerichtlichen Feststellungen im Asylverfahren) abschließend ermittelt und beurteilt werden und wurde in der Beschwerdeschrift auch nicht näher dargelegt, weshalb die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung im konkreten Fall notwendig sein soll. Gründe für die zwingende Abhaltung einer mündlichen Verhandlung liegen daher nicht vor. Das Gericht weicht nicht von der Beweiswürdigung der Behörde ab und hat sich bereits aus dem vorliegenden Akteninhalt klar für das Gericht ausreichend dargestellt, dass von einer für die Abschiebung ausreichenden Kooperation des BF nicht ausgegangen werden konnte.
Zu Spruchpunkt II. - Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft:
Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
Zu Spruchpunkt III.
Die beschwerdeführende Partei begehrte den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, besteht keine Ersatzanspruch der beschwerdeführenden Partei. Die Behörde stellte keinen Kostenersatzantrag.
Zu Spruchpunkt IV. (Ersatz der Eingabengebühr):
In diesem Punkt darf auf die langjährige Spruchpraxis des BVwG verwiesen werden, wonach für den Ersatz der Eingabengebühr auch weiterhin keine Rechtsgrundlage gegeben ist.
Zu Spruchpunkt B. - Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Wie zu Spruchpunkt I. und II. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.
Schlagworte
Ausreisewilligkeit, Einreiseverbot, Fluchtgefahr, Kostenersatz,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W171.2227131.1.00Zuletzt aktualisiert am
10.03.2020