Entscheidungsdatum
08.01.2020Norm
AsylG 2005 §35 Abs1Spruch
W161 2225163-1/7E
W161 2225420-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft XXXX vom 19.09.2019, Zl. XXXX /RECHT/0037/2019, aufgrund des Vorlageantrags von 1.) mj. XXXX , geb. XXXX und 2.) mj. XXXX , geb. XXXX , beide StA. Somalia, beide vertreten durch Michael Waldenberger, Österreichisches Rotes Kreuz, über die Beschwerden gegen die Bescheide der Österreichischen Botschaft XXXX vom 06.08.2019, beschlossen:
A)
Den Beschwerden wird gemäß § 28 Abs. 1 und 5 VwGVG stattgegeben und die bekämpften Bescheide werden ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Die beiden Minderjährigen sind Staatsangehörige aus Somalia und stellte für diese ihre Mutter XXXX unter Vorlage diverser Urkunden am 02.05.2018 (elektronisch) und am 05.07.2018 (persönlich) bei der österreichischen Botschaft XXXX jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG. Begründend wird darin ausgeführt, der Kindesmutter sei mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) vom 22.02.2018 der Status der Asylberechtigten zuerkannt worden. Der Kindesvater sei verstorben.
2. Am 05.07.2018 wurde den Beschwerdeführern ein Verbesserungsauftrag von der österreichischen Botschaft XXXX (im Folgenden "ÖB XXXX ") erteilt.
3. In der Mitteilung gemäß § 35 Absatz 4 AsylG 2005 vom 23.10.2018 teilte das BFA mit, dass nach Prüfung der Sachlage die Gewährung des Status von Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Obsorge durch die Bezugsperson nicht mit Sicherheit gewährleistet sei, weil die Echtheit der Sterbeurkunde des Vaters der Antragsteller bedenklich sei. Aufgrund der Tatsache, dass die Sterbeurkunde weder überprüft, noch anerkannt werden könne, sei nicht feststellbar, ob der Kindesvater verstorben sei.
4. Mit Schreiben der ÖB XXXX vom 24.10.2018, zugestellt am selben Tag, wurde den Beschwerdeführern die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihnen wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das Bundesamt nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Zur Begründung wurde auf die Mitteilung und Stellungnahme des Bundesamtes verwiesen. Die Mitteilung und Stellungnahme des BFA wurden dem Schreiben angeschlossen.
5. Die Beschwerdeführer brachten keine Stellungnahme ein.
6. Jeweils mit Bescheid vom 25.02.2019, zugestellt am selben Tag, wies die ÖB XXXX die Anträge der nunmehrigen Beschwerdeführer auf Erteilung eines Einreisetitels mit Verweis auf die Beurteilung durch das Bundesamt für Fremdenwesen uns Asyl gemäß § 26 FPG iVm § 35 Abs. 4 AsylG 2005 ab.
7. Am 25.02.2019 übermittelte der von der Kindesmutter bevollmächtigte Vertreter der Beschwerdeführer per E-Mail eine Stellungnahme an die ÖB XXXX , in welcher dieser erklärt, die Aufforderung zur Stellungnahme sei ihm versehentlich nicht augenscheinlich geworden, wofür er sich entschuldigen möchte. Die laut Mitteilung der österreichischen Botschaft später zur Stellungnahme aufgeforderte obsorgeberechtigte Großmutter sei Analphabetin und habe keine Zustellvollmacht, eine Stellungnahme ihrerseits wäre demnach weder möglich noch zumutbar.
8. Mit E-Mail vom 26.02.2019 teilte die ÖB XXXX dem Vertreter der Beschwerdeführer Folgendes mit: "Die Botschaft gewährt eine Nachfrist für die Aufforderung zur Stellungnahme bis zum 05.03.2019. Den Bescheid vom 22.09.2019 können Sie als gegenstandslos beachten. Die Aufforderung zur Stellungnahme wurde nochmals im Anhang übermittelt. Die Botschaft bittet um eine unverzügliche Mailbestätigung."
9. Am 04.03.2019 langte eine Stellungnahme der Beschwerdeführer bei der ÖB XXXX ein. Diese Stellungnahme wurde neuerlich dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) übermittelt.
10. Am 27.05.2019 langte bei der ÖB XXXX eine englischsprachige Urkunde (angeblich Sorgerechtsbestätigung aus Somalia) ein.
11. Mit Mitteilung vom 14.06.2019 teilte das BFA neuerlich mit, dass die Gewährung des Status der Asylberechtigten in den vorliegenden Fällen nicht wahrscheinlich sei.
12. Mit E-Mail vom 20.06.2019 fragte die ÖB XXXX beim BFA an, ob es sich bei der Mitteilung/Stellungnahme um einen "negativ-Bescheid" oder um eine nochmalige Aufforderung zur Stellungnahme handle.
13. Am 28.06.2019 brachten die Beschwerdeführer eine weitere Stellungnahme ein.
14. Mit Mitteilung vom 02.08.2019 teilte das BFA mit, dass sich an der bisherigen Beurteilung des Sachverhalts nicht geändert habe.
15. Jeweils mit Bescheid vom 06.08.2019 wurden die Anträge der nunmehrigen Beschwerdeführer auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG neuerlich abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, die Obsorge durch die Bezugsperson sei nicht mit Sicherheit gewährleistet, da die Echtheit der Sterbeurkunde des Vaters der Antragsteller bedenklich sei. Ebenso sei der Obsorge-Beschluss bedenklich und bestehe ein tatsächliches Familienleben im Sinne des Artikel 8 EMRK nicht oder nicht mehr.
Die Bescheide wurden jeweils am 06.08.2019 zugestellt.
16. Gegen diese Bescheide wurde jeweils am 03.09.2019 eine Beschwerde der Antragsteller eingebracht.
17. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 08.10.2019, zugestellt am selben Tag, wurde die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
18. Mit Schreiben vom 11.10.2019 wurde der verfahrensgegenständliche Vorlageantrag gestellt.
19. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 06.11.2019 wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen und Beweiswürdigung:
Der unter I. dargestellte Verfahrensgang, wie er sich aus dem Verwaltungsakt ergibt, wird zur Feststellung erhoben.
2. Rechtliche Beurteilung:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) idgF lauten wie folgt:
"§ 2 Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).
Beschwerdevorentscheidung
§ 14 (1) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.
(2) Will die Behörde von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absehen, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
Vorlageantrag
§ 15 (1) Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3), und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.
(2) Ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag hat aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde
1. von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat;
2. von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hatte, die Behörde diese jedoch zuerkannt hat.
Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen und den sonstigen Parteien die Vorlage des Antrags mitzuteilen.
(3) Verspätete und unzulässige Vorlageanträge sind von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen.
§16 [ ... ]
Verfahren vor dem Verwaltungsgericht
Anzuwendendes Recht
§ 17 Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte."
Erkenntnisse
"§ 28 (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
(4... )"
§§ 11, 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lauten:
"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.
(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.
(9) Für Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§2 Abs. 4 Z 13) oder Praktikanten (§ 2 Abs.4 Z.13a) ist Art. 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."
Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 idgF (AsylG) lauten wie folgt:
Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden
§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.
§ 28 Abs. 1 bis 3 VwGVG lautet wie folgt:
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das
Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Zu A) Stattgebung der Beschwerden:
Zunächst ist auszuführen, dass der vorliegende Akt dem Bundesverwaltungsgericht unvollständig vorgelegt wurde. So fehlten insbesondere der angefochtene Bescheid vom 06.08.2019, der Vorlageantrag und wurde eine nicht datierte Beschwerdevorentscheidung angeschlossen.
Im vorliegenden Akt wurde der ausgewiesene rechtliche Vertreter der Beschwerdeführer nachweislich am 24.10.2018 zu einer Stellungnahme aufgefordert.
Nachdem innerhalb der Frist von einer Woche keine Stellungnahme der Beschwerdeführer einlangte, wurde von der ÖB XXXX am 25.02.2019 jeweils ein abweisender Bescheid erlassen, welcher samt Rechtsmittelbelehrung am 26.02.2019 zugestellt wurde.
Die Beschwerdeführer hätten somit die Möglichkeit gehabt, gegen diesen ersten Bescheid vom 25.02.2019 innerhalb der Rechtsmittelfrist Beschwerde zu erheben, haben von dieser Möglichkeit jedoch nicht Gebrauch gemacht.
Die weitere Vorgehensweise der österreichischen Botschaft ist rechtlich nicht gedeckt und kann vom Beschwerdegericht nicht nachvollzogen werden. Die einen Tag nach Erlassung und nachweislicher Zustellung der Bescheide vom 25.02.2019 per E-Mail gewährten "Nachfrist" für die Aufforderung zu einer Stellungnahme bis zum 05.03.2019 sowie die Mitteilung, der Empfänger könne den Bescheid vom 22.09.2019 (dieses Datum kann keinesfalls stimmen, das Mail stammt vom 26.02.2019 und gab es zu diesem Zeitpunkt nur einen Bescheid vom 25.02.2019!) als gegenstandslos zu betrachten, haben keine rechtliche Deckung.
Für den Fall, dass eine Partei eine verfahrensrechtliche Frist versäumt, hat sie die Möglichkeit nach § 73 AVG einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu stellen. Ein solcher Antrag wurde in casu nachweislich nicht eingebracht.
Auch kann die bescheiderlassende Behörde von Amtswegen Bescheide, aus denen niemanden ein Recht erwachsen ist, aufheben oder abändern. Voraussetzung dieser Vorgehensweise nach § 68 Abs. 2 AVG ist jedoch, dass der betreffende Bescheid bereits in Rechtkraft erwachsen ist, innerhalb offener Rechtsmittelfrist ist eine derartige Vorgehensweise nicht möglich.
§ 14 VwGVG sieht im Wege der Beschwerdevorentscheidung vor, dass eine Behörde den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufheben, abändern oder die Beschwerde zurückweisen oder abweisen kann. Diese Vorgehensweise setzt jedoch das Vorliegen einer Beschwerde voraus.
Die hier von der Behörde gewählte Vorgehensweise der Partei, nach Erlass des ersten Bescheides eine Frist zur Stellungnahme einzuräumen und in der Folge am 06.08.2019 je einen weiteren, in der Entscheidung gleichlautenden Bescheid zu erlassen, ist nicht zulässig.
Diese neuerlichen Bescheide vom 02.08.2019 waren somit ersatzlos zu beheben.
Da gegen die ordnungsgemäß erlassenen und zugestellten Bescheide vom 25.02.2019 kein Rechtsmittel erhoben wurde, sind diese Bescheide auch nicht Gegenstand des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens.
Ergänzend ist auf einen gravierenden Formfehler in den Beschwerden hinzuweisen, auf dessen Behebung die erstinstanzliche Behörde nicht hinwirkte. So wurde entgegen der Bestimmung des § 11a Abs. 1 FPG der Beschwerde nur eine Stellungnahme vom 28.06.2019 sowie eine Vollmacht angeschlossen. Die im Verfahren vorgelegten Urkunden fehlen gänzlich, ebenso deren Übersetzung in die deutsche Sprache.
Zu der hier aufgrund des behaupteten Todes des obsorgeberechtigten Vaters aufgeworfenen Rechtsfrage ist abschließend auf die hierzu ergangene Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 24.09.2019 Zl. E1478/2019 zu verweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Formmangel, VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W161.2225163.1.00Zuletzt aktualisiert am
10.03.2020