TE Bvwg Beschluss 2020/1/8 L515 2217706-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.01.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

08.01.2020

Norm

BEinstG §14
BEinstG §2
BEinstG §3
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L515 2217706-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER und den fachkundigen Laienrichter RR Johann PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice vom 28.02.2019, OB: XXXX , mit welchem der Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten gemäß den Bestimmungen §§ 2 und 14 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) bewilligt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

I.1. Am 19.01.2019 (bei der bB einlangend am 23.01.2019) beantragte die beschwerdeführende Partei (nachfolgend auch: "bP") unter Beifügung eines Befundkonvolutes die Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten.

I.2. Mit Gutachten eines medizinischen Sachverständigen (Facharzt für Chirurgie und Arzt für Allgemeinmedizin) vom 27.02.2019 wurde hinsichtlich der bP ein Grad der Behinderung von 70 v.H. festgestellt.

I.3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 28.02.2019 wurde festgestellt, dass die bP mit einem Grad der Behinderung von 70 v.H. ab dem 23.01.2019 dem Kreis der begünstigten Behinderten angehört. Das Gutachten des medizinischen Sachverständigen vom 27.02.2019 wurde dem Bescheid beigelegt.

I.4. Mit einem bei der bB eingelangten Schreiben am 08.04.2019 erhob die bP gegen diesen Bescheid Beschwerde. Sie monierte die festgestellte Höhe des Grades der Behinderung.

I.5. Mit Schreiben vom 18.04.2019 erfolgte die Beschwerdevorlage; diese langte samt Verwaltungsakt am selben Tag beim Bundesverwaltungsgericht ein.

I.6. Im Rahmen einer nicht öffentlichen Beratung am beschloss der erkennende Senat die Beschwerde gegen den festgestellten Grad der Behinderung als unzulässig zurückzuweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Die bP beantragte am 19.01.2019 die Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten beim Sozialministeriumservice.

1.2. Mit Bescheid des Sozialministeriumservice vom 28.02.2019 wurde die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigen Behinderten betreffend die Beschwerdeführerin ab 23.01.2019 festgestellt. Darüber hinaus stellte die Behörde einen Grad der Behinderung von 70 v.H. fest.

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

-

Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

-

Behinderteneinstellungsgesetz BEinstG, BGBl. Nr. 22/1970 idgF

-

Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF

-

Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 19b Abs. 1 BEinstG idgF entscheidet in Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten der §§ 8, 9, 9a und 14 Abs. 2 das Bundesverwaltungsgericht durch den Senat.

Gemäß § 19b Abs. 3 BEinstG idgF sind die Vertreterinnen oder Vertreter der Arbeitgeber bei Senatsentscheidungen nach Abs. 2 von der Wirtschaftskammer Österreich zu entsenden. Die Vertreterin oder der Vertreter der Arbeitnehmer wird von der Bundesarbeitskammer entsandt. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 des Bundesbehindertengesetzes genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 des Bundesbehindertengesetzes anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

Gemäß § 19b Abs. 6 BEinstG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 14 Abs. 2 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Abs. 3 dritter und vierter Satz sind anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

Gemäß § 19b Abs. 7 BEinstG haben die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) in Verfahren nach Abs. 2, 4 und 6 für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozial- und Arbeitsrechts) aufzuweisen.

In Anwendung des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG iVm § 19b Abs. 1 BEinstG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet.

Bedingt durch den Umstand, dass im § 19b Abs. 1 BEinstG eine Senatszuständigkeit in Angelegenheiten des § 14 Abs. 2 BEinstG normiert ist, fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung des § 19b Abs. 3 BEinstG in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Schlussfolgernd ist das angeführte Gericht durch Senatsrichterentscheidung in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.

3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1 im Generellen und in den Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

3.4. § 2. (1) Begünstigte Behinderte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH. Österreichischen Staatsbürgern sind folgende Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH gleichgestellt:

1. Unionsbürger, Staatsbürger von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, Schweizer Bürger und deren Familienangehörige,

2. Flüchtlinge, denen Asyl gewährt worden ist, solange sie zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind,

3. Drittstaatsangehörige, die berechtigt sind, sich in Österreich aufzuhalten und einer Beschäftigung nachzugehen, soweit diese Drittstaatsangehörigen hinsichtlich der Bedingungen einer Entlassung nach dem Recht der Europäischen Union österreichischen Staatsbürgern gleichzustellen sind.

4. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 72/2013)

(2) Nicht als begünstigte Behinderte im Sinne des Abs. 1 gelten behinderte Personen, die

a) sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder

b) das 65. Lebensjahr überschritten haben und nicht in Beschäftigung stehen oder

c) nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften Geldleistungen wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit (dauernder Berufsunfähigkeit) bzw. Ruhegenüsse oder Pensionen aus dem Versicherungsfall des Alters beziehen und nicht in Beschäftigung stehen oder

d) nicht in einem aufrechten sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stehen und infolge des Ausmaßes ihrer Funktionsbeeinträchtigungen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auch auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (§ 11) nicht in der Lage sind.

(3) Die Ausschlussbestimmungen des Abs. 2 lit. a gelten nicht für behinderte Personen, die als Lehrlinge in Beschäftigung stehen, eine Ausbildung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege absolvieren, an einer Hebammenakademie oder einer entsprechenden Fachhochschule ausgebildet werden oder zum Zwecke der vorgeschriebenen Ausbildung für den künftigen, eine abgeschlossene Hochschulausbildung erfordernden Beruf nach Abschluss dieser Hochschulausbildung beschäftigt werden und die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen.

...

§ 2 Abs 2 BEinstG beinhaltet die Ausschlussgründe. Demnach gelten nicht als begünstigte Behinderte im Sinne des Abs. 1 behinderte Personen, welche

a) sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder

b) das 65. Lebensjahr überschritten haben und nicht in Beschäftigung stehen oder

c) nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften Geldleistungen wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit (dauernder Berufsunfähigkeit) bzw. Ruhegenüsse oder Pensionen aus dem Versicherungsfall des Alters beziehen und nicht in Beschäftigung stehen oder

d) nicht in einem aufrechten sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stehen und infolge des Ausmaßes ihrer Funktionsbeeinträchtigungen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auch auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (§ 11) nicht in der Lage sind.

Gemäß § 3 BEinstG ist eine "Behinderung" im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 14 Abs 1 BEinstG gilt als Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten die letzte rechtskräftige Entscheidung über die Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit mindestens 50 vH

a) eines Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (der Schiedskommission) bzw. des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen oder der Bundesberufungskommission im Sinne des Bundesberufungskommissionsgesetzes, BGBl. I 150/2002, oder des Bundesverwaltungsgerichtes;

b) eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung bzw. das Urteil eines nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, zuständigen Gerichtes;

c) eines Landeshauptmannes (des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales) in Verbindung mit der Amtsbescheinigung gemäß § 4 des Opferfürsorgegesetzes;

d) in Vollziehung der landesgesetzlichen Unfallfürsorge (§ 3 Z 2 Beamten-, Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 200/1967).

Die Feststellung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Nachweis gilt zugleich als Feststellung des Grades der Behinderung. Die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten (§ 2) auf Grund der in lit. a) bis d) genannten Nachweise erlischt mit Ablauf des dritten Monates, der dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung folgt, sofern nicht der begünstigte Behinderte innerhalb dieser Frist gegenüber dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen erklärt, weiterhin dem Personenkreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten angehören zu wollen.

§ 14 Abs 2, § 27 Abs. 1 und 1a in der Fassung BGBl. I 81/2010 sind seit 01.09.2010 in Kraft (§ 25 Abs 12 BEinstG auszugsweise).

Gemäß § 14 Abs 2 BEinstG hat - wenn ein Nachweis iSd Abs 1 nicht vorliegt - auf Antrag des Menschen mit Behinderung das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen den Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012) einzuschätzen und bei Zutreffen der im § 2 Abs 1 angeführten sonstigen Voraussetzungen die Zugehörigkeit zum Kreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten (§ 2) sowie den Grad der Behinderung festzustellen. Hinsichtlich der ärztlichen Sachverständigen ist § 90 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, anzuwenden. Die Begünstigungen nach diesem Bundesgesetz werden mit dem Zutreffen der Voraussetzungen, frühestens mit dem Tag des Einlangens des Antrages beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen wirksam. Sie werden jedoch mit dem Ersten des Monates wirksam, in dem der Antrag eingelangt ist, wenn dieser unverzüglich nach dem Eintritt der Behinderung (Abs. 3) gestellt wird. Die Begünstigungen erlöschen mit Ablauf des Monates, der auf die Zustellung der Entscheidung folgt, mit der der Wegfall der Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten rechtskräftig ausgesprochen wird.

Gemäß § 14 Abs. 5 BEinstG sind Anträge von begünstigten Behinderten (§ 2) auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung wegen Änderung des Leidenszustandes ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Feststellung noch kein Jahr verstrichen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes glaubhaft geltend gemacht wird.

3.4.1. Die Beschwerdeführerin erklärte sich mit dem festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden. Das Behinderteneinstellungsgesetz enthält als subjektiv öffentliches Recht, die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigen Behinderten bei Vorliegen der Voraussetzungen festzustellen.

Die prozessuale Berechtigung zur Erhebung einer Beschwerde gegen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit beim Verwaltungsgericht (Beschwerdelegitimation) ist auf verfassungsrechtlicher Ebene im Art 132 Abs 1 B-VG geregelt. Zur Erhebung einer Parteibeschwerde gemäß § 132 Abs. 1 Z 1 B-VG bedarf es der Behauptung der Verletzung in subjektiven öffentlichen Rechten einer physischen oder juristischen Person und die Möglichkeit der Rechtsverletzung (Faber, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Wien 2013, Rz 6 zu Art 132 B-VG). Dies fließt aus der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zur Frage der Beschwerdelegitimation vor diesen Gerichtshöfen, wonach zur Behauptung, in seinen Rechten verletzt zu sein, die Möglichkeit der Rechtsverletzung hinzutreten muss. Es muss zumindest die Möglichkeit bestehen, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde (vgl. VwGH 15.2.2011, 2008/05/0075; VwGH 30.6.2011, 2008/03/0168; VwGH 16.11.2011, 2011/17/0111).

Die Beschwerdelegitimation ist eine Prozessvoraussetzung, welche vorliegen muss, damit das Gericht in der Hauptsache (dh über den geltend gemachten Anspruch) verhandeln und erkennen kann. Das objektive Interesse einer beschwerdeführenden Partei an der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle ("Beschwer") liegt vor, wenn das angefochtene Verwaltungshandeln vom Antrag der beschwerdeführenden Partei an die Verwaltungsbehörde zu deren Nachteil abweicht (formelle Beschwer) oder mangels Antrages die Verwaltungsbehörde die beschwerdeführende Partei durch ihren Verwaltungsakt belastet (vgl. VwGH 30.1.2013, 2011/03/0228; VwGH 23.10.2013, 2013/03/0111).

Da das Sozialministeriumservice mit dem Spruch des Bescheids vom 28.02.2019 dem Antrag der bP vom 23.01.2019 auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigen Behinderten entsprochen hat und die Zugehörigkeit ab dem 23.01.2019 festgestellt hat, fehlt es der Beschwerdeführerin an der für die zulässige Erhebung eines Rechtsmittels nötigen Beschwer (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, Wien 2013, § 28 VwGVG Anm. 5: "Das Berufungsrecht steht außerdem, wie aus dem Wesen der Berufung als Rechtsschutzeinrichtung folgt, nur jenen Parteien zu, deren Rechtsansprüche oder rechtliche Interessen durch den Bescheid beeinträchtigt werden können"; vgl. auch VwGH 14.5.1991, 90/05/0242; 2.7.1998, 98/07/0018). Nach der Rechtsprechung des VwGH setzt die Zulässigkeit des Rechtsmittels voraus, dass der Rechtsmittelwerber einen Grund dafür hat, die mit dem angefochtenen Bescheid getroffene Entscheidung der Verwaltungsbehörde zu rügen. Dies ist nicht der Fall, wenn dem Antrag der berufenden Partei bei antragsbedürftigen Verwaltungsakten (auch dem Berufungsbegehren eines Rechtsmittelwerbers [vgl. VwGH 18.9.2002, 98/07/0160]) vollinhaltlich entsprochen wurde (VwGH 17.9.1991, 91/05/0037; 22.4.1994, 93/02/0283). Berufungen [bzw. nunmehr "Beschwerden] gegen solche zur Gänze stattgebende Bescheide sind als unzulässig zurückzuweisen (Hengstschläger/Leeb, AVG² § 66 Rz 38, mwH)."

Die Beschwerde war daher mangels Beschwer als unzulässig zurückzuweisen.

3.5. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. VwGH 03.11.2015, Zl. 2013/08/0153).

Im vorliegenden Fall haben die Parteien die Durchführung einer Verhandlung durch das Verwaltungsgericht nicht beantragt. Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Grad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen, welche auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens einzuschätzen sind. Wie im gegenständlichen Erkenntnis ausgeführt wurde, wurde das hierfür eingeholte - auf Basis einer klinischen Untersuchung erstellte - Gutachten als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet und zeigt die bP weder Widersprüche, Ungereimtheiten noch Mängel auf. Der auf sachverständiger Basis ermittelte, entscheidungsrelevante Sachverhalt ist sohin geklärt, nicht ergänzungsbedürftig und wurden in der Beschwerde keine Rechts- oder Tatsachenfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind für das Absehen einer mündlichen Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG wegen geklärten Sachverhalts folgende Kriterien beachtlich vgl. Erk. d. VwGH vom 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10, Ra 2017/11/0288-3, 19.12.2017):

-

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde von der bB vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und weist dieser bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch das ho. Gericht noch immer die gebotene Aktualität und Vollständigkeiten auf.

-

Die bB musste die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das ho. Gericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen.

-

In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der bB festgestellten Sachverhalts ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, welches gegen das Neuerungsverbot gem. § 20 BFA-VG verstößt.

-

Auf verfahrensrechtliche Besonderheiten ist Bedacht zu nehmen.

Da die oa. Kriterien im gegenständlichen Fall erfüllt sind, konnte eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben.

3.6. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Diesbezüglich ist die vorliegende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Sonstige Hinweise, die auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage schließen lassen, liegen ebenfalls nicht vor. Insbesondere Stellt sich die Rechtsprechung zur Frage der Erforderlichkeit des Vorliegens eines Beschwers als einheitlich dar. Im Rahmen der Frage des Umfanges der Ausnahme von der Verhandlungspflicht orientierte sich das ho. Gericht ebenfalls an der Judikatur des VwGH.

Die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG waren somit nicht gegeben.

Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

mangelnde Beschwer, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L515.2217706.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten