TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/9 L511 2117940-2

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Veröffentlicht am 09.01.2020
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Entscheidungsdatum

09.01.2020

Norm

ASVG §410
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

L511 2117940-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a JICHA als Einzelrichterin über die Beschwerde des Vereines XXXX , vertreten durch Wirtschaftstreuhänder Dr. WOHLFARTH, gegen den Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse vom 03.09.2015, GZ XXXX , zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der bekämpfte Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse vom 03.09.2015, GZ XXXX , gemäß § 28 Abs. 2 und Abs. 5 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Verfahrensinhalt

1. Verfahren vor der Gebietskrankenkasse [SGKK]

1.1. Im Verein der beschwerdeführenden Partei, einem XXXX [im Folgenden: Verein], wurde ab 22.10.2014 hinsichtlich des Prüfzeitraumes 01.01.2010 bis 31.12.2013 eine gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben [GPLA] durchgeführt (K66, U100-101).

1.2. Mit Versicherungspflichtbescheid [VPflB] vom 03.09.2015, GZ XXXX , zugestellt am 07.09.2015, stellte die SGKK fest, dass die Mitbeteiligten in den in Anlage 1 [zum Bescheid] angegebenen Beschäftigungszeiten aufgrund der für den Verein in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit entgeltlich ausgeübten Tätigkeit entweder der Pflichtversicherung in der Vollversicherung (Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) gemäß § 4 Abs. 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs. 1 lit.a AlVG (D1 bzw. D4u) oder der Pflicht(Teil)versicherung in der Unfallversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 ASVG (N24 bzw. N24u) unterlagen (U34-55).

Begründend wurde ausgeführt, die mitbeteiligten Parteien [im Folgenden: Mitbeteiligte] seien als Fluglehrer für den Verein tätig gewesen. Die Tätigkeit sei mit Betriebsmitteln des Vereines durchgeführt worden und habe sich an den betrieblichen Bedürfnissen des Vereins orientiert. Die Mitbeteiligten seien verpflichtet gewesen, den Unterricht nach den Vorgaben des Lehrplanes für die Privatpilotenausbildung, erstellt von der Austro Control durchzuführen, weshalb eine organisatorische Einbindung in den Betrieb des Vereines bestehe. Die Verträge seien von den Flugschülern mit dem Verein abgeschlossen worden. Kurskosten seien vom Verein festgesetzt, und auch von diesem abgerechnet worden. Die Flugzeiten seien im Onlinesystem bzw. im Flugbuch aufgezeichnet worden und die Mitbeteiligten hätten EUR 0,40 pro aufgezeichneter Minute erhalten. Der Verein sei zwar nicht auf Gewinn ausgerichtet, trete aber mit seinem Angebot zum Erwerb des Privatpilotenscheines wie ein Unternehmer am Markt auf. Ein generelles Vertretungsrecht habe nicht bestanden, die Mitbeteiligten haben ihre Tätigkeit persönlich erbringen müssen, und konnten sich nur von anderen Fluglehrern des Vereines vertreten lassen. Es habe sich um eine fallweise Beschäftigung gehandelt.

1.3. Mit verfahrensgegenständlichem Beitragsnachverrechnungsbescheid [NVB] vom 03.09.2015, GZ XXXX , verpflichtete die SGKK die beschwerdeführende Partei die mit Beitragsvorschreibung vom 28.04.2015 nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von [idHv] EUR 2.922,39 sowie Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG idHv EUR 687,61 an die SGKK zu entrichten (U56-62).

1.4. Mit Schreiben vom 27.09.2015 erhob der Verein gegen beide Bescheide fristgerecht Beschwerde [Bsw].

2. Die belangte Gebietskrankenkasse legte am 30.11.2015 dem Bundesverwaltungsgericht [BVwG] die Beschwerde zu beiden Bescheiden samt Auszügen aus dem Verwaltungsakt in elektronischer (nicht durchnummerierter) Form vor (Ordnungszahl des hg Gerichtsaktes [im Folgenden:] OZ 1 beinhaltend Beschwerdevorlage [BV 1-7], Korrespondenz [K 1-66], Lohnunterlagen 1 [L1 1-118], Lohnunterlagen 2 [L2 1-97], Sonstiges [S 1-36] und Unterlagen [U 1-101]).

II. ad A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. entscheidungswesentliche Feststellungen

1.1. Die verfahrensgegenständliche Beitragsnachverrechnung basiert auf der mit Versicherungspflichtbescheid, Zahl XXXX , erfolgten nachträglichen Einbeziehung von Flugunterricht gebenden Vereinsmitgliedern in die Pflichtversicherung für den Zeitraum von 01.01.2010 bis 31.12.2013.

1.2. Das BVwG hat mit Entscheidung vom heutigen Tag, GZ L511 2117940-1/2E, den diesem Verfahren zu Grunde liegenden Versicherungspflichtbescheid, Zahl XXXX , ersatzlos behoben, weil zwischen der beschwerdeführenden Partei und den Flugunterricht gebenden Vereinsmitgliedern im verfahrensgegenständlichen Zeitraum kein Dienstverhältnis bestanden hatte. Zur näheren Begründung wird auf die im RIS abrufbare Entscheidungen GZ L511 2117940-1 verwiesen.

2. Beweisaufnahme und Beweiswürdigung

2.1. Die Beweisaufnahme erfolgte durch Einsicht in die im Folgenden gelisteten von den Verfahrensparteien vorgelegten oder vom BVwG erhobenen Dokumenten und Unterlagen. Zur Entscheidungsfindung wurden vom BVwG folgende Unterlagen herangezogen:

* Versicherungspflichtbescheid [VPflB] (U34-55)

* Beitragsnachverrechnungsbescheid [NVB] (U56-62) und Beitragsnachverrechnung vom 28.04.2015 (U63-66)

* Schlussbesprechung der GPLA vom 21.04.2015 (U67-71) und vom 02.03.2015 (U72-87)

* GPLA-Berechnungen (U88-99)

* Prüfungsauftrag (U100-101)

* Beschwerdevorlage [BV] der SGKK (BV1-7)

* Beschwerde [Bsw] (U2-10 [=11-29])

* Auszüge aus dem Flugsdatensystem (L2 15-97)

2.2. Die Feststellungen ergeben sich unmittelbar ohne weitere Interpretation aus den vorliegenden Verwaltungsverfahrensakten.

3. Entfall der mündlichen Verhandlung

3.1.1. Eine Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG). Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen (§ 24 Abs.4 VwGVG).

3.1.2. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist kein absoluter. Nach der Rechtsprechung des EGMR und ihm folgend des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unumstritten und nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist (vgl. dazu für viele EGMR 12.11.2002, Döry / S, Rn37; VfGH 20.02.2015, B1534; sowie jüngst VwGH 18.12.2018, Ra 2018/03/0132, jeweils mwN).

3.1.3. Im gegenständlichen Fall ergab sich klar aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten war. Der sich aus dem Akteninhalt ergebende Sachverhalt ist in den entscheidungswesentlichen Punkten weder ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig.

4. Rechtliche Beurteilung

4.1.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch Einzelrichterin ergeben sich aus § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes [BVwGG] iVm § 414 Abs. 1 und Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz [ASVG]. Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt. Verfahrensgegenständlich sind demnach neben dem VwGVG auch die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die SGKK im erstinstanzlichen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG).

4.1.2. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

4.2. Zur Behebung des Bescheides

4.2.1. Da das Bundesverwaltungsgericht den diesem Verfahren zu Grunde liegenden Versicherungspflichtbescheid vom 03.09.2015, GZ XXXX , ersatzlos behoben hat, kann auch der darauf basierende Bescheid über die Nachverrechnung von den sich aus dem Versicherungspflichtbescheid ergebenden Beiträgen keinen Bestand haben (vgl. VwGH 29.01.2014, Ro2014/08/0004; 11.07.2012, 2010/08/0124; 27.07.2001, 98/08/0263 jeweils mwN).

4.2.2. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird zur detaillierten Begründung, welche auch für das gegenständliche Verfahren gilt, auf die im RIS abrufbare Entscheidung GZ L511 2117940-1 verwiesen.

4.2.3. Da somit die Grundlage für die Nachverrechnung nicht gegeben ist, ist der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG ersatzlos zu beheben.

III. ad B) Unzulässigkeit der Revision

4.2.4. Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG). Die Revision ist (mit einer hier nicht zum Tragen kommenden Ausnahme) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Die sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergebende rechtliche Subsumtion stützt sich auf die umfangreiche jeweils zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Versicherungspflicht eine Vorfrage zur Beitragsnachzahlung darstellt VwGH 29.01.2014, Ro2014/08/0004; 11.07.2012, 2010/08/0124; 27.07.2001, 98/08/0263.

Der Entfall der mündlichen Verhandlung steht weder mit der Judikatur der Höchstgerichte noch mit der Judikatur des EGMR in Widerspruch, siehe dazu insbesondere VwGH 26.01.2017, Ra2016/07/0061 mwN, und es ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Beitragsnachverrechnung,
Versicherungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L511.2117940.2.00

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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