TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/9 L511 2117940-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.01.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

09.01.2020

Norm

ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
ASVG §410
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

L511 2117940-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Sandra Tatjana JICHA als Einzelrichterin über die Beschwerde des Vereines XXXX , vertreten durch Wirtschaftstreuhänder Dr. WOHLFARTH, gegen den Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse vom 03.09.2015, GZ XXXX , zu Recht (mitbeteiligte Parteien wie in Anlage 1 des Bescheides):

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der bekämpfte Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse vom 03.09.2015, GZ XXXX , gemäß § 28 Abs. 2 und Abs. 5 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Verfahrensinhalt

1. Verfahren vor der Gebietskrankenkasse [SGKK]

1.1. Im Verein der beschwerdeführenden Partei, einem XXXX [im Folgenden: Verein], wurde ab 22.10.2014 hinsichtlich des Prüfzeitraumes 01.01.2010 bis 31.12.2013 eine gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben [GPLA] durchgeführt (K66, U100-101).

1.2. Mit verfahrensgegenständlichem Versicherungspflichtbescheid [VPflB] vom 03.09.2015, GZ XXXX , zugestellt am 07.09.2015, stellte die SGKK fest, dass die Mitbeteiligten in den in Anlage 1 [zum Bescheid] angegebenen Beschäftigungszeiten aufgrund der für den Verein in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit entgeltlich ausgeübten Tätigkeit entweder der Pflichtversicherung in der Vollversicherung (Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) gemäß § 4 Abs. 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs. 1 lit.a AlVG (D1 bzw. D4u) oder der Pflicht(Teil)versicherung in der Unfallversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 ASVG (N24 bzw. N24u) unterlagen (U34-55).

Begründend wurde ausgeführt, die mitbeteiligten Parteien [im Folgenden: Mitbeteiligte] seien als Fluglehrer für den Verein tätig gewesen. Die Tätigkeit sei mit Betriebsmitteln des Vereines durchgeführt worden und habe sich an den betrieblichen Bedürfnissen des Vereins orientiert. Die Mitbeteiligten seien verpflichtet gewesen, den Unterricht nach den Vorgaben des Lehrplanes für die Privatpilotenausbildung, erstellt von der Austro Control durchzuführen, weshalb eine organisatorische Einbindung in den Betrieb des Vereines bestehe. Die Verträge seien von den Flugschülern mit dem Verein abgeschlossen worden. Kurskosten seien vom Verein festgesetzt, und auch von diesem abgerechnet worden. Die Flugzeiten seien im Onlinesystem bzw. im Flugbuch aufgezeichnet worden und die Mitbeteiligten hätten EUR 0,40 pro aufgezeichneter Minute erhalten. Der Verein sei zwar nicht auf Gewinn ausgerichtet, trete aber mit seinem Angebot zum Erwerb des Privatpilotenscheines wie ein Unternehmer am Markt auf. Ein generelles Vertretungsrecht habe nicht bestanden, die Mitbeteiligten haben ihre Tätigkeit persönlich erbringen müssen, und konnten sich nur von anderen Fluglehrern des Vereines vertreten lassen. Es habe sich um eine fallweise Beschäftigung gehandelt.

1.3. Mit Schreiben vom 27.09.2015 erhob der Verein gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde [Bsw].

Der Verein führte aus, es handle sich um einen gemeinnützigen Verein, dessen Tätigkeit nicht auf Gewinn ausgerichtet sei. Der Verein diene den am Fliegen Interessierten und es sei wesentlicher Zweck des Vereines, seine Mitglieder im Bereich des Fliegens auch auszubilden. Sowohl die Flugschüler als auch die Fluglehrer seien Vereinsmitglieder und die Aufnahme in den Verein erfordere die Glaubhaftmachung der aktiven Vereinsmitarbeit. Bei der Flugausbildung kämen keine externen Vortragende zum Einsatz. Der Flugunterricht werde in den Räumlichkeiten und mit den Flugzeugen des Vereines nach dem Lehrplan der Austro Control für Privatpilotenausbildung abgehalten. Es gäbe keinen fixen Kursplan, der organisatorische Ablauf wird ausschließlich zwischen Fluglehrern in Absprache mit den Flugschülern vereinbart, weshalb auch die Kursdauer zwischen 6 Monaten und einem Jahr variire. Es bestünde keine persönliche Arbeitspflicht der Fluglehrer, diese können sich jederzeit ohne Rücksprache mit dem Verein von anderen Fluglehrern vertreten lassen und die Kurse können jederzeit sanktionslos abgesagt werden. Die Erbringung der Ausbildungsleistung orientiere sich ausschließlich an den Zeitressourcen der jeweiligen Fluglehrer und Flugschüler und nicht an Bedürfnissen des Vereines. Die ausbezahlten EUR 0,40 seien eine Aufwandsentschädigung welche sich an den Kosten für den Erhalt der Lehrbefugnis orientiere.

1.4. Die Mitbeteiligten erhoben keine Beschwerde (U2-9).

2. Mit Beitragsnachverrechnungsbescheid [NVB] vom 03.09.2015, GZ XXXX , (hg. GZ 2117940-2) verpflichtete die SGKK die beschwerdeführende Partei die mit Beitragsvorschreibung vom 28.04.2015 nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von [idHv] EUR 2.922,39 sowie Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG idHv EUR 687,61 an die SGKK zu entrichten (U56-62).

2.1. Die gegen den Versicherungspflichtbescheid gerichtete Beschwerde richtet sich gleichermaßen gegen den Beitragsnachverrechnungsbescheid (U2-9).

3. Die belangte Gebietskrankenkasse legte am 30.11.2015 dem Bundesverwaltungsgericht [BVwG] die Beschwerde zu beiden Bescheiden samt Auszügen aus dem Verwaltungsakt in elektronischer (nicht durchnummerierter) Form vor (Ordnungszahl des hg Gerichtsaktes [im Folgenden:] OZ 1 beinhaltend Beschwerdevorlage [BV 1-7], Korrespondenz [K 1-66], Lohnunterlagen 1 [L1 1-118], Lohnunterlagen 2 [L2 1-97], Sonstiges [S 1-36] und Unterlagen [U 1-101]).

II. ad A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. entscheidungswesentliche Feststellungen

1.1. XXXX (die beschwerdeführende Partei) ist ein gemeinnütziger Verein, dessen Tätigkeit nicht auf Gewinn ausgerichtet ist. Der Verein besteht seit 1956 und hat über 140 Mitglieder. Zweck des Vereines ist es Fluginteressierte zusammenzubringen. Vereinsmitglieder können mit den vereinseigenen Flugzeugen nach erfolgter Einweisung nach Belieben und Verfügbarkeit fliegen, wobei der Verein darauf Wert legt, kein Charterunternehmen zu sein, sondern das gesellschaftliche Miteinander zu pflegen. Der Verein stellt sich dem XXXX unentgeltlich zur Verfügung (S 1-27).

1.2. Der Verein betreibt eine Flugschule, in der der Privatpilotenschein und die Instrumentenflugberechtigung erworben werden kann. Die Ausbildung zum Privatpiloten in der vereinseigenen Flugschule ist ausschließlich Mitgliedern zugänglich und entspricht dem von der Austro Control vorgeschriebenen Lehrplan zur Privatpilotenausbildung. Die verrechneten Kurskosten bestehen aus weiterverrechneten beim Verein anfallenden Kosten für die Instandhaltung, Wartung und Finanzierung der vereinseigenen Flugzeuge, den Lande- und Anfluggebühren sowie aus Kosten für die Skripten (Bsw 2, S 1-27).

1.3. Es gab im verfahrensgegenständlichen Zeitraum keine fixen Kurszeiten, sondern die Termine sowohl für Theoriestunden als auch für die Flugstunden wurden individuell zwischen den Fluglehrern und den Flugschülern vereinbart. Der Theorieunterricht erfolgte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum durch XXXX . Fluglehrer und Prüfer waren XXXX (Bsw 2, S 29, L2 15-97). Die mitbeteiligten Fluglehrer waren bzw. sind nach wie vor Vereinsmitglieder und verfügen über eine behördliche Lehrbefugnis für den Privatpilotenschein. Verträge zwischen dem Verein und den Fluglehrern über die Lehrtätigkeit im Verein bestehen nicht. Die Lehrtätigkeit wurde in den Räumen des Vereins sowie mit dessen Flugzeugen nach zeitlicher Absprache mit den Flugschülern durchgeführt. Ein ausgemachter Termin konnte jederzeit aus persönlichen Gründen des Fluglehrers abgesagt werden, ohne dass Konsequenzen für den Fluglehrer seitens des Vereines drohten. Vertretungen durch andere Fluglehrer mit einer behördlichen Bewilligung aus dem Verein waren jederzeit möglich, ohne dass der Verein dabei ein Mitspracherecht hat, und wurden im verfahrensgegenständlichen Zeitraum auch tatsächlich praktiziert (Bsw 3-5, L2 15-97).

1.4. Die Mitbeteiligten erhielten pro tatsächlicher Flugminute einen Aufwandsersatz von EUR 0,40, der dazu gedacht war, die Kosten für den Erhalt der Lehrberechtigung, etwa Seminare bei der Austro Control, Kartenmaterial, Headset, Schutzbrillen, Funkgeräte, etc., abzudecken. Der Aufwandsersatz erfolgte in Form einer Gutschrift auf das Fliegerkonto des jeweiligen Fluglehrers, und wurde mit dessen Vereinsaufwendungen, etwa Privatflüge, Mitgliedsbeiträge, etc., gegenverrechnet. Barauszahlungen erfolgten nicht (Bsw 6-8).

1.5. Die Einsatztage der Fluglehrer variierten stark, wobei alle jeweils an einzelnen Tagen in nicht regelmäßig wiederkehrender Folge im Einsatz waren (L2 15-97). Die jeweiligen Gutschriften lagen jeweils unter der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 ASVG für die jeweiligen Kalenderjahre 2010: EUR 366,33; 2011: EUR 374,02; 2012: EUR 376,26 und 2013: EUR 386,80. Zum Großteil wurde die monatliche Geringfügigkeitsgrenze im gesamten Kalenderjahr nicht erreicht (L2 15-97).

1.6. Die als Fluglehrer tätige gewählten Vereinsfunktionäre, XXXX , wurden seitens der SGKK nicht in die Versicherungspflicht miteinbezogen. XXXX wurde hingegen miteinbezogen, obwohl er von 2008 bis 2011 Kassier war (L2 15-97, S 14-15).

2. Beweisaufnahme und Beweiswürdigung

2.1. Die Beweisaufnahme erfolgte durch Einsicht in die im Folgenden gelisteten von den Verfahrensparteien vorgelegten oder vom BVwG erhobenen Dokumenten und Unterlagen. Zur Entscheidungsfindung wurden vom BVwG folgende Unterlagen herangezogen:

* Versicherungspflichtbescheid [VPflB] (U34-55)

* Beitragsnachverrechnungsbescheid [NVB] (U56-62) und Beitragsnachverrechnung vom 28.04.2015 (U63-66)

* Schlussbesprechung der GPLA vom 21.04.2015 (U67-71) und vom 02.03.2015 (U72-87)

* GPLA-Berechnungen (U88-99)

* Prüfungsauftrag (U100-101)

* Beschwerdevorlage [BV] der SGKK (BV1-7)

* Beschwerde [Bsw] (U2-10 [=11-29])

* Auszüge aus dem Flugdatensystem (L2 15-97)

2.2. Die Feststellungen zum Verein und den Fluglehrern ergeben sich aus dem Vereinsregisterauszug, den Vereinsstatuten und der Homepage des Vereins (S1-36). Im Hinblick auf die Abhaltung des Flugunterrichts, die diesbezüglichen Verpflichtungen der Fluglehrer sowie der Aufwandsersatzleistung folgt das BVwG dem Vorbringen in der Beschwerde (Bsw 2-6), welches nachvollziehbar ist und sich auch mit den Inhalten der Homepage und den Vereinsstatuten (S1-33) sowie den Auszügen aus dem Flugdatensystem des Vereines (L2 15-97) deckt. Die Unterlagen wurden von der SGKK nicht angezweifelt, sondern deren Entscheidung zu Grunde gelegt (VPflB 2-4). Auch den detaillierteren Ausführungen in der Beschwerde ist die SGKK auf Sachverhaltsebene nicht entgegengetreten (BV 4-7). Strittig geblieben ist zwischen den Verfahrensparteien letztlich (nur) die rechtliche Subsumtion des festgestellten Sachverhaltes.

2.3. Im Hinblick auf die Möglichkeit sich jederzeit vertreten zu lassen, ergibt sich aus dem Flugdatensystem, dass grundsätzlich eine Bindung zwischen jeweils einem Fluglehrer und einem oder mehreren Flugschülern gegeben war. Aus den Schulflugsaufzeichnungen ist jedoch auch ersichtlich, dass einzelne Flugschüler manchmal von anderen Fluglehrern unterrichtet wurden (etwa L2 15+20, 19+21). Auch die SGKK geht in ihrem Bescheid von dieser Vertretungsmöglichkeit der Fluglehrer untereinander aus (VPflB 14).

2.4. Das BVwG geht wie die SGKK davon aus, dass die Fluglehrer stundenweise in nicht regelmäßig wiederkehrender Folge im Einsatz waren, weicht jedoch von den Feststellungen der SGKK im Hinblick auf XXXX ab. Dieser war zwar tatsächlich um vieles öfter im Einsatz als die übrigen Fluglehrer, eine Regelmäßigkeit lässt sich dem vorgelegten Auszug aus dem Flugdatensystem entgegen der Ansicht der SGKK jedoch nicht entnehmen (L2 15-97).

2.5. Dass die jeweiligen Gutschriften unter der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze lagen ergibt sich aus dem Flugdatensystem und der aus dieser erfolgten Zusammenfassung der SGKK zur Nachverrechnung (L2 15-97, L2 1-14). Die im Versicherungspflichtbescheid festgestellte Vollversicherungspflicht bei einigen Fluglehrern resultierte ausschließlich aus der rechtlichen Einordnung der Tätigkeit als fallweise (nicht regelmäßig wiederkehrender) Beschäftigung, da (wenngleich die Summen unter der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze blieben,) der Aufwandsersatz an Einzeltagen über der täglichen Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 ASVG - 2010: EUR 28,13; 2011: EUR 28,72; 2012: EUR 28,89; 2013:EUR 29,70 - lag.

3. Entfall der mündlichen Verhandlung

3.1.1. Eine Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG). Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen (§ 24 Abs.4 VwGVG).

3.1.2. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist kein absoluter. Nach der Rechtsprechung des EGMR und ihm folgend des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unumstritten und nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist (vgl. dazu für viele EGMR 12.11.2002, Döry / S, Rn37; VfGH 20.02.2015, B1534; sowie jüngst VwGH 18.12.2018, Ra 2018/03/0132, jeweils mwN).

3.1.3. Im gegenständlichen Fall ergab sich klar aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten war. Der sich aus dem Akteninhalt ergebende Sachverhalt ist in den entscheidungswesentlichen Punkten weder ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig.

4. Rechtliche Beurteilung

4.1.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch Einzelrichterin ergeben sich aus § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes [BVwGG] iVm § 414 Abs. 1 und Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz [ASVG]. Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt. Verfahrensgegenständlich sind demnach neben dem VwGVG auch die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die SGKK im erstinstanzlichen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG).

4.1.2. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

4.2. Zum Nichtvorliegen von Dienstverhältnissen

4.2.1. Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer nach dem ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. [...] Als Dienstnehmer nach dem ASVG gilt jedenfalls auch, wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist. Gemäß § 47 Abs. 2 EStG liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

4.2.2. Die Definition des Dienstverhältnisses im Einkommensteuerrecht ist zwar vom Wortlaut her anders als die nach § 4 Abs. 2 ASVG, die Unterschiede sind aber letztlich eher geringfügig (vgl. Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm, rdb.at, §4 Rz163 mit Weiterverweisungen). Die wesentliche Bedeutung der Verweisung auf die Lohnsteuerpflicht nach dem EStG 1988 in § 4 Abs. 2 ASVG liegt darin, dass für jene Zeiträume, für welche die Lohnsteuerpflicht der betreffenden Person nach § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 EStG 1988 mit Bescheid der Finanzbehörde festgestellt ist, auch die Sozialversicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG bindend feststeht. Eine solche bindende Wirkung kommt aber nur Bescheiden zu, die über die Lohnsteuerpflicht als Hauptfrage absprechen, in erster Linie also Haftungs- und Zahlungsbescheiden gemäß § 82 EStG 1988 (VwGH 13.11.2013, 2011/08/0165; 19.12.2012; 2010/08/0240 mwN). Darüber hinaus kann aus dieser Bestimmung kein Gegenschluss in die Richtung gezogen werden, dass die Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 2 erster Satz ASVG nur dann vorliegt, wenn auch die Lohnsteuerpflicht zu bejahen ist (VwGH 25.02.2019. Ra2019/08/0025; 16.03.2011, 2007/08/0064 jeweils mwN).

4.2.2.1. Im Beschwerdefall liegt ein derartiger bindender Bescheid nicht vor.

4.2.3. Im vorliegenden Fall kommt es daher für die Lohnsteuerpflicht gemäß § 47 Abs. 1 und 2 EStG bzw. die Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 2 und Abs. 4 ASVG entscheidend darauf an, ob die Mitbeteiligten weisungsgebunden waren und/oder einer persönlichen Arbeitspflicht unterlagen, zumal die Einbindung in die Flugschule des Vereins evident ist (vgl. dazu etwa VwGH 19.12.2012, 2010/08/0240; sowie allgemein zu § 4 ASVG VwGH 01.10.2015, Ra2015/08/0020, Zehetner in Sonntag (Hrsg), ASVG8, § 4).

Fehlt die persönliche Arbeitspflicht, dann liegt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG schon deshalb nicht vor.

4.2.4. Verfahrensgegenständlich erbringen die Mitbeteiligten als Vereinsmitglieder gegenüber dem Verein Leistungen für die sie eine Aufwandsentschädigung erhalten. Die Fluglehrer sind Vereinsmitglieder, welche in einem ihnen selbst angenehmen Ausmaß Flugstunden geben, ohne dass dazu eine rechtliche Pflicht bestünde. So konnte jederzeit eine vereinbarte Flugstunde durch einen Vertreter erfolgen. Dass diese Vertretung nur durch gleichqualifizierte Personen erfolgen kann, schadet der generellen Vertretungsbefugnis nicht (vgl. dazu VwGH 17.10.2012, 2010/08/0256). Ergänzend kommt hinzu, dass Flugstunden auch ohne weitere Konsequenzen zur Gänze ausfallen können.

4.2.4.1. Dass die Mitbeteiligten Flugstunden abhalten ergibt sich somit nicht aus einer rechtlichen Verpflichtung, sondern aus einer Verantwortung dem Verein gegenüber, dem (insbesondere auch) durch die Ausbildung von Piloten ermöglicht wird, dem Vereinszweck nachzugehen, von dem auch die Mitbeteiligten profitieren. Es lässt sich daher weder eine Verpflichtung zur persönlichen Arbeitsleistung noch überhaupt eine Pflicht zum Tätigwerden erkennen (vgl. VwGH 02.04.2008, 2007/08/0107 sowie Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm, rdb.at, §4 Rz188).

4.2.5. Dass die Fluglehrer einen Aufwandsersatz erhalten schadet gegenständlich entsprechend der Vereinsrichtlinien auch im Sinne des § 47 Abs. 2 EstG nicht.

4.2.5.1. Die Vereinsrichtlinien 2001 sehen in Rz766 diesbezüglich vor, dass wenn für die für den Rechtsträger tätig werdende Person nicht die Erzielung von Einkünften, sondern die Betätigung für den Rechtsträger und dessen begünstigten Zweck im Vordergrund steht, das Vorliegen eines Dienstverhältnisses zu verneinen sein wird. Dies wird dann zutreffen, wenn mangels Abschlusses eines Vertrages, mangels Leistungsverpflichtung und mangels Vereinbarung einer festen Arbeitszeit und einer wesentlich über den Ersatz der tatsächlich anfallenden Kosten hinausgehenden Vergütung nach dem Gesamtbild der Verhältnisse eine Abhängigkeit der für den Rechtsträger tätigen Person, eine Eingliederung in den Organismus des Rechtsträgers und ein Schulden der Arbeitskraft nicht unterstellt werden kann. Ein Dienstverhältnis liegt regelmäßig nicht vor, wenn die monatlichen Einnahmen unter Außerachtlassung von Fahrtkosten- und Reisekostenersätzen nicht höher sind, als der für den Eintritt in die Vollversicherungspflicht nach dem ASVG gemäß § 5 Abs. 2 ASVG maßgebliche Höchstbetrag. Die Einkünfte sind in diesem Fall als Einkünfte im Sinne des §§ 29 Z 1 bzw. 3 EStG 1988 anzusehen.

4.2.5.2. Verfahrensgegenständlich stand wie festgestellt nicht die Erzielung von Einkünften, sondern die Betätigung für den begünstigten Zweck des Vereins im Vordergrund, was sich nicht zuletzt darin widerspiegelt, dass die jeweiligen Gutschriften bei allen Mitbeteiligten jeweils unter der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 ASVG für die jeweiligen Kalenderjahre lag.

4.2.6. Zusammenfassend lag somit bei den Mitbeteiligten mangels Verpflichtung zur persönlichen Arbeitserbringung und zum Tätigwerden im verfahrensgegenständlichen Zeitraum weder ein abhängiges Dienstverhältnis gemäß § 4 Abs. 2 ASVG, noch ein freies Dienstverhältnis nach § 4 Abs. 4 ASVG vor, da auch Abs. 4 eine Verpflichtung zur Erbringung von Dienstleistungen vorsieht.

4.2.7. Der Beschwerde ist daher spruchgemäß stattzugeben.

III. ad B) Unzulässigkeit der Revision

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG). Die Revision ist (mit einer hier nicht zum Tragen kommenden Ausnahme) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Die sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergebende rechtliche Subsumtion stützt sich auf die umfangreiche jeweils zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 4 ASVG und weicht bei der Betrachtung des gegenständlichen Einzelfalls von dieser Rechtsprechung auch nicht ab. Zur Fehlenden Verpflichtung zum Tätigwerden VwGH 02.04.2008, 2007/08/0107 sowie Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm, rdb.at, §4 Rz188.

Es ergaben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.

Schlagworte

Aufwandersatz, Behebung der Entscheidung, Verein,
Versicherungspflicht, Vertretungsbefugnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L511.2117940.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten