Entscheidungsdatum
09.01.2020Norm
BBG §40Spruch
I414 2221618-1/6E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Vorsitzender und den Richter Dr. Harald NEUSCHMID sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Elisabeth RIEDER als Beisitzerin über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol (SMS) vom 10.07.2019, Zl. XXXXin nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer beantragte am 01.04.2019 bei der belangten Behörde die Ausstellung eines Behindertenpasses. Am Antragsformular führte er die Gesundheitsschädigungen und diverse beigelegte Unterlagen an. Die Rubrik "Sollte die Aktenlage die Vornahme von Zusatzeintragungen rechtfertigen, beantrage ich die Aufnahme der entsprechenden Zusatzeintragungen in den Behindertenpass" ließ der Beschwerdeführer leer.
Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens mit Untersuchung des Beschwerdeführers wurden zwei Funktionsbeeinträchtigungen mit einem Grad der Behinderung von 50% (Leiden 1) bzw. 30% (Leiden 2) festgestellt. Die Leiden stünden in wechselseitiger Beeinflussung und werde das führende Leiden 1 durch Leiden 2 um eine Stufe erhöht, sodass der Gesamtgrad der Behinderung 60% betrage. Eine Nachuntersuchung werde in fünf Jahren angeraten. Dem Beschwerdeführer wurde ein befristeter Behindertenpass mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 60% in Scheckkartenformat ausgestellt und übermittelt.
Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben und moniert, dass der Gesamtgrad der Behinderung bei richtiger Addition 80% betragen müsse. Außerdem ersuche er um Eintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Vom erkennenden Gericht wurde dem Beschwerdeführer am 30.07.2019 die Behebung der Mängel aufgetragen. Nach kurzer Erklärung der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung wurde ihm aufgetragen, sein Vorbringen dahingehend zu konkretisieren, in wie weit eine Rechtswidrigkeit geltend gemacht werde. Ebenso wurde darauf hingewiesen, dass Gegenstand des Verfahrens nicht ein Antrag auf Vornahme einer Zusatzeintragung ist.
Der Beschwerdeführer führte in seiner Eingabe vom 06.08.2019 aus:
"[...] Ich habe die Berechnung verstanden und bin mit den 60% Grad der Behinderung einverstanden. Ich ersuche noch um die Zusatzeintragung (Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung) wegen meiner Soziale [sic] Phobie".
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Am 01.04.2019 beantragte der Beschwerdeführer die Ausstellung eines Behindertenpasses; ein Antrag auf Vornahme einer Zusatzeintragung wurde nicht gestellt.
Mit Schreiben vom 10.07.2019 übermittelte die belangte Behörde den befristeten Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 60%.
Die Beschwerde richtet sich gegen die Nichtvornahme der Zusatzeintragung.
2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich unmittelbar aus dem Verwaltungsakt und sind unstrittig.
Die Feststellung, wonach sich die Beschwerde ausschließlich gegen die nicht erfolgte Vornahme der Zusatzeintragung richtet, ergibt sich aus der Eingabe nach Mängelbehebungsauftrag. Der Beschwerdeführer gab explizit an, keine Einwände gegen den festgestellten Gesamtgrad der Behinderung zu haben, aber die Zusatzeintragung weiterhin erreichen zu wollen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Rechtliche Grundlagen:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gemäß § 45 Abs 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Zurückweisung der Beschwerde mangels Vorliegens eines Bescheides:
3.2. § 45 BBG lautet auszugsweise:
"(1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu."
Ein Bescheid ist also nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 leg. cit. nicht stattgegeben wird, das Verfahren eingestellt oder der Pass eingezogen wird. Wie bereits ausgeführt, wurde dem Beschwerdeführer am 10.07.2019 ein Behindertenpass ausgestellt, mit dem ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 60% festgestellt wurde. Diesem Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Allerdings beantragte der Beschwerdeführer erstmals im Rahmen seiner "Beschwerde" die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel". Die belangte Behörde hat bis dato noch keine Entscheidung über diese Zusatzeintragung getroffen, somit einen derartigen Antrag auch nicht abgewiesen.
Das BVwG kann daher über eine Beschwerde wegen der Nichtgewährung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" keine Entscheidung treffen, sondern wäre allenfalls im Fall einer Abweisung dieses Antrages in zweiter Instanz zur Entscheidung zuständig.
Somit ist die Beschwerde gegen die nicht erfolgte Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass spruchgemäß mangels Vorliegens eines Bescheides, gegen den sie sich richtet, als unzulässig zurückzuweisen.
4. Im vorliegenden Beschwerdefall konnte die Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, weil die Beschwerde zurückzuweisen war.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung in Hinblick auf die hier relevante Frage betreffend das Vorliegen eines Bescheids; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behindertenpass, Bescheidcharakter, Beschwerdegegenstand,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I414.2221618.1.00Zuletzt aktualisiert am
10.03.2020