Entscheidungsdatum
10.01.2020Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W189 2194656-1/3E
W189 2194652-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Irene RIEPL als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX (BF1), und 2.) XXXX , geb. XXXX (BF2), beide StA. ungeklärt alias Ukraine, vertreten durch RA Mag. Dr. Rosenkranz, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.04.2016, Zlen. 1.) 1096105304-160043907, 2.) 1101601804-160043915:
A)
Die angefochtenen Bescheide werden gem. § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführer (in der Folge: BF) stellten nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 05.11.2015 Anträge auf internationalen Schutz und wurden am 12.01.2016 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Zu den Fluchtgründen brachte die BF1 vor, ihre Heimat verlassen zu haben, weil dort maskierte Menschen immer wieder auf "uns" losgegangen seien. Diese hätten "uns" mit dem Tod bedroht. Der Mann der BF1 sei 2010, wahrscheinlich von Russen, entführt worden und seither wisse die BF1 nicht, wo er sei. Im Falle einer Rückkehr in das Heimatland habe die BF1 Angst um ihr Leben und das ihres Kindes.
Die BF1 gab weiters an, in Krasnodon, Distrikt Luhansk, Ukraine geboren und ukrainische Staatsangehörige zu sein. Sie sei Tschetschenin und spreche tschetschenisch und russisch. Ihr leiblichen Eltern und Geschwister würden in Tschetschenien leben. Sie sei legal mit einem russischen Reisepass, ausgestellt vom Passcenter XXXX , aus der Ukraine ausgereist. Der Pass sei von der polnischen Polizei sichergestellt worden.
2. Am 24.02.2016 wurde die BF1 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) niederschriftlich einvernommen. In dieser legte die BF1 u.a. einen Aufenthaltstitel für die Ukraine vor. Dazu befragt gab sie an, ukrainische Staatsangehörige zu sein, aber nicht wählen zu dürfen. Sie habe zwei Jahre lang in der Ukraine gelebt und dann dieses Dokument erhalten. Sie habe die ukrainische Staatsangehörigkeit erhalten, weil ihr Sohn (BF2) ukrainischer Staatsangehöriger sei. Den Auslandsreisepass habe sie von Russland. Dieser sei ihr in Polen abgenommen worden.
3. Mit Bescheiden des BFA vom 03.03.2016 wurden die Anträge auf internationalen Schutz der BF zurückgewiesen und Polen für die Prüfung der Anträge zuständig erklärt (Spruchpunkt I.). Weiters wurde die Außerlandesbringung angeordnet und die Abschiebung nach Polen zulässig erklärt (Spruchpunkt II.).
4. Mit Schriftsatz vom 17.03.2016 erhoben die BF durch ihren Rechtsvertreter fristgerecht Beschwerde.
5. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.03.2016 wurden den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
6. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.04.2016 wurde den Beschwerden stattgegeben und die bekämpften Bescheide behoben.
7. Am 07.03.2018 wurde die BF1 neuerlich vom BFA niederschriftlich einvernommen. Die BF1 legte erneut ihren ukrainischen Aufenthaltstitel vor. Zu ihrer Staatsangehörigkeit befragt, gab die BF1 an, einen Aufenthaltstitel für die Ukraine zu haben und "tschetschenische Staatsangehörige" zu sein. Man habe ihr den russischen Reisepass abgenommen, als sie den Aufenthaltstitel für die Ukraine erhalten habe. Ihr ukrainischer Aufenthaltstitel sei unbefristet. Sie habe die Möglichkeit gehabt, die ukrainische Staatsbürgerschaft zu beantragen.
8. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden des BFA vom 13.04.2018 wurden die Anträge auf internationalen Schutz der BF bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und des Status der subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung in die Ukraine zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).
Folgende relevante Feststellungen wurden im Wesentlichen den Bescheiden zugrunde gelegt: Die Identität der BF1 stehe fest. Sie sei ukrainische Staatsangehörige, islamischen Glaubens und der tschetschenischen Volksgruppe zugehörig. Es stehe fest, dass die BF1 aufgrund des ukrainischen Aufenthaltstitels über die ukrainische Staatsangehörigkeit verfüge. Die Identität des BF2 stehe aufgrund der Vorlage einer "iranischen Geburtsurkunde" (sic) fest.
In der Beweiswürdigung wird insoweit festgehalten, dass die Identität der BF1 aufgrund der Vorlage eines Personendokuments feststehe. Weiters führt das BFA aus: "Fraglich ist, weshalb Sie bei der Einvernahme vom 07.03.2018 darauf beharrten, tschetschenische Staatsangehörige zu sein. Diesbezüglich wurde Ihnen seitens der ho. Behörde eine Frist bis zum 21.03.2018 eingeräumt, um Ihre Dokumente vorzulegen. Dieser Frist kamen Sie nicht nach. Für die Behörde macht es vielmehr den Eindruck, dass Sie nach der Änderung der Ukraine zu einem sicheren Herkunftsstaat im Februar 2018, die Absicht hatten, Ihre Staatsangehörigkeit abzustreiten. Diesbezüglich werden (sic) auf Ihre Angaben bei der Erstbefragung vom 12.01.2016 und bei Ihrer Einvernahme vom 24.02.2016 verwiesen. Zum einen führten Sie in Ihrer Erstbefragung an, dass Sie in der Ukraine geboren sind und ukrainische Staatsangehörige sind und zum anderen gaben Sie bei Ihrer Einvernahme vom 24.02.2016 an, dass Sie aufgrund des unbefristeten Aufenthaltstitels der Ukraine über die Staatsangehörigkeit verfügen. Seitens der Behörde ist nicht ersichtlich, was Ihrer Rückkehr in die Ukraine im Weg stehen sollte."
Der rechtlichen Beurteilung ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass sich bei Berücksichtigung sämtlicher Tatsachen in Bezug auf die Ukraine keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes, der zu einer Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten führen könnte, vorliegen würden. Ebenso würden keine Gründe für die Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung bestehen.
4. Mit Schriftsatz vom 01.05.2018 erhoben die BF durch ihren Rechtsvertreter binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Das BFA hat die Staatsangehörigkeit und damit verbunden das Fluchtvorbringen der BF nicht bzw. nur ansatzweise ermittelt.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen.
3. Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt A)
3.1. Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (in Folge: VwGVG), hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 leg.cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Liegen die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/2014).
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
3.2. Gemäß § 3 AsylG 2005 ist einem Asylwerber auf Antrag der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wurde, dass diesem im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (in Folge: GFK) droht und dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG 2005 offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG 2005 gesetzt hat.
Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht einer Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
3.3. Gemäß § 18 Abs. 1 AsylG 2005 hat das BFA in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen.
3.4. Konkret hat das BFA geeignete Ermittlungsschritte zur Feststellung der Staatsangehörigkeit der BF und damit verbunden des sich auf den Herkunftsstaat beziehenden Fluchtgrundes unterlassen bzw. lediglich ansatzweise ermittelt. Der Beweiswürdigung kann nicht entnommen werden, aus welchen konkreten und logisch nachvollziehbaren Gründen das BFA davon ausgeht, dass die BF ukrainische Staatsangehörige seien.
Die BF1 gab zwar in der Erstbefragung am 05.11.2015 an, ukrainische Staatsangehörige zu sein, aber mit einem russischen Reisepass ausgereist zu sein. In der ersten Einvernahme am 24.02.2016 gab die BF1 an, ukrainische Staatsangehörige zu sein, aber nicht wählen zu dürfen. In der zweiten Einvernahme am 07.03.2018 brachte die BF1 schließlich vor, einen unbefristeten ukrainischen Aufenthaltstitel zu haben und "tschetschenische" Staatsangehörige zu sein. Den ukrainischen Aufenthaltstitel legte die BF1 sowohl in der ersten als auch in der zweiten Einvernahme vor. Trotz dieses Vorbringens wurde die BF1 in der zweiten Einvernahme am 07.03.2018 dennoch lediglich - und im Übrigen auch hierzu nur äußerst oberflächlich - zu einem Fluchtgrund in Bezug auf die Ukraine befragt. In Bezug auf die Russische Föderation wurde die BF1 nicht befragt.
In seinem Bescheid vom 13.04.2018 ging das BFA weiterhin davon aus, dass die BF1 ukrainische Staatsangehörige sei. Dies stehe aufgrund des vorgelegten "Personendokuments" (gemeint wohl: aufgrund des ukrainischen Aufenthaltstitels) fest (Aktenseite (in der Folge: AS) 751 zur BF1). Weiters führt das BFA in seiner Beweiswürdigung an:
"Fraglich ist, weshalb Sie bei der Einvernahme vom 07.03.2018 darauf beharrten, tschetschenische Staatsangehörige zu sein. Diesbezüglich wurde Ihnen seitens der ho. Behörde eine Frist bis zum 21.03.2018 eingeräumt, um Ihre Dokumente vorzulegen. Dieser Frist kamen Sie nicht nach. Für die Behörde macht es vielmehr den Eindruck, dass Sie nach der Änderung der Ukraine zu einem sicheren Herkunftsstaat im Februar 2018, die Absicht hatten, Ihre Staatsangehörigkeit abzustreiten. Diesbezüglich werden (sic) auf Ihre Angaben bei der Erstbefragung vom 12.01.2016 und bei Ihrer Einvernahme vom 24.02.2016 verwiesen. Zum einen führten Sie in Ihrer Erstbefragung an, dass Sie in der Ukraine geboren sind und ukrainische Staatsangehörige sind und zum anderen gaben Sie bei Ihrer Einvernahme vom 24.02.2016 an, dass Sie aufgrund des unbefristeten Aufenthaltstitels der Ukraine über die Staatsangehörigkeit verfügen. Seitens der Behörde ist nicht ersichtlich, was Ihrer Rückkehr in die Ukraine im Weg stehen sollte." (AS 753f zur BF1)
Diesen Ausführungen ist nicht zu entnehmen, dass das BFA sich hinreichend mit der Staatsangehörigkeit der BF auseinandergesetzt hat. Das BFA hätte aber gehörige Ermittlungen dahingehend zu tätigen, ob es sich bei den BF tatsächlich um Staatsangehörige der Ukraine handelt, da es sich gerade bei der Feststellung der Staatsangehörigkeit bzw. des Herkunftsstaates zweifellos um eine zentrale Frage im Asylverfahren handelt (vgl. etwa VwGH E 16.04.2009, 2008/19/0706; 20.02.2099, 2007/19/0535), welche grundsätzlich vom BFA zu tätigen ist, da ansonsten im Fall der Klärung des Herkunftsstaates durch das Bundesverwaltungsgericht das gesamte an die Feststellung knüpfende Ermittlungsverfahren zum Herkunftsstaat vor das Bundesverwaltungsgericht verlagert wäre.
Dem BFA als fremdenrechtliche Spezialbehörde ist eine genauere Auseinandersetzung mit der Frage, ob der Besitz eines ukrainischen Aufenthaltstitels und eines russischen Reisepasses die ukrainische Staatsangehörigkeit ausschließt, zuzumuten. Die (frühere) Ausführung der BF1, ukrainische Staatsangehörige zu sein, wird vom BFA unter dem Zusatz der BF1, nicht wählen zu dürfen - ein Recht, das allgemein gerade Staatsbürgern zusteht - zu würdigen sein. Entsprechend wird das BFA sich damit auseinanderzusetzen haben, ob die BF1 sich über den Unterschied zwischen einem Aufenthaltstitel und der Staatsbürgerschaft bewusst ist oder war.
Sollte das BFA auf dieser Basis zur Ansicht gelangen, dass die BF russische Staatsangehörige sind, werden diese zu ihren Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen in Bezug auf die Russische Föderation zu befragen sein. Sollte sich ergeben, dass die BF1 russische Staatsangehörige und der BF2 ukrainischer Staatsangehöriger ist - wobei das BFA sich insoweit unter der Prämisse einer ukrainischen Staatsangehörigkeit des Vaters des BF2 einerseits und einer russischen Staatsangehörigkeit der BF1 als Mutter des BF2 andererseits unter Berücksichtigung des Geburtsortes des BF2 mit den russischen und ukrainischen Staatsbürgerschaftsnormen auseinanderzusetzen haben wird - wird das BFA insbesondere auch Ermittlungen zu den Folgen einer allfälligen Trennung der BF1 vom BF2 durchzuführen haben.
Der Vollständigkeit halber sei ausgeführt, dass auch unter der Prämisse einer ukrainischen Staatsangehörigkeit der BF die bisherigen Ermittlungen zum Fluchtvorbringen nicht als ausreichend anzusehen sind, zumal das BFA keinerlei Nachfragen zum Vorbringen der BF1 tätigte.
Aus den dargelegten Gründen erweisen sich die durchgeführten Sachverhaltsermittlungen des BFA als ungenügend und es liegen besonders schwerwiegende Mängel des behördlichen Verfahrens bei der Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes vor. Folglich hat eine Zurückverweisung der Sache an das BFA zu erfolgen, weil die belangte Behörde die erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen bzw. den maßgebenden Sachverhalt bloß ansatzweise ermittelt hat (vgl. VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).
Im weiteren Verfahren wird das BFA diesen Verfahrensmangel sanieren müssen und ein umfassendes Ermittlungsverfahren zu führen haben, indem entsprechend den obigen Ausführungen konkrete Ermittlungsschritte zur Staatsangehörigkeit der BF, den Fluchtgründen in Bezug auf den (tatsächlichen) Herkunftsstaat und den Folgen einer allfälligen Trennung der BF1 vom BF2 gesetzt werden.
Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes - nicht ersichtlich, weshalb von dem in § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG eingeräumten Ermessen im Sinne einer kassatorischen Entscheidung Gebrauch zu machen war. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind daher im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.
3.5. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Dies ist gegenständlich der Fall.
Zu Spruchpunkt B) wegen Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Im gegenständlichen Fall konnte sich daher das Bundesverwaltungsgericht auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W189.2194652.1.00Zuletzt aktualisiert am
10.03.2020