TE Bvwg Beschluss 2020/1/14 W133 2196562-2

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Veröffentlicht am 14.01.2020
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Entscheidungsdatum

14.01.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §32

Spruch

W133 2196562-2/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Robert ARTHOFER als Beisitzer über den Antrag datiert vom 10.07.2019 vonXXXX , auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.04.2019, hg.GZ. W133 2196562-1/18E, abgeschlossenen Verfahrens betreffend die Stattgabe des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz den Beschluss gefasst:

A)

Dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird gemäß § 32 VwGVG nicht stattgegeben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Antragsteller stellte am 13.02.2018 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien.

Nach Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 13.04.2018 den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab, da er mit dem festgestellten Grad der Behinderung von 20% die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das Ergebnis der ärztlichen Begutachtung, wonach der Grad der Behinderung 20% betrage.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 18.05.2018 fristgerecht eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Aufgrund der erhobenen Einwendungen holte das Bundesverwaltungsgericht ein psychiatrisch-neurologisches Gutachten sowie ein zusammenfassendes Sachverständigengutachten aus den Fachgebieten Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin ein.

Mit Erkenntnis vom 02.04.2019, hg. GZ. W133 2196562-1/18E, gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde statt und änderte den angefochtenen Bescheid ab. Dem Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom 13.02.2018 wurde stattgegeben und festgestellt, dass der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers ab dem Antragszeitpunkt 50% beträgt.

Dieses Erkenntnis enthält unter anderem auch folgende Feststellungen:

".....

Bei dem Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1) Anhaltende Persönlichkeitsveränderung nach posttraumatischer Belastungsstörung, trotz psychorehabilitativen Aufenthalts und medikamentöser Therapie psychisch instabil, aber sonst ambulant behandelbar.

2) Degenerative Gelenksveränderungen, geringgradige degenerative Veränderungen und polytope Beschwerden bei geringgradigen funktionellen Einschränkungen vor allem im Bereich des rechten Kniegelenks;

3) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, rezidivierende Beschwerden ohne relevante funktionelle Einschränkung im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule;

4) Fructoseintoleranz, weitgehend durch Diät ausgleichbar.

Leiden 1 wird durch die weiteren Leiden nicht erhöht, da kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken mit Leiden 1 besteht, die Auswirkungen des führenden Leidens werden durch die anderen Leiden nicht erheblich verstärkt.

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt aktuell 50%. Eine Änderung in den Voraussetzungen ist nicht zu erwarten.

...."

Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.04.2019, hg. GZ. W133 2196562-1/18E, wurde dem Antragsteller nachweislich durch Hinterlegung am 04.04.2019, Beginn der Abholfrist 05.04.2019, zugestellt. Das Erkenntnis wurde von ihm auch bereits am 05.04.2019 persönlich übernommen.

Gegen das genannte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.04.2019 erhoben beide Parteien weder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof noch eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof.

Am 17.07.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Antrag des Antragstellers datiert vom 10.07.2019, Postaufgabestempel 13.07.2019, auf Wiederaufnahme des unter der hg. GZ. W133 2196562-1/18E abgeschlossenen Verfahrens ein.

Der Antragsteller begründet diesen Antrag zusammengefasst mit dem Umstand, dass Abänderungen, die er bereits in seiner Bescheidbeschwerde beantragt habe, in der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung aus seiner Sicht nicht richtig berücksichtigt worden seien.

Mit Schreiben vom 27.11.2019 gewährte das Bundesverwaltungsgericht dem Antragsteller förmliches Parteiengehör zum Umstand der nach der Aktenlage vorliegenden verspäteten Einbringung des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens.

Mit Schreiben vom 04.12.2019, Postaufgabestempel 06.12.2019, erstattete der Antragsteller eine Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt vom 27.11.2019. Darin führt der Antragsteller aus, sein Wiederaufnahmeantrag sei mit Bescheid von Seiten des Gerichts zu beantworten. Er wiederholt darin im Wesentlichen sein Vorbringen, welches er schon im Wiederaufnahmeantrag datiert vom 10.07.2019 erstattet hatte und rügt darin neuerlich zusammengefasst in einigen Punkten die rechtskräftige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.04.2019. Er führt an, das Gericht möge feststellen, dass eine Nachuntersuchung nicht erforderlich sei und er mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem integrativen Betrieb arbeiten könne. Er habe weiters auf seinem (ursprünglichen) Antrag die "Neufestsetzung des Grades der Behinderung" markiert, weshalb es sich denklogisch nicht um einen Antrag auf einen Behindertenpass gehandelt habe. Es sei erstaunlich, dass ein "dreier Richtersenat" trotz vorliegender Unterlagen nicht erkennen habe können, dass der Antragsteller keinen Antrag auf einen Behindertenpass gestellt habe. Er führe dies wohlwollend auf die Überlastung des BVwG zurück und ersuche neuerlich um Überprüfung der bereits vorgelegten Beweismittel. Das werte Gericht sei offensichtlich der Leseschwäche des SMS gefolgt. Das Gericht habe auch keine mündliche Verhandlung durchgeführt. Von Seiten des Gerichts seien "hanebüchene" Begründungen verwendet worden, die jeglichem Tatsachensubstrat widersprechen würden. Es sei erstaunlich, dass es innerhalb von 22 Monaten nicht möglich sei, ein rechtskonformes Verfahren zu führen, wobei den Antragsteller nachweislich kein Verschulden treffe. Das Gericht werde bei der Staatsanwaltschaft Erklärungsbedarf haben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit rechtskräftigem Erkenntnis vom 02.04.2019, hg. GZ. W133 2196562-1/18E, gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde des Antragstellers gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice vom 13.04.2018, womit der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) abgewiesen worden war, statt und änderte den angefochtenen Bescheid ab: Dem Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom 13.02.2018 wurde mit Erkenntnis vom 02.04.2019 stattgegeben und festgestellt, dass der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers ab dem Antragszeitpunkt 50% beträgt.

Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.04.2019, hg. GZ. W133 2196562-1/18E, wurde dem Antragsteller nachweislich durch Hinterlegung am 04.04.2019, Beginn der Abholfrist 05.04.2019, zugestellt. Das Erkenntnis wurde von ihm auch bereits am 05.04.2019 persönlich übernommen.

Gegen das genannte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.04.2019 erhoben beide Parteien weder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof noch eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof.

Am 17.07.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Antrag des Antragstellers datiert vom 10.07.2019, Postaufgabestempel 13.07.2019, auf Wiederaufnahme des unter der hg. GZ. W133 2196562-1/18E abgeschlossenen Verfahrens ein. Der Antragsteller begründet diesen Antrag zusammengefasst mit dem Umstand, dass Abänderungen, die er bereits in seiner Bescheidbeschwerde beantragt habe, in der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung aus seiner Sicht nicht richtig berücksichtigt worden seien. Er führt zur Begründung des Wiederaufnahmeantrages an, das Gericht möge feststellen, dass eine Nachuntersuchung nicht erforderlich sei und er mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem integrativen Betrieb arbeiten könne. Er habe weiters auf seinem (ursprünglichen) Antrag die "Neufestsetzung des Grades der Behinderung" markiert, weshalb es sich nicht um einen Antrag auf einen Behindertenpass gehandelt habe.

Betreffend die mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.11.2019 dem Antragsteller in Wahrung des Parteiengehörs vorgehaltene verspätete Einbringung des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens bringt der Antragsteller vor, er habe die - seiner Meinung nach - bestehenden Verfahrensmängel bereits mehrfach dem Gericht dargelegt. Der innerhalb der dreijährigen Frist nach einem Urteilsspruch gefertigte Wiederaufnahmeantrag sei rechtskonform und es sei diesem stattzugeben.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen beruhen auf dem vorliegenden Akteninhalt. Die Feststellungen zum Wiederaufnahmeantrag beruhen auf den ensprechenden Anbringen des Antragstellers vom 10.07.2019 und 04.12.2019.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Die im vorliegenden Fall maßgebliche Bestimmung des § 32 VwGVG lautet:

"Wiederaufnahme des Verfahrens

§32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn

----------

1.-das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2.-neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder

3.-das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder

4.-nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Das Verwaltungsgericht hat die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

(5) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse."

In der Regierungsvorlage zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 (2009 der Beilagen, XXIV. GP) wurde festgehalten, dass die Bestimmungen über die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im VwGVG weitgehend den Bestimmungen der §§ 69 bis 72 AVG mit den entsprechenden Anpassungen aufgrund der Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz entsprechen. Durch den Ausschluss der Anwendung des IV. Teiles des AVG ist das AVG in diesem Bereich für unanwendbar erklärt worden, wobei aufgrund der inhaltlichen Übereinstimmung und ähnlichen Formulierung der Bestimmung des § 32 Abs. 1 bis 3 VwGVG mit § 69 AVG die bisher ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidungen sinngemäß anzuwenden sind beziehungsweise die bisherigen Judikaturlinien zu § 69 AVG herangezogen werden können.

In diesem Sinne sprach der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 28.06.2016, Ra 2015/10/0136, aus, dass die Wiederaufnahmegründe des § 32 Abs. 1 VwGVG denjenigen des § 69 Abs. 1 AVG nachgebildet sind und daher auf das bisherige Verständnis dieser Wiederaufnahmegründe zurückgegriffen werden kann.

Entscheidungen eines Verwaltungsgerichtes werden mit ihrer Erlassung rechtskräftig. Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.04.2019, hg. GZ. W133 2196562-1/18E, wurde der belangten Behörde am 02.04.2019 mittels elektronischem Rechtsverkehr übermittelt und dem Antragsteller nachweislich durch Hinterlegung am 04.04.2019, Beginn der Abholfrist 05.04.2019, zugestellt. Das genannte Erkenntnis wurde somit gegenüber der antragstellenden Partei gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz am 05.04.2019 rechtskräftig. Das Erkenntnis wurde im Übrigen von ihm auch bereits am 05.04.2019 persönlich übernommen. Dieser Umstand wurde von ihm auch nicht bestritten.

Es liegt daher ein abgeschlossenes Verfahren vor, sodass die erste Voraussetzung des § 32 Abs. 1 VwGVG erfüllt ist.

Nach § 32 Abs. 2 VwGVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt.

Der Antragsteller begründet seinen Wiederaufnahmeantrag zusammengefasst mit dem Umstand, dass Abänderungen, die er bereits in seiner Bescheidbeschwerde beantragt habe, in der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung aus seiner Sicht nicht richtig berücksichtigt worden seien. Er führt an, das Gericht möge feststellen, dass eine Nachuntersuchung nicht erforderlich sei und er mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem integrativen Betrieb arbeiten könne. Er habe weiters auf seinem (ursprünglichen) Antrag die "Neufestsetzung des Grades der Behinderung" markiert, weshalb es sich nicht um einen Antrag auf einen Behindertenpass gehandelt habe. Die vom Antragsteller vorgebrachten Gründe für seinen Wiederaufnahmeantrag sind ihm jedenfalls seit der Übernahme des Erkenntnisses, somit seit 05.04.2019, bekannt. Er bringt selbst vor, diese Gründe auch im vorangegangenen Verfahren schon geäußert zu haben. Der Wiederaufnahmeantrag datiert vom 10.07.2019, Postaufgabestempel 13.07.2019, erweist sich daher als verspätet eingebracht, weshalb er schon aus diesem Grund nach § 32 Abs. 2 VwGVG zurückzuweisen ist.

Darüberhinaus macht der Antragsteller auch keinen wiederaufnahmefähigen Grund geltend:

Der Wiederaufnahmewerber hat den Grund, auf den sich das Wiederaufnahmebegehren stützt, in seinem Antrag aus eigenem Antrieb konkretisiert und schlüssig darzulegen. Sein Antrag kann nur dann zur Wiederaufnahme führen, wenn er Tatsachen vorbringt, auf die mit hoher Wahrscheinlichkeit zutrifft, dass sie im wiederaufzunehmenden Verfahren zu einem anderen Bescheid geführt hätten (vgl. zu § 69 Abs. 1 Z 2 AVG VwGH 19.2.2014, 2013/08/0275; 26.4.2013, 2011/11/0051, mwN; zur Übertragbarkeit der zu § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergangenen Judikatur auf den wortgleichen § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG siehe VwGH 08.09.2015, Ra 2014/18/0089).

Gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG 2014 müssen neu hervorgekommene Tatsachen und Beweismittel vorliegen, also solche, die bereits zur Zeit des früheren Verfahrens bestanden haben, aber erst später bekannt wurden.

Diese Voraussetzung trifft auf die vom Antragsteller geltend gemachten Gründe nicht zu:

Der Antragsteller führt zur Begründung des Wiederaufnahmeantrages zunächst an, das Gericht möge feststellen, dass eine Nachuntersuchung nicht erforderlich sei und somit ein Dauerzustand vorliege. Diesen Einwand erhob der Antragsteller bereits im Zuge des Parteiengehörs zu den vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten medizinischen Gutachten im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren. Weiters enthält auch das Erkenntnis vom 02.04.2019, hg. GZ. W133 2196562-1/18E, auf dessen Seite 4 unten eine entsprechende Feststellung, dass eine Änderung in den Voraussetzungen nicht zu erwarten ist ("Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt aktuell 50%. Eine Änderung in den Voraussetzungen ist nicht zu erwarten."). Auch wurde auf Seite 6 der Entscheidung vom 02.04.2019 unten ausdrücklich beweiswürdigend festgehalten, dass das Bundesverwaltungsgericht der Beurteilung der Fachärztin für Psychiatrie, dass in Bezug auf das psychiatrische Leiden ein Dauerzustand vorliegt, gefolgt ist. Es handelt sich daher bei diesem geltend gemachten Grund nicht um eine neu hervorgekommene Tatsache oder ein neu hervorgekommenes Beweismittel.

Der Antragsteller macht weiters als Wiederaufnahmegrund geltend, das Gericht möge feststellen, dass er mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem integrativen Betrieb arbeiten könne. Auch dieses Vorbringen war bereits Gegenstand des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens: Diesbezüglich wurde auf Seite 5 des Erkenntnisses vom 02.04.2019, hg. GZ. W133 2196562-1/18E, ausdrücklich festgestellt, dass in einem Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz eine solche Feststellung nicht vorgesehen ist. Es handelt sich daher auch bei diesem geltend gemachten Grund nicht um eine neu hervorgekommene Tatsache oder ein neu hervorgekommenes Beweismittel.

Der Antragsteller macht weiters als Wiederaufnahmegrund geltend, dass er auf seinem (ursprünglichen) Antrag die "Neufestsetzung des Grades der Behinderung" markiert habe, weshalb es sich nicht um einen Antrag auf einen Behindertenpass gehandelt habe. Auch bei diesem Grund handelt es sich nicht um eine neu hervorgekommene Tatsache oder ein neu hervorgekommenes Beweismittel, da das Antragsformular im Akt erliegt. Im Übrigen ergibt sich eindeutig aus der ebenfalls im Akt erliegenden Gesprächsnotiz des Sozialministeriumservice vom 20.02.2018, dass die Behörde den Antragsteller im Zuge eines Telefonates an diesem Tag darüber informiert hatte, dass kein Verfahren nach dem Behinderteneinstellungsgesetz geführt werden könne, da ein Ausschlussgrund aufgrund des dauernden Pensionsbezuges des Antragstellers vorlag (§ 2 Abs.2 lit. c BEinstG). In der Gesprächsnotiz wurde weiters festgehalten, dass der Antragsteller ersucht hat, seinen Antrag daher als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu werten (AS 7 und AS 11). Durch diese Vorgangsweise belehrte die Behörde den Antragsteller nicht nur, sondern entsprach seinem Wunsch und wahrte letztlich auch seine Interessen, da sie im Passverfahren die - von ihm begehrte - Festsetzung des Grades seiner Behinderung trotz des Pensionsbezuges vornehmen konnte.

Es ergibt sich somit, dass der Antragsteller keine neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel geltend gemacht hat.

Weiters rechtfertigen gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG 2014 neu hervorgekommene Tatsachen und Beweismittel (also solche, die bereits zur Zeit des früheren Verfahrens bestanden haben, aber erst später bekannt wurden) - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - eine Wiederaufnahme des Verfahrens auch nur dann, wenn sie die Richtigkeit des angenommenen Sachverhalts in einem wesentlichen Punkt als zweifelhaft erscheinen lassen; Gleiches gilt nach der Judikatur des VwGH für neu entstandene Beweismittel, sofern sie sich auf "alte" - d.h. nicht ebenfalls erst nach Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens entstandene - Tatsachen beziehen (VwGH 19.04.2007, 2004/09/0159). Da die vom Antragsteller geltend gemachten Wiederaufnahmegründe nicht geeignet sind, die Richtigkeit des angenommenen Sachverhalts in einem wesentlichen Punkt als zweifelhaft erscheinen zu lassen, liegt auch diese Voraussetzung nicht vor.

Auch ist für das Bundesverwaltungsgericht zum Entscheidungszeitpunkt nach den im Antrag behaupteten Umständen kein anderer entsprechender Wiederaufnahmegrund erkennbar.

Neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung von Sachverhaltselementen sind keine "Tatsachen", die eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu rechtfertigen vermögen (VwGH 13.12.2016, Ra 2016/09/0107).

Da die Sachlage aufgrund der Aktenlage als geklärt erscheint, konnte eine mündliche Erörterung der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme unterbleiben. Vielmehr ist die hier zu beantwortende Frage, ob die Einbringung verspätet erfolgte oder ein Wiederaufnahmegrund iSd § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG vorliegt, rechtlicher Natur. Dem Entfall der Verhandlung stehen im Ergebnis weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegen (vgl. VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140).

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Verspätung, Wiederaufnahmeantrag, Wiederaufnahmegrund

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W133.2196562.2.00

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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