Entscheidungsdatum
14.01.2020Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
G313 2219145-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Serbien, gesetzlich vertreten durch seine Erwachsenenvertreterin Mag. (FH) Claudia Nägerl, p.a. VertretungsNetz - Erwachsenenvertretung, und rechtlich vertreten durch RA Dr. SPITZER-HÄRTNIG, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.04.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A)
I. Der Beschwerde wird insofern teilweise stattgegeben, als
a. festgestellt wird, dass gemäß § 46 FPG iVm § 50 Abs. 1 FPG, Art. 3 EMRK eine Abschiebung nach Serbien unzulässig ist, und
gemäß § 46a Abs. 1 Z 2 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016, der Aufenthalt des Beschwerdeführers geduldet ist, solange dessen Abschiebung gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig ist; und
b. das Einreiseverbot auf die Dauer von 1 (ein) Jahr herabgesetzt wird.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) wurde gegen den BF gemäß § 52 Abs. 5 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt II.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z. 1 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.), und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V).
2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Dabei wurde beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und den angefochtenen Bescheid zu beheben, in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückzuverweisen. In der Beschwerde verwies der BF auf seine familiären und privaten Bindungen in Österreich und seine einer Abschiebung entgegenstehende psychische Erkrankung.
3. Am 22.05.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein. Mit Beschwerdevorlage wurde um Abweisung der Beschwerde ersucht und vorgebracht:
"Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde wurde die psychische Erkrankung des BF eben sehr wohl berücksichtigt. Aufgrund seiner bisherigen Krankheitsuneinsichtigkeit und dem Abbruch von Therapien und Medikationen stellte der BF eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. In Anbetracht seines bisherigen Verhaltens steht zu befürchten, dass der BF nach einer Entlassung wieder aufhören wird, seine Medikamente zu nehmen. Dass eine Rückkehr in die Maßnahme zwangsweise vorgesehen ist, wenn er die Weisungen nicht erfüllt, kann dann unter Umständen schon zu spät sein. Daher muss er erst im Ausland über einen längeren Zeitraum hinweg in Freiheit beweisen, dass er diesmal wirklich einsichtig ist und die Therapien und Medikation nicht wieder abbricht. Und dass die Krankheit des BF Schuld an seinen mangelnden privaten Kontakten ist, ändert nichts an der Tatsache, dass diese nur sehr eingeschränkt vorhanden sind, was folglich seine privaten Bindungen etwas vermindert.
Wie im Bescheid ersichtlich, gibt es sehr wohl auch in Serbien die Möglichkeit der Sachwalterschaft. Die Vertretung kann dem BF dann bei der Beantragung von Unterstützungen und dergleichen behilflich sein. Und die psychische Erkrankung des BF ist auch dort behandelbar. Wie der angeführten Anfrage zu entnehmen ist, werden lediglich Patienten, die nicht alleine wohnen können, in psychiatrische Krankenhäuser oder soziale Einrichtungen eingewiesen."
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Serbien.
1.2. Er ist in Österreich geboren und hält sich seit seiner Geburt im Bundesgebiet auf. Der BF leidet seit 2010 an paranoider Schizophrenie und wohnte bis April 2013 mit seiner Mutter in gemeinsamem Haushalt zusammen und zog dann in eine eigene Gemeindewohnung, in welcher er mobile Betreuung durch geeignetes Personal erhielt.
1.3. Der BF besitzt einen Daueraufenthaltstitel-EU. Dieser wurde ihm zuletzt am 02.05.2016 bis 02.05.2021 verlängert.
1.4. Wie vorhin erwähnt, leidet der BF an paranoider Schizophrenie, sowie an einem Zustand nach Polytoxikomanie, und an Epilepsie, wobei der BF bereits jahrelang keinen Anfall mehr hatte.
1.4.1. Zur sozialen Gesundheit des BF ist festzuhalten, dass es mit Ausbruch der schweren Geisteskrankheit des BF in Form der paranoiden Schizophrenie zu einer sozialen Desintegration gekommen ist. Dadurch hat sich der BF mehr und mehr von seinem sozialen, stützenden System entfernt und konnte nirgends mehr integriert werden.
1.4.2. Da der BF gesundheitsbedingt bestimmte Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen konnte, wurde für ihn mit Gerichtsbeschluss vom 04.09.2015 ein Erwachsenenvertreter (bzw. vormals Sachwalter) bestellt, und zwar für folgende Angelegenheiten:
* Vertretung vor Gerichten, Behörden und Sozialversicherungsträgern,
* Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten und
* Vertretung bei Rechtsgeschäften, die über Geschäfte des täglichen Lebens hinausgehen.
1.4.3. Der BF war im Bundesgebiet wegen seiner paranoiden Schizophrenie-Erkrankung insgesamt bereits mehrmals in der psychiatrischen Abteilung eines Spitals stationär aufhältig, nachweislich im Jahr 2017 insgesamt viermal, und wurde wegen seiner Erkrankung von 2010 bis 2018 auch in einem Sozialpsychiatrischen Ambulatorium fachärztlich psychiatrisch behandelt und sozialarbeiterisch betreut. Parallel dazu gab es Alkohol- und Cannabismissbrauch des BF.
Die Behandlung des BF konnte jedoch nicht zu einer nachhaltigen Stabilisierung führen, wehrte er sich doch gegen eine bestimmte Behandlungsmethode, die aus fachärztlicher Sicht zu einer dauerhaften gesundheitlichen Stabilisierung beitragen hätte können.
1.5. Nach Begehung einer gefährlichen Drohung im Bundesgebiet im Juni 2017 wurde im Strafverfahren ein forensisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie von Jänner 2018 eingeholt. Auf dieses stützend erging im April 2018 eine strafrechtliche Verurteilung des BF mit Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher, in welcher der BF in einem entsprechenden Betreuungsumfeld eine entsprechende ärztliche und medizinische Behandlung und Betreuung bekommen sollte. Seit Einlieferung in diese Anstalt befindet sich der BF dort.
1.5.1. Mit dem im Zuge des Strafverfahrens eingeholten forensisch-psychiatrischen Sachverständigengutachten von Jänner 2018 wurde zusammengefasst Folgendes festgehalten:
"Aus der Perspektive der forensischen psychiatrischen Kriminalprognostik muss man feststellen, dass praktisch die wesentlichen Parameter negativ besetzt sind. Es besteht eine schwere Geisteskrankheit, derer bezüglich der Beschuldigte keinerlei Krankheitseinsicht aufweist und keinerlei Einsicht in die Notwendigkeit einer Behandlung. Es besteht gleichzeitig ein Alkohol- und Drogenmissbrauch, was die Situation zusätzlich verschärft und die Delinquenz fördert. Es gibt keinerlei sozial gedeihliche Perspektive, keine Perspektive in Richtung einer sozialen Integration. Es gibt keine sozialen Beziehungen, die eine echte Kontrollfunktion ausüben würden. Dies zeigt sich auch daran, dass trotz intensiven Bemühens aus dem Betreuersystem über Wochen ein Untersuchungstermin beim gefertigten Gutachter nicht möglich war. Unter Zusammenschau all dieser Aspekte muss man davon ausgehen, dass die Gefährlichkeit, die von Herrn (...) ausgeht, nur intramural hintangehalten werden kann. Es gibt keine Möglichkeiten, hier durch Weisungen zu substituieren."
1.5.2. Der besagten strafrechtlichen Verurteilung des BF von April 2018 ging voraus, dass der BF am 27.06.2017 mit einem Messer eine bestimmte Person gefährlich bedroht und dieser gegenüber angegeben hat, sie abstechen zu werden. Gegenüber den einschreitenden Beamten tätigte der BF wirre Angaben, woraufhin der BF angehalten und einem Amtsarzt vorgeführt wurde. Dieser stellte beim BF den Verdacht einer paranoiden Schizophrenie fest und verfügte die Einweisung des BF in ein bestimmtes Spital.
1.5.3. Im Strafrechtsurteil von April 2018 wurde beweiswürdigend unter anderem festgehalten:
"Der Sachverständige führte weiters in der mündlichen Hauptverhandlung schlüssig aus, dass der Betroffene aufgrund seiner mangelnden Krankheits- und Behandlungseinsicht vorerst ein streng strukturiertes, geschlossenes Betreuungssetting mit Sicherstellung der Einnahme der erforderlichen psychopharmakologischen Depotmedikation benötigt, da er bereits mehrfach und über mehrere Jahre die erforderliche Medikation immer wieder absetzte, wieder begann, Cannabis zu konsumieren und zeitweise sogar Kokain. Deshalb ist es aus medizinischer Sicht wichtig, vorerst in einem entsprechenden Umfeld, also in einem geschlossenen psychiatrischen Krankenhaus den Betroffenen medikamentös und psychiatrisch zu stabilisieren, einzustellen und zu betreuen, um ihn dann schrittweise und langsam in ein Leben außerhalb einer psychiatrischen Anstalt zu überführen und dessen Bereitschaft, sich entsprechend behandeln zu lassen, zu stärken.
Die Feststellungen zur Gefährlichkeitsprognose gründen sich ebenfalls auf das schriftlich und mündlich erörterte Gutachten des Sachverständigen (...). Basierend auf allen vorliegenden Informationen gab der Sachverständige in der Hauptverhandlung am 19.04.2018 nochmals konkret an, dass der Betroffene einer Tätergruppe zuzuordnen ist, die ein hohes Risiko für neuerliche strafbare Handlungen mit schweren Folgen, nämlich qualifizierte Todesdrohungen, aber auch schwere Körperverletzungen bis hin auch zu Tötungsdelikten - zumal es zuletzt auch zu einer Eskalation gekommen ist - aufweist."
1.6. Der BF wurde nach rechtskräftiger strafrechtlicher Verurteilung im April 2018 in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, ist seit September 2018 in einer solchen gemeldet, und hält sich nach wie vor dort auf.
1.7. Der BF versuchte nach Pflichtschulabschluss in Österreich auf dem österreichischen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Die begonnene Einzelhandelslehre brach der BF wieder ab. Der BF konnte durch Abwäschertätigkeit sich einen Führerschein und ein Auto finanzieren. Nach Ausbruch der Geisteskrankheit im Jahr 2010 hat er seine Arbeit beendet. Der BF bezieht seither Invaliditätspension. Fest steht, dass es mit Ausbruch der Geisteskrankheit des BF zu einem sozialen Rückzug und einer sozialen Destabilisierung gekommen ist.
1.8. Nach Vorhalt der behördlichen Beabsichtigung, gegen den BF eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot zu erlassen, übermittelte der Erwachsenenvertreter des BF dem BFA folgende fachärztliche Stellungnahmen dazu (Name des BF durch "BF" ersetzt):
1.8.1. Mit einer fachärztlichen Stellungnahme von Jänner 2019 wurde mitgeteilt:
"Bei bestehender psychiatrischer Komorbidität ist im Hinblick auf den gegebenen langjährigen Krankheitsverlauf auf eine Stabilisierung eingetreten, wobei einschränkend anzuführen ist, dass einerseits bzw. polytoxikomanem Substanzmissbrauchsverhalten in unserer Einrichtung ein kontrolliertes Abstinenzverhalten gewährleistet werden kann und andererseits die notwendige psychopharmakologische Dauertherapie gesichert werden kann, sodass weder depressive noch manische Episoden aufgetreten sind. Selbst- bzw. fremdgefährdende Verhaltensdurchbrüche sind aktuell und über den letzten Beobachtungszeitraum nicht fassbar gewesen.
Die Medikation wird weiterhin laufend zu evaluieren sein, um weitere angedachte Therapiemaßnahmen bei klarem Behandlungserfolg umsetzen zu können. Der weitere Verlauf wird abzuwarten sein, ob und in welchem Ausmaß weitere Besserungen zu erwarten sind, um die Selbstständigkeit schrittweise unter geschützten Bedingungen erproben zu können."
1.8.2. Mit einer weiteren fachärztlichen Stellungnahme eines sozialpsychiatrischen Ambulatoriums von Februar 2019 wurde Folgendes mitgeteilt:
"Der BF stand von 2010 - 2018 hierorts in fachärztlich psychiatrischer Behandlung und sozialarbeiterische Betreuung wegen einer Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis. Zusätzlich ist ein multipler Substanzmissbrauch (legale, illegale) und anamnestisch eine frühkindliche Epilepsie bekannt.
In der Zeit von April 2010 bis Februar 2011 wurde der BF parallel im Institut für psychiatrische Frührehabilitation des (...) behandelt (nach einem stationären Aufenthalt im (...) vom 18.03. - 30.04.2010).
Die vielfältigen Therapieansätze waren von großen Schwierigkeiten gekennzeichnet, eine Kontinuität in der Behandlung herzustellen. Sowohl medikamentös als auch in den anderen therapeutischen Bereichen kam es häufig zu Unterbrechungen und längeren Pausen. Eine gewisse Kontinuität bestand im Kontakt zum Ambulatorium sowohl im ärztlichen als auch im sozialarbeiterischen Bereich.
(...)
Im Falle einer Abschiebung und der damit verbundenen sozialen, therapeutischen und medizinischen Diskontinuität ist aus fachärztlich-psychiatrischer Sicht davon auszugehen, dass es zu einer deutlichen Verschlechterung des seelischen Zustandsbildes unseres Patienten kommen kann. Der mögliche Schweregrad ist dabei nicht abzusehen, jedoch kann eine deutliche Verschlechterung in affektiven Belangen nicht ausgeschlossen werden. (...)."
2. Zur Lage in Serbien
2.1. Zu Behandlungsmöglichkeiten und -kosten für die paranoide Schizophrenie-Erkrankung des BF
Eine Behandlung von Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis ist grundsätzlich in Serbien möglich (IOM, 23. Juli 2018).
Es gibt nur wenige Erkrankungen, die in Serbien nicht oder nur schlecht behandelt werden können. Ausgebildetes medizinisches Fachpersonal ist vorhanden. Behandelbar sind in Serbien - psychische Erkrankungen, ua. Depressionen, Traumata, Schizophrenie, posttraumatische Belastungsstörungen (medikamentöse und psychologische Behandlung). Psychische Krankheiten werden in Serbien vorwiegend medikamentös behandelt. Es besteht jedoch (wenn auch in begrenztem Umfang) auch die Möglichkeit anderer Therapieformen, so gibt es z.B. für die Teilnahme an Gruppenpsychotherapie Wartelisten. Neben dem Therapiezentrum in der Vojdowina existieren mittlerweile weitere Therapiezentren in Vranje, Leskovac und Bujanovac (Südserbien). (AA, November 2017).
Das Gesundheits- und Krankenversicherungssystem ist in zwei Gruppen aufgeteilt: Öffentlich (kostenlos) und privat. Behandlungen und Medikamente sind kostenlos für alle Bürger/-innen, die im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert sind. Patient/-innen müssen an ein lokales Krankenhaus Rückmeldung erstatten, um einem/-r Allgemeinart/-ärztin zugewiesen zu werden. Diese/r stellt bei Bedarf eine ärztliche Überweisung für weitere
Behandlungen oder Diagnosen aus. Leistungen: Die folgenden Kosten und Leistungen sind von der Krankenversicherung abgedeckt:
Erwachsene: komplette medizinische Versorgung, einschließlich präventiver und regelmäßiger Check-Ups sowie spezieller Gesundheitspflege (Augenheilkunde, Kardiologie, innere Medizin, Operationen, zahnärztliche Leistungen, Onkologie, Naturheilverfahren, Rehabilitation, Dermatologie und psychologische Behandlung).
Auch rückkehrende Personen haben Zugang zum Gesundheitswesen (IOM, 2019).
Die folgenden Personengruppen ohne Einkommen sind aufgrund von
Artikel 17 und 22 des Krankenversicherungsgesetzes gesetzlich krankenversichert:
-
Sozial bedürftige Personen, dauerhafte Bezieher von Sozialhilfe oder anderen materiellen Hilfen (in Übereinstimmung mit den Sozialversicherungsvorschriften)
-
Arbeitslose und Personen mit einem Einkommen unter einer gesetzlich festgelegten Grenze
-
Personen die Nothilfe benötigen,
-
Personen mit Behinderungen,
-
Patienten mit chronischen Krankheiten: (...), chronische Psychosen (Schizophrenie), bipolare Störungen, Epilepsie, (...) (SEM, 17. Mai 2017, S. 28).
Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) geht in ihrem 2018 veröffentlichten Mental Health Atlas (Berichtszeitraum: 2017) auf die in Serbien verfügbaren Ressourcen zur Behandlung psychischer Erkrankungen ein. Diesen Angaben zufolge gebe es insgesamt 2.643 Fachkräfte für psychische Gesundheit. Auf eine Bevölkerung von 100.000 Menschen kämen 8,64 PsychiaterInnen, 13,17 MitarbeiterInnen des psychiatrischen Pflegepersonals ("mental health nurses"), 4,55 PsychologInnen und 0,36 SozialarbeiterInnen. In Serbien gebe es vier Einrichtungen für die ambulante Behandlung psychiatrischer PatientInnen. Dabei handle es sich um gemeindebasierte ("community-based") Einrichtungen, keine davon sei innerhalb eines Krankenhauses verortet. Stationäre Behandlung von psychiatrischen PatientInnen sei in sieben psychiatrischen Kliniken sowie auf 36 Stationen allgemeiner Krankenhäuser verfügbar. Es gebe keine laufende Zusammenarbeit im Bereich der psychischen Gesundheit zwischen Dienstleistungsnutzern und Interessengruppen von Angehörigen oder Pflegepersonal. Die Kosten für die Betreuung und Behandlung von Personen mit schwerwiegenden psychischen Störungen (Psychose, bipolare Störung, Depression) würden von den staatlichen Krankenkassen oder Erstattungssystemen übernommen. (WHO, 2018) Der Sonderberichterstatter des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen (UN Human Rights Council, HRC) geht in seinem im Jänner 2019 veröffentlichten Bericht zu Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe in Serbien auch auf Einrichtungen für Menschen mit psychosozialen Behinderungen ein.
Der Sonderberichterstatter habe zwei Sozialeinrichtungen für Menschen mit psychosozialen Behinderungen besucht, das Otthon-Zentrum in Stara Moravica und das Veternik-Zentrum. In beiden Institutionen schienen die materiellen Bedingungen für Unterkunft und Betreuung bescheiden, aber allgemein akzeptabel zu sein. Beide Institutionen hätten jedoch unter erheblichem Personalmangel gelitten, so dass die kontinuierliche, individuelle Betreuung, die für die Entwicklung der persönlichen Fähigkeiten der BewohnerInnen erforderlich wäre, nicht gewährleistet worden sei. Der Sonderberichterstatter habe zudem mit großer Besorgnis festgestellt, dass die BewohnerInnen nicht nach Alter, Geschlecht und Art der Behinderung getrennt seien. Dies gebe Anlass zur Sorge, dass die BewohnerInnen möglicherweise Gewalt und sexuellem Missbrauch ausgesetzt seien. Der Sonderberichterstatter habe festgestellt, dass es an Aufsicht und durchsetzbaren Vorschriften für die Anwendung physischer Einschränkungsmaßnahmen in den Zentren mangle. Er befürchte, dass derartige Einschränkungsmaßnahmen unnötigerweise oder unverhältnismäßig angewendet werden könnten, insbesondere in unterbesetzten Institutionen oder bei selbstverletzendem oder gefährlichem Verhalten. Dem Sonderberichterstatter zufolge könne die ungerechtfertigte Anwendung physischer Einschränkungsmaßnahmen eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung darstellen, ein langfristiger Gebrauch könne zu schweren Muskelverletzungen, Organversagen und Traumata führen. Der Sonderberichterstatter sei ebenfalls besorgt darüber, dass eine Entscheidung der zuständigen Behörden, Menschen mit psychosozialen Behinderungen zu institutionalisieren, offenbar ausschließlich auf der Grundlage eines ärztlichen Berichts des behandelnden Psychiaters und in der Regel ohne eine individuelle Begegnung mit der betroffenen Person selbst getroffen werde. Berichten zufolge würden viele der Zentren für Sozialarbeit, durch die Personen in Sozialeinrichtungen untergebracht würden, die betroffenen BewohnerInnen nicht regelmäßig besuchen, um die nach wie vor bestehende Notwendigkeit ihrer Institutionalisierung zu überprüfen oder zu überdenken. Da den meisten BewohnerInnen die Rechtsfähigkeit vollständig entzogen worden sei, gelte ihre anschließende Institutionalisierung mit Zustimmung ihres Vormunds automatisch als "freiwillig" und es scheine keinen wirksamen Rechtsbehelf gegen eine solche Entscheidung zu geben. Aus diesem Grund würden die BewohnerInnen in der Regel für den Rest ihres Lebens ohne ernsthafte Überprüfung institutionalisiert, was im klaren Widerspruch zu den internationalen Normen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen stehe. Darüber hinaus befürchte der Sonderberichterstatter, dass für viele BewohnerInnen kein Bedarf einer Institutionalisierung bestünde, wenn es alternative, gemeindebasierte Strukturen und Dienstleistungen gebe. Der Sonderberichterstatter begrüße die Tatsache, dass nach serbischem Recht Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit erhalten sollen, innerhalb der Gemeinschaft zu leben, er sei jedoch darüber besorgt, dass es bei der Schaffung von gemeinschaftlichen Unterstützungssystemen noch immer an der notwendigen Finanzierung und Expertise für die Durchführung solcher Programme mangle (HRC, 25. Jänner 2019, S. 7-8)
Allgemeine Informationen zu Medikamenten und Apotheken
Das schweizerische Staatssekretariat für Migration (SEM) schreibt in seinem Focus Serbien zur medizinischen Grundversorgung vom Mai 2017 über die Versorgung mit Medikamenten Folgendes:
"Im staatlichen Bereich bestehen vier verschiedene Medikamentenlisten. Medikamente, die auf diesen Listen geführt werden, sind im Rahmen der staatlichen Krankenversicherung kostenlos erhältlich. Die Beteiligungsgebühr auf Seiten des Patienten beträgt in diesem Fall bei Vorlage eines vom Allgemeinarzt ausgestellten Rezeptes RSD 50.- (ca. EUR 0,50). Für Medikamente der Liste A1 trägt der Patient 25 % der Medikamentenkosten. Medikamente der Listen B und C unterstehen einer gesonderten Regelung. Die WHO hat auch für Serbien eine Liste der essentiellen Medikamente erstellt.
[...] Zudem kann es vorkommen, dass Medikamente der staatlichen Medikamentenlisten temporär nicht vorrätig sind. Die Gründe für deren Fehlen sind vielschichtig. Es wurden mehr Medikamente verbraucht als eingeplant, die Nachbestellung ging vergessen, das Gesundheitsministerium brauchte eine gewisse Zeit, Fehlendes wieder zur Verfügung zu stellen. Generell ist heute, unter Einbezug privater Apotheken, der weitaus größte Teil der Medikamente zur Behandlung der gängigen Krankheitsbilder in Serbien verfügbar. Falls jedoch in europäischen Ländern abgegebene Medikamente nicht vorhanden sein sollten, können diese in der Regel durch Generika ersetzt werden. Namentlich teurere Produkte der jüngeren Medikamentengenerationen befinden sich nicht auf den verschiedenen Listen des serbischen Gesundheitsministeriums. Diese müssen daher kostenpflichtig in privaten Apotheken beschafft werden, die diese Medikamente im Normalfall regelmäßig liefern können. Die Preise für diese Medikamente erreichen meistens nahezu westeuropäisches
Niveau." (SEM, 17. Mai 2017, S. 22-23)
Zum Thema Apotheken schreibt das SEM:
"Gesundheitseinrichtungen aller drei Versorgungsstufen verfügen auch über eigene Apotheken. In jedem größeren Ort bestehen weiterhin staatliche Apotheken, so auch in Niš, Vranje und Bujanovac/Bujanoc. Diese geben sich auf ihren Webseiten modern, dienstleistungs- und nachfrageorientiert. Nach eigenen Angaben versuchen sie, die von ihnen geforderten Dienstleistungen, unter anderem die Bereitstellung von Medikamenten der staatlichen Medikamentenlisten, zu gewährleisten. Sukzessive werden aus unterschiedlichen Gründen auch ehemals staatliche Apotheken privat weitergeführt, vor allem die kleineren. Der Großteil der Apotheken sind in privatem Besitz, in Vranje mehr als 30. Auf Rezept, respektive Verschreibung hin, können in diesen Apotheken die Medikamente in der Regel kostenlos bezogen werden. Die Apotheke rechnet die Kosten ihrerseits mit der staatlichen Kostenstelle ab. In privaten Apotheken ist heute die überwiegende Mehrheit der Medikamente vorhanden, auch der moderneren und teureren. Ein entsprechendes Versorgungsnetz wird unterhalten. Private Apotheken können Medikamente in den Nachbarstaaten oder im Ausland bestellen. Dies ist jedoch mit einigem organisatorischen Aufwand und mit Kosten verbunden. Das Apothekennetz ist heute flächendeckend. Allein im Großraum Belgrad bestehen gemäß dem serbischen Verband privater Apotheken über 100 Apotheken. Ebenso finden sich auch in kleineren Ortschaften, beispielsweise im südserbischen Preševo/Presheva, mehrere Apotheken, auch direkt neben dem Gesundheitszentren." (SEM, 17. Mai 2017, S. 23-24)
Das Länderinformationsblatt zu Serbien 2019 der Internationalen Organisation für Migration
(IOM) enthält folgende Informationen zur Verfügbarkeit und zu den Kosten von Medikamenten:
"Ein Großteil der Medikamente ist erhältlich, meistens zu ähnlichen Preisen wie in anderen
europäischen Ländern. [...] Kosten: Abhängig von der Art der Krankenversicherung sowie 7/8
der Anspruchsberechtigung kann die Behandlung entweder kostenlos oder nur teilweise
gedeckt sein." (IOM, 2019, S. 4)
Verfügbarkeit von Seroquel und Risperidon, Kosten
Zur Orientierung für die im Folgenden angeführten Preise: 1 Euro entspricht mit Stand
5. September 2019 rund 118 serbischen Dinar (RSD) (Narodna Banka Srbije, 5. September
2019).
Als Wirkstoff von Seroquel wird in der Packungsbeilage Quetiapin angegeben (BASG, Dezember 2018). Auf der vom serbischen Krankenversicherungsfonds (RFZO) veröffentlichten Liste A1 der von der Krankenversicherung umfassten rezeptpflichtigen Medikamente (Stand 27. August 2019) finden sich vier Präparate mit dem Wirkstoff Quetiapin (serbisch: kvetiapin) (100 mg) namens Kventiax, Kvetiapin Pharmas, Actawell und Q-Pin (60 Tabletten zum Großhandelspreis von RSD 1.558,60). Bei allen Medikamenten wird als Selbstbehalt für den versicherten Patienten 55 Prozent angegeben. Darüber hinaus werden zwei Präparate mit 50 mg Quetiapin angeführt, Seroquel XR (60 Tabletten zum Großhandelspreis von RSD 1.083,90 und einem Selbstbehalt von 75 Prozent) und Kventiax SR (60 Tabletten zum Großhandelspreis von RSD 833,80 und einem Selbstbehalt von 70 Prozent) (RFZO, Lista A1, Stand 27. August 2019).
Ein Medikament zur Injektion mit dem Wirkstoff Risperidon namens Rispolept Consta findet sich in drei unterschiedlichen Dosierungen auf der vom serbischen Krankenversicherungsfonds (RFZO) veröffentlichten Liste B. Der Großhandelspreis für 25 mg beträgt RSD 8.333,40. Für 37,5 mg werden RSD 10.813,70 angegeben und für 50 mg RSD 13.298,70. In der Liste ist kein Wert beim Selbstbehalt angegeben. (RFZO, Lista B, Stand 27. August 2019).
Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher
Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation, WHO) veröffentlichte im Jahr
2018 die neueste Ausgabe des Mental Health Atlas. Im dazugehörigen Länderprofil zu Serbien
findet sich bei den stationären Einrichtungen bei der Kategorie "Forensic inpatient units"
(stationäre Abteilungen für Straftäter) die Angabe, dass es keine solchen Einrichtungen gebe oder dass keine gemeldet worden seien ("none or not reported") (WHO, 2018).
Quelle:
-
ACCORD-Anfragebeantwortung vom 5. September 2019, a-11070-1
2.2. Informationen zu Sachwalterschaft/Vormundschaft; Informationen zur Invaliditätspension
Bei einer Suche im serbischen Rechtsinformationssystem (Pravno Informacioni Sistem, http://www.pravno informacioni-sistem.rs) wird als neueste Version des serbischen Familiengesetzes von 2005 die Fassung inklusive Novellierungen von 2011 und 2015 ausgegeben. Dieses enthält gesetzliche Bestimmungen zur Vormundschaft sowohl minderjähriger als auch volljähriger Personen in der Republik Serbien.
In Artikel 12 ist festgelegt, dass die Arbeit zum Schutz der Familie, zur Unterstützung der Familie und zur Vormundschaft im Sinne des Familiengesetzes vom Zentrum für Sozialarbeit (im Folgenden: Vormundschaftsbehörde) ausgeführt wird. Die Organisation der Arbeit der Vormundschaftsbehörde und die Standards der beruflichen Tätigkeit werden vom für den Familienschutz zuständigen Minister festgelegt.
Folgende Übersetzung von Artikel 12 des serbischen Familiengesetzes 2005 entspricht dem serbischen Original in der Fassung von 2015:
"Art 12 Vormundschaftsbehörde
(1) Die Geschäfte des Schutzes der Familie, der Unterstützung der Familie und derVormundschaft im Sinne dieses Gesetzes werden vom Zentrum für Sozialarbeitdurchgeführt (im weiteren Wortlaut: Vormundschaftsbehörde).
(2) Entscheidet die Vormundschaftsbehörde bei der Durchführung der in diesem Gesetz festgelegten Geschäfte in Verwaltungssachen, führt sie die Geschäfte als Mandatar durch.
(3) Die Organisation der Arbeit der Vormundschaftsbehörde, die Standards der Facharbeit und der Inhalt und die Art der Führung der Evidenz und der Dokumentation werden vom für den Familienschutz zuständigen Minister vorgeschrieben." (Bergmann/Ferid/Henrich, Stand: 30. Juni 2006) Artikel 124 und 125 des Familiengesetzes 2005 idF von 2015 legen fest, dass volljährige Personen, denen die Geschäftsfähigkeit entzogen wurde, von der Vormundschaftsbehörde unter Vormundschaft gestellt werden. Die Vormundschaftsbehörde entscheidet außerdem über Unterbringung und bewertet das Vermögen der unter Vormundschaft gestellten Person ("Mündel").
Artikel 124 und 125 in der deutschen Übersetzung des serbischen Familiengesetzes 2005 durch die Gesetzestextsammlung von Bergmann/Ferid/Henrich lautet wie folgt:
"Art 124 Wer unter Vormundschaft gestellt wird
Unter Vormundschaft wird ein Kind ohne elterliche Sorge (minderjähriges Mündel) oder eine volljährige Person, der die Geschäftsfähigkeit entzogen wurde (volljähriges Mündel), gestellt.
Art 125 Entscheidung über die Stellung unter Vormundschaft
(1) Die Entscheidung über die Stellung unter Vormundschaft wird von der Vormundschaftsbehörde erlassen.
(2) Die Entscheidung über die Stellung unter Vormundschaft enthält immer auch den Plan der Vormundschaft.
(3) Mit der Entscheidung über die Stellung unter Vormundschaft bestellt die Vormundschaftsbehörde den Vormund und entscheidet über die Unterbringung des Mündels.
(4) Die Vormundschaftsbehörde versucht zunächst, das Mündel in einer Familie aus der Verwandtschaft unterzubringen.
(5) Besitzt das Mündel Vermögen, wird das Inventar aufgenommen und die Bewertung des Vermögens des Mündels von der ständigen Kommission der Vormundschaftsbehörde durchgeführt.
(6) Die Arbeitsweise, die Zusammensetzung und die Finanzierung der ständigen Kommission werden vom für den Familienschutz zuständigen Minister vorgeschrieben." (Bergmann/Ferid/Henrich, Stand: 30. Juni 2006)
Weiters regelt das serbische Familiengesetz 2005 idF von 2015 in den Artikeln 135 und 136 die Pflichten eines Vormunds-
Artikel 135 und 136 in der deutschen Übersetzung des serbischen
Familiengesetzes 2005 durch die Gesetzestextsammlung von Bergmann/Ferid/Henrich lautet wie folgt:
"Art 135 Sorge für das Mündel
(1) Der Vormund ist verpflichtet, gewissenhaft für das Mündel zu sorgen.
(2) Die Vormundschaft über das Mündel umfasst: die Sorge für die Person, die Vertretung, die Besorgung der Mittel für den Unterhalt und die Verwaltung und Verfügung über das Vermögen des Mündels.
Art 136 Sorge für die Person
[...] (2) Der Vormund ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Gründe beseitigt werden, aus denen dem volljährigen Mündel die Geschäftsfähigkeit entzogen wurde, und dass es möglichst bald zu einem selbständigen Leben befähigt wird.
(3) Der Vormund ist verpflichtet, das Mündel zu besuchen und sich unmittelbar über die Umstände, in denen das Mündel lebt, zu informieren." (Bergmann/Ferid/Henrich, Stand: 30. Juni 2006)
Die internationale Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) veröffentlicht im Jänner 2019 ihre gemeinsam mit anderen NGOs verfasste Einreichung für den UNO-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau. Darin finden auch die Regelung der Vormundschaft von Erwachsenen mit geistiger oder körperlicher Behinderung und das serbische Zentrum für Sozialarbeit Erwähnung. Laut dem Bericht könne nach dem serbischen Familienrecht einer erwachsenen Person, die eine geistige oder körperliche Behinderung habe, die Rechtsfähigkeit entzogen werden und er oder sie unter volle oder teilweise Vormundschaft gestellt werden. In diesem Fall treffe der gesetzliche Vormund - oft das Zentrum für Sozialarbeit, eine staatliche Behörde - alle oder die meisten Entscheidungen für sie, auch in Bezug auf die medizinische Versorgung und Eingriffe. Das serbische Gesetz über die Rechte der PatientInnen sehe ferner vor, dass medizinische Eingriffe an Menschen ohne Rechtsfähigkeit nur mit Zustimmung eines Vormunds durchgeführt werden könnten. Dieses Gesetz schreibe zwar vor, dass medizinisches Personal den Patienten, dem die Rechtsfähigkeit entzogen worden sei, in die Entscheidungsfindung einzubeziehen habe, definiere aber nicht, was dies konkret bedeute (HRW, 28. Jänner 2019)
Die Mental Disability Rights Initiative of Serbia (MDRI-Serbia), eine Organisation, die sich für die Rechte von Menschen mit geistiger Behinderung in Serbien einsetzt, veröffentlichte im Juni 2016 einen Bericht zur Rechtsfähigkeit von Personen in Serbien. Diesem ist zu entnehmen, dass der Menschenrechtskommissar des Europarates Nils Muižnieks anlässlich eines Besuchs in Serbien im Jahr 2015 (siehe CoE-CommDH, 8. Juli 2015) seine Besorgnis über die mangelnde Klarheit der gesetzlichen Regelungen hinsichtlich der Verantwortlichkeiten eines Vormundes zum Ausdruck gebracht habe. Weiters habe sich Nils Muižnieks besorgt gezeigt, dass es keine Sanktionen im Falle der Nichteinhaltung der Verpflichtungen durch den Vormund gebe. (MDRI-Serbia, Juni 2016)
Informationen zur Invaliditätspension
Die US-Sozialversicherungsbehörde (US Social Security Administration, SSA) erwähnt in ihrem Bericht zu Sozialversicherungsprogrammen in Serbien vom September 2018, dass es ein Gesetz aus dem Jahr 2003 zu Pension und Invaliditätsversicherung gebe. Für eine Invaliditätspension sei man dann anspruchsberechtigt, wenn man unter dem normalen Pensionsalter liege und man als völlig erwerbsunfähig (Vollinvalidität) eingestuft worden sei. Wenn man im Alter von unter 20 Jahren völlig erwerbsunfähig geworden sei, so müsse man ein Jahr lang versichert gewesen sein, im Alter von 20 bis 24 Jahren zwei Jahre lang, im Alter von 25 bis 29 Jahren drei Jahre lang und ab dem Alter von 30 Jahren mindestens fünf Jahre lang. Wenn der Versicherte jünger als 58 Jahre alt sei, so müsse dessen Erwerbsfähigkeit innerhalb von drei Jahren nach dem ersten Gutachten erneut beurteilt werden. Es gebe einen Zuschuss für ständige Betreuung, die ausgezahlt werde, wenn der Versicherte die ständige Betreuung bei der Durchführung alltäglicher Aufgaben benötige (SSA, September 2018, S. 318f)
Quelle:
- Anfragebeantwortung a-11070-2 (11071) vom 5. September 2019
2.3. Sozialbeihilfen
Armut in Serbien ist v.a. ein ländliches Phänomen und betrifft außerdem sozial benachteiligte Gruppe überproportional, unter anderem Roma. Zugleich ist das bisher gültige System der Sozialhilfe nicht angepasst an die Bedürfnisse der Bedürftigsten, es kommt bisher nur ein kleinerer Teil der Transferzahlungen bei Ihnen an. Mit Unterstützung der Weltbank hat die serbische Regierung in den letzten Jahren erste Schritte zu einer Reform des Sozialhilfesystems unternommen (LIPortal Wirtschaft & Entwicklung 9.2019).
Anspruch auf Sozialhilfe haben in Serbien Bürger, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind Bürger sozialhilfeberechtigt, die ihren Unterhalt durch ihre Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten, durch ihr Vermögen oder auf andere Art und Weise nicht sichern können. Neben der Sozialhilfe wird als weitere staatliche Unterstützungsmaßnahme an Bedürftige monatlich Kindergeld ausbezahlt (AA 3.11.2018).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (3.11.2018): AA-Bericht Serbien (Einstufung als
sHkl), https://www.ecoi.net/
en/file/local/1452872/4598_1543584668_auswaertiges-amt-bericht-im-hinblick-auf-dieeinstufung-der-republik-serbien-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylvfg-standseptember-2018-03-11-2018.pdf,
Zugriff 19.9.2019 - LIPortal - Das Länder-Informations-Portal
(9.2019): Serbien, Wirtschaft & Entwicklung,
https://www.liportal.de/serbien/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff
3.10.2019 - IOM - Internationale Organisation für Migration
(geändert 1.4.2019): Länderinformationsblatt Serbien 2018,
https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/772192/18363839/Serbien_%2D_Country_Fact_Sheet_2018%2C_deutsch.pdf?nodeid=20101616&vernu
=-2, Zugriff 19.9.2019
2.4. Rückkehr
In Zusammenarbeit mit UNHCR und anderen humanitären Organisationen werden Hilfsleistungen und Unterstützung für intern Vertriebene, Flüchtlinge, Asylwerber, Staatenlose und andere hilfsbedürftige Personen bereitgestellt (USDOS 13.3.2019).
Quelle:
USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Serbia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004288.html, Zugriff 20.9.2019
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
2.2. Zur Person des BF und seinen individuellen Verhältnissen
2.2.1. Die Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des BF beruhen auf dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt. Die Vertretung des BF seitens der im Spruch angeführten Erwachsenenvertretung ergibt sich aus dem Akteninhalt (AS 63).
2.2.2. Der festgestellte Aufenthaltsstatus des BF ergab sich aus einem Fremdenregisterauszug.
2.2.3. Die festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen beruhen auf dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt und dabei vor allem auf dem im Strafverfahren des BF eingeholten forensisch-psychiatrischen Sachverständigengutachten von Jänner 2018 (AS 83f).
Die unter den Feststellungen wörtlich festgehaltenen fachärztlichen Stellungnahmen von Jänner und Februar 2019 wurde dem BFA im Jänner, Februar per Telefax übermittelt (AS 92f; 98f).
2.2.4. Die rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung des BF beruht auf einem Strafregisterauszug.
2.3. Die aktuell gültigen Länderfeststellungen decken sich im Wesentlichen mit den dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten entsprechenden Länderberichten, ergänzt um die am 14.08.2019 eingeholte ACCORD-Anfragebeantwortung vom 5. September 2019 - zu "Behandlungsmöglichkeiten für paranoide Schizophrenie, Verfügbarkeit von Seroquel, Risperidon o.ä., Behandlungskosten, Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher" (a-11070-1) und zu " Sachwalterschaft/Vormundschaft, Informationen zur Invaliditätspension" (a-11070-2 bzw. 11071).
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A) I.:
3.1. Zur Rückkehrentscheidung:
3.1.1. Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:
"§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren
binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.
(...).
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.
(...)."
Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG, BGBl. I 87/2012 idgF lautet wie folgt:
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei-
und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(...)."
3.1.2. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich Folgendes:
Mit Spruchpunkt I. des gegenständlich angefochtenen Bescheides wurde gegen den BF gemäß § 52 Abs. 5 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen.
Gemäß § 52 Abs. 5 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.
Fest steht, dass dem BF zuletzt am 02.05.2016 sein Daueraufenthaltstitel-EU bis 02.05.2021 verlängert wurde.
Nach § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG ist grundsätzlich ein Einreiseverbot für höchstens zehn Jahre zu erlassen, wenn "bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen", dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.
Nach § 53 Abs. 3 Z. 1 hat als eine solche "bestimmte Tatsache" insbesondere zu gelten, wenn "ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist".
Nach § 53 Abs. 6 FPG ist einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.
Fest steht, dass der BF im April 2018 wegen gefährlicher Drohung rechtskräftig strafrechtlich verurteilt und als unzurechnungsfähig in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen wurde.
Der Straftatbestand nach § 107 Abs. 1 und 2 StGB lautet wie folgt:
"Gefährliche Drohung
§ 107. (1) Wer einen anderen gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.
(2) Wer eine gefährliche Drohung begeht, indem er mit dem Tod, mit einer erheblichen Verstümmelung oder einer auffallenden Verunstaltung, mit einer Entführung, mit einer Brandstiftung, mit einer Gefährdung durch Kernenergie, ionisierende Strahlen oder Sprengmittel oder mit der Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz oder gesellschaftlichen Stellung droht oder den Bedrohten oder einen anderen, gegen den sich die Gewalt oder gefährliche Drohung richtet, durch diese Mittel längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen."
Gemäß § 21 Abs. 1 StGB hat das Gericht jemanden, der eine mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohten Tat begeht, und er nur deshalb nicht bestraft werden kann, weil er sie unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes (§11) begangen hat, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht, in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher einzuweisen, wenn nach seiner Person, nach seinem Zustand und nach der Tat zu befürchten ist, dass er sonst unter dem Einfluss seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen werde.
Bezüglich der Voraussetzungen nach § 21 Abs. 1 StGB wurde im Gutachten ausgeführt:
"Angesichts des bisherigen Krankheitsverlaufes und der gegenständlichen Delinquenz muss man hier von einer geistigen und seelischen Abartigkeit höheren Grades ausgehen und ist mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass hier die Voraussetzungen nach § 21 Abs. 1 StGB erfüllt sind. (...)."
Der BF hat durch die von ihm - in einem seine Zurechnungsfähigkeit ausschließenden höhergradigen geistig abnormen Zustand - begangene gefährliche Drohung in der Deliktsqualifikation nach § 107 Abs. 2 StGB begangen. Diese ist mit einer bis zu drei Jahre hohen und damit, wie nach § 21 Abs. 1 StGB vorausgesetzt, mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe, bedroht.
Der BF wurde mit strafrechtlicher Verurteilung von April 2018 wegen gefährlicher Drohung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Die Einlieferung des BF in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher, in welcher sich der BF nach wie vor aufhält, rechtfertigt nach § 52 Abs. 5 iVm 53 Abs. 1 und § 53 Abs. 6 FPG die Annahme, dass ein weiterer Aufenthalt des BF im Bundesgebiet eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist im gegenständlichen Fall daher grundsätzlich zulässig.
Der BF wurde in Österreich geboren und hält sich nunmehr bereits seit über 30 Jahre lang im Bundesgebiet auf.
Der VwGH hat wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet, noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchgeführte Interessensabwägung zukommt (vgl. VwGH 15.3.2016, Zl. Ra 2016/19/0031-0034, mit Verweis auf VwGH vom 30.7.2015, Zl. Ra 2014/22/0055 bis 0058, vom 21.1.2016, Zl. Ra 2015/22/0119 und vom 15.12.2015, Zl. Ra 2015/19/0247, mwN).
Fest steht demnach, das nicht allein die jeweilige Aufenthaltsdauer für ein weiteres Bleiberecht ausschlaggebend sein kann, sondern die individuelle Gesamtsituation von maßgeblicher Bedeutung ist.
Der BF hat seit 09.06.2006 einen stets verlängert gewordenen Daueraufenthaltstitel-EU, welcher nunmehr bis 02.05.2021 gültig ist.
Während der nunmehr mehr als 30-jährigen Aufenthaltsdauer konnte der BF zwar einige, krankheitsbedingt jedoch keine nachhaltigen, Integrationsschritte im Bundesgebiet setzen. Der BF hat nach Absolvierung der Pflichtschule die polytechnische Schule abgebrochen, war später dann als Abwäscher tätig. Mit Ausbruch der Geisteskrankheit im Jahr 2010 hat der BF seine Berufsfähigkeit verloren. Es ist dann auch zur sozialen Desintegration des BF gekommen. Für den BF wurde im September 2015 ein Erwachsenenvertreter bestellt. Dieser vertritt den BF vor Gerichten, Behörden und Sozialversicherungsträgern, verwaltet Einkünfte, Vermögen und Verbindlichkeiten des BF und vertritt ihn auch bei Rechtsgeschäften, die über Geschäfte des täglichen Lebens hinausgehen.
Fest steht, dass der BF bis April 2013, demnach bis zu seinem 23. Lebensjahr und damit auch nach Ausbruch seiner schweren Geisteskrankheit im Jahr 2010, worauf eine ambulante Behandlung in einem Sozialpsychiatrischen Ambulatorium folgte, stets mit seiner Mutter in gemeinsamem Haushalt zusammenlebte, dann in eine eigene Gemeindewohnung zog und dort mobile Betreuung erhielt. Die Mutter des BF kümmerte sich um den BF auch, nachdem er im Jahr 2010, im Alter von 20 Jahren an paranoider Schizophrenie (psychischen Störungen erheblichen Ausmaßes) erkrankt war. D