TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/15 W171 2160712-2

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Veröffentlicht am 15.01.2020
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Entscheidungsdatum

15.01.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
Dublin III-VO Art. 28 Abs2
FPG §76 Abs2 Z3
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W171 2160712-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, ARGE Rechtsberatung, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , sowie die Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß Art. 28 Abs. 2 Dublin III-VO i.V.m. § 76 Abs. 2 Z. 3 FPG i.V.m. mit § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG i.V.m. Art. 28 Abs. 2 Dublin III-VO und § 76 Abs. 2 Z. 3 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

IV. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet) stellte am 26.07.2016 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Im diesbezüglich geführten Verfahren hat sich ergeben, dass der BF bereits am 22.07.2016 einen Asylantrag in Deutschland gestellt hatte.

1.2. Am 13.08.2016 wurde durch die österreichische Asylbehörde ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Artikel 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet. Mit Schreiben vom 19.08.2016 teilte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge der österreichischen Dublin-Behörde mit, dass dem Übernahmeersuchen entsprochen werde und der BF von der Bundesrepublik Deutschland übernommen werden würde.

1.3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) vom 17.10.2016 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz wegen Nichtzuständigkeit Österreichs als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass für die Prüfung des gegenständlichen Antrages Deutschland zuständig sei. Gleichzeitig wurde gegen den BF die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) angeordnet und ausgesprochen, dass die Abschiebung des BF nach Deutschland zulässig sei. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.11.2016 als unbegründet abgewiesen. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 21.12.2016 wurde der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes eingebrachten Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt und mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 24.02.2017 die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

1.4. Am 27.03.2017 hat das Bundesamt einen Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z. 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) zum Zwecke der Abschiebung erlassen, da die Überstellung des BF nach Deutschland für den 06.04.2017 geplant war. Durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes wurde erfolglos versucht diesen Festnahmeauftrag durchzuführen. Eine Überstellung des BF nach Deutschland konnte daher nicht erfolgen. Mit Schreiben vom 06.04.2017 wurde die Dublin-Behörde der Bundesrepublik Deutschland von der Verlängerung der Überstellungsfrist auf 18 Monate verständigt.

1.5. Am 01.06.2017 stellte der BF neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Begründend führte er aus, dass die sechsmonatige Überstellungsfrist am 30.05.2017 abgelaufen und daher sein Asylantrag in Österreich zuzulassen sei.

1.6. Der BF wurde am 01.06.2017 gemäß § 40 Abs. 1 in Verbindung mit § 34 BFA-VG festgenommen und am selben Tag vom Bundesamt zur Anordnung der Schubhaft niederschriftlich einvernommen.

1.7. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 01.06.2017 wurde über den BF Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

1.8. Am 07.06.2017 hat der BF durch seine ausgewiesene Rechtsvertreterin Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 01.06.2017 eingebracht und erfolgreich bekämpft.

1.9. Mit Erkenntnis des BVwG vom 14.06.2017 wurde der Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklärt und der BF enthaftet.

1.10. Der BF wurden am 06.07.2017 von Österreich nach Deutschland überstellt und trat erst wieder am 06.01.2020 um 22:20 Uhr in Erscheinung, als er von der Polizei aufgrund einer tätlichen Auseinandersetzung mit seiner Schwester in Wien festgenommen wurde.

Im Zuge einer Einvernahme am 07.01.2020 stellte er einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Am 07.01.2020 wurde ein Verfahren zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung nach Antrag auf internationalen Schutz eingeleitet und der BF einvernommen.

Diese Einvernahme gestaltete sich wie folgt:

(...)

Die anwesenden Personen werden der Verfahrenspartei (VP) vorgestellt und deren Funktion/Aufgabe im Verfahren erklärt. Die Verfahrenspartei wird darauf hingewiesen, dass Sie im Fall von Verständigungsschwierigkeiten jederzeit rückfragen kann. Der Verhandlungsgegenstand wird der Verfahrenspartei erläutert.

Der Dolmetscherin wurde durch mündlich verkündeten Bescheid für die Sprache Dari bestellt und beeidet und ist die Verfahrenspartei dieser Sprache mächtig und damit einverstanden, in dieser Sprache einvernommen zu werden.

Zur Prüfung dieses Sachverhaltes sind Sie, auch in Ihrem Interesse einer möglichsten Vermeidung von Eingriffen in Ihre Rechte, zur mitwirkenden Klärung des Sachverhaltes verpflichtet und haben die Möglichkeit das Parteiengehör wahrzunehmen.

F: Wie heißen Sie und wann sind Sie geboren worden?

A: Ich heiße XXXX und ich bin am XXXX in Kabul, Afghanistan geboren.

F: Wie ist die Verständigung mit dem Dolmetscher?

A: Gut.

F: Werden Sie rechtsfreundlich vertreten?

A: Nein.

F: Sind Sie gesund und können Sie dieser Einvernahme folgen?

A: Ich bin gesund und nehme keine Medikamente.

Beginn des Ermittlungsverfahrens und Stand des Ermittlungsverfahrens/Parteigehör

Sie stellten erstmals am 26.07.2016 einen Asylantrag im Bundesgebiet und konnte festgestellt werden, dass Deutschland für das Verfahren zuständig ist, weshalb Sie am 06.07.2017 nach Deutschland überstellt wurden.

Sie wurden am 06.01.2020 um 22:20 Uhr durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der LPD Wien im Bundesgebiet aufgegriffen und konnte festgestellt werden, dass Sie Ihre Schwester XXXX geschlagen haben. Zudem verweigerten Sie die Vorlage von Dokumenten und haben keinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet. Stattdessen würden Sie derzeit bei Ihrem Bruder in der XXXX übernachten. Deswegen wurden Sie ins PAZ HG überstellt.

A: Meine Frau, mein Sohn der sieben Monate alt ist, meine Mutter meine Schwester und mein Bruder sind in Österreich. Am 03.01.2020 bin ich nach Österreich gekommen und wollte um Asyl ansuchen. Wegen der Feiertage war es nicht möglich und wollte heute den Antrag stellen. Gestern kam es jedoch zu einer Auseinandersetzung und deswegen bin ich hier.

F: Was ist gestern passiert?

A: Die Tochter meiner Schwester, welche 13 Jahre alt ist, ist gestern am Abend nach Hause gekommen und hat Zigaretten mit Gras geraucht. Ich habe sie gefragt warum sie so etwas macht. Meine Schwester sagte, es ist Europa und man kann machen was man will. Meine Mutter mischte sich ein, stand zu mir und hat meine Meinung vertreten. Daraufhin hat meine Schwester meiner Mutter angeschriehen. Ich sagte meiner Schwester, das meine Mutter im fortgeschrittenen Alter sei und man respektvoll mit ihr umgehen soll. Daraufhin habe ich meine Schwester eine Ohrfeige gegeben, sie hat geschriehen und die Polizei ist gekommen.

Vorhalt: Laut Polizeiprotokoll hätten Sie Ihre Schwester geschlagen, da Sie kein Kopftuch getragen hätte. Was sagen Sie dazu?

A: Der Grund der Auseinandersetzung war, dass die Nichte zu spät, erst um 09:00 Uhr abends heimkam und Marihuana geraucht hatte.

F: Wann und wo haben Sie versucht einen Asylantrag zu stellen?

A: Wegen den Feiertagen habe ich keinen Antrag gestellt. Heute wollte ich nach Traiskirchen.

F: Die Polizei hat auch an Feiertagen geöffnet. Warum haben Sie keinen Asylantrag gestellt?

A: Ich ging davon aus, dass an Feiertagen keine Asylanträge angenommen werden. Auch die Schulen hatten zu.

F: Können Sie irgendwelche Personaldokumente in Vorlage bringen?

A: Ich habe einen Antrag für einen afgh. Reisepass gestellt aber noch nichts bekommen. Befragt gebe ich an, dass ich auch keine Dokumente aus Deutschland habe.

Anm.: Kopie der Geburtsurkunde und Reisepass im Akt.

F: Welchen Status haben Sie in Deutschland?

A: Ich habe von Deutschland per Post im Juni oder Juli 2018 einen negativen Bescheid bekommen.

F: Wie konnten Sie dann anschließend in Deutschland Aufenthalt nehmen?

A: Trotz des negativen Bescheides hatte ich weiterhin einen Ausweis und eine Unterkunft.

F: Wo sind diese Dokumente aus Deutschland?

A: Die Leitung der Unterkunft hat meinen Ausweis abgenommen, beschlagnahmt. Der negative Bescheid liegt in meiner Unterkunft in Deutschland.

F: Warum sind Sie trotz Ihrer Abschiebung erneut in das Bundesgebiet zurückgekehrt?

A: Ich habe auch in Deutschland den Antrag gestellt, nach Österreich zu gehen, weil meine Familie hier ist.

F: Wann und wie sind Sie in das österreichische Bundesgebiet eingereist?

A: Ich bin am 03.01.2019 mit einem Zug von Deutschland nach Österreich eingereist.

F: Warum sind Sie nicht behördlich gemeldet?

A: Ich schlafe in der Wohnung meiner Mutter. Befragt gebe ich an, dass ich mich nicht behördlich gemeldet habe, weil ich vor hatte nach den Ferien den Asylantrag zu stellen, in der Hoffnung in eine Asylunterkunft oder bei meiner Frau Unterkunft zu nehmen.

F: Wie ist Ihr Personenstand?

A: Ich bin traditionell verheiratet mit meiner Frau XXXX . Wir haben auch einen Sohn, XXXX .

F: Wann und wo haben Sie geheiratet?

A: Ich habe 2016 in Österreich, bevor ich nach Deutschland abgeschoben wurde traditionell geheiratet. Befragt gebe ich an, dass es nur ein Schreiben des Mullahs gibt, aber kein behördliches Dokument.

F: Wie bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt?

F: In Deutschland durfte ich nicht arbeiten und lebte von der Grundversorgung.

F: Mit wie viel Geld sind Sie eingereist?

A: Ich hatte 100 Euro.

F: Über wie viele Barmittel verfügen Sie derzeit?

A: Jetzt habe ich 8 Euro.

F: Warum sind Sie nicht direkt zu Ihrer Freundin und Sohn, sondern nach Wien gereist?

A: Weil ich hier den Asylantrag stellen wollte, damit ich zu meiner Frau und meinem Kind zugewiesen werde.

F: Wollen Sie in Österreich um Asyl ansuchen?

A: Ja.

Zu dem vorliegenden Sachverhalt und Ihren Angaben zu Ihrem Aufenthalt stellt die Behörde fest, dass

• Sie sich zurzeit unrechtmäßig im Österreichischen Bundesgebiet aufhalten.

Zur Beendigung Ihres unrechtmäßigen Aufenthaltes ist beabsichtigt, Sie zur Sicherung der Abschiebung und Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung in Schubhaft zu nehmen und nach Deutschland zu überstellen.

Es ist beabsichtigt gegen Sie eine Anordnung zur Außerlandesbringung zu erlassen.

Sie haben im Bundesgebiet keinen Wohnsitz und ist nicht feststellbar wie lange Sie sich im Bundesgebiet aufhalten. Zudem verfügen Sie über kein Geld und können Ihre Ausreise nicht aus eigenem finanzieren. In Ihrem Fall ist Deutschland für Ihr Asylverfahren zuständig und konnte mittels Erhebungen durch das PKZ XXXX festgestellt werden, dass Sie sich in Deutschland Ihrer Abschiebung entzogen haben.

F: Sind Sie bereit, dass diese Niederschrift als Rechtfertigung im Verfahren vor der LPD Wien übermittelt wird.

A: Ja

F: Haben Sie alles verstanden und haben Sie noch Fragen.

A: Wenn ich nach Deutschland zurückkehren würde, werde ich nach Afghanistan abgeschoben. Ich möchte hier bleiben bei meiner Familie.

F: Sie haben sich in Deutschland dem Verfahren und Ihrer Abschiebung entzogen. Nachdem Deutschland nach wie vor für Ihr Asylverfahren zuständig ist, wird gegen Sie erneut eine Anordnung zur Außerlandesbringung erlassen und Sie ehestmöglich nach Deutschland überstellt.

Ich bin in Kenntnis davon, dass mein rechtswidriger Aufenthalt im Bundesgebiet eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit im Sinne des § 120 Abs 1a FPG nach sich zieht. Meine ha. getätigten Angaben erhebe ich hiermit auch zu meiner Stellungnahme in diesem Verwaltungsstrafverfahren vor der Landespolizeidirektion XXXX ) und ergeht von dort diesbezüglich eine gesonderte Entscheidung."

Bei Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung kann ich kostenlos eine Rechtsberatung in Anspruch nehmen und wird die zuständige Stelle heute noch verständigt werden. Es wird mir eine Organisation zugewiesen und erfolgt eine Verständigung in schriftlicher Form, welche Organisation mich kontaktieren wird.

Es wird mir eine Organisation zugewiesen und erfolgt eine Verständigung in schriftlicher Form, welche Organisation mich kontaktieren wird.

F: Haben Sie alles verstanden und haben Sie noch Fragen.

A: ja, keine Fragen

Gemäß § 82 FPG haben Sie das Recht, das Landesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn Sie nach diesem Bundesgesetz festgenommen wurden oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wurden.

(...)

1.11. Mit gegenständlich angefochtenen Mandatsbescheid vom 07.01.2020 wurde über den BF gemäß Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung iVm § 76 Abs. 2 Z 3 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Überstellungsverfahrens angeordnet. Begründend wurde ausgeführt, dass das Bundesamt aufgrund des Vorverhaltens des BF das Vorliegen von erheblichem Sicherungsbedarf annehme. Der BF habe die Tatbestände des § 76 Abs. 3 Z 6 a und Z 9 erfüllt. Hinsichtlich des behaupteten Familienlebens wurde ausgeführt, dass in der Geburtsurkunde des angeblichen Sohnes des BF dieser nicht als Vater eingetragen sei und die vorgebrachte traditionelle Eheschließung nicht belegt werden habe können.

Einem geordneten Fremdenwesen komme in Hinblick auf die öffentliche Ordnung und das wirtschaftliche Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es bestehe die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben gemäß, als auch aufgrund der Verpflichtung, den eigenen Staatsbürgern gegenüber den geltenden rechtlichen Normen zum Durchbruch zu verhelfen. Im vorliegenden Fall habe die Verhältnismäßigkeitsprüfung der Schubhaft ergeben, dass die privaten Interessen an der Schonung der persönlichen Freiheit des BF den Interessen des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen habe. Darüber hinaus habe das Vorverhalten ergeben, dass der BF sich auch in Zukunft nicht an die österreichische Rechtsordnung halten und versuchen werde, die Abschiebung seiner Person zu umgehen. Die Anwendung eines gelinderen Mittels werde daher nicht in Betracht gezogen. Aufgrund des vorliegenden dringenden Sicherungsbedarfs in Zusammensicht mit der Verhältnismäßigkeit der verhängten Maßnahme sei daher die Schubhaft zu verhängen gewesen.

1.12. Mit Beschwerdeschrift vom 09.01.2020 wurde der unter 1.11. angeführte Schubhaftbescheid angefochten und die Feststellung der Rechtswidrigkeit dieses Bescheides, sowie der Anhaltung begehrt. Darin wurde ausgeführt, dass im gegenständlichen Fall keine erhebliche Fluchtgefahr im Sinne des Art. 28 Dublin-VO vorläge. Der BF sei erneut ins Bundesgebiet eingereist, um einen weiteren Asylantrag zu stellen, in der Hoffnung auf eine Zukunft mit seiner Familie in Österreich. Er beabsichtige nicht, sich diesem Verfahren zu entziehen und sei selbstverständlich bereit, im gegebenen Falle nach Deutschland zurückzukehren. Der BF sei kooperativ und habe sich in der Vergangenheit einem Überstellungsverfahren gestellt. Aus seinem Vorverhalten sei keine Fluchtgefahr ableitbar. Entgegen der Ansicht der Behörde verfüge der BF über ein enges Familienleben in Österreich und sei hier stark verankert. Er habe eine unentgeltliche Wohnmöglichkeit und würde durch seine Angehörigen finanziell unterstützt werden. Darüber hinaus sei er strafrechtlich unbescholten. Die verhängte Schubhaft sei weiters nicht verhältnismäßig, da der Vorrang eines gelinderen Mittels missachtet worden sei. Der BF sei jedenfalls kooperativ und sei bereit, sich an eine behördliche Anordnung zur periodischen Meldeverpflichtung zu halten. Beantragt wurde die Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zur Einvernahme des BF, seines Bruders und seiner Ehefrau, sowie der Ersatz des Aufwandes gemäß § 35 VwGVG.

1.13. Am 10.01.2020 erfolgte die behördliche Aktenvorlage unter Beigabe einer Stellungnahme. In dieser Stellungnahme wurde ausgeführt, dass der BF aufgrund eines Streites mit seiner Schwester in der Wohnung des Bruders angetroffen worden sei. Dabei sei dieser identifiziert und festgenommen worden. Es sei ein Verfahren zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung nach Antrag auf internationalem Schutz eingeleitet worden. Im Rahmen der Einvernahme am 07.01.2020 sei der BF zu seinen persönlichen Verhältnissen befragt worden. Es müsse festgestellt werden, dass der BF zwar angab, zu seiner Lebensgefährtin bzw. seinem Sohn zu wollen, er jedoch von Deutschland kommend nicht zur Wohnung seiner behaupteten Lebensgefährtin nach XXXX fuhr, sondern einen viel längeren Weg auf sich nahm, um nach Wien zu seinen Verwandten zu gelangen. In der aktenkundigen Geburtsurkunde des behaupteten Sohnes sei seinerzeit kein Kindesvater eingetragen gewesen. Auch habe eine traditionelle Eheschließung nicht belegt werden können. Von einer familiären Verankerung des BF im Bundesgebiet habe nicht ausgegangen werden können, da eine behördliche Meldung an der Adresse der Lebensgefährtin niemals vorgelegen ist. Eine Verletzung des Art. 8 EMRK sei daher nicht zu sehen. An der Adresse der Verwandten in Wien habe sich der BF nicht behördlich gemeldet und sei er beim Eintreffen der Polizisten von diesen beim fluchtartigen Verlassen der Wohnung angetroffen und angehalten worden.

Der Ersatz der aufgewendeten Kosten wurde begehrt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Zum Verfahrensgang:

Der zu I.1.1. bis I.1.13. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

2. Zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft:

2.1. Der BF besitzt keine Dokumente, die seine Identität belegen. Er gibt an, Staatsbürger Afghanistans zu sein, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Es bestehen keine Zweifel darüber, dass der BF volljährig ist. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Der BF ist in Österreich unbescholten.

2.2. Im Akt finden sich keine Hinweise auf gesundheitliche Beschwerden des BF. Er nimmt keine Medikamente ein und ist nicht in ärztlicher Behandlung. Er ist haftfähig.

2.3. Der BF befindet sich seit 07.01.2020 in Schubhaft.

2.4. Für die Führung des Asylverfahrens des BF ist Deutschland zuständig. Ein Verfahren zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung wurde eingeleitet.

2.5. Er hat am 06.01.2020 seine Schwester in Wien geschlagen. Diesbezüglich sind polizeiliche Erhebungen im Laufen.

3. Zur Fluchtgefahr:

3.1. Der BF hat am 22.07.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Deutschland und am 26.07.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt. Am 01.06.2017 und am 07.01.2020 hat der BF je einen Folgeantrag in Österreich gestellt.

3.2. Eine für 06.04.2017 vorgesehene Überstellung des BF nach Deutschland konnte nicht durchgeführt werden, da der BF wiederholt an seiner Meldeadresse nicht angetroffen werden konnte.

3.3. Der BF hat sich bisher einmal einer Überstellung nach Deutschland gestellt und wurde am 06.07.2017 nach Deutschland zurückgebracht.

3.4. Der BF möchte nicht nach Deutschland zurückkehren. Er hat sich seinem Asylverfahren in, bzw. seiner ihm vor seiner neuerlichen Einreise nach Österreich drohenden Abschiebung aus Deutschland entzogen.

3.5. In Österreich leben die Mutter, der Bruder, die Schwester, die Lebensgefährtin und der Sohn des BF. Weitere Familienangehörige des BF leben in Österreich nicht. Über ein weiteres nennenswertes soziales Netz verfügt der BF in Österreich nicht.

3.6. Der BF geht keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und besitzt keine eigenen finanziellen Mittel zur Existenzsicherung.

3.7. Der BF verfügt über einen gesicherten Wohnsitz in Österreich und befand sich auch vor seiner Wiedereinreise bis zu seiner Festnahme an dieser Adresse. Er war jedoch dort nicht polizeilich angemeldet.

3.8. Er ist unkooperativ und nicht ausreisewillig.

2. Beweiswürdigung:

1. Zum Verfahrensgang sowie zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang sowie zur Person des BF ergeben sich aus dem Verfahrensakt des Bundesamtes und dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellung, wonach Deutschland für die Führung des Asylverfahrens des BF zuständig ist, ergibt sich aus dem rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.11.2016. Eine Änderung ist nicht eingetreten.

Der BF gibt selbst in der Einvernahme vom 07.01.2020 an, gesund zu sein. Anderslautende Informationen über die Gesundheit des BF liegen dem Gericht nicht vor. Es war daher auch von Haftfähigkeit des BF auszugehen.

Aus einem im Akt erliegenden Polizeiprotokoll vom 06.01.2020 ergibt sich, dass der BF seine Schwester geschlagen hat. Weitere Erhebungen diesbezüglich sind im Gange.

2. Zur Fluchtgefahr:

2.1. Die Daten über die vom BF in Deutschland und Österreich gestellten Anträge auf internationalen Schutz ergeben sich aus den diesbezüglichen Einträgen im Zentralen Fremdenregister.

2.2. Dass die für den 06.04.2017 vorgesehene Überstellung des BF nach Deutschland nicht durchgeführt werden konnte, da der BF an seiner Meldeadresse von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei wiederholten Versuchen nicht angetroffen werden konnte, ergibt sich aus dem Bericht der Landespolizeidirektion Wien vom 05.04.2017.

2.3. Aus dem Verwaltungsakt lässt sich ersehen, dass der BF sich nach seiner Entlassung aus einer ersten kurzen Schubhaft im Juni 2017 einer Abschiebung am 06.07.2017 gestellt hat und nach Deutschland rückgeführt worden ist.

2.4. Aufgrund der eigenen Aussage des BF in der Einvernahme vom 07.01.2020 ergibt sich, dass der BF keine nochmalige Rückführung nach Deutschland wünscht und dort eine baldige Abschiebung nach Afghanistan fürchte. Es lässt sich daher ersehen, dass der BF nicht ausreisewillig bezogen auf Deutschland ist und vor einer dort drohenden Abschiebung nach Österreich geflüchtet ist. Er hat sich daher in Deutschland seinerzeit dem Asylverfahren und nunmehr seiner Abschiebung erfolgreich durch Ausreise bzw. Wiedereinreise nach Österreich entzogen.

Auch zuvor gab der BF in der Niederschrift vom 01.06.2017 bereits an, dass er nicht freiwillig nach Deutschland zurückkehren werde, da er bei seiner Familie in Österreich bleiben wolle. Dass sich der BF seinem Asylverfahren in Deutschland seinerzeit bereits entzogen hat, ergibt sich auch auf Grund der Tatsache, dass er bereits wenige Tage nach der damaligen Antragstellung in Deutschland in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und jetzt aktuell anfangs des Jahres wieder in Österreich eingereist ist.

2.5. Die Feststellungen zu den in Österreich lebenden Familienangehörigen des BF ergeben sich aus den Angaben des BF in seiner Beschwerde, die im Wesentlichen auch mit den Feststellungen im angefochtenen Bescheid übereinstimmen. Die Tatsache, dass der BF in Österreich einen Sohn hat und die Kindesmutter ebenso in Österreich lebt, wurde erst im Beschwerdeverfahren durch Vorlage einer Geburtsurkunde, die den BF als Kindesvater ausweist, glaubhaft gemacht. Im Rahmen des behördlichen Verfahrens lag diesbezüglich lediglich eine Geburtsurkunde des Kindes ohne eingetragenen Vater vor. Ein über die Familie hinausreichendes soziales Netz konnte im Verfahren nicht festgestellt werden und wurde vom BF auch nicht behauptet.

2.6. Die Feststellung, wonach der BF weder einer legalen Beschäftigung in Österreich nachgeht noch über ausreichende eigene finanzielle Mittel zur Sicherung seiner Existenz verfügt, ergibt sich aus seinen Angaben in der niederschriftlichen Einvernahme vom 07.01.2020. Diesen Angaben tritt der BF auch in seiner Beschwerde nicht entgegen.

2.7. Dass der BF über einen gesicherten Wohnsitz im Bundesgebiet verfügt, ergibt sich aus den glaubwürdigen Angaben in der Beschwerdeschrift in Zusammensicht mit den Angaben im Polizeiprotokoll vom 06.01.2020. Die fehlende polizeiliche Anmeldung ergibt sich aus der Einsichtnahme im Zentralen Melderegister.

2.8. Im Zuge der Festnahme des BF am 06.01.2020 (siehe Prot.) versuchte der BF ein Zusammentreffen mit der Polizei zu vermeiden und verweigerte zu Beginn eine Identitätsfeststellung. Schließlich gab er an in Deutschland Asyl erhalten zu haben. Der BF hat sich daher auch unter Vortäuschung falscher Angaben bereits damals äußerst unkooperativ gezeigt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A. - Spruchpunkt I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

Gemäß Art. 28 Dublin III-VO dürfen die Mitgliedstaaten zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, die Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen. Die Haft hat so kurz wie möglich zu sein und nicht länger zu sein, als bei angemessener Handlungsweise notwendig ist, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß dieser Verordnung durchgeführt wird. Die Frist für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs darf, wenn der Asylwerber in Haft ist, einen Monat ab der Stellung des Antrags nicht überschreiten. Der Mitgliedstaat, der das Dublin-Verfahren führt, ersucht in diesen Fällen um eine dringende Antwort, die spätestens zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs erfolgen muss. Die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt, sobald diese praktisch durchführbar ist, spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung mehr hat. Hält der ersuchende Mitgliedstaat die Fristen nicht ein oder findet die Überstellung nicht innerhalb des Zeitraums von sechs Wochen statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten.

"Fluchtgefahr" definiert Art. 2 lit. n Dublin III-VO als das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte.

§ 77 Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1

FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

3.1.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

3.1.3. Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft, er ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Verhängung der Schubhaft über den BF grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist.

Im vorliegenden Fall ist gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) Deutschland zur Führung des Asylverfahrens den BF betreffend zuständig. Dies wurde bereits mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.11.2016 festgestellt.

Da eine Überstellung des BF nach Deutschland auf Grundlage der Dublin-III-VO beabsichtigt ist, darf Schubhaft im Sinne des Art. 28 Abs. 2 Dublin-III-VO nach einer Einzelfallprüfung nur dann angeordnet werden, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, die Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen (gelindere Mittel) nicht wirksam anwenden lassen.

Im folgenden Fall geht das Gericht von erheblicher Fluchtgefahr im Sinne des Art. 28 Dublin-III-VO aus. Der BF reiste illegal nach Österreich ein und hatte zuvor bereits einen Antrag auf internationalen Schutz innerhalb der Europäischen Union (Deutschland) gestellt. Er hat sein Verfahren in Deutschland nicht abgewartet und ist binnen kürzester Zeit nach Österreich weitergereist, ohne einen aufrechten Aufenthaltstitel für ein europäisches Land zu besitzen. In Österreich stellte der BF bisher insgesamt drei Anträge auf internationalen Schutz. Es ist zwar richtig, dass der BF sich am 06.07.2017 von Österreich nach Deutschland rücküberstellen ließ, doch ist dies darauf zurückzuführen, dass zum damaligen Zeitpunkt das Verfahren in Deutschland noch nicht abgeschlossen war und daher für den BF noch keine konkrete Gefahr einer Abschiebung in seinen Heimatstaat bestand. Aus diesem Blickwinkel betrachtet ist jedoch die momentane Situation des BF wesentlich zu unterscheiden. Mittlerweile wurde das Asylverfahren in Deutschland beendet und würde der BF von Deutschland ehebaldigst in seinen Herkunftsstaat rückgeführt werden. Die in der Beschwerdeschrift geführte Argumentation, dass sich der BF seinerzeit der Überstellung gestellt habe und sohin keine Fluchtgefahr bestehe, ist daher ein Trugschluss, dem das Gericht nicht unterliegt, da die aktuelle Situation nunmehr eine ganz andere ist.

Der BF sagt selbst, dass er nicht nach Deutschland zurückkehren wolle und gab zu, dass er sich durch seine Rückreise nach Österreich jedenfalls einer drohenden Abschiebung aus Deutschland entzogen hat. Er hat daher klar gezeigt, dass er geneigt ist, vor Abschiebungen zu flüchten und diese faktisch zu verhindern.

Aus dem bisherigen Verhalten des BF ergibt sich klar, dass der BF aufgrund der Tatsache, aus Deutschland zeitnah abgeschoben zu werden, jedenfalls nicht gewillt ist, freiwillig nach Deutschland zurückzukehren. Schon aufgrund der bisherigen Aussagen des BF sieht es das Gericht klar für gegeben an, dass der BF nicht rückkehrwillig (nach Deutschland) ist.

Vor seiner Abschiebung im Jahr 2017 war der BF nach der Aktenlage bedingt kooperativ und kann diesbezüglich, auch im Lichte des Schubhafterkenntnisses vom 14.06.2017, für diese Zeitperiode dem BF kein Vorwurf gemacht werden. Nunmehr ist die Situation jedoch aufgrund der drohenden Abschiebung durch das negativ beendete deutsche Asylverfahren gänzlich anders. Dies zeigt sich auch bereits aufgrund des Verhaltens des BF im Rahmen seiner Festnahme am 06.01.2020. Aus dem Protokoll lässt sich klar ersehen, dass er BF extrem bemüht war, sich einem Zusammentreffen mit der herbeigerufenen Polizei zu entziehen, indem er weglaufen wollte. Auch im Zuge der nachfolgenden Identitätsfeststellung hat sich der BF nicht als kooperativ erwiesen und vor den Beamten angegeben, in Deutschland Asyl zu haben. Dadurch ist für das Gericht klar ersichtlich, dass die vom BF nunmehr vorgegebene Kooperationsbereitschaft lediglich als Schutzbehauptung zu qualifizieren war. Die Situation des BF hat sich seit dem 06.01.20202 bis zur bescheidmäßig verhängten Schubhaft bzw. bis zum vorliegenden Erkenntnis des BVwG keine Änderung ergeben. Das Gericht geht daher nicht von einer tatsächlichen Kooperationswilligkeit des BF aus.

Während im behördlichen Verfahren weder die Vaterschaft des BF, noch ein konkreter Zusammenhang mit der als Lebensgefährtin angegebenen Kindesmutter hergestellt werden konnte, wurde nunmehr erstmals im Beschwerdeverfahren ein familiärer Konnex mit der Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Sohn durch Vorlage einer aktuellen Geburtsurkunde glaubhaft hergestellt. Das Gericht hält an dieser Stelle fest, dass die seinerzeit durch die Behörde getroffenen Feststellungen zur Familie des BF zu diesem Zeitpunkt richtig gewesen sind. Die nunmehr diesbezüglich geänderten Feststellungen durch das Gericht basieren lediglich auf einer mittlerweile durch den BF dargelegte Vaterschaft bzw. Lebensbeziehung. Darüber hinaus konnte im laufenden gerichtlichen Verfahren, wie bereits in allen anderen österreichischen Verfahren, keine wesentliche berufliche oder soziale Integration des BF dargelegt werden. Dies wurde auch in der Beschwerdeschrift nicht näher erörtert, sodass das Gericht weiterhin davon ausgehen konnte, dass außerfamiliäre Kontakte kaum bzw. nicht wesentlich vorhanden sind.

Der BF verfügt über keine eigenen finanziellen Mittel und ist auch bisher nicht legal erwerbstätig gewesen. Was den gesicherten Wohnsitz in Österreich betrifft, ergibt sich aus dem glaubhaften Vorbringen in der Beschwerdeschrift in Zusammensicht mit den weiteren Angaben im Akt, dass der BF bei seinem Bruder und seiner Mutter wohnen könnte, zumal er dies bereits mehrfach getan hat. Offen bleibt jedoch, weshalb der BF, der nach seiner Wiedereinreise offenbar bei seinem Bruder und seiner Mutter gewohnt hat, sich an dieser Adresse nicht polizeilich gemeldet hat. Seine diesbezügliche Verantwortung, gedacht zu haben, dass ein Asylantrag nur an Arbeitstagen gestellt werden könne, wird als Schutzbehauptung qualifiziert. Es handelt sich bei diesem Asylantrag mittlerweile um den dritten, sodass schon davon ausgegangen werden kann, dass dem BF bewusst war, dass die Antragstellung vor der Polizei rund um die Uhr möglich ist. Auch eine Meldung an einer Adresse wäre unabhängig von der Asylantragstellung ebenfalls durchzuführen gewesen. Der BF hat daher nach Ansicht des Gerichts in mehrfacher Weise klar unter Beweis gestellt, dass er sich nur bedingt um die rechtlichen Vorschriften in Österreich kümmert und schob lediglich familiäre Interessen in den Vordergrund. Diese Interessen rechtfertigen es jedoch nicht, sich nicht an die im Inland geltenden Rechtsvorschriften zu halten. Der BF war daher vor seiner Festnahme bereits einige Zeit in Österreich aufhältig, jedoch für die Behörde nicht greifbar, da er sich nicht angemeldet hatte.

Der BF ist jedenfalls nicht als vertrauenswürdig und nicht als kooperativ anzusehen. Das gerichtliche Verfahren hat insgesamt ergeben, dass der BF auch nicht als ausreisewillig im Hinblick auf Deutschland einzustufen war. Aufgrund der mittlerweile geänderten Situation geht das Gericht nicht davon aus, dass sich der BF im Rahmen einer Freilassung für die behördliche Abschiebung nach Deutschland bereithalten würde. Für das Gericht war klar erkennbar, dass der BF im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten zur Einhaltung der in der Europäischen Union bestehenden Rechtsnormen verhalten werden muss. Er verfügt zwar über die im Verfahren festgestellten familiären Kontakte und einen gesicherten Wohnsitz, weiterhin ergibt sich aus dem Vorverhalten seiner Person, dass dennoch von erheblicher Fluchtgefahr des BF auszugehen war.

Das Gericht verkennt nicht, dass die behördliche Entscheidung auch darauf basierte, dass keine sozialen Bindungen bestehen würden, wiewohl eine fehlende soziale Integration bei noch nicht lange in Österreich aufhältigen Asylwerben (Dublin-Konstellation) nach der VwGH-Judikatur alleine kein tragfähiges Argument für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs darstellen. Im vorliegenden Fall ist jedoch anzumerken, dass die Behörde im gegenständlichen Mandatsbescheid den Sicherungsbedarf nicht alleine auf die Ziffer 9, sondern auch auf die Ziffer 6 a stützte. Diese Tatbestandselemente sind nach Ansicht des Gerichtes im gegenständlichen Fall ausreichend, um den für die Schubhaft notwendigen erheblichen Sicherungsbedarf zu begründen. Die Tatsache des Nachweises der Vaterschaft des BF alleine war nicht geeignet, bei der Beurteilung der Tragfähigkeit des familiären Netzes nunmehr zu einem anderen Ergebnis zu kommen. Dies auch deshalb, da sich aus dem Verfahren ergeben hat, dass der BF zwar angab, zu seiner Lebensgefährtin und seinem Sohn gelangen zu wollen, jedenfalls aber die längere Reise nach Wien auf sich genommen hat, um hier bei seinem Bruder und seiner Mutter Unterstand zu nehmen.

Nach Ansicht des Gerichts besteht daher beim BF erheblicher Sicherungsbedarf zur Sicherung des Überstellungsverfahren.

3.1.4. Darüber hinaus ist die Verhältnismäßigkeit der Inschubhaftnahme nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ebenso gegeben. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären und sozialen Verhältnisse, so zeigt sich, dass hier bisher außerhalb der kurzen familiären Kontakte, keine konkreten weiteren schützenswerten Anknüpfungspunkte entstanden sind. Die bestehenden familiären Kontakte im Inland wurden seitens des Gerichtes geprüft, festgestellt, gewürdigt und im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen, öffentlicher Ordnung sowie dem wirtschaftlichen Wohl des Staates gegenübergestellt. Dabei ergibt sich, dass der BF mit seiner Lebensgefährtin und seinem Sohn bisher kein gemeinsames Familienleben aufweisen konnte und durch seinen langen Aufenthalt in Deutschland auch kein aufrechtes Familienleben mit seinem Bruder und seiner Mutter bestanden haben kann. Dem gegenüber hat der BF die ihn treffenden rechtlichen Bestimmungen im Rahmen seines Asylverfahrens in Deutschland missachtet und hat Deutschland verlassen, um nach Österreich weiterzureisen. Er war daher für die deutschen Behörden während des Verfahrens nicht weiter greifbar. Der BF hat unzweifelhaft gezeigt, dass er es mit den ihn betreffenden gesetzlichen Bestimmungen, weder in Deutschland, noch in Österreich, nicht so genau nimmt und sind keine Anhaltspunkte dafür im Rahmen des Verfahrens hervorgekommen, dass sich das in Hinkunft wesentlich ändern würde. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung geht das erkennende Gericht davon aus, dass, wie oben bereits angeführt, den persönlichen Interessen des BF aufgrund seiner aktuellen Gesamtsituation und des bisherigen Verhaltens kein vergleichbar hoher Stellenwert wie dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen, öffentlicher Ordnung sowie dem wirtschaftlichen Wohl des Staates zukommt. Die gegenständliche Entscheidung des BFA ist daher nach Ansicht des Gerichtes auch im Hinblick auf die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit nicht zu bemängeln.

3.1.5. Obwohl der BF über einen gesicherten Wohnsitz und Familienangehörige im Inland verfügt, wurde die Verhängung eines gelinderen Mittels auch bisher zu Recht ausgeschlossen. Der BF verfügt nicht über wesentliche Vermögensmittel, weshalb eine Sicherheitsleistung nicht in Frage kommt. Im Rahmen des Schubhaftverfahrens sind keine Tatsachen ans Tageslicht gekommen, die glaubhaft eine Erfüllung des Sicherungszwecks durch die Verhängung eines gelinderen Mittels ergeben hätte. Die Verhängung eines gelinderen Mittels im Sinne einer Wohnsitzbeschränkung auf die Wohnung seines Bruders und/oder einer Meldeverpflichtung würde nach Ansicht des Gerichtes nicht zu einer ausreichenden Sicherung der Abschiebung führen, sondern wäre diesfalls evident die Gefahr verbunden, dass der BF, der ein evidentes Interesse hat, nicht nach Deutschland zurückgeführt zu werden, entweder auch Österreich verlassen, oder im Inland untertauchen würde. Dadurch wäre der Sicherungszweck vereitelt, zumal in naher Zukunft eine Abschiebung nach Deutschland möglich erscheint. Darüber hinaus hat das Beweisverfahren klar ergeben, dass der BF aufgrund seines Vorverhaltens (insbesondere in der letzten Zeit) nicht als vertrauenswürdig anzusehen ist.

3.1.6. Die gegenständlich verhängte Schubhaft erweist sich daher auch als "ultima ratio". Auf Grund des vorher Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch Verhältnismäßigkeit gegeben ist und die Anwendung eines gelinder

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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