Entscheidungsdatum
16.01.2020Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W256 2198748-1/11E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Caroline KIMM als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Eritrea, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17. Mai 2018, Zl. XXXX :
A)
Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer, ein eritreischer Staatsangehöriger, stellte am 9. Juni 2017 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
Im Zuge der am selben Tag erfolgten Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer an, er stamme aus Eritrea. Zu seinem Fluchtgrund befragt führte er (wortwörtlich wiedergegeben) folgendes an: "Die autoritäre Regierung in Eritrea macht mit den Leuten, was sie will. Ich war auch schon einmal im Gefängnis, ohne, dass ich irgendetwas angestellt habe. Dann haben sie mich freigelassen und erneut eingesperrt."
Der Beschwerdeführer wurde am 3. Mai 2018 durch ein Organ der belangten Behörde einvernommen. Dabei legte er einen Personalausweis zum Nachweis seiner Identität vor. Über Nachfrage führte er aus, dass er nie im Ausland gewesen und auch nie einen Reisepass besessen habe. Ergänzend führte er u.a. aus, er sei seit 2009 beim Militär gewesen und habe er in dieser Zeit lediglich 2 Mal Urlaub bekommen. Insofern habe er in dieser Zeit kaum mit seiner Ehefrau zusammenleben können. Die Befragung zu seinem Fluchtgrund gestaltete sich - laut dem um Rechtschreibfehler bereinigten Protokoll auszugsweise wiedergegeben - wie folgt:
"LA: Sie haben jetzt die Möglichkeit, Ihre Beweggründe für das Verlassen Ihrer Heimat ausführlich darzulegen. Bitte schildern Sie diese möglichst lebensnahe, also konkret und mit allen Details, damit auch unbeteiligte Personen Ihrer Darstellung nachvollziehen können. Lassen Sie sich bitte ruhig Zeit!
VP: Ich habe 2006 die Schule abgebrochen, aber das war nicht freiwillig, sondern sie haben mir gesagt: "Du bist zu alt, dass Du in die Schule gehst. Die Zeit ist um, dass Du in die Schule gehst.
Deswegen musst Du zum Militär." Aber ich konnte nicht gleich
aufhören und zum Militär, weil ich meinen Vater unterstützen musste
in der Landwirtschaft, weil er sehr krank und schwach war. Ich habe
meinen Vater von 2006 bis zum 10.01.2009 in der Landwirtschaft
unterstützt. Aber an jenem Tag hat mich die Behörde mit Zwang zum
Militärcamp ( XXXX ) gebracht. ... Von XXXX wurde ich direkt in den
Block XXXX gebracht. Dann wurde ich zu den anderen, die aus Eritrea
kamen, gebracht und ich habe zwei Wochen mit ihnen verbracht. Dann,
nach zwei Wochen, war ich eingeteilt in eine Gruppe. ... Aber wir
mussten alle auf einem umzäunten Boden schlafen. Dieser war geteilt in Gruppen, ich habe bei meiner Gruppe geschlafen. Bereits ab 6 Uhr mussten alle schlafen gehen. Ein bis zwei Gruppen sind um Mitternacht verschwunden/abgehauen. Wir haben zwar mitbekommen, dass wer weg ist, aber wir wussten nichts von diesem Plan, wegzukommen. Dann haben die Behörden dort drinnen behauptet, wir wären beteiligt an der Planung, wobei wir verneint haben, dass wir etwas wissen. ...
Dann ist der Vorgesetzte ... gekommen und hat angeordnet, dass sie
eine Strafe bekommen sollen. Wir wurden alle in einen unterirdischen
Tunnel in XXXX gebracht und dort bestraft. Da gab es keine
Widerrede. Diese Strafe musste man akzeptieren. Diese Strafe hat 10
Monate gedauert. .... Danach kamen wir wieder nach XXXX , aber dort
musste ich 4 Monate warten, bis die Gruppe vollständig war. Mit
wenigen Leuten fangen sie keine militärischen Aktivitäten an.
Innerhalb dieser vier Monate ging es mir gesundheitlich sehr
schlecht. .. Dann haben sie mich ... ins " XXXX Hospital" gebracht.
Dort war ich ca. 2 Monate in Behandlung. Nach meiner Besserung wurde
ich dann wieder nach XXXX zum Militärdienst gebracht. Dort musste
ich 8 Monate lang bleiben ... Dann, 2011, haben Sie mich
benachrichtigt, dass ich in XXXX , in der Fabrik .. im Metallbereich, zB. Schweißen, eingeteilt bin. Bis ich meine Heimat verlassen habe, war ich dann dort beschäftigt. Unter diesen Umständen musste ich unbefristet dort weiterarbeiten. Es gab keine Selbstbestimmung, keine Sicherheit, kein Recht auf Fragen, Recht auf Gerechtigkeit. Ich musste machen, was mir andere sagen und somit konnte ich keine Entscheidung für mich treffen. Bis man stirbt, arbeitet man dort unter diesen Bedingungen. Es gilt nur, was sie uns vorschreiben. Wenn man krank ist, wird man nicht ernst genommen. Es ist ihnen egal, ob man aus dem Grund sterben würde. Dieses Militär ist unbefristet. Sie nutzen den Menschen so lange aus, solange man arbeiten kann. ...
LA: Was würde Ihnen im Fall einer etwaigen Rückkehr drohen?
VP: Ich habe vorher geschildert, dass ich schon mehrmals im Gefängnis war. Wenn ich zurückkomme, werden sie mich ins Gefängnis sperren und auch unter diesen Bedingungen weiterarbeiten lassen. Oder ich müsste dort im Gefängnis sterben. Alleine, dass ich meine Heimat illegal verlassen habe, ist ein Grund dafür.
LA: Haben Sie alles angegeben, das Ihnen im Hinblick auf Eritrea wichtig erscheint oder haben Sie noch irgendwelche Ergänzungen zu machen?
VP: Die Umstände beim Militär waren das einzige, was mich dazu bewogen hat, mein Heimatland zu verlassen. Ich habe alles angegeben und keine Ergänzungen zu machen.
....
LA: Haben Sie die Ausreise mit Ihrer Frau besprochen?
VP: Über diese Entscheidung habe ich kein einziges Mal mit ihr gesprochen. Es war eine kurzfristige Entscheidung.
LA: Warum nicht?
VP: Ich habe überhaupt keine Zeit dazu gehabt und ich habe es nicht für nötig empfunden, vor allem, weil ich mit ihr zu der Zeit nicht lebte, weil ich beim Militär war.
....
LA: Sie haben zuvor angegeben, nie einen Reisepass besessen zu haben, was aber nicht den Tatsachen entsprechen kann, da Sie doch im Rahmen der Visabeantragung am 04.12.2014 in Tel Aviv sehr wohl einen
Reisepass mit der Nummer ... vorlegten.
VP: Nein, das habe ich nicht gemacht.
LA: Dann erklären Sie uns bitte, wie es zu Ihrem Bild auf dem Visaantrag kam.
VP: Das bin ich zwar, aber ich weiß es nicht, wie es dazu kam. Ich vermute, dass das irgendjemand benutzt hat."
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Eritrea zulässig sei.
Darin wurde - soweit hier wesentlich - nach wörtlicher Wiedergabe der Einvernahme-Protokolle und des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation Eritrea (LIB) ausgeführt, dass der vorgelegte Personalausweis angesichts der "gängigen Praxis bei Ausstellungsmodalitäten" nicht die Identität des Beschwerdeführers sicherstellen könne. Der Beschwerdeführer sei zudem als Person völlig unglaubwürdig, weil er im Rahmen seiner Einvernahme verneint habe, jemals im Ausland gewesen zu sein bzw. einen Reisepass besessen zu haben, sich aus dem Ergebnis des Abgleichs seiner Personendaten in der VISA-Datenbank aber ergeben habe, dass er am 4. Dezember 2014 mittels Vorlage eines eritreischen Reisepasses in Tel Aviv ein Visum für Italien beantragt habe. Mit diesem massiven Widerspruch konfrontiert, habe der Beschwerdeführer schlichtweg geleugnet, ein Visum beantragt zu haben. Es stelle sich für die belangte Behörde die Situation derart dar, dass der Beschwerdeführer seinen Wehrdienst spätestens im Jahr 2011 absolviert, seither in Israel gelebt habe und von dort aus nach Europa gereist sei. Es sei daher festzuhalten, dass die belangte Behörde davon ausgehe, dass der Beschwerdeführer von 2011 bis 2016 nicht in XXXX stationiert gewesen sei und entziehe schon allein dies seiner Fluchtgeschichte die Grundlage. Davon abgesehen sei auch nicht schlüssig und "höchst merkwürdig", weshalb der Beschwerdeführer im Rahmen der Einvernahme mit keinem Wort seine Desertion und wie sich diese zugetragen haben soll, erwähnt habe. Dies sei u.a. ein starkes Indiz, dass der Beschwerdeführer den behaupteten Sachverhalt nicht erlebt habe. Desertion sei in Eritrea mit harschen Strafen verbunden und für Personen ein einschneidendes Erlebnis, welches wohl mit "engsten Bezugspersonen, wie etwa der Ehefrau" geteilt werde. Dass der Beschwerdeführer - wie von ihm angegeben - keine Zeit dazu gehabt habe, seine Ehefrau über seine Flucht zu informieren, könne insofern nicht nachvollzogen werden. Die vorgebrachte Bedrohung sei daher insgesamt nicht glaubhaft.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer habe Eritrea verlassen, weil er sich mit dem politischen System Eritreas an sich, insbesondere aber mit dem unbegrenzten Militärdienst nicht mehr habe abfinden können und ihm wegen seiner Desertion der Vorwurf einer regimefeindlichen Haltung und insofern asylrelevante Verfolgung drohe. Die belangte Behörde sei zu Unrecht von der Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführerführers ausgegangen. Der Vorwurf, der Beschwerdeführer habe einen Aufenthalt in Israel und einen eritreischen Reisepass verschwiegen, sei nicht erklärlich und werde neuerlich bestritten, zumal es sich dabei ohnedies lediglich um einen Nebenaspekt zur eigentlichen Fluchtgeschichte handle. Die belangte Behörde habe sich mit der allgemeinen Situation des Militärdienstes, aber auch mit der konkreten Situation des Beschwerdeführers überhaupt nicht auseinandergesetzt. Die Behauptung, der Beschwerdeführer habe seinen Militärdienst freiwillig beendet, sei rein spekulativ und im Übrigen in Widerspruch zu den Länderberichten.
Mit am 10. Jänner 2020 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangtem Schriftsatz stellte der Beschwerdeführer einen Fristsetzungsantrag wegen Verletzung der Entscheidungspflicht an den Verwaltungsgerichtshof.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Diese Vorgangsweise setzt nach § 28 Abs. 2 Ziffer 2 voraus, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
In seinem Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Zl. Ro 2014/03/0063, hielt der Verwaltungs-gerichtshof fest, dass eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG insbesondere dann in Betracht kommen wird, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. auch den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 2017, Zl. Ra 2016/12/0109, Rz 18ff.).
Der angefochtene Bescheid ist aus folgenden Gründen mangelhaft:
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Die belangte Behörde hat im vorliegenden Fall zwar eine Einvernahme (auch) zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers vorgenommen, diese beschränkte sich allerdings auf eine allgemeine Befragung ohne durch konkretes Nachfragen gezielt auf das vom Beschwerdeführer eigenständig geschilderte Fluchtvorbringen und damit auf den Einzelfall einzugehen. Der Beschwerdeführer hat - wie auch bereits im Rahmen seiner Erstbefragung - seine Flucht aus dem Militärdienst und damit eine asylrelevante Verfolgung im Falle einer Rückkehr nach Eritrea behauptet. Eine nähere Auseinandersetzung mit dieser Fluchtgeschichte fand im Zuge der Befragung jedoch nicht statt.
Dementsprechend findet sich im angefochtenen Bescheid auch keine - zumindest nachvollziehbare - Begründung dazu, weshalb die belangte Behörde von der fehlenden Glaubhaftigkeit dieses Fluchtvorbringens ausgeht. Die in der Beweiswürdigung dazu lediglich enthaltenen Ausführungen der belangten Behörde, das diesbezügliche Fluchtvorbringen sei deshalb nicht glaubhaft, weil der Beschwerdeführer das Wort "Desertion" im Rahmen seiner Befragung vor der belangten Behörde sowie sein Fluchtvorhaben gegenüber seiner (im Übrigen von ihm angesichts des Militärdienstes getrennt lebenden) Ehefrau nicht erwähnt habe, sind jedenfalls in keiner Weise geeignet, die behauptete Flucht vom unbestritten festgestellten Militärdienst tauglich zu entkräften. Ebenso wenig vermag der - sich für die belangte Behörde aus einem Visumsantrag ergebende - Umstand, dass der Beschwerdeführer vor seiner Einreise nach Europa in Tel Aviv gelebt und einen eritreischen Reisepass besessen habe, aussagekräftiges Indiz für die mangelnde Glaubhaftigkeit der behaupteten Flucht vom (von der belangten Behörde selbst angenommenen zeitlich davor liegenden) Militärdienst des Beschwerdeführers in Eritrea geben, zumal der Beschwerdeführer diesen Visumsantrag im gesamten Verfahren ohnedies immer bestritten und die belangte Behörde die Ausstellungspraktiken behördlicher Dokumente in Eritrea selbst in Zweifel gezogen hat.
Dabei darf auch nicht übersehen werden, dass die belangte Behörde - anhand der Länderberichte - selbst festgestellt hat, dass der obligatorische Nationaldienst in Eritrea der Zwangsarbeit gleiche und oftmals zeitlich unbefristet sei, weshalb die bloße Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe seinen (unbestrittenen) Militärdienst freiwillig beenden können, nicht nur nicht nachvollzogen, sondern auch mit den eigenen Länderfeststellungen nicht in Einklang gebracht werden kann.
Wie von der belangten Behörde - in Übereinstimmung mit den Länderberichten - selbst festgestellt wurde, ist Wehrdienstverweigerung in Eritrea mit "harschen" Strafen und damit im Falle einer Rückkehr mit allfälliger asylrelevanter Verfolgung verbunden (siehe dazu das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. August 2019, W256 2192723-1).
Die belangte Behörde wäre daher gehalten gewesen, sich mit der (immer) geltend gemachten Verfolgung des Beschwerdeführers in Eritrea eingehend zu befassen. Dadurch, dass sie dies - entgegen ihrer in § 18 AsylG 2005 normierten Ermittlungspflicht - geeignet unterlassen hat, ist der Sachverhalt somit in einem wesentlichen Punkt umfassend ergänzungsbedürftig geblieben, weshalb im Hinblick auf diese besonders gravierende Ermittlungslücke eine Zurückverweisung erforderlich und auch gerechtfertigt ist (vgl. dazu den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Oktober 2015, Zl. Ra 2015/09/0088).
Die belangte Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren angehalten, sich mit dem Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen, dazu konkrete Ermittlungsschritte, sei es durch gezielte Befragung des Beschwerdeführers, durch Einholung von entsprechenden Länderberichten oder sonstiger sich daraus ergebender weiterer Ermittlungsschritte zu setzen und die diesbezüglichen Ermittlungsergebnisse einer ernsthaften und nachvollziehbaren Prüfung zu unterziehen
Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und eine erstmalige Ermittlung und Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann nicht im Sinne des Gesetzes liegen. Denn die belangte Behörde ist als Spezialbehörde im Rahmen der Staatendokumentation gemäß § 5 BFA-Einrichtungsgesetz für die Sammlung relevanter Tatsachen zur Situation in den betreffenden Staaten samt den Quellen zuständig. Überdies soll eine ernsthafte Prüfung des Antrages nicht erst beim Bundesverwaltungsgericht beginnen und zugleich enden.
Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - auch angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes - nicht ersichtlich.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind daher im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Folglich war das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Eine mündliche Verhandlung konnte im vorliegenden Fall gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unterbleiben, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid "aufzuheben" war. Dieser Tatbestand ist auch auf Beschlüsse zur Aufhebung und Zurückverweisung anwendbar (vgl. zur gleichartigen früheren Rechtslage Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 67d Rz 22).
2. Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist unzulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG insbesondere dann in Betracht kommt, wenn die Verwaltungsbehörde bloß ansatzweise bzw. unzureichend ermittelt, entspricht der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W256.2198748.1.00Zuletzt aktualisiert am
10.03.2020