Entscheidungsdatum
17.01.2020Norm
AVG §10Spruch
W166 2225488-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Michael SVOBODA als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , verst. XXXX , vertreten durch Dr. Peter Gatternig und Mag. Karl Gatternig Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 07.10.2019, betreffend die Zurückweisung des Antrages vom 30.11.2018 auf Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz in Form der Gewährung einer Pauschalentschädigung für Schmerzengeld aufgrund der Schädigung der XXXX vom XXXX , beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 30.11.2018, vertreten durch seinen Rechtsanwalt Dr. Peter Gatternig einen Antrag auf Pauschalentschädigung für Schmerzengeld nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG) beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (in der Folge: belangte Behörde). Antragsbegründend wurde angegeben, dass seine Ehegattin infolge eines Raubüberfalles am 30.12.2017 schwere psychische Schäden erlitten habe und er aufgrund der Abgabe einer unbedingten Erbantrittserklärung im Verlassenschaftsverfahren Rechtsnachfolger der Schmerzengeldansprüche seiner am XXXX verstorbenen Frau sei.
Dem Antrag beigeschlossen war unter anderem die Sterbeurkunde seiner Ehefrau XXXX .
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 07.10.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 8 AVG in Verbindung mit §§ 1 Abs. 1, 6a sowie 10 Abs. 1 VOG zurückgewiesen und die Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass die Ehegattin noch vor Antragstellung verstarb, sohin allfällige Hilfeleistungsansprüche nach dem Verbrechensopfergesetz nicht auf den Beschwerdeführer übergehen haben können.
Der Beschwerdeführer verstarb am XXXX .
Gegen den angeführten Bescheid erhob der vom Beschwerdeführer zu Lebzeiten bevollmächtigte Rechtsanwalt im Namen der Verlassenschaft nach XXXX mit Schriftsatz vom 06.11.2019 das Rechtsmittel der Beschwerde und führte darin unter anderem aus, auch weiterhin als Vertreter anlässlich der erteilten Vollmacht des XXXX für die Geltendmachung der streitgegenständlichen Forderung, tätig zu sein. Es entspreche der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als auch Literatur, dass in einem Fall wie dem gegenständlichen aufgrund der vom Verstorbenen erteilten Vollmacht, der bevollmächtigte Rechtsanwalt weiterhin die erforderlichen Schritte setzen könne. Dazu verwies er auf den Kommentar von Hengstschläger/Leeb zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz.
Des Weiteren wurde in der Beschwerde zur unrichtigen rechtlichen Beurteilung durch die belangte Behörde ausgeführt und beantragt die Pauschalentschädigung für Schmerzengeld im Höchstbetrag von 4.000,00 EUR zuzuerkennen.
Die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 12.11.2019 - einlangend beim Bundesverwaltungsgericht am 18.11.2019 - vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer stellte am 30.11.2018 einen Antrag auf Pauschalentschädigung für Schmerzengeld nach dem Verbrechensopfergesetz und machte als Antragsbegründung die psychische Schädigung seiner am XXXX verstorbenen Ehefrau infolge eines am 30.12.2017 stattgefundenen Raubüberfalles geltend.
Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom 07.10.2019 zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer verstarb am XXXX , noch vor Beschwerdeerhebung.
Seine noch zu Lebzeiten mit der Geltendmachung dieses Anspruches beauftragte Rechtsvertretung erhob mit Schriftsatz vom 06.11.2019 im Namen der Verlassenschaft nach dem Beschwerdeführer die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Inhalt des von der belangten Behörde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Verwaltungsaktes. Der festgestellte Sachverhalt ist basierend auf dem Verwaltungsakt unstrittig, zumal der Beschwerde keine anderslautenden Sachverhaltsdarlegungen entnommen werden können.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 9d Abs. 1 Verbrechensopfergesetz (VOG), BGBl. Nr. 288/1972 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des VOG durch einen Senat, dem ein fachkundiger Laienrichter angehört. Es liegt somit gegenständlich Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Zu Spruchpunkt A)
§ 10 AVG regelt das Vertretungsverhältnis im Verwaltungsverfahren und richten sich gemäß Abs. 2 leg.cit. Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen.
Nach hA sind nicht nur die Begründung der Vollmacht sowie deren Inhalt und Umfang sondern auch die Frage des Erlöschens der Vertretungsbefugnis (als contrarius actus zur Begründung) nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts zu beurteilen (vgl. VwGH 21.06.1994, 94/07/0064; auch Hengstschläger/Leeb, AVG § 10, Rz 25).
Gemäß § 1022 ABGB bewirken sowohl der Untergang (Tod) des Vertreters als auch - anders als nach § 35 ZPO - jener der Partei in der Regel das Erlöschen der Vollmacht. Abgesehen von § 1025 ABGB räumt § 1022 zweiter Satz leg.cit. dem Gewalthaber auch ohne besondere Vereinbarung in gewissen Fällen das Recht ein, ein angefangenes Geschäft zu vollenden, nicht aber ein Verfahren einzuleiten (Hengstschläger/Leeb, AVG § 10, Rz 27).
Letzterer Fall liegt jedoch mit dem gegenständlichen Verfahren vor. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann namens einer vor Einbringung der Beschwerde verstorbenen Person nicht Beschwerde geführt werden. Das subsidiär im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anwendbare AVG kennt eine dem § 35 Abs. 1 ZPO vergleichbare Bestimmung nicht. § 10 Abs. 2 AVG verweist, wenn Zweifel an der Vertretungsbefugnis auftauchen, auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechts; wenn auch § 1022 ABGB im Falle des Todes des Gewaltgebers dem Gewalthaber in gewissen Fällen das Recht einräumt, ein angefangenes Geschäft zu vollenden, so kann mit der Vollmacht eines Verstorbenen nicht ein neues, nämlich ein verwaltungsgerichtliches Verfahren eingeleitet werden (Hinweis B 25.1.1952, 1747/51, VwSlg 2430 A/1952). Eine namens einer vor Einbringung der Beschwerde verstorbenen Person geführte Beschwerde ist daher zurückzuweisen (VwGH 31.01.1995, 94/05/0248).
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
3. wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.
Da im gegenständlichen Fall bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass die Beschwerde zurückzuweisen ist, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Beschwerdeführer verstorben, Beschwerdeverfahren,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W166.2225488.1.00Zuletzt aktualisiert am
10.03.2020