Entscheidungsdatum
22.01.2020Norm
AsylG 2005 §35 Abs1Spruch
W235 2196213-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des mj. XXXX alias mj. XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Syrien, gesetzlich vertreten durch: XXXX gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 14.03.2018, Zl. Damaskus-ÖB/KONS/2726/2017, beschlossen:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Österreichische Botschaft Damaskus zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1.1. Unter Verwendung des vorgesehenen Befragungsformulars stellte der minderjährige Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Syrien, am 13.03.2017 bei der Österreichischen Botschaft Damaskus einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG. Der Beschwerdeführer brachte dazu vor, dass er der minderjährige Sohn von XXXX sei, einer syrischen Staatsangehörigen, geb. XXXX , der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2016 der Status der Asylberechtigten zuerkannt worden sei (= Bezugsperson).
Dem Antrag des minderjährigen Beschwerdeführers wurde ein Auszug aus seinem Reisepass beigelegt, welchem der Name " XXXX " sowie das Geburtsdatum " XXXX " zu entnehmen sind, ausgestellt am XXXX 2017 unter der Nummer XXXX .
Aus der Checkliste des Dokumentenberaters der Österreichischen Botschaft in Beirut geht hervor, dass es sich bei dem vom Beschwerdeführer in Vorlage gebrachten Reisedokument um einen verfälschten syrischen Reisepass handelt. Ausgeführt wurde in diesem Bericht, dass die letzte Doppelseite zur Gänze gefälscht sei, die Bindung sei geöffnet, der Buchblock entnommen und nach Seitentausch mit einem nicht originalen Bindfaden wieder zusammengefügt worden. Ferner enthält die Checkliste den Vermerk "no docs!!!".
Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt brachte der Beschwerdeführer folgende verfahrensrelevante Dokumente (in Kopie) in Vorlage:
* Auszug aus dem syrischen Zivilregister in deutscher Übersetzung, ausgestellt am XXXX 2017 in XXXX , welchem zu entnehmen ist, dass XXXX , der Sohn von XXXX , am XXXX geboren ist;
* Auszug aus dem syrischen Familienregister, aus welchem hervorgeht, dass XXXX , der Sohn von XXXX , geb. XXXX , und XXXX , geb. XXXX , ist, ausgestellt am XXXX 2017 vom syrischen Innenministerium (Zivilangelegenheiten) in XXXX ;
* Bescheid vom XXXX 2016, mit welchem der Bezugsperson der Status der Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
* Auskunft aus dem Zentralen Melderegister betreffend die Bezugsperson vom XXXX 2017 und
* Auszug aus dem Konventionsreisepass der Bezugsperson, Nr. XXXX , ausgestellt am XXXX 2016
1.2. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG vom 19.02.2018 führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass die Gewährung des Status eines Asylberechtigten an den minderjährigen Beschwerdeführer nicht wahrscheinlich sei, da die Angaben des Beschwerdeführers zur Angehörigeneigenschaft gemäß § 35 AsylG in mehrfacher Hinsicht den von der Bezugsperson im Asylverfahren gemachten Angaben widersprechen würden.
In der beiliegenden Stellungnahme wurde nach Wiederholung des Verfahrensgangs zusammengefasst ausgeführt, dass der Reisepass des Beschwerdeführers verfälscht worden und sohin dessen Identität nicht feststellbar sei. Ferner könne nicht ausgeschlossen werden, dass auch weitere Dokumente gefälscht worden seien. Die Unterlagen würden sich nicht auf den Beschwerdeführer, sondern auf seine angebliche Mutter und die angeblichen Geschwister, beziehen. Daher sei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nicht wahrscheinlich.
Dies teilte die Österreichische Botschaft Damaskus dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19.02.2018 mit und forderte ihn zur Abgabe einer Stellungnahme binnen einer Woche auf.
1.3. Der minderjährige Beschwerdeführer erstattete daraufhin im Wege der Vertretung seiner gesetzlichen Vertreterin am 01.03.2018 eine Stellungnahme und führte nach Darlegung des Sachverhalts sowie nach Zusammenfassung der Prognose des Bundesamtes begründend aus, seine Mutter habe zu Beginn des Verfahrens für ihn den Namen " XXXX " angegeben. Dies sei lediglich sein Rufname in der Familie sowie im gesamten Dorf. Nach der Trennung seiner Eltern sei er bei seiner Mutter verblieben, welche ihn stets so genannt habe. Seine Mutter habe gefälschte Unterlagen vorgelegt. Sie habe dies in großer Not getan, da ihr von der Botschaft mitgeteilt worden sei, dass der Beschwerdeführer unbedingt einen Pass brauchen würde und sie nicht gewusst habe, ob die Beschaffung eines solchen zu diesem Zeitpunkt möglich wäre. Nach Antragstellung habe seine Mutter einen Anwalt engagiert, der alle notwendigen Unterlagen besorgt und bei den offiziellen Stellen eingereicht habe. Daraufhin habe sie den Namen des minderjährigen Beschwerdeführers durch ihre gewillkürte Vertreterin mit beiliegendem Mail vom 20.09.2017 richtiggestellt. Die echten Dokumente seien nicht mehr überprüft worden. Nach Richtigstellung hätten zumindest die neu vorgelegten Originalurkunden durch den Dokumentenprüfer näher untersucht werden müssen und hätten nicht pauschal als Fälschungen qualifiziert werden dürfen. Ein allgemeiner Verdacht genüge nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht, um den im Verfahren vorgelegten Urkunden den Beweiswert abzusprechen. Zum Vorhalt der Behörde, in den Unterlagen werde nicht der Beschwerdeführer, sondern würden seine "angeblichen Geschwister" und seine "angebliche Mutter" angeführt werden, könne nicht Stellung bezogen werden, da nicht ersichtlich sei, auf welche konkreten Dokumente sich dieser Vorhalt beziehe. Der Beschwerdeführer habe keine Geschwister und habe dies auch zu keinem Zeitpunkt behauptet. In XXXX würden seine Stiefgeschwister leben, welche ebenfalls einen Antrag auf Familienzusammenführung gestellt und als Bezugsperson den neuen Mann seiner Mutter angeführt hätten. In Österreich würden ferner seine Halbgeschwister leben. Die Behörde hätte zum Nachweis der Familieneigenschaft weitere Beweismittel, wie Familienfotos, eine Befragung der Familienmitglieder oder eine DNA-Analyse heranziehen müssen. Der Beschwerdeführer wäre gemäß § 13 Abs. 4 BFA-VG über die Möglichkeit der Vornahme eines solchen DNA-Tests zu belehren gewesen. Sowohl der Beschwerdeführer, als auch seine Mutter würden die Durchführung eines DNA-Tests wünschen, um die Familieneigenschaft nachweisen zu können.
Neben einem Konvolut an Familienfotos wurde der Stellungnahme ein E-Mail vom 20.09.2017 beigelegt, in welchem die Vertreterin der Bezugsperson ausführt, dass im Antragsformular der Name des Beschwerdeführers falsch ausgefüllt worden sei. Die Bezugsperson habe sich früh vom Vater des Beschwerdeführers getrennt. In weiterer Folge habe sie ihn " XXXX " gerufen. Sein offizieller Name sei XXXX . Die diesbezüglichen Dokumente seien am Weg zur Behörde. Da die Sprachkenntnisse der Bezugsperson nicht sehr gut seien und sie beim Ausfüllen der Formulare von einem Freund der Familie unterstützt worden sei, sei der Fehler nicht aufgefallen. Erst als die Dokumente beantragt worden seien, sei ihr bewusst geworden, dass sie den falschen Namen angegeben habe.
2. Mit Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 14.03.2018, Zl. Damaskus-ÖB/KONS/2726/2017, wurde der Antrag des minderjährigen Beschwerdeführers auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG abgewiesen.
3. Gegen diesen Bescheid erhob der minderjährige Beschwerdeführer im Wege der von seiner gesetzlichen Vertreterin bevollmächtigten Vertretung fristgerecht am 12.04.2018 Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und führte nach Darstellung des Sachverhalts aus, es werde angenommen, dass sich die Abweisung des Antrags auf die Ausführungen in der ersten Wahrscheinlichkeitsprognose stütze, da keine neuerliche Stellungnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt worden sei. Daher werde vollinhaltlich auf die Ausführungen der [eigenen] Stellungnahme verwiesen. Ergänzend wurde ausgeführt, die Behörde habe trotz des Hinweises auf mehrere höchstgerichtliche Judikate jegliche weiteren Ermittlungen bezüglich der vorgelegten Dokumente unterlassen, was einen Verfahrensmangel darstelle. Wenn die Dokumente durch einen Dokumentenprüfer geprüft worden wären, hätte festgestellt werden müssen, dass es sich um echte Dokumente handle und hätte die Identität des Beschwerdeführers folglich bestätigt werden können. Der Umstand, dass es dem Beschwerdeführer - trotz seines ausdrücklichen Wunsches - nicht ermöglicht worden sei, eine DNA-Analyse durchzuführen, stelle einen massiven Verfahrensmangel dar. Dies ergebe sich im Übrigen auch aus dem Erkenntnis vom 14.02.2018, W161 2168048-1, in welchem sich das Bundesverwaltungsgericht mit einem ähnlich gelagerten Fall auseinandergesetzt habe.
Neben sich bereits im Akt befindlichen Unterlagen wurden mit der Beschwerde unter anderem Auszüge aus dem syrischen Reisepass mit der Nr. XXXX , welchen der Name " XXXX " sowie das Geburtsdatum " XXXX " entnommen werden kann, vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 9 Abs. 3 FPG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen der Vertretungsbehörden.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG durch Beschluss.
2. Zu A)
2.1. Gesetzliche Grundlagen:
2.1.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
2.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des FPG lauten:
§ 11 Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
(1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragsteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragsteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.
(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.
§ 11a Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
(1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinne des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.
2.1.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des BFA-VG lauten:
§ 13 Mitwirkung eines Fremden
(1) Der Fremde hat am Verfahren vor dem Bundesamt, insbesondere an einer erkennungsdienstlichen Behandlung mitzuwirken.
[...]
(4) Gelingt es einem Fremden nicht, ein behauptetes Verwandtschaftsverhältnis, auf das er sich in einem Verfahren vor dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht oder in einem Verfahren gemäß § 35 AsylG 2005 beruft, durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel nachzuweisen, so hat ihm das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht auf sein Verlangen und auf seine Kosten die Vornahme einer DNA-Analyse zu ermöglichen. Der Fremde ist über diese Möglichkeit zu belehren. Das mangelnde Verlangen des Fremden auf Vornahme einer DNA-Analyse ist keine Weigerung des Fremden, an der Klärung des Sachverhaltes mitzuwirken. Im weiteren Verfahren darf nur die Information über das Verwandtschaftsverhältnis verarbeitet werden; allenfalls darüber hinaus gehende Daten sind zu löschen. Das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht hat dem Fremden die Kosten der DNA-Analyse auf Antrag zu erstatten, wenn das behauptete Verwandtschaftsverhältnis durch das auf der DNA-Analyse beruhende Gutachten festgestellt wurde und sich der Fremde im Bundesgebiet aufhält.
(5) Im Rahmen der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Vorbringens eines Fremden ist auf die Mitwirkung im Verfahren Bedacht zu nehmen.
[...]
2.1.4. Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG lauten:
§ 75 Abs. 24 Übergangsbestimmungen
[...]§§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. [...]
Der gegenständliche Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels wurde am 13.03.2017 und damit jedenfalls nach Inkrafttretens des § 35 Asyl idF BGBl. I Nr. 24/2016 am 01.06.2016 eingebracht, weshalb § 35 AsylG in der aktuellen Fassung BGBl. I Nr. 56/2018 anzuwenden ist.
§ 35 Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden (AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018)
(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.
2.2. § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Im vorliegenden Fall erweist sich die bekämpfte Entscheidung in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:
2.2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die österreichischen Vertretungsbehörden in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich der Prognose einer Gewährung des Status eines Asylberechtigten bzw. eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Die Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft kommt daher nicht in Betracht. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer asyl- oder subsidiär schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Antrages auf internationalen Schutz zuständige Bundesamt die Schutzgewährung für nicht wahrscheinlich erachtet (vgl. VwGH vom 16.12.2014, Zl. 2014/22/0034; vom 17.10.2013, Zl. 2013/21/0152 sowie vom 19.06.2008, Zl. 2007/21/0423).
Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 01.03.2016, Ro 2015/18/0002, ausgeführt, dass der in § 35 Abs. 4 AsylG angeordnete Beweismaßstab, nach dem das Bundesamt zu beurteilen hat, ob es eine positive oder negative Mitteilung abgibt, für sich betrachtet rechtsstaatlich nicht bedenklich erscheint. Da das Gesetz vorsieht, dass eine positive Mitteilung des Bundesamtes schon dann zu ergehen hat, wenn die Gewährung von internationalen Schutz bloß wahrscheinlich ist, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass eine negative Prognose nur dann erfolgen darf, wenn die Gewährung dieses Schutzes in einem nach Einreise in Österreich zu führenden Asylverfahren nicht einmal wahrscheinlich ist; Gewissheit darüber, dass dem Antragsteller internationaler Schutz in Österreich gewährt werden wird, erfordert die Erteilung einer Einreiseerlaubnis hingegen nicht. Um somit die Einreiseerlaubnis nach Österreich zu erhalten, muss der Antragsteller lediglich die niedrigere Beweisschwelle der Wahrscheinlichkeit einer künftigen Gewährung internationalen Schutzes überspringen. Schon dann steht ihm die Möglichkeit offen, in das Bundesgebiet einzureisen und dort ein Familienverfahren nach § 34 AsylG - mit allen Verfahrensgarantien - zu absolvieren. Dass § 35 Abs. 4 AsylG die Vergabe eines Visums an die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes im künftigen Asylverfahren bindet, erscheint unter diesem Blickwinkel mit dem rechtsstaatlichen Prinzip nicht im Widerspruch zu stehen.
Mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 - wurde in § 9 Abs. 3 FPG jedoch für Fremde (ohne Unterschied) die Möglichkeit geschaffen, gegen ablehnende Entscheidungen der österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben; dies gilt auch für die Ablehnung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG. Das Gesetz sieht nun ein geschlossenes Rechtsschutzsystem vor, in dem das Zusammenwirken zweier Behörden (der unmittelbaren Bundesverwaltung), wie es in § 35 Abs. 4 AsylG angeordnet wird, vor einem gemeinsamen, zuständigen Verwaltungsgericht, nämlich dem Bundesverwaltungsgericht, angefochten und dort überprüft werden kann. Dabei steht es dem Bundesverwaltungsgericht offen, auch die Einschätzung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen, was voraussetzt, dass das Bundesamt seine Mitteilung auch entsprechend begründet und dem Antragsteller Gelegenheit geboten wird, davon Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung nehmen zu können. Wird dieses Parteiengehör nicht gewährt, könnte einem bestreitenden Vorbringen des Antragstellers in der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen eine abweisende Entscheidung in Bezug auf den Einreisetitel nach § 35 AsylG das Neuerungsverbot nach § 11a Abs. 2 FPG nicht entgegengehalten werden (vgl. VwGH vom 01.03.2016, Ro 2015/18/0002 sowie VwGH vom 04.08.2016, Ra 2016/21/0083 bis 0086-12).
2.2.2. Im vorliegenden Fall gründet die angefochtene Entscheidung im Wesentlichen auf der Argumentation, dass der vom Beschwerdeführer bei Antragstellung vorgelegte Reisepass verfälscht worden sei, seine Identität sohin nicht feststehe und anhand der übrigen vorgelegten Beweismittel nicht festgestellt werden könne, ob zwischen dem Beschwerdeführer und der Bezugsperson das behauptete Familienverhältnis vorliege. Aufgrund der Verfälschung seines Reisepasses könne überdies nicht ausgeschlossen werden, dass auch die übrigen von ihm in Vorlage gebrachten Dokumente gefälscht seien. Ferner würden sich diese Dokumente nicht auf den minderjährigen Beschwerdeführer, sondern auf seine angeblichen Geschwister und die angebliche Mutter (= Bezugsperson) beziehen.
2.2.2.1. Vorwegzunehmen ist, dass der Beschwerdeführer - wie vom Bundesamt ausgeführt - in seinem Antrag den Namen " XXXX " anführte und einen entsprechenden Reisepass in Vorlage brachte, welcher jedoch nach Einschätzung des Dokumentenberaters verfälscht worden war. In weiterer Folge räumte der Beschwerdeführer ein, tatsächlich einen falschen Namen angeführt und einen verfälschten Reisepass vorgelegt zu haben.
Allerdings verabsäumte es die Behörde im gegenständlichen Fall, sich mit dem weiteren Vorbringen des minderjährigen Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 01.03.2018 (bzw. im vorgelegten und Bezug habenden E-Mail vom 20.09.2017) auseinanderzusetzen. Demnach seien die falschen Angaben zu seiner Identität auf ein Fehlverhalten der Bezugsperson zurückzuführen. Sein tatsächlicher Name sei " XXXX ". Zur Bescheinigung dieses Vorbringens legte der Beschwerdeführer verschiedene Urkunden, insbesondere einen Zivilregisterauszug, einen Familienregisterauszug sowie Auszüge aus einem weiteren Reisepass, vor, welche allesamt auf den oben genannten Namen lauten. Eine abschließende Beurteilung der Echtheit und Richtigkeit dieser Dokumente fand jedoch nicht statt, sondern führte die Behörde in ihrer Stellungnahme vom 19.02.2018 lediglich pauschal aus, aufgrund der Verfälschung des im Zuge der Antragstellung vorgelegten Reisepasses könne nicht ausgeschlossen werden, dass auch die übrigen Dokumente gefälscht seien.
Insoweit von der Behörde argumentiert wird, diese Dokumente würden sich nicht auf den Beschwerdeführer selbst, sondern lediglich auf seine angeblichen Angehörigen beziehen, ist darauf hinzuweisen, dass die vorgelegten Dokumente jeweils auf den Namen " XXXX " ausgestellt wurden und sowohl dem Familienregisterauszug als auch dem Zivilregisterauszug der Name der Bezugsperson entnommen werden kann. Da die Daten sohin grundsätzlich in Einklang mit dem Vorbringen in der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 01.03.2018 stehen, kann die Relevanz dieser Dokumente nicht bereits im Vorhinein ausgeschlossen werden. Folglich hätte die Behörde einen Dokumentenberater zur Beurteilung der Echtheit dieser Urkunden beiziehen müssen.
Insbesondere hätte eine Auseinandersetzung mit dem vom Beschwerdeführer nachträglich vorgelegten syrischen Reisepass, welcher auf den Namen " XXXX " ausgestellt wurde, erfolgen müssen. Gemäß § 15 Abs. 1 FPG benötigen Fremde, soweit durch Bundesgesetz oder durch zwischenstaatliche Vereinbarung nicht anderes bestimmt ist oder nicht anderes internationalen Gepflogenheiten entspricht, zur rechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet und Ausreise aus diesem ein gültiges Reisedokument (Passpflicht). Es wäre sohin jedenfalls abzuklären gewesen, ob dieser Reisepass gültig ist und tatsächlich die Identität des Beschwerdeführers ausweist, da ansonsten unabhängig von der Visumpflicht der Einreise des Beschwerdeführers das faktische Hindernis entgegenstünde, dass er nicht im Besitz eines gültigen Reisedokuments ist. Weiters wäre die Visumerteilung in diesem Fall nicht möglich, da die Visummarke im Reisedokument angebracht werden muss. Eine Visumerteilung ohne Vorlage eines gültigen Reisedokuments ist, unabhängig vom Vorliegen der übrigen Voraussetzungen zur Erteilung eines Visums, ausgeschlossen.
2.2.2.2. Insoweit aufgrund der Verfälschung des Reisepasses vom Nichtbestehen des behaupteten Familienverhältnisses ausgegangen wird, ist festzuhalten, dass das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 13 Abs. 4 BFA-VG einem Fremden auf sein Verlangen und auf seine Kosten die Vornahme einer DNA-Analyse zu ermöglichen hat, wenn es ihm in einem Verfahren gemäß § 35 AsylG nicht gelingt, ein behauptetes Verwandtschaftsverhältnis durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige gleichwertige und geeignete Bescheinigungsmittel nachzuweisen.
Betreffend die inhaltlichen Anforderungen, die sich aus § 13 Abs. 4 BFA-VG ergeben, führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22.02.2018, Zl. Ra 2017/18/0131 bis 0133-10, aus, dass durch die Bestimmung des § 13 Abs. 4 BFA-VG nicht vom amtswegigen Ermittlungsgrundsatz abgegangen wird, sondern dieser nur zur Anwendung gelangt, wenn es einem Fremden nicht gelingt, ein behauptetes Verwandtschaftsverhältnis durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige gleichwertige Bescheinigungsmittel nachzuweisen und hinsichtlich der Ergebnisse des bisherigen Ermittlungsverfahrens Zweifel bestehen. Daraus folgt, dass die Behörde dem Fremden bestehende, konkrete Zweifel an dem behaupteten Abstammungsverhältnis mitzuteilen hat. Darüber hinaus hat sie ihm auf sein Verlangen eine DNA-Analyse gemäß § 13 Abs. 4 BFA-VG zu ermöglichen, wobei der Fremde über diese Möglichkeit zu belehren ist. Diese Ermöglichung kann im Lichte der Gesetzesmaterialien nur so verstanden werden, dass sie eine organisatorische Hilfestellung der Behörde bei der Durchführung der DNA-Analyse mitumfasst, jedoch nicht die Übernahme der Kosten. Daher sind einem Fremden im Rahmen dieser organisatorischen Hilfestellung die praktischen Modalitäten - etwa wo er sich zu welchen Zeiten zur DNA-Analyse einzufinden hat und welche Kosten damit verbunden sind - bekannt zu geben. Bevor ein Antrag gemäß § 35 AsylG aufgrund von Zweifeln an einem Verwandtschaftsverhältnis abgewiesen wird , hat jedenfalls gemäß § 13 Abs. 4 BFA-VG eine organisatorische Hilfestellung zur Beibringung des DNA-Nachweises und die entsprechende Belehrung zu erfolgen.
Im vorliegenden Fall erklärte der Beschwerdeführer bereits in der Stellungnahme vom 01.03.2018 seine Bereitschaft (und auch die der Bezugsperson), allfällige Zweifel an seinem Verwandtschaftsverhältnis durch die Vornahme eines DNA-Tests zu zerstreuen, und ersuchte um eine behördliche organisatorische Hilfestellung im oben wiedergegebenen Sinn, sohin um eine Anleitung betreffend die Modalitäten der Durchführung einer DNA-Analyse.
Die Behörde hat es sohin verabsäumt, den Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 4 BFA-VG zu belehren und hat, ohne DNA-Analysen durchzuführen und deren Ergebnisse abzuwarten, eine Entscheidung getroffen.
2.2.3. Vor diesem Hintergrund wird die Behörde im fortgesetzten Verfahren unter Beiziehung eines Sachverständigen zunächst zu klären haben, ob die vom Beschwerdeführer zum Nachweis seiner Identität vorgelegten Urkunden echt und richtig sind. Insbesondere wird sich die Behörde mit der Frage auseinanderzusetzen haben, ob der Beschwerdeführer über ein gültiges Reisedokument verfügt.
Ferner wird die Behörde zur Klärung der Angehörigeneigenschaft eine entsprechende Belehrung gemäß § 13 Abs. 4 BFA-VG durchzuführen und dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Vornahme einer derartigen DNA-Analyse zu geben haben, zumal die Belehrung über und die Hilfestellung bei der Vornahme einer DNA-Analyse keinen unverhältnismäßigen Aufwand darstellen; im Gegenzug jedoch die DNA-Analysen eine Gewissheit über das Vorliegen- bzw. Nichtvorliegen der Angehörigeneigenschaft bieten. Da die Kosten der DNA-Analyse auch nur dann zu erstatten sind, wenn das behauptete Verwandtschaftsverhältnis durch das auf der DNA-Analyse beruhende Gutachten festgestellt wurde, stellt die Vornahme von DNA-Analysen auch kein unverhältnismäßiges Kostenrisiko dar.
Das Bundesamt ist gegebenenfalls gehalten, die Einhaltung des Art. 8 EMRK zu prüfen. Zudem wird vor Bescheiderlassung, sofern die Entscheidung dem Standpunkt des Beschwerdeführers nicht vollinhaltlich Rechnung tragen sollte, Gelegenheit zur Abgabe einer abschließenden Stellungnahme zu allen entscheidungsrelevanten Fragen einzuräumen sein, dies unter der Prämisse, dass die vorgehaltenen Bedenken auch für den Beschwerdeführer näher ausgeführt und inhaltlich ausreichend nachvollziehbar begründet werden.
2.3. Das Bundesverwaltungsgericht weist noch auf die Spezifika und die verfahrensrechtlichen Einschränkungen (siehe § 11a FPG) des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens hin, weshalb die notwendigen Ermittlungen zur Angehörigeneigenschaft des minderjährigen Beschwerdeführers zur Bezugsperson in Österreich bzw. (gegebenenfalls) zur Art. 8 EMRK-Relevanz nicht im Interesse der Effizienz, Raschheit und Kostenersparnis durch dieses selbst durchgeführt werden können.
2.4. Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieser Beschluss ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.
3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W235.2196213.1.00Zuletzt aktualisiert am
10.03.2020