Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde des M Z in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 10. Dezember 1997, Zl. UVS-04/G/20/00459/97, betreffend Übertretung der GewO 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 10. Dezember 1997 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, als gewerberechtlicher Geschäftsführer einer näher bezeichneten Gesellschaft m.b.H. dafür verantwortlich zu sein, daß diese Gesellschaft am 18. Oktober 1996 um 5.00 Uhr ihren Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart eines Restaurants an einem näher bezeichneten Standort offengehalten und somit die gesetzliche Sperrstunde, die mit 2.00 Uhr festgesetzt sei, überschritten habe. Es seien anläßlich einer Kontrolle durch die Polizei um 5.00 Uhr noch ca. 40 Gäste angetroffen worden, welche Getränke konsumierten und durch den offenen Eingang das Lokal hätten betreten und verlassen können. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 368 Z. 9 in Verbindung mit § 152 Abs. 1 und 3 GewO 1994 im Zusammenhalt mit § 1 Abs. 1 lit. c der Verordnung des Landeshauptmannes für Wien, LGBl. Nr. 15/1982 (Sperrstundenverordnung), begangen, weshalb über ihn gemäß § 368 Z. 9 GewO 1994 eine Geldstrafe in der Höhe von S 11.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe fünf Tage) verhängt wurde. In der Begründung dieses Bescheides werden nach Darstellung des Inhaltes des erstbehördlichen Straferkenntnisses und der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung die Aussagen des Beschwerdeführers und der vernommenen Zeugen vor der belangten Behörde wörtlich wiedergegeben. Nach der daran anschließenden Wiedergabe des Inhaltes der maßgeblichen Rechtsnormen legte der Unabhängige Verwaltungssenat die für seine Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen dar und führte sodann aus, es sei unter Berücksichtigung sämtlicher Aussagen davon auszugehen, daß das Lokal bei einem Eingang zum Tatzeitpunkt jedenfalls noch geöffnet gewesen sei, daß sich dort mehrere Gäste befunden hätten und daß dort Musik gespielt worden sei. Weiters sei davon auszugehen, daß zum Kontrollzeitpunkt Getränke konsumiert worden seien, die von den Gästen auch bezahlt worden seien. Alle diese Umstände sprächen dafür, daß das Lokal zu dem in Rede stehenden Zeitpunkt entgegen den im Spruch genannten Vorschriften noch geöffnet gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und dafür bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt er zunächst vor, dem angefochtenen Bescheid sei nicht zu entnehmen, von welchem konkreten Sachverhalt die belangte Behörde ausgegangen sei. Die bloße wörtliche Wiedergabe aller Ermittlungsergebnisse allein genüge nicht. Aus den Aussagen ergebe sich aber, daß zum fraglichen Zeitpunkt nach der Sperrstunde ausschließlich nur Bedienstete, Mitarbeiter einer Firma, die die Tonanlage abbauten und persönliche Freunde des Beschwerdeführers im Gastlokal anwesend gewesen seien. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bekämpft der Beschwerdeführer die Annahme der belangten Behörde, bei den zur fraglichen Zeit im Gastlokal anwesenden Personen habe es sich um Gäste im Sinne des § 152 Abs. 3 GewO 1994 gehandelt.
Gemäß § 152 Abs. 3 GewO 1994 hat der Gastgewerbetreibende die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbergung dienenden, während des Zeitraumes zwischen den nach Abs. 1 festgelegten Sperr- und Aufsperrstunden geschlossen zu halten. Während dieser Sperrzeit darf er Gästen weder den Zutritt zu diesen Räumen und zu diesen Flächen noch dort ein weiteres Verweilen gestatten und die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt bewirten. Der Gastgewerbetreibende hat die Gäste rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam zu machen; sie haben den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen. In Beherbergungsbetrieben ist die Verabreichung von Speisen und Getränken an Beherbergungsgäste auch während der vorgeschriebenen Sperrzeiten gestattet.
Nach § 368 Z. 9 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit einer Geldstrafe bis zu S 15.000,-- zu bestrafen ist, wer die Bestimmungen des § 152 oder der auf Grund des § 152 erlassenen Verordnungen über Sperrstunden und Aufsperrstunden nicht einhält.
In dem durch seine volle Bestätigung zum Inhalt des angefochtenen Bescheides erhobenen Spruch des erstbehördlichen Straferkenntnisses wird dem Beschwerdeführer von den mehreren in § 152 Abs. 3 GewO 1994 genannten Tatbildern einer Verwaltungsübertretung lediglich das Offenhalten des Gastgewerbebetriebes zur Last gelegt, und zwar dadurch, daß durch einen konkret bezeichneten offenen Eingang das Lokal habe betreten und verlassen werden können. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist daher allein ausschlaggebend, ob dieser Tatvorwurf zu Recht erhoben wurde. Hingegen ist es im gegebenen Zusammenhang ohne jede Bedeutung, ob der Beschwerdeführer darüber hinaus auch Gästen den Zutritt zu den Räumen des Gastgewerbebetriebes und dort ein weiteres Verweilen gestattet und sie dort bewirtet hat.
Der vom Beschwerdeführer in der Beschwerde erhobene Vorwurf, die belangte Behörde habe es unterlassen, im angefochtenen Bescheid offenzulegen, von welchen Tatsachenfeststellungen sie bei ihrer Entscheidung ausgegangen ist, erweist sich zwar, wie sich aus der eingangs gegebenen Darstellung des Inhaltes des angefochtenen Bescheides ergibt, als aktenwidrig. Der Verwaltungsgerichtshof vermag aber den Schluß der belangten Behörde, weil sich zum fraglichen Zeitpunkt noch mehrere Gäste im Lokal aufgehalten und Getränke konsumiert hätten, die von ihnen auch bezahlt worden seien, sei anzunehmen, das Lokal sei zum Tatzeitpunkt noch geöffnet gewesen, nicht als zwingend zu erkennen. Es ist nämlich durchaus nicht ausgeschlossen und stünde auch nicht mit den Erfahrungen des täglichen Lebens im Widerspruch, daß trotz Anwesenheit von konsumierenden und bezahlenden Gästen ein weiterer Zutritt von Gästen zur Betriebsanlage nicht mehr möglich gewesen und damit das Lokal nicht geöffnet war. Da überdies keiner der im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Aussagen der von der belangten Behörde vernommenen Personen ein Anhaltspunkt zur Lösung dieser hier allein entscheidungswesentlichen Sachverhaltsfrage entnommen werden kann, erweist sich der angefochtene Bescheid als mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998040045.X00Im RIS seit
20.11.2000