TE Bvwg Beschluss 2020/1/23 W239 2225614-1

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Veröffentlicht am 23.01.2020
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Entscheidungsdatum

23.01.2020

Norm

AsylG 2005 §35 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

W239 2225614-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Theresa Baumann nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Nairobi vom 12.09.2019, Zl. XXXX , aufgrund des Vorlageantrages von XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Nairobi vom 03.07.2019 beschlossen:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, der

bekämpfte Bescheid und die Beschwerdevorentscheidung werden behoben und die Angelegenheit wird zur Erlassung einer neuen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine somalische Staatsangehörige, stellte am 19.04.2018 per E-Mail und am 20.04.2018 persönlich bei der Österreichischen Botschaft Nairobi (in der Folge: ÖB Nairobi) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005.

Als Bezugsperson wurde der Ehegatte der Beschwerdeführerin XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, genannt, dem mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.01.2018 der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde.

Vorgelegt wurden folgende Dokumente:

Die Beschwerdeführerin betreffend:

-

Geburtsurkunde, ausgestellt am 21.02.2018 (vgl. "Marital Status: Married")

-

Heiratsurkunde im Original (in somalischer Sprache)

-

Heiratsurkunde, englische Übersetzung

-

Somalischer Reisepass samt "Single Journey Visa Republic of Kenya"

-

Vollmachterteilung vom 15.03.2018

Die Bezugsperson betreffend:

-

Konventionsreisepass

-

Niederschrift der mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht vom 22.01.2018 inkl. mündliche verkündetem Erkenntnis, mit dem der Bezugsperson der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde

-

Österreichische Meldebestätigung

-

Entgeltabrechnung für Februar 2018 und März 2018

-

Abrechnungsbeleg Jänner bis März 2018

-

E-card

-

Mietwohnungsbestätigung vom 14.03.2018

Mit Verbesserungsauftrag, übernommen am 15.05.2018, wurde der Beschwerdeführerin aufgetragen, die von ihr vorlegten Unterlagen (Heiratsurkunde) unter Anschluss einer Übersetzung in die deutsche oder englische Sprache innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung wieder vorzulegen.

Am 30.10.2018 wurde die Beschwerdeführerin bei der ÖB Nairobi einer informellen Befragung unterzogen.

Per E-Mail vom 30.10.2018 leitete die ÖB Nairobi die Befragung der Beschwerdeführerin sowie eine Kopie der somalischen Original-Heiratsurkunde dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (kurz: BFA) weiter.

2. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 23.11.2018 führte das BFA aus, dass die Gewährung des Status einer Asylberechtigten oder einer subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da es bei der Gegenüberstellung der Angaben der Bezugsperson und der Angaben der Beschwerdeführerin zu massiven Widersprüchen in Bezug auf die behauptete Eheschließung bzw. das Familienleben gekommen sei. Weiters sei aufgrund der vorhandenen Widersprüche und mangels relevanter und unbedenklicher Beweismittel keineswegs vom Nachweis des Familienverhältnisses im Sinne eines vollen Beweises auszugehen. Näheres dazu ergebe sich aus der beiliegenden Stellungnahem des BFA vom selben Tag.

Mit Schreiben vom 26.11.2018 wurde der Beschwerdeführerin die Möglichkeit gegeben, dazu eine Stellungnahme abzugeben (Parteiengehör).

3. Mit Stellungnahme vom 03.12.2018, eingelangt bei der ÖB Nairobi am 04.12.2018, brachte die Beschwerdeführerin Folgendes vor:

Es sei in der Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA ausgeführt worden, dass die Beschwerdeführerin das Original der Heiratsurkunde erst zu einem viel späteren Zeitpunkt des Verfahrens in Vorlage gebracht habe. Das BFA gehe daher davon aus, dass die Beschwerdeführerin die somalische Heiratsurkunde erst im Nachhinein ausstellen habe lassen, und zwar als sie beauftragt worden sei, diese abzugeben, und zu Beginn des Verfahrens eine gefälschte, englische Übersetzung vorgelegt habe.

Dies entspreche allerdings nicht den Tatsachen. Die Heiratsurkunde sei in Kopie bereits zu Beginn des Verfahrens vorgelegt worden und zwar im Zuge der Antragstellung per E-Mail am 19.04.2018. Die Kopie der Heiratsurkunde sei somit bereits im E-Mail übermittelt worden. Die Beschwerdeführerin sei dann bei der persönlichen Vorsprache im Zusammenhang mit der Einbringung des Antrages aufgefordert worden, eine englische Übersetzung der somalischen Heiratsurkunde vorzulegen. Die Beschwerdeführerin habe daraufhin die somalische Heiratsurkunde nach Somalia geschickt. Dort sei sie auf Englisch übersetzt worden. Die Beschwerdeführerin habe also jedenfalls zuerst die somalische Heiratsurkunde vorgelegt.

Bezüglich der angeblichen Widersprüche in den Aussagen betreffend den Aufenthalt und die Flucht aus dem Haus, wolle die Beschwerdeführerin vorbringen, sie habe nie gesagt, dass ihr Mann durch ein Fenster aus dem Haus geflohen sei. Die Bezugsperson wolle betonen, dass sie bei der Einvernahme beim BFA am 01.12.2015 sehr wohl auch von der Familie der Frau als Anwesende bei der Hochzeit gesprochen habe. Selbst wenn das BFA davon spreche, dass der damals herangezogene Dolmetscher ein hochqualifizierter Dolmetscher gewesen sei, sei es nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen, dass es zu Missverständnissen bei der Übersetzung gekommen sei. Es sei die schwierige Situation der Bezugsperson zu berücksichtigen, die sich nach der Flucht vor asylrelevanter Verfolgung in der Heimat plötzlich in einer Situation befunden habe, in der sie von fremden Personen zu den Fluchtgründen befragt worden und auch mit rechtliche Begriffen konfrontiert worden sei, die ihr nicht geläufig gewesen seien.

4. Die Stellungnahme vom 03.12.2018 wurde dem BFA erst am 02.07.2019 übermittelt; das BFA teilte der ÖB Nairobi im Schreiben vom selben Tag (02.07.2019) mit, dass die ursprüngliche Prognose aufrechterhalten werde, da die bestehenden, gravierenden Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten Familienverhältnisses durch die Stellungnahme nicht ausgeräumt worden seien. Auch die bei der Gegenüberstellung der Angaben der Bezugsperson sowie der Beschwerdeführerin entstandenen massiven Widersprüche seien zum Teil nicht aufgeklärt worden.

Eine nähere Begründung dieser Einschätzung findet sich in dem Schreiben des BFA nicht.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 03.07.2019 wies die ÖB Nairobi den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 ab.

6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 31.07.2019, in der zunächst der Sachverhalt dargestellt und anschließend zusammenfasst Folgendes ausgeführt wurde:

Die ÖB Nairobi habe in ihrem Bescheid ausgeführt, dass die Stellungnahme an das BFA weitergeleitet worden sei und das BFA nach Prüfung mitgeteilt habe, dass nicht unter Beweis gestellt werden habe können, dass das Stattgeben eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten entgegen der ersten Mitteilung wahrscheinlich sei. Dem Bescheid und der Mitteilung des BFA sei allerdings nicht zu entnehmen, ob sich das BFA mit den in der Stellungnahme von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Argumenten befasst habe bzw. inwieweit nunmehr eine Abwägung nach Gründen des Art. 8 EMRK erfolgt sei, die in der (ersten) Wahrscheinlichkeitsprognose fehle. Das BFA gehe auf die Ausführungen in der Stellungnahme mit keinem Wort ein. Das BFA teile lediglich mit, dass die bestehenden Zweifel am Bestehen des behaupteten Familienverhältnisses nicht ausgeräumt werden hätten können und halte fest, dass die laut Ansicht des BFA bestehenden widersprüchlichen Aussagen der Bezugsperson und der Beschwerdeführerin zum größten Teil nicht aufgeklärt worden seien. Der Mitteilung des BFA lasse sich allerdings nicht entnehmen, welche widersprüchlichen Angaben laut Ansicht des BFA aufgeklärt worden seien und welche nicht. Zudem sei das BFA nicht auf das in der Stellungnahme vom 03.12.2018 erstattete Vorbringen eingegangen, was die Vorlage der Heiratsurkunde anbelange.

Das Verfahren sei daher jedenfalls mangelhaft, da das Recht auf Parteiengehör verletzt worden sei und das BFA offensichtlich die Stellungnahme vom 03.12.2018 nicht berücksichtigt habe. Auch bezüglich der angegebenen Widersprüche in der Einvernahme der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson werde auf die Stellungnahme verwiesen und abermals ausgeführt, dass die Bezugsperson bei der Einvernahme vor dem BFA am 01.12.2015 angegeben habe, dass auch Familienangehörige der Frau bei der Hochzeit dabei gewesen seien.

Die ÖB Nairobi hätte sich jedenfalls mit den in der Stellungnahme gemachten Ausführungen, was den Zeitpunkt der Vorlage der somalischen Heiratsurkunde sowie den Ausführungen zu den angeblichen widersprüchlichen Angaben der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson, auseinandersetzen müssen, andernfalls wäre die Gewährung eines Parteiengehörs absolut sinnlos.

Weiters werde auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verwiesen. Dieser habe in seiner jüngeren Rechtsprechung bereits wiederholt gefordert, im Visaverfahren nach § 35 AsylG 2005 auch die Einhaltung des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen und sicherzustellen (vgl. VfGH 06.03.2014, V 369/2013; VfGH 23.11.2015, E 1510-1511/2015-15). Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fordere eine konkrete und individuelle Prüfung nach Art. 8 EMRK. Diese Prüfung sei mit den Beschwerdeführern zu erörtern. Eine allfällige Abweisung des Antrages sei entsprechend zu begründen.

Eine neuerliche Stellungnahme des BFA sei aus nicht nachvollziehbaren Gründen unterblieben weder aus der Mitteilung des BFA an die ÖB Nairobi noch aus dem angefochtenen Bescheid gehe hervor, dass eine Abwägung nach den Gesichtspunkten des Art. 8 EMRK vorgenommen worden sei.

7. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 12.09.2019 wies die ÖB Nairobi die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG ab.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des BFA hinsichtlich der Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden seien. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des BFA durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht (vgl. VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152).

Daran, dass die Vertretungsbehörden an die Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA gebunden seien und damit keinen eigenen Ermessensspielraum hätten, habe der Verwaltungsgerichtshof erst jüngst im Erkenntnis vom 30.06.2016, Ra 2015/21/0068, festgehalten. Danach unterliege die Wahrscheinlichkeitsbeurteilung des BFA im Rahmen des § 27 VwGVG einer Überprüfung nur durch das Bundesverwaltungsgericht, wenn gegen einen Bescheid nach § 35 AsylG 2005 Beschwerde erhoben werde.

Auch nach dem Beschwerdevorbringen sei unstrittig, dass die Beschwerdeführerin einen Antrag nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt habe, und, dass eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA ergangen sei. Auch sei die Stellungnahme der Beschwerdeführerin ordnungsgemäß dem BFA zur neuerlichen Beurteilung der Prognoseentscheidung vorgelegt und erst in der Folge bescheidmäßig abgesprochen worden.

Als allein tragender Grund für die Abweisung des von der Beschwerdeführerin gestellten Antrages komme somit (nur) in Betracht, dass nach der Mitteilung des BFA die Erfolgsaussichten eines Antrages der Beschwerdeführerin auf Gewährung desselben Schutzes (wie der Bezugsperson) als nicht wahrscheinlich einzustufen sei. Darauf sei im angefochtenen Bescheid auch ausschließlich Bezug genommen worden.

Jenseits und unabhängig von der oben angeführten Bindungswirkung werde die Ansicht des BFA geteilt, dass eine Familienangehörigeneigenschaft im Sinne des AsylG nicht vorliege, da die Familieneigenschaft der Ehegatten nicht bereits vor der Einreise nach Österreich bestanden habe, nicht zuletzt deshalb, weil die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Dokumente nicht genügen würden, um die Angehörigeneigenschaft nachzuweisen.

Es habe keine Eheschließung zum angegebene Zeitpunkt festgestellt werden können und es sei davon auszugehen, dass die vorgelegten Urkunden lediglich zur Vorlage im Verfahren angeschafft worden seien und diesen daher kein ausreichender Beweiswert zukomme, dass die behauptete Ehe schon vor der Einreise bestanden habe.

So habe die Beschwerdeführerin zwar eine Heiratsurkunde inklusive einer englischen Übersetzung vorgelegt, die auf einer Eheschließung nach islamischen Recht verweise, die beiden Urkunden würden jedoch weder optisch noch inhaltlich einander entsprechen, somit könne eine abschließende Feststellung zur Authentizität nicht getroffen werden. Darüber hinaus sei es, wie in der Stellungnahme des BFA vom 23.11.2018 ausgeführt, bei der Gegenüberstellung der Angaben der Bezugsperson sowie jener der Beschwerdeführerin zu solchen gravierenden Widersprüchen bezüglich der Hochzeit, des gemeinsamen Familienlebens, der Flucht der Bezugsperson etc. gekommen, welche die Glaubwürdigkeit dieser Angaben massiv anzweifeln würden. Der Beschwerde sei es nicht gelungen, diese Zweifel zu beseitigen.

Da ein Eheverhältnis und damit ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht als gegeben angesehen werden könne, würden auch die Beschwerdeausführungen hinsichtlich einer (behaupteten) mangelnden Auseinandersetzung mit Gesichtspunkten des Art. 8 EMRK ins Leere gehen.

8. Am 25.09.2019 wurde bei der ÖB Nairobi ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.

9. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 19.11.2019, eingelangt am 21.11.2019, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin, eine somalische Staatsangehörige, stellte am 19.04.2018 bei der ÖB Nairobi einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005.

Als Bezugsperson wurde der Ehegatte der Beschwerdeführerin XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, genannt, dem mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.01.2018 der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde.

Festgestellt wird, dass die Beschwerdeführerin und die Bezugsperson am 01.01.2014 in der Stadt XXXX in Somalia eine traditionelle Ehe geschlossen haben, welche in Somalia gültig ist. Die Eheschließung fand somit vor Einreise der Bezugsperson, die im Jänner 2015 ihr Heimatland Somalia verließ, statt. Zum Zeitpunkt der Eheschließung waren die Eheleute beide anwesend; die Beschwerdeführerin war 18 Jahre und die Bezugsperson war 21 Jahre alt. Es liegt auch sonst kein Hinweis auf einen ordre public-Verstoß vor.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen zum Verfahrensgang ergeben sich zweifelsfrei aus dem Akt der ÖB Nairobi sowie aus dem Verwaltungsakt zum Asylverfahren der Bezugsperson und wurden nicht in substantiierter Weise bestritten.

Die positiven Feststellungen zur erfolgten Eheschließung der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson ergeben sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Verfahren und den Angaben der Bezugsperson im Asylverfahren in Zusammenschau mit der vorgelegten somalischen Urkunde.

Zu den Aussagen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson ist Folgendes auszuführen:

Die Bezugsperson gab bereits bei ihrer Erstbefragung am 23.06.2015 an, traditionell und standesamtlich verheiratet zu sein und nannte die Beschwerdeführerin als Ehefrau. Auch zum Alter der Beschwerdeführerin machte die Bezugsperson konkrete und vor allem korrekte Angaben. Bei der Einvernahme am 01.12.2015 erklärte die Bezugsperson abermals, verheiratet zu sein, im Jahr 2014 in XXXX geheiratet zu haben und mit der Ehefrau im telefonischen Kontakt zu stehen. Ebenso konnte die Beschwerdeführerin bei ihrer informellen Befragung vor der ÖB Nairobi am XXXX genaue Daten zu ihrem Ehemann tätigen und nannte korrekt dessen Geburtsdatum und Alter.

Übereinstimmend führten beide aus, dass die Eltern der Bezugsperson bereits verstorben sind, dass sie im Jänner 2014 und zwar am 01.01.2014 in XXXX geheiratet haben, dass die Hochzeit im Beisein einer Vielzahl von Menschen (Beschwerdeführerin: "Ca. 50 Personen", Bezugsperson: "Meine Tante mütterlicherseits, meine Mutter sowie meine Freunde. Ich kann keine Anzahl nennen, aber viele von der Schule und viele vom Fußball.") stattgefunden hat. Auch, dass sie nach der Eheschließung im Haus bei der Mutter der Bezugsperson zusammenlebten, gaben beide übereinstimmend zu Protokoll.

Zudem nannte die Beschwerdeführerin das Geburtsdatum der Bezugsperson, die Namen der Eltern, deren Sterbejahr, alle Namen der acht Geschwister der Bezugsperson und deren Aufenthaltsort. Die Bezugsperson wiederum gab die Volksgruppenzugehörigkeit der Beschwerdeführerin korrekt an. In den hier relevanten Punkten konnten somit keine Unstimmigkeiten bei den Angaben der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson erkannt werden. Und gerade diesen Angaben zum jeweiligen Partner (z.B. Geburtsdatum, Alter, Volksgruppenzugehörigkeit), zu den Familienverhältnissen (z.B. Angaben zu etwaigen Brüdern/Schwagern, Schwestern/Schwägerinnen, Eltern/Schwiegereltern) und zu den Ereignissen im Zusammenhang mit der Eheschließung (z.B. Datum und Ort der Eheschließung, anwesende Personen) kommt im gegenständlichen Verfahren die zentrale Bedeutung zu, zumal es um die Klärung der Frage geht, ob in Somalia eine rechtsgültige Ehe geschlossen wurde.

Den allenfalls aufgetretenen Unstimmigkeiten in Bezug auf Aussagen hinsichtlich der Einrichtung der gemeinsam bewohnten Unterkunft, die das BFA in seiner Stellungnahme vom 23.11.2018 zur Argumentation für die Unglaubwürdigkeit der Beteiligten heranzieht, kann - vor dem Hintergrund, dass die hinsichtlich der Eheschließung relevanten Punkte gleichlautend geschildert wurden - nach Ansicht der erkennenden Richterin nur ein geringes Gewicht zukommen. Beide sprachen im Übrigen von einer Kommode, die als Schminktisch verwendet wurde ("dressing table") und einem Bett. Ob dieser Schminktisch nun gemeinsam mit dem Bett oder gemeinsam mit dem Kleiderkasten angeschafft wurde, ist hier vernachlässigbar. Dasselbe gilt auch für die Frage, ob Sesseln bzw. ein Tisch (permanent) im Raum gestanden seien. Die dazu abgegebene Erklärung der Bezugsperson, wonach der Tisch nicht immer im Zimmer gewesen sei, sondern manchmal auch draußen, wenn beispielsweise Gäste zu Besuch gewesen seien oder Kinder darauf geschrieben hätten, ist für die erkennende Richterin durchaus nachvollziehbar und keineswegs als Schutzbehauptung zu werten, handelt es sich doch bei Tisch und Sesseln um Einrichtungsgegenstände, die ohne großen Aufwand immer dort verwendet werden können, wo man sie eben gerade braucht. Auch der vermeintliche Widerspruch, ob nun die Beschwerdeführerin beim fluchtauslösenden Ereignis in der Wohnung anwesend war oder nicht, konnte von der Bezugsperson aufgeklärt werden.

Im Übrigen ist aus der zweiten Prognoseentscheidung des BFA tatsächlich nicht erkennbar, aus welchen Überlegungen an der ursprünglich negativen Prognose festgehalten wurde; das Fehlen einer nachvollziehbaren Auseinandersetzung mit dem Parteienvorbringen wurde aus Sicht der erkennenden Richterin daher zurecht gerügt.

Zur Urkundenvorlage ist Folgendes anzumerken:

Die Beschwerdeführerin legte im Zuge ihrer Antragstellung ihre somalische Heiratsurkunde und zudem eine englische Übersetzung vor. Es ist dem BFA zwar darin zuzustimmen, dass die englische Übersetzung Abweichungen von der somalischen Originalurkunde aufweist. Wie es zu diesen Abweichungen gekommen ist, bleibt offen. Entgegen der Argumentation des BFA ist allerdings jedenfalls anzumerken, dass erst aufgrund des Verbesserungsauftrages die englische Übersetzung vorgelegt wurde; die somalische Urkunde hingegen wurde bereits bei der Antragstellung eingereicht. Relevant für die Beurteilung der Frage, ob in Somalia eine gültige Ehe zustanden gekommen ist, kann nur die von Beginn an vorgelegte somalische Urkunde sein; umgekehrt ausgedrückt kann eine "fehlerhafte" Übersetzung des somalischen Textes ins Englische nach Ansicht der erkennenden Richterin wohl nicht dazu führen, den ursprünglichen somalischen Text anzuzweifeln. Im somalischen Text sind alle wichtigen Eckpunkte enthalten: Namen und Geburtsdaten der Eheleute, Ort und Datum der Eheschließung, Namen der beiden Zeugen, Name des Scheichs.

Hinsichtlich der vom BFA in der Stellungnahme herangezogenen Länderinformationen zu Somalia wird nicht verkannt, dass sich diesen u. a. entnehmen lässt, dass es in Somalia bis vor wenigen Jahren keine Behörden gegeben hat, die Ausweisdokumente ausstellen konnten. Nachdem in Somalia kein Personenstandsverzeichnis existiert, erfolgt die Ausstellung von Dokumenten allein aufgrund der mündlichen Angaben der antragstellenden Person. Die verlässliche Feststellung von Identitäten erfolgt oft nur durch den Ältestenrat eines Dorfes oder durch Verwandte bzw. Bekannte. Ehen werden vor einem lokalen Kadi-Gericht geschlossen und auch wieder aufgelöst. Die Scharia-Gerichte können Ehe- und Scheidungsurkunden ausstellen, doch gibt es kein zentrales Verzeichnis, das die Akte der Gerichte nachprüfbar macht.

Somit ist es notorisch, dass in Somalia auch Urkunden mit unwahrem Inhalt erworben werden können, doch darf daraus nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass grundsätzlich alle vorgelegten somalischen Dokumente unwahren Inhaltes wären. Wollte man dieser Argumentation folgen, wäre es nämlich von Vorneherein ausgeschlossen, somalische Dokumente als Beweismittel heranzuziehen. Nach Ansicht der erkennenden Richterin sind etwaige Dokumente - vor dem Hintergrund der Länderberichte - vielmehr immer im Zusammenhalt mit dem erstatteten Vorbringen (auch der Bezugsperson in ihrem Asylverfahren) zu sehen. Diesem kommt somit zentrale Bedeutung zu. Dadurch, dass die Beschwerdeführerin und die Bezugsperson hinsichtlich der Eheschließung durchgehend gleichlautende und stringente Angaben machten, ist im konkreten Fall davon auszugehen, dass eine gültige Ehe vorliegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgabe der Beschwerde:

Angesichts der am 19.04.2018 erfolgten Einreiseantragstellung ist die geltende, zuletzt durch BGBl. I Nr. 145/2017 (FrÄG 2017) geänderte und am 01.11.2017 in Kraft getretene Rechtslage maßgeblich; die in der Novelle BGBl. I Nr. 24/2016 normierten begünstigenden Übergangsbestimmungen im AsylG 2005 für Einreiseantragsteller gemäß § 35 AsylG 2005 kommen im Beschwerdefall angesichts des nicht innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten der Novelle mit 01.06.2016 gestellten Einreiseantrags nicht zur Anwendung (vgl. § 75 Abs. 23 und Abs. 24 AsylG 2005).

Der mit "Begriffsbestimmungen" übertitelte § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018, lautet:

"§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

(...)

22. Familienangehöriger: wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits im Herkunftsland bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat;"

Der mit "Familienverfahren im Inland" übertitelte § 34 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017, lautet:

"§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."

§ 35 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018, lautet:

"Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."

§ 11 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018, lautet:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(...)

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

(...)"

§ 11a FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013, lautet:

"Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a. (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."

§ 26 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017, lautet:

"Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

§ 26. Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Familienangehörigen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des BFA) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034, unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, Zl. 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, Zl. 2007/21/0423).

Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen.

Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welche das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).

Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) BFA über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige BFA die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (vgl. BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1 u.a.).

Innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz (FNG), BGBl. I Nr. 87/2012, geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems steht es allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002); im vorliegenden Fall kann nach Ansicht der erkennenden Richterin der Prognose des BFA nicht gefolgt werden und führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu einem anderen Ergebnis:

Im gegenständlichen Fall wurde ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt; als Bezugsperson wurde der Ehegatte der Beschwerdeführerin genannt, dem mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.01.2018 der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde.

§ 35 Abs. 5 AsylG 2005 idgF bestimmt, dass ein Ehegatte eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, als Familienangehöriger im Sinne des Abs. 1 leg. cit. zu betrachten ist, sofern die Ehe bereits vor der Einreise des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten bestanden hat.

Wie oben festgestellt und in der Beweiswürdigung ausführlich dargelegt, konnten die Beschwerdeführerin und die Bezugsperson stringent und glaubwürdig darlegen, dass sie miteinander verheiratet sind und ihre Ehe bereits vor der Einreise der Bezugsperson bestanden hat. Die Beschwerdeführerin ist daher aus rechtlicher Sicht Familienangehörige iSd § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 bzw. § 35 Abs 5 AsylG 2005.

Der gegenständliche Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels wurde am 19.04.2018 eingebracht. Der Bezugsperson wurde der Status des Asylberechtigten am 22.01.2018, somit nach Inkrafttreten des BGBl. I Nr. 24/2016, zuerkannt. Gemäß der Übergangsbestimmung § 75 Abs. 24 AsylG 2005 ist fallbezogen § 35 Abs. 1 AsylG 2005 idgF anzuwenden. Da der Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gestellt wurde, waren die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 nicht zu erfüllen.

Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die vom BFA herangezogenen Gründe für die Erstellung der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose nach Auffassung der erkennenden Richterin nicht vorliegen. Der Einreiseantrag der Beschwerdeführerin ist daher neu zu überprüfen und - sofern weiterhin alle anderen Voraussetzungen vorliegen - der beantragte Einreisetitel zu erteilen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war das Beschwerdeverfahren ohne mündliche Verhandlung durchzuführen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelle
Verhältnisse, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W239.2225614.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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