Entscheidungsdatum
23.01.2020Norm
AuslBG §4 Abs1Spruch
W151 2219699-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Doris Kohl, MCJ als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Mag. Sandra HUBER und den fachkundigen Laienrichter Sascha ERNSZT als Beisitzer über den Vorlageantrag vom 17.05.2019 von XXXX , vertreten durch Dr. Rainer Beck, MMag. art., Rechtsanwalt, Keesgasse 7/pt., 8010 Graz, in Verbindung mit der Beschwerde betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG für den Arbeitnehmer XXXX , geb. XXXX , StA. Kroatien, gegen die Beschwerdevorentscheidung des Arbeitsmarktservice Wien vom 06.05.2019, GZ. XXXX in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin beantragte am 06.12.2018 die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den Arbeitnehmer XXXX , geb. XXXX (im Folgenden DN) beim Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz (im Folgenden belangte Behörde oder AMS) für die berufliche Tätigkeit eines Musiklehrers mit einer Entlohnung von brutto € 350,-- monatlich im Ausmaß von 5 Wochenstunden.
2. Mit Parteiengehör vom 10.01.2019 wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass zur Bearbeitung weitere Angaben bzw. Unterlagen erforderlich seien.
3. Mit Schreiben vom 14.01.2019 übermittelte der DN einen Werkvertrag mit der Beschwerdeführerin vom 28.04.2016, einen Werkvertrag mit dem XXXX vom 27.06.2013 und einen A1-Vertrag.
4. Mit Parteiengehör vom 15.01.2019 wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass das Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass sie mit dem DN im Jahr 2016 einen Werkvertrag abgeschlossen habe. Da sich der AN in keinem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis befinde, sei die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht möglich.
5. Mit Bescheid vom 07.02.2019 wies die belangte Behörde den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den DN gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ab und begründete dies damit, dass das Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass zwischen Beschwerdeführerin und DN seit 2016 ein Werkvertrag auf selbstständiger Basis bestehe. Die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung sei daher nicht möglich.
6. Dagegen erhob die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, die Tätigkeit, die der DN aufgrund des Werkvertrages vom 28.04.2016 für die Beschwerdeführerin ausgeführt habe, sei eine völlig andere Tätigkeit als jene, für welche nunmehr die Beschäftigungsbewilligung beantragt worden sei. Die Beschäftigung habe somit nicht bereits begonnen iSd. § 4 Abs. 1 Z 4 AuslBG, da es sich zuvor um eine völlig andere Tätigkeit gehandelt habe.
7. Mit Schreiben vom 18.04.2019 forderte die Behörde die Beschwerdeführerin auf, zur Frage, ob die beabsichtigte Tätigkeit des DN selbstständiger oder unselbständiger Natur sein solle, ergänzende Angaben zu machen.
8. Mit Schreiben vom 30.04.2019 nahm die Beschwerdeführerin hierzu Stellung. Sie gab an, die Tätigkeit würde auf Basis eines Werkvertrages stattfinden. Der DN werde bei der Gebietskrankenkasse zur Sozialversicherung angemeldet werden, die Leistungen werden mittels Honorarnoten abgerechnet.
9. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 06.05.2019 wies das AMS den Antrag neuerlich ab. Begründend wurde ausgeführt, es sei aufgrund der vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich, was bei den Tätigkeiten aufgrund des Werkvertrages vom 30.04.2019 im Grunde anders sein solle, als bei den Tätigkeiten aufgrund des Werkvertrages vom 28.04.2016. Es sei davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht vorliegen.
10. Mit Schreiben vom 17.05.2019 beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage der Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht, welches in Folge ein Ermittlungsverfahren durchführte.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin stellte am 06.12.2018 beim AMS einen Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den DN, einem kroatischen Staatsangehörigen, für die berufliche Tätigkeit als Musiklehrer mit einer Entlohnung von brutto EUR 350,-- monatlich im Ausmaß von 5 Wochenstunden.
Dem DN wird folgender Tätigkeitsbereich übertragen: Unterricht (Komposition, Instrumentation, Tonsatz, Formenlehre/Strukturanalyse).
Der DN war bereits aufgrund eines Werkvertrages vom 28.04.2016 für die Beschwerdeführerin als "Kompositionsdozent" mit einer Entlohnung von brutto EUR 350,-- monatlich im Ausmaß von 5 Wochenstunden tätig. Die Entlohnung des DN erfolgt mittels Honorarnoten.
Es besteht ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen der bislang ausgeübten und der nunmehr beantragten Beschäftigung des DN. Die beantragte Beschäftigung stellt eine Fortsetzung des bereits bestehenden werkvertraglichen Beschäftigungsverhältnisses dar. Die Beschwerdeführerin hatte daher zum Antragszeitpunkt den beantragten DN bereits beschäftigt und die Beschäftigung hatte daher schon begonnen.
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt zur Antragstellung und zur kroatischen Staatsangehörigkeit des DN ergibt sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsverfahrensaktes des AMS zum gegenständlichen Verfahren. Die Feststellungen zur beabsichtigten Beschäftigung ergeben sich ferner aus dem vorliegenden Werkvertrag vom 30.04.2019.
Dass der DN als Kompositionsdozent für die Beschwerdeführerin im festgestellten Ausmaß beschäftigt war, ergibt sich aus dem aktenkundigen Werkvertrag vom 28.04.2016 in Zusammenschau mit den für den Zeitraum von September 2018 bis Jänner 2019 vorgelegten Honorarnoten und blieb im Verfahren unbestritten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I. Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice, die in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ergangen sind, das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) lauten i.d.g.F.:
§ 4:
"Voraussetzungen
§ 4. (1) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen und
1. bis 3. ...
4. die Beschäftigung, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nicht bereits begonnen hat,
..."
In der Sache folgt daraus:
Nach Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 21.10.1998, 96/09/0347) ist der Tatbestand des § 4 Abs 3 Z 11 AuslBG (Anm: § 4 Abs. 1 Z 4 AuslBG idgF) dann erfüllt, wenn eine nach dem AuslBG bewilligungspflichtige Beschäftigung aufgenommen wurde, die mit der beantragten Beschäftigung im inhaltlichen Zusammenhang steht. Ein solcher inhaltlicher Zusammenhang zwischen den Beschäftigungen besteht dann, wenn die Tätigkeiten, zu denen das Beschäftigungsverhältnis den Arbeitnehmer verpflichtet, gleichartig sind. Eine derartige, zu irgendeinem Zeitpunkt vor der Entscheidung über die Beschäftigungsbewilligung für die beantragte Beschäftigung beim antragstellenden Arbeitgeber begonnene Beschäftigung steht der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung nur dann entgegen, wenn sie im Zeitpunkt der (letztinstanzlichen) behördlichen Entscheidung noch nicht "beendet" ist. Die ausgeübte Beschäftigung ist erst dann als "beendet" anzusehen, wenn mit der beantragten Beschäftigung kein Fortsetzungszusammenhang mehr besteht (Hinweis E 18.2.1988, 87/09/0267).
Unstrittig ist, dass der DN aufgrund eines Werkvertrages vom 28.04.2016 bis laufend für die Beschwerdeführerin mit einer Entlohnung von brutto EUR 350,-- monatlich auf Honorarnotenbasis im Ausmaß von 5 Wochenstunden als Kompositionsdozent unterrichtet hat. In der nunmehr beantragten Beschäftigung des DN, soll dieser auf Basis eines Werkvertrages für die berufliche Tätigkeit als Musiklehrer mit einer Entlohnung von brutto EUR 350,-- monatlich im Ausmaß von 5 Wochenstunden tätig sein. Laut vorgelegtem Werkvertrag vom 30.04.2019 soll der DN neben dem Fach Komposition weiters in den Fächern Instrumentation, Tonsatz und Formenlehre/Strukturanalyse unterrichten. Die Entlohnung soll mittels Honorarnoten abgerechnet werden.
Es ist evident, dass die wesentlichen Merkmale des beabsichtigten Beschäftigungsverhältnisses (Art des Vertragsverhältnisses, Unterrichtstätigkeit, Höhe der Bruttoentlohnung, Abrechnung mittels Honorarnoten, Stundenanzahl) exakt jenen des bislang Bestehenden entspricht. Für das erkennende Gericht steht vor diesem Hintergrund fest, dass die bislang ausgeübte und die nunmehr beantragte Beschäftigung des DN für die Beschwerdeführerin - auch unter Berücksichtigung der beabsichtigten Ausweitung der Unterrichtsinhalte - im Wesentlichen gleichartig sind und ein inhaltlicher Zusammenhang im Sinne der angeführten Judikatur gegeben ist. Insofern ist die Rechtsansicht der belangten Behörde nicht zu beanstanden, da die nunmehr beantragte Beschäftigung lediglich eine Fortsetzung des bereits seit 28.04.2016 bestehenden werkvertraglichen Beschäftigungsverhältnisses darstellt.
Da somit der Tatbestand des § 4 Abs. 1 Z 4 AuslBG erfüllt ist, war keine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 3 1. Satz VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.
Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG nicht für erforderlich, da der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erschien.
Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art 6. Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 2010/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C83 vom 30.03.2010 S. 389, entgegen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41), unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. z.B. die VwGH-Erkenntnisse vom 29. Juni 2005, Zl. 2004/08/0044, und vom 19. November 2004, Zl. 2000/02/0269). Des Weiteren hat der EGMR in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies in diesem Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte (vgl. das VwGH-Erkenntnis vom 28. September 2010, 2009/05/0160).
Solche Umstände, die ein Absehen von einer mündlichen Verhandlung rechtfertigen, liegen auch im gegenständlichen Fall vor, da keine Tatsachenfragen aufgeworfen wurden, die eine mündliche Verhandlung erforderlich gemacht hätten.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Beschäftigungsbewilligung, Fortsetzung, WerkvertragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W151.2219699.1.00Zuletzt aktualisiert am
10.03.2020