Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde der G in G, vertreten durch Dr. Kurt Bielau und Dr. Helga Gaster, Rechtsanwälte in Graz, Neutorgasse 50/2, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 20. September 1995, Zl. 112.561/43-III/14/95, betreffend Schadenersatz gemäß § 15 des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin steht als Berufsschulinspektorin (Verwendungsgruppe S2) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
Am 20. Dezember 1991 bewarb sie sich um die in der Wiener Zeitung vom 10. Dezember 1991 ausgeschriebene Planstelle eines Landesschulinspektors/einer Landesschulinspektorin für berufsbildende Pflichtschulen im Bereich des Landesschulrates für die Steiermark (Verwendungsgruppe S1).
Aufgrund dieser Ausschreibung langten fünf Bewerbungen beim Landesschulrat für die Steiermark ein. Aus diesen Bewerbungen wurde, nachdem im Antrag des Berichters ursprünglich die Beschwerdeführerin an erster Stelle gereiht war, schließlich - mit Stimmenmehrheit - ein Dreiervorschlag erstattet, in dem die Beschwerdeführerin letztlich an zweiter Stelle gereiht wurde.
Auf Vorschlag der belangten Behörde vom 15. März 1993 wurde schließlich mit Entschließung des Bundespräsidenten vom 29. Juli 1994 der Erstgereihte mit Wirksamkeit vom 1. August 1994 ernannt.
Mit Schreiben vom 30. August 1994 an die Gleichbehandlungskommission beantragte die Beschwerdeführerin ein Gutachten darüber, daß sie durch die Übergehung bei der Bestellung des Landesschulinspektors für berufsbildende Pflichtschulen in der Steiermark trotz höherer Qualifikation diskriminiert und durch die Bestellung eines männlichen Landesschulinspektors das Frauenförderungsgebot des § 43 des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes (B-GBG) verletzt worden sei.
Mit 3. April 1995 übermittelte die genannte Kommission folgendes Gutachten:
"1. Die die Auswahlentscheidung des Bundesministers für Unterricht und Kunst vorbereitenden Verwaltungsakte (Ausschreibung, Dreiervorschlag des Kollegiums des Landesschulrates für Steiermark sowie der die Auswahlentscheidung des Bundesministers für Unterricht und Kunst vorbereitende Geschäftsakt der für Lehrerpersonalangelegenheiten zuständigen Sektion III im Bundesministerium für Unterricht und Kunst, nunmehr
Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten) weisen erhebliche Defizite in Richtung Objektivierung und Nachvollziehbarkeit dieser Entscheidung sowie schwere Begründungsmängel auf, welche geeignet sind, die Sachlichkeit des gesamten Auswahlverfahrens einschließlich der getroffenen Auswahlentscheidung in Zweifel zu ziehen. Darüberhinaus sind die für die Auswahlentscheidung erfolgte Beurteilung der Qualifikation von Frau BI Graf
(= Beschwerdeführerin) sowie der Wertungsvergleich bezüglich der persönlichen und fachlichen Eignung zwischen BI Graf (= Beschwerdeführerin) und BI Bößner derart unsachlich, daß eine Diskriminierung im Sinne des § 3 Abs. 2 Z. 5 B-GBG vorliegt.
2. Die vom Bundesminister für Unterricht und Kunst getroffene Auswahlentscheidung konnte das zum Zeitpunkt der Ministerentscheidung noch nicht rechtswirksame Frauenförderungsgebot nach § 43 B-GBG (noch) nicht verletzen.
3. Die Gleichbehandlung von Frauen und Männern sowie die Förderung von Frauen nach dem B-GBG kann beim beruflichen Aufstieg nur im Rahmen eines objektivierten Ausschreibungs- und Besetzungsverfahrens verwirklicht werden. Es wird dringend empfohlen, in Hinkunft bereits anläßlich der Ausschreibung von leitenden Funktionen im Schulbereich durch das Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten verbindliche Auswahlkriterien festzulegen.
4. Im Bereich des Landesschulrates Steiermark sind Frauen als Funktionsträgerinnen bei Beamten des Schulaufsichtsdienstes unterrepräsentiert, weshalb dringend Förderungsmaßnahmen für Frauen geboten erscheinen."
Zur Begründung führte die Gleichbehandlungskommission im wesentlichen folgendes aus:
Werde die Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes behauptet, so sei von der Gleichbehandlungskommission nicht nur die Sachlichkeit der herangezogenen Auswahlkriterien in bezug auf das Geschlecht der Bewerber, sondern auch der Wertungsvergleich zwischen den Bewerberinnen und Bewerbern in die Überprüfung einzubeziehen. Auch die Gesamtwürdigung der Eignung der einzelnen Bewerber sei einer Überprüfung dahingehend zugänglich, ob die herangezogenen Auswahlkriterien den gesetzlichen Erfordernissen entsprächen, ob die über die einzelnen Bewerberinnen und Bewerber gefällten Werturteile auf Tatsachen und nicht bloß auf formelhaften Behauptungen aufbauten, ob der angenommene Sachverhalt für eine verläßliche Urteilsbildung ausreiche, ob die aus ihm gezogenen Schlußfolgerungen mit den Denkgesetzen vereinbar seien und schließlich, ob die zusammenfassende Wertung der einzelnen Bewerber mit dem sonstigen Inhalt ihrer Beurteilung übereinstimme und sich folgerichtig aus der Darstellung der zu den einzelnen Eignungskriterien getroffenen Sachverhaltsdarstellungen bei jedem Beurteilten ergebe.
Die Begründungen für das Maß der Eignung jedes Bewerbers in dem die Auswahlentscheidung des Bundesministers vorbereitenden Geschäftsstück vom 26. März 1993 seien für die Gleichbehandlungskommission nicht nachvollziehbar und im Hinblick auf die Beschwerdeführerin überdies unvollständig. So werde bei der Gegenüberstellung des (ernannten) Bewerbers Berufsschulinspektor B. und der Beschwerdeführerin beim Erstgenannten die Erweiterungsprüfung für Leibesübungen angeführt. Bei der Beschwerdeführerin fänden sich dagegen keinerlei Hinweise auf ihre Erweiterungsprüfungen, die sie im Dezember 1975 für Drucker und im November 1977 für Friseure und Perückenmacher abgelegt habe, obwohl diese Angaben dem Akt inliegenden Schriftstücken entnommen werden könnten.
Vom Bundesministerium für Unterricht und Kunst sei in der schriftlichen Stellungnahme an die Kommission vom 14. November 1994 für die getroffene Entscheidung das Argument angeführt worden, daß für Berufsschulinspektor B. auch die Ablegung der Zusatzprüfung für Leibesübungen gesprochen habe. Dieses Kriterium sei auch vom Vertreter des Bundesministeriums für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten anläßlich der Sitzung der Gleichbehandlungskommission am 18. Jänner 1995 als besonders entscheidungsrelevant angeführt worden. Aufgrund der trotz des aktenkundigen richtigen Sachverhalts (Berufsschulinspektor B: Eine Zusatzprüfung und Beschwerdeführerin: Zwei Zusatzprüfungen) unrichtigen Sachverhaltsdarstellung in der Gegenüberstellung von Berufsschulinspektor B. und der Beschwerdeführerin könne eine konkrete Abwägung zwischen der Qualifikation der beiden Bewerber seitens des Ministeriums gar nicht stattgefunden haben. Die Argumentation bezüglich der Zusatzprüfung der Leibesübungen (Freifach) gehe daher ins Leere.
Weiters falle auf, daß Herr Berufsschulinspektor B. die Lehramtsprüfung für Berufsschulen in der Fachgruppe II erst am 26. November 1991, also kurz vor Veröffentlichung der Ausschreibung der Planstelle in der Wiener Zeitung am 10. Dezember 1991, abgelegt habe. Dem Ernennungserfordernis des Ausschreibungstextes "Lehrbefugnis für Berufsschulen in zwei Fachgruppen" entspreche Berufsschulinspektor B. damit zwar fomal, er habe in der Fachgruppe II aber über keine Berufserfahrung verfügen können. Es sei nicht einsichtig, weshalb diese fehlende Berufserfahrung von Berufsschulinspektor B. im Wertungsvergleich mit der Beschwerdeführerin nicht berücksichtigt worden sei, weshalb also die fehlende Berufserfahrung von Berufsschulinspektor B. nicht gegen die langjährige Berufserfahrung der Beschwerdeführerin in beiden Fachgruppen (Ablegung der Lehramtsprüfung für die Fachgruppen I und II im Jahre 1972) abgewogen worden sei. Dies sei umso unverständlicher, als vom Vertreter des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst in der Sitzung der Gleichbehandlungskommission am 18. Jänner 1995 ausgeführt worden sei, daß für die Ernennung von Berufsschulinspektor B. neben der Ablegung der Erweiterungsprüfung für Leibesübungen dessen längere Erfahrung als Berufsschulinspektor sowie der duale Ausbildungsweg entscheidend gewesen seien, die Berufserfahrung in diesem Fall für die Auswahlentscheidung also doch einen entscheidenden Stellenwert gehabt habe. Gemessen an dem für die zu besetzende Planstelle sachgerechten Anforderungsprofil und den mit der Tätigkeit als Landesschulinspektor verbundenen Aufgaben sei weder die Bedeutung des Arguments der längeren Tätigkeit als Berufsschulinspektor (Berufsschulinspektor B. seit 1. April 1986, Beschwerdeführerin seit 1. Oktober 1990) noch jene des Arguments des dualen Ausbildungsweges nachvollziehbar. Die Argumentation sei für die Entscheidung insofern nicht ausreichend, als dadurch keine tatsächlichen Aussagen über die Qualifikation getroffen würden.
Das gesamte Auswahlverfahren sei derart mangelhaft, daß von einer sachlichen Überprüfung der Qualfikationen und einer nachvollziehbaren Wertung der Bewerber nicht mehr gesprochen werden könne. Somit liege eine benachteiligende Differenzierung ohne sachliche Rechtfertigung vor.
Die seitens des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst vorgebrachten Argumente seien nicht geeignet, die Behauptung der Beschwerdeführerin, aufgrund des Geschlechtes benachteiligt worden zu sein, zu entkräften.
Die zum Nachteil der Beschwerdeführerin getroffene Entscheidung der Besetzung der Funktion des Landesschulinspektors mit Berufsschulinspektor B. stelle daher eine Diskriminierung im Sinne des § 3 Z. 5 B-GBG dar.
Abschließend verwies die Kommission auf die schadensersatzrechtlichen Ansprüche gemäß § 15 B-GBG.
Nach Erhalt dieses Gutachtens begehrte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 12. April 1995 eine bescheidmäßige Erledigung ihrer Bewerbung. Aufgrund dieses Antrags wurde die Bewerbung mit Bescheid vom 16. September 1995 gemäß § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 und Abs. 3 BDG 1979 abgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde (Zl. 96/12/0190) wurde mit Beschluß vom 17. September 1997 zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 6. April 1995 stellte die Beschwerdeführerin unter Vorlage des Gutachtens an die belangte Behörde gemäß § 15 B-GBG einen Antrag auf Schadenersatz in der Höhe der Bezugsdifferenz für fünf Monate zwischen ihrem tatsächlichen Bezug (S2) und jenem, der ihr bei Betrauung mit der Funktion des Landesschulinspektors zugestanden wäre (S1).
Ohne Vornahme irgendwelcher feststellbarer Verfahrensschritte wurde der Antrag mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. September 1995 abgewiesen.
Zur Begründung führte die belangte Behörde nach einer kurzen Darstellung des Sachverhaltes und der Rechtslage aus, daß die Kritik der Gleichbehandlungskommission nur sachliche Mängel bei der Fällung der Auswahlentscheidung betreffe, nicht aber darlege, worin die für die Verletzung des § 3 Z. 5 B-GBG notwendigerweise vorliegende geschlechtspezifische Benachteiligung gesehen werde. Auch durch die Bezugnahme auf die Erläuterungen zu § 2 Abs. 6 B-GBG, wonach es für eine "Ungleichbehandlung von Frauen und Männern ... genügt, daß sich eine gesetzte Maßnahme im Ergebnis so auswirkt, daß vor allem die Angehörigen eines Geschlechtes benachteiligt werden", vermöge eine Verletzung des B-GBG konkret nicht dargelegt zu werden. Hierzu wäre es, so die belangte Behörde, erforderlich gewesen, auch die anlaßfallspezifischen Kriterien aufzuzeigen, die beim gegenständlichen Ernennungsverfahren konkret und pauschal Angehörige eines Geschlechtes benachteiligt hätten. Ein derartiges anspruchbegründendes Auswahlkriterium könne jedoch im Gutachten der Bundesgleichbehandlungskommission nicht angeführt werden und habe tatsächlich auch nicht vorgelegen. Auch sonst sei kein Gesichtspunkt erkennbar, wonach die Beschwerdeführerin aus geschlechtsspezifischen Motiven nicht ernannt worden wäre. Wenn zwar an der Sachlichkeit der Auswahlentscheidung Kritik geübt werde, zur Begründung hiefür jedoch eine geschlechtsspezifische Diskriminierung nicht aufgezeigt werden könne, müsse das gleiche gelten wie in Fällen, in denen alle Bewerber dem gleichen Geschlecht angehörten. Dem Vorwurf der Beschwerdeführerin liege die Behauptung zugrunde, bei der gegenständlichen Auswahlentscheidung ohne sachliche Rechtfertigung benachteiligt worden zu sein. Hingegen werde nicht zugleich der Vorwurf erhoben, die Benachteiligung wäre aus geschlechtsspezifischen Gründen erfolgt. Der Vorwurf begründe daher allenfalls eine Verletzung des § 4 Abs. 3 BDG 1979, nicht jedoch des B-GBG. Demnach fehle es an einer Grundlage für die Zuerkennung des geforderten Schadenersatzes gemäß § 15 B-GBG.
Gegen diesen Bescheid wandte sich die Beschwerdeführerin an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung aber nach Eröffnung des Vorverfahrens mit Beschluß vom 8. März 1996, B 3416/95-7, ablehnte und die Beschwerde - gemeinsam mit den Verwaltungsakten und der Gegenschrift der belangten Behörde - (antragsgemäß) an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.
Nach dem Vorbringen vor dem Verfassungsgerichtshof und nach der für das verwaltungsgerichtliche Verfahren notwendigen Beschwerdergänzung sieht sich die Beschwerdeführerin - abgesehen von der behaupteten Verletzung von verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechten - durch Nichteinhaltung der Bestimmungen der §§ 3 Z. 5, 15, 22 Abs. 1, 23 Abs. 1 Z. 1, 24 Abs. 5 B-GBG und der §§ 37 und 51 AVG verletzt.
Zur Begründung führt die Beschwerdeführerin aus, daß das Gutachten der Gleichbehandlungskommission von der Dienstbehörde zu beachten gewesen wäre. Andernfalls wäre, so die Beschwerdeführerin, das ganze Gesetz eine Farce. Die Nichtbeachtung eines im Gutachten enthaltenen Hinweises auf die schadensersatzrechtlichen Ansprüche gemäß § 15 B-GBG würde bedeuten, daß es gleichgültig sei, was die Kommission sage. Eine derartige Auffassung könne nicht dem Sinn und der Absicht des B-GBG entsprechen, das damit ad absurdum geführt würde.
Ferner rügt die Beschwerdeführerin, daß ihr im Verfahren kein Parteiengehör gewährt worden sei.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, keine Gegenschrift erstattet und keine Anträge gestellt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung nach § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG erwogen:
Nach § 3 Z. 5 des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. Nr. 100/1993, darf niemand beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen und der Zuweisung höher entlohnter Verwendungen (Funktionen) unmittelbar oder mittelbar aufgrund des Geschlechtes diskriminiert werden.
Diskriminierung ist nach § 2 Abs. 6 B-GBG jede benachteiligende Differenzierung, die ohne sachliche Rechtfertigung vorgenommen wird.
Nach § 23 Abs. 1 Z. 1 B-GBG hat die gemäß § 21 B-GBG einzurichtende Gleichbehandlungskommission auf Antrag Gutachten darüber zu erstatten, ob eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes nach den §§ 3 bis 7 B-GBG vorliegt. Ist die Kommission der Auffassung, daß eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, so hat sie gemäß § 23 Abs. 7 B-GBG 1. der zuständigen Leiterin oder dem zuständigen Leiter des Ressorts schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung der Gleichbehandlung zu übermitteln und 2. sie oder ihn aufzufordern, a) die Diskriminierung zu beenden und b) die für die Verletzung des Gebotes verantwortliche Bundesbedienstete oder den für die Verletzung des Gebotes verantwortlichen Bundesbediensteten nach den dienst- oder disziplinarrechtlichen Vorschriften zu verfolgen. Kommt die Leiterin oder der Leiter des Ressorts diesen Vorschlägen nicht innerhalb von zwei Monaten nach, ist gemäß § 23 Abs. 8 B-GBG dieser Umstand in den dem Nationalrat vorzulegenden Bericht über die Tätigkeit der Kommission nach § 53 B-GBG aufzunehmen.
Auf das Verfahren vor der Kommission sind gemäß § 25 Abs. 1 B-GBG die §§ 6 Abs. 1, 7, 13, 14-16 sowie 18-22, 32, 33, 45 und 46 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, anzuwenden. Die §§ 45 und 46 AVG sind gemäß § 25 Abs. 2 B-GBG jedoch mit der Maßgabe anzuwenden, daß eine Antragstellerin oder ein Antragsteller, der eine ihr oder ihm zugefügte Diskriminierung nach den §§ 3 bis 6 behauptet, diesen Umstand lediglich glaubhaft zu machen hat. Die Vertreterin oder der Vertreter des Dienstgebers hat in diesem Fall darzulegen, daß 1. nicht auf das Geschlecht bezogene Gründe für die unterschiedliche Behandlung maßgebend waren oder 2. das Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die Personalmaßnahme war oder ist.
Gemäß § 15 Abs. 1 B-GBG ist der Bund zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn eine Beamtin oder ein Beamter wegen einer vom Bund zu vertretenden Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes nach § 3 Z. 5 nicht mit einer Verwendung (Funktion) betraut worden ist. § 15 Abs. 2 B-GBG begrenzt den Ersatzanspruch der Höhe nach mit der Bezugsdifferenz für fünf Monate zwischen dem Monatsbezug, den die Beamtin oder der Beamte bei erfolgter Betrauung mit der Verwendung (Funktion) erhalten hätte, und dem tatsächlichen Monatsbezug.
Nach § 19 Abs. 4 B-GBG sind das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, BGBl. Nr. 29, und die dazu ergangenen Verordnungen auf die Zuständigkeit der Dienstbehörden zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen durch Beamtinnen oder Beamte anzuwenden.
Da es sich bei dem in Frage stehenden Ersatzanspruch der Beschwerdeführerin jedenfalls nicht um "Angelegenheiten der Geldbezüge (das sind alle in Geld ausgedrückten Leistungen aus dem Dienstverhältnis)" nach § 1 Abs. 1 Z. 24 DVV handelt und auch sonst kein Anknüpfungspunkt in der DVV zu finden ist, daß die Zuständigkeit diesbezüglich an nachgeordnete Dienstbehörden übertragen worden wäre, hat die belangte Behörde zu Recht den angefochtenen Bescheid erlassen.
Den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (vgl. 857 d. Blg NR, XVIII. GP) ist zu entnehmen, daß das B-GBG im "Nachziehverfahren" zu dem für die Privatwirtschaft geltenden Gleichbehandlungsgesetz 1979 und im Hinblick auf den EWR-Vertrag und den EG-Beitritt erlassen wurde, insbesondere weil die EG-Bestimmungen eine Einbeziehung des öffentlichen Sektors in die nationale Gleichbehandlungsgesetzgebung erfordern. In diesem Zusammenhang wird unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH ausgeführt, daß wirksame Sanktionen erforderlich sind, wenn eine Frau bei einer Bewerbung diskriminierend übergangen wurde. "Ein Schadenersatz muß jedenfalls in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen, um eine abschreckende Wirkung zu erzielen".
In den Erläuternden Bemerkungen wird zu § 3 im wesentlichen ausgeführt, diese Bestimmung konstituiere das Gleichbehandlungsgebot und enthalte ein Verbot der unmittelbaren und mittelbaren Diskriminierung. Derjenige, der eine (mittelbar) diskriminierende Maßnahme anwende, müsse nachweisen, daß dieser Unterschied durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei und nichts mit einer auf dem Geschlecht beruhenden Diskriminierung zu tun habe.
Zu den §§ 10 bis 19 "Rechtsfolgen der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes" wird in den Erläuternden Bemerkungen u. a. ausgeführt, mit Rücksicht auf die unterschiedliche Rechtsnatur des öffentlich-rechtlichen und des privatrechtlichen Dienstverhältnisses seien die Rechtsfolgen einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes bei Vertragsbediensteten mit Klage bei den Arbeits- und Sozialgerichten geltend zu machen. Bei öffentlich-rechtlichen Bediensteten werde dagegen ein mit Antrag bei der zuständigen Dienstbehörde geltend zu machender Rechtsanspruch eingeräumt, der von der Dienstbehörde mit Feststellungsbescheid zu konkretisieren sei.
In den Erläuternden Bemerkungen zur Regelung über die Einrichtung der Gleichbehandlungskommission wird betont, daß es sich hiebei um eine besondere Verwaltungseinrichtung des Bundes handle, die nicht zur Erlassung von Bescheiden oder zur Setzung sonstiger hoheitlicher Verwaltungsakte befugt sei. Sie sei vielmehr in der Lehre als eine Art staatliche Verwaltungs- und Schlichtungsstelle (ohne Zwangsbefugnisse) bezeichnet worden, die im Vorfeld der Gerichtsbarkeit die vielschichtigen Probleme sachfremder Ungleichbehandlung aufzudecken habe und durch Vorschläge und Gutachten zur Verwirklichung der Gleichbehandlung beitragen solle. Obwohl es sich um eine Gutachter-Tätigkeit handle, sollten für die Gleichbehandlungskommission des Bundes jene gesetzlichen Verfahrensvorschriften des AVG durch Verweisung anwendbar gemacht werden, die ein rasches und eindeutiges Verfahren sichern.
Das B-GBG ist - soweit nicht im § 54 Abs. 1 B-GBG etwas anderes normiert ist - nach § 54 Abs. 2 B-GBG auf Sachverhalte anzuwenden, die nach dem der Kundmachung im Bundesgesetzblatt folgenden Tag, das ist der 13. Februar 1993, verwirklicht worden sind.
Im Beschwerdefall steht fest, daß das Erreichen der von der Beschwerdeführerin mit ihrer Bewerbung vom 20. Dezember 1991 angestrebten Verwendung für sie einen beruflichen Aufstieg im Sinne des § 3 Z. 5 B-GBG dargestellt hätte. Ungeachtet dessen, daß die Ausschreibung und das Verfahren, das zur Erstattung des Dreiervorschlages führte (- auf dem die Beschwerdeführerin als Zweitgereihte aufscheint -) vor dem Wirksamkeitsbeginn des B-GBG gelegen waren, sind die Erstattung des Ernennungsvorschlags der belangten Behörde (15. März 1993) und die Entschließung des Bundespräsidenten (29. Juli 1994) unter Geltung des durch das B-GBG ausgeformten Gleichbehandlungsgebotes erfolgt (vgl. zu einer ähnlichen Problematik bezüglich der Anwendbarkeit der LDG-Novelle BGBl. Nr. 329/1996 z.B. den hg. Beschluß vom 14. Mai 1998, Zl. 98/12/0061). Es wären daher beide genannten Organwalter verpflichtet gewesen, im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten bei ihrer Entscheidung dem B-GBG entsprechend vorzugehen. Wäre bereits das Ausschreibungs- bzw. das Vorschlagsverfahren als mangelhaft erkannt worden, hätte wohl die Möglichkeit einer Neudurchführung dieser Verfahrensschritte bestanden, insbesondere auch, weil der gesamte Ablauf des Bestellungsverfahrens keine besondere Dringlichkeit der Erledigung dieser Angelegenheit erkennen läßt.
Voraussetzung für den von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Schadenersatzanspruch ist nach § 15 B-GBG, daß die Beschwerdeführerin wegen einer vom Bund zu vertretenden Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes nach § 3 Z. 5 B-GBG nicht mit der angestrebten Funktion betraut worden ist.
Die Beschwerdeführerin meint im wesentlichen, die Behörde sei an die mit dem Gutachten der Gleichbehandlungskommission getroffene Feststellung des Vorliegens einer Diskriminierung nach § 3 Z. 5 B-GBG gebunden. Dementgegen vertritt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides im wesentlichen die Auffassung, ein Anspruch der Beschwerdeführerin auf Schadenersatz nach dem B-GBG sei schon deshalb nicht gegeben, weil dem Gutachten der Gleichbehandlungskommission nicht zu entnehmen sei, daß die Diskriminierung nach § 3 Z. 5 B-GBG geschlechtsspezifische Gründe gehabt habe.
Beiden Ansichten kann der Verwaltungsgerichtshof auf der Grundlage des B-GBG so nicht folgen:
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin normiert das B-GBG für das Schadenersatzverfahren keine Bindungswirkung an das Gutachten der Gleichbehandlungskommission. § 23 Abs. 7 B-GBG knüpft vielmehr an eine von der Kommission festgestellte Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes nur die Verpflichtung der Kommission, die Leiterin/den Leiter des betreffenden Ressorts zu bestimmten Maßnahmen aufzufordern, wobei gemäß § 23 Abs. 8 leg. cit. eine Nichtbefolgung der Vorschläge der Kommission dem Nationalrat im Wege des Tätigkeitsberichtes der Kommission mitzuteilen ist.
Was den Schadenersatzanspruch gemäß § 15 B-GBG betrifft, so besteht dieser unabhängig vom Gutachten der Kommission; Tatbestandsvoraussetzung ist, daß eine vom Bund zu vertretende Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes nach § 3 Z. 5 B-GBG vorliegt und in der im B-GBG vorgesehenen Art und Weise geltend gemacht wird.
Zu klären, ob diese Voraussetzungen gegeben sind oder nicht, ist demnach Aufgabe des von der Behörde durchzuführenden Verwaltungsverfahrens.
Zweck des Ermittlungsverfahrens ist es nach § 37 AVG, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Im Rahmen der so gegebenen Ermittlungspflicht der Behörde und der Mitwirkungspflicht der Beschwerdeführerin ist auf die Schwierigkeiten der Beschwerdeführerin bei der Darlegung der Motive für die Entscheidungsfindung, die sich im allgemeinen nicht in einer nach außen in Erscheinung tretenden Weise dokumentieren, Bedacht zu nehmen. In diesem Sinne wird beide Parteien des Verfahrens die Verpflichtung treffen, die jeweils nur ihnen zugänglichen, für die Entscheidung wesentlichen Überlegungen nachvollziehbar darzulegen. Die Beschwerdeführerin hat die für ihre Annahme sprechenden Überlegungen einer geschlechtsspezifisch bedingten Benachteiligung offenzulegen, wobei sich dies möglicherweise dann nur auf die Behauptung beschränkten wird, wenn für die Personalentscheidung kein entsprechendes Anforderungsprofil festgelegt wurde und keine Kenntnisse der Beschwerdeführerin über die konkrete Qualifikation der anderen Bewerber gegeben sind. Die für die Entscheidung maßgeblichen Organwalter trifft dann die Verpflichtung, die Motive der von ihnen inhaltlich (mit)bestimmten Personalmaßnahme darzustellen. Die Entscheidung der Dienstbehörde hat - unter besonderer Beachtung einer möglichen Befangenheit von Organwaltern und der gegebenen Verpflichtung zur amtswegigen Wahrheitserforschung - nach ausreichenden Erörterungen in der Sache selbst zu ergehen.
Im Beschwerdefall erfüllt das auf die Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes nach § 3 Z. 5 B-GBG gestützte Anbringen der Beschwerdeführerin vom 6. April 1995 unter Vorlage des Gutachtens der Gleichbehandlungskommission die die Beschwerdeführerin treffende verfahrensrechtliche Primärverpflichtung. Die belangte Behörde stützte dann aber ihre abweisende Entscheidung lediglich auf das Gutachten der Gleichbehandlungskommission und die daraus abgeleitete Auffassung, dieses habe nur sachliche Mängel bei der Auswahlentscheidung aufgezeigt, aber keine geschlechtsspezifische Benachteiligung im Sinne von diskriminierenden Auswahlkriterien oder geschlechtsspezifischen Motiven bei der Auswahlentscheidung dargelegt. Damit hat die belangte Behörde die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes unterlassen und gleichzeitig an das Gutachten der Gleichbehandlungskommission Anforderungen gestellt, die dem B-GBG nicht zu entnehmen sind.
Wenn die Beschwerdeführerin unter Bezug auf dieses Gutachten Schadenersatz nach § 15 B-GBG geltend macht, so kommt diesem Gutachten zweifellos die Bedeutung eines Beweismittels zu. Da aber keine gesetzliche Bindungswirkung vorgesehen ist, wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, den nach § 15 B-GBG entscheidenden Sachverhalt unter Heranziehung der für die Auswahlentscheidung maßgebenden Organwalter und nach Einräumung des Parteiengehörs in einem rechtsstaatlichen Verfahren festzustellen.
Da die belangte Behörde sich lediglich auf das Gutachten der Gleichbehandlungskommission gestützt und diesem für das Schadenersatzverfahren die entscheidende Bedeutung beigemessen hat, die ihm aufgrund der gesetzlichen Regelung aber nicht zukommt, ist der entscheidende Sachverhalt überhaupt unerhoben geblieben.
Der angefochtene Bescheid mußte daher schon wegen dieses aus einer unrichtigen Rechtsauffassung resultierenden Verfahrensmangels, der eine inhaltliche Überprüfung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof verhindert, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben werden.
Vor diesem Hintergrund erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der in der Beschwerde angeschnittenen Frage der Rechtskonformität der im § 15 B-GBG festgelegten Obergrenze im Hinblick auf internationale rechtliche Verpflichtungen Österreichs, weil es in diesem Stadium des Falles an der Präjudizialität dieser Frage mangelt, weil eben noch nicht festgestellt ist, ob die Beschwerdeführerin überhaupt dem Grunde nach Anspruch auf Schadenersatz hat.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft Stempelgebühren für einen überzähligen Schriftsatz und für für die Rechtsverfolgung nicht erforderliche Beilagen.
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 sachliche Zuständigkeit in einzelnen AngelegenheitenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996120189.X00Im RIS seit
22.02.2002