Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §39 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde des G L in P, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 27. Februar 1998, Zl. 91.508/15884-III/7/98, betreffend Verweigerung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur", zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem Bescheid vom 27. Februar 1998 wies der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten den Antrag des Beschwerdeführers um die Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Z. 1 Ingenieurgesetz 1990 ab. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ging der Bundesminister nach der Begründung dieses Bescheides davon aus, der Beschwerdeführer habe am 9. Juni 1993 die Reifeprüfung an einer Höheren technischen Lehranstalt, Fachgebiet Elektrotechnik - Ausbildungszweig Energietechnik und Leistungselektronik, abgelegt. Als Berufspraxis habe er eine Tätigkeit bei einer näher bezeichneten Seilbahngesellschaft m.b.H. als Betriebselektriker für den Zeitraum vom 28. November 1994 bis dato geltend gemacht. Die sich aus dem Berufsbild eines Betriebselektrikers ergebenden Tätigkeiten erforderten allerdings lediglich Kenntnisse, wie sie während der gewerblichen Berufsausbildung nach dem Berufsausbildungsgesetz vermittelt würden, jedoch keine höheren Fachkenntnisse im Umfang einer Ausbildung an einer Höheren technischen Lehranstalt. Eine die wesentlichen höheren Fachkenntnisse des Fachgebietes Elektrotechnik - Ausbildungszweig Energietechnik und Leistungselektronik in den Unterrichtsgegenständen Elektrische Maschinen und Stromrichter, Elektrische Anlagen, Meß-, Steuerungs- und Regelungstechnik, Elektronik und Mikroelektronik, voraussetzende Tätigkeit sei aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich und sei vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet worden. Es lägen daher die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verleihung der Standesbezeichnung "Ingenieur" nicht vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bringt er vor, es treffe nicht zu, daß er lediglich als Betriebselektriker bei der genannten Seilbahngesellschaft beschäftigt gewesen sei. Er lege nunmehr ein Schreiben dieser Gesellschaft vom 20. März 1998 vor, aus dem sich ergebe, daß er nicht als Elektriker, sondern vielmehr als Elektrotechniker mit einem in der Beschwerde im einzelnen umschriebenen Aufgabenbereich beschäftigt gewesen sei. Danach sei aber davon auszugehen, daß auf Grund der gegebenen Berufspraxis entsprechende höhere Fachkenntnisse des gegenständlichen Fachgebietes und damit die Voraussetzungen für die Verleihung der Standesbezeichnung "Ingenieur" gegeben seien. Das Verfahren der belangten Behörde sei deshalb mangelhaft geblieben, weil die belangte Behörde es in Verletzung der aus § 39 Abs. 2 AVG erfließenden Amtswegigkeit des Verfahrens unterlassen habe, im Rahmen der Grenzen ihrer Möglichkeiten und des vom Verfahrenszweck gebotenen und zumutbaren Aufwandes entsprechende Beweise aufzunehmen und Feststellungen über die Berufspraxis des Beschwerdeführers zu treffen. Wenn die belangte Behörde schon den Standpunkt vertreten habe, daß aus den vorgelegten Unterlagen entsprechende Fachkenntnisse nicht abzuleiten seien, so wäre es ihre Aufgabe gewesen, dies dem Beschwerdeführer mitzuteilen bzw. weitere Erhebungen anzustellen. Auch sei der Grundsatz des Parteiengehörs dadurch verletzt worden, daß dem Beschwerdeführer nicht die Möglichkeit eingeräumt worden sei, zur Auffassung der belangten Behörde, es sei dem Antrag nicht stattzugeben, Stellung zu nehmen.
Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 Ingenieurgesetz 1990 ist die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" Personen zu verleihen, die
a)
die Reifeprüfung nach dem Lehrplan inländischer höherer technischer oder höherer land- und forstwirtschaftlicher Lehranstalten erfolgreich abgelegt und
b)
eine mindestens dreijährige Berufspraxis absolviert haben, die höhere Fachkenntnisse auf dem Fachgebiet voraussetzt, auf dem die Reifeprüfung abgelegt wurde.
Nach § 6 Abs. 2 lit. b leg. cit. sind dem Antrag u.a. Nachweise über die Ausbildung und - soweit erforderlich - über die Berufspraxis vorzulegen.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag zunächst in der Rechtsansicht der belangten Behörde, aus der vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgelegten Bestätigung seines Dienstgebers, wonach er im fraglichen Zeitraum als Betriebselektriker beschäftigt gewesen sei, sei nicht zu ersehen, daß er eine Berufspraxis absolviert habe, die höhere Fachkenntnisse auf dem in Rede stehenden Fachgebiet voraussetze, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken. Auch in der Beschwerde werden keine Gründe für eine gegenteilige Betrachtungsweise vorgebracht. Auf die in diesem Zusammenhang vorgelegte neuerliche Bestätigung seines Dienstgebers kann schon wegen des im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltenden Neuerungsverbotes (§ 41 Abs. 1 VwGG) nicht weiter eingegangen werden.
Soweit der Beschwerdeführer aber aus § 39 Abs. 2 AVG eine über die Prüfung der vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgelegten Bestätigung seines Dienstgebers hinausgehende amtswegige Ermittlungspflicht der belangten Behörde über die Qualifikation seiner Berufspraxis abzuleiten sucht, ist ihm die Bestimmung des § 6 Abs. 2 lit. b Ingenieurgesetz 1990 entgegenzuhalten, die - als lex specialis gegenüber § 39 Abs. 2 AVG - zum Nachweis unter anderem der Ausbildung und Berufspraxis die Beweislast dem Antragsteller überbürdet. Es bildet daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, wenn die belangte Behörde nicht von Amts wegen weitere über die vorgelegte Bestätigung des Dienstgebers hinausgehende amtswegige Nachforschungen angestellt hat.
Der belangten Behörde kann aber auch nicht die vom Beschwerdeführer behauptete Verletzung des Parteiengehörs zur Last gelegt werden. Denn Gegenstand der im § 45 Abs. 3 AVG der Behörde auferlegten Pflicht zur Gewährung des Parteiengehörs sind lediglich die von ihr gewonnenen Ermittlungsergebnisse, nicht aber die von ihr anzustellende Würdigung der Beweisergebnisse oder die beabsichtigte rechtliche Beurteilung des so gewonnenen Sachverhaltes (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1995, Zl. 93/15/0101).
Die aus diesen Erwägungen unbegründete Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998040072.X00Im RIS seit
20.11.2000