Index
41/01 Sicherheitsrecht;Norm
SPG 1991 §31 Abs2 Z5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des H in Plettenberg-Ohle, Deutschland, vertreten durch Dr. Peter Hajek, Rechtsanwalt in 7000 Eisenstadt, Blumengasse 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 30. Jänner 1998, Zl. E 47/01/98.001/1, betreffend behauptete Verletzung einer Richtlinie gemäß § 89 Abs. 4 Sicherheitspolizeigesetz (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stellte mit Schriftsatz vom 28. November 1997 den "Antrag auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens" gegen den Gendarmeriebeamten mit der Dienstnummer 34319. Das Schreiben wurde vom Landesgendarmeriekommando für Burgenland als Richtlinienbeschwerde behandelt und dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 7. Jänner 1998 mitgeteilt, daß sich nach Durchführung einer Erhebung kein Fehlverhalten des Beamten herausgestellt habe. Selbst wenn sich der Vorfall so abgespielt habe, wie vom Beschwerdeführer behauptet, läge darin keine Verletzung von Richtlinien. Daraufhin erhob der Beschwerdeführer gemäß § 89 Abs. 4 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) Beschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland. Er brachte folgenden Sachverhalt zur Darstellung:
"Am 16.11.1997 gegen 14.00 Uhr hielt der Einschreiter mit zwei Freunden, L. und D., in einem Wohnmobil aus Ungarn kommend am Grenzübergang Nickelsdorf zur Kontrolle an. Von einem Gendarmeriebeamten mit der Dienstnummer 34319 wurden die deutschen Staatsbürger grußlos völlig unbegründet in aggressivem und unfreundlichem Ton angeherrscht, sofort die Klappen des Wohnmobils zu öffnen. Von Beginn der Kontrolle an legte der Beamte ein durch absolut nichts zu rechtfertigendes aggressives und rüpelhaftes Benehmen, zu dem weder der Einschreiter noch seine Freunde Anlaß geboten hatten, an den Tag.
Nach Öffnen des Wohnmobils entdeckte der Beamte den Hund der Einreisenden, der von gutmütiger Natur ist und im übrigen ohnehin zusammengerollt in einer Ecke des Kraftfahrzeuges lag, und befahl dem Einschreiter und seinen Freunden, noch immer in herrischem und streitsüchtigem Tonfall, "den Hund festzumachen" und ihm die Pässe zu überlassen, damit er Ablichtungen von diesen herstellen könne.
Das provokante Verhalten des Beamten änderte sich, obwohl der Einschreiter und seine beiden Begleiter sich jeder der - wenn auch unhöflich vorgetragenen - Anordnungen fügten, während der gesamten Amtshandlung nicht."
Nach Meinung des Beschwerdeführers verstieß dieses Verhalten gegen § 5 Abs. 1 und § 1 Abs. 2 der Richtlinienverordnung (RLV).
Mit dem Bescheid vom 30. Jänner 1998 wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Sie begründete den Bescheid im wesentlichen folgendermaßen:
"Geht man davon aus, daß sich die Amtshandlung am 16 11 1997 so, wie vom Beschwerdeführer geschildert, zugetragen hat, so hat der Beamte ohne Gruß und im aggressivem und unfreundlichen Ton mit dem Beschwerdeführer gesprochen und damit ein unhöfliches Verhalten an den Tag gelegt. Es erhebt sich damit die Frage, ob ein unhöfliches Verhalten und ein aggressiver und unfreundlicher Ton eine Verletzung der RLV darstelt. Dies ist hinsichtlich des § 1 Abs. 2 zu verneinen, weil in dieser Bestimmung diesbezüglich nichts näher festgehalten ist.
Was die Regelung des § 5 Abs. 1 RLV anbelangt, so hat danach ein Verhalten zu unterbleiben, das geeignet ist, den Eindruck der Voreingenommenheit zu erwecken oder das als Diskriminierung empfunden werden könnte.
Der Beschwerdeführer hat dazu keinerlei Hinweis vorgebracht, wonach der Beamte diskriminierende Äußerungen im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Halbsatz RLV getätigt hätte. Aber auch das vom Beschwerdeführer umschriebene Verhalten kann nicht als ein solches angesehen werden, das den Eindruck der Voreingenommenheit erweckt hätte. Auch wenn man davon ausgeht, daß sich der Beamte unhöflich benommen hat, so ist in dem vom Beschwerdeführer geschilderten Verhalten noch keine Voreingenommenheit zu ersehen. Diesbezüglich hat der Beschwerdeführer nichts Konkretes vorgebracht, obwohl er vom Landesgendarmeriekommando für das Burgenland mit Schreiben vom 09 12 1997 dazu aufgefordert wurde.
Auch die Verletzung anderer Bestimmungen der RLV ist nicht hervorgekommen.
Bemerkt wird, daß bei dieser Sach- und Rechtslage eine Einvernahme der Begleiter des Beschwerdeführers entbehrlich war, weil von dem von ihm selbst geschilderten Sachverhalt ausgegangen wurde. Weiters konnte auch die Vernehmung des Beschwerdeführers entfallen, da er als Antragsteller des Verfahrens sein Vorbringen in den Schriftsätzen ausreichend präzisieren konnte.
Abschließend ist festzuhalten, daß selbst bei Annahme des vom Beschwerdeführer behaupteten Verhaltens eine Richtlinienverletzung nicht vorliegt. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 2 der Richtlinien-Verordnung (RLV), BGBl. Nr. 266/1993, haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Dienst ihre Aufgaben zu erfüllen, soweit dies aufgrund ihres Ausbildungsstandes und ihrer beruflichen Erfahrung von ihnen erwartet werden kann
Insoweit die Aufgabenerfüllung eine besondere Ausbildung erfordert und ein entsprechend ausgebildetes Organ nicht zur Stelle ist, haben andere Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nur einzuschreiten, wenn die erwarteten Vorteile sofortigen Handelns die Gefahren einer nicht sachgerechten Aufgabenerfüllung aufgrund besonderer Umstände überwiegen.
Gemäß § 5 Abs. 1 RLV haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei der Erfüllung ihrer Aufgaben alles zu unterlassen, das geeigent ist, den Eindruck von Voreingenommenheit zu erwecken oder als Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes, der Rasse oder Hautfarbe, der nationalen oder ethnischen Herkunft, des religiösen Bekenntnisses, der politischen Auffassung oder der sexuellen Orientierung empfunden zu werden.
In den Erläuterungen zum Vorentwurf zu einer Richtlinienverordnung des Bundesministers für Inneres vom 20. Jänner 1993, Zl. 76012/64-IV/11/93/D, findet sich hiezu die Aussage, daß die in § 5 Abs. 1 getroffene Regelung so wie § 31 Abs. 2 Z. 5 RLV davon ausgehe, daß Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Unvoreingenommenheit nicht eigens angeordnet werden müsse, da sich das Sachlichkeitsgebot bereits aus ihrer Stellung als öffentliche Bedienstete ergebe. Es komme aber darauf an, daß der Beamte nicht bloß unvoreingenommen sei, sondern auch den Schein der Voreingenommenheit vermeide. Ob er letztlich mit seinem Bemühen beim Betroffenen Erfolg habe, liege nur insoweit in seiner Verantwortung, als er eine Handlung gesetzt habe, die objektiv auf Voreingenommenheit hinweise; ob der Beamte tatsächlich voreingenommen war, sei nicht maßgeblich.
Insofern der Beschwerdeführer die unterlassene Einvernahme seiner Reisegefährten als Zeugen als Verfahrensmangel rügt, so übersieht er, daß die belangte Behörde vollinhaltlich von der Sachverhaltsbehauptung des Beschwerdeführers ausgegangen ist. Was die Zeugen über diese Sachverhaltsbehauptungen hinaus hätten angeben können, hat der Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde dargelegt. Die belangte Behörde war daher nicht zur Einvernahme der Zeugen verpflichtet.
Der Beschwerdeführer legt dem Beamten mit der Dienstnummer 34319 weder Schimpfworte, abfällige Äußerungen, dem Zweck der Grenzkontrolle widersprechendes, schikanöses Verhalten, die Verwendung einer anderen als der "Sie"-Form noch sonst in ausreichend konkreter Weise ein Verhalten zur Last, das objektiv seine Unvoreingenommenheit bezweifeln ließe. Befehle bzw. Anordnungen an Einreisende zwecks Durchführung der Grenzkontrolle haben per se einen imperativen Charakter. Wenn der Befehl zum Öffnen der Klappen des Wohnmobils - was eine unumgängliche Maßnahme zur Durchführung der Kontrolle des Fahrzeuges ist - in einem Tonfall erfolgte, den der Beschwerdeführer als "aggressiv", "unfreundlich", "rüpelhaft", "herrisch", "streitsüchtig" und "provokant" empfand, übersteigt - abgesehen von der Schwierigkeit, ein solches subjektives Empfinden mit objektiven Maßstäben zu werten - solches zwar den im Zusammenhang mit der Erteilung einer zu befolgenden Anordnung üblichen zwischenmenschlichen Umgangston, ist aber noch nicht so gravierend, daß hieraus eine Verletzung der Richtlinie gemäß § 5 Abs. 1 RLV resultierte, was die belangte Behörde richtig erkannt hat. § 1 Abs. 2 RLV enthält nicht den Anspruch des Betroffenen auf freundliches Vorgehen, sondern verpflichtet den Beamten zur bestmöglichen Aufgabenerfüllung aufgrund ihres Ausbildungsstandes. Eine Verletzung käme etwa dann in Frage, wenn der Beamte im konkreten Fall die Grenzkontrolle nicht zügig und ökonomisch, sondern in einer schikanös umständlichen Weise - sohin in unsachlicher Weise - durchgeführt hätte. Dies wird aber nicht behauptet. Insofern der Beschwerdeführer aus der Aufforderung "Halten Sie den Hund" bzw. die Aufforderung, dem Hund eine Leine um den Hals zu legen, eine Voreingenommenheit gegen Hundebesitzer abzuleiten sucht, steht die Beurteilung der belangten Behörde mit der allgemeinen Lebenserfahrung im Einklang. Denn es ist allgemein bekannt, daß selbst friedliche Haushunde gegenüber Fremden, die in das "Hunderevier" (objektiv ist von Außenstehenden im konkreten Fall das Innere des Wohnmobils als Revier des Hundes anzunehmen) eindringen, überraschende bis angriffslustige Reaktionen zeigen können. Daß der Beamte daher im Zuge der Inspektion des Inneren des Wohnwagens bei Ansichtigwerden des Hundes obgenannte Aufforderungen erteilte, ist - ungeachtet, wie oft und in welchem Ton sie bis zu ihrer Befolgung wiederholt wurden - als Vorsichtsmaßnahme selbstverständlich.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998010084.X00Im RIS seit
18.02.2002