TE Lvwg Erkenntnis 2020/1/27 LVwG-AV-20/001-2020

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Veröffentlicht am 27.01.2020
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Entscheidungsdatum

27.01.2020

Norm

AVG 1991 §32
AVG 1991 §63 Abs5
ZustG §13
ZustG §22

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Röper als Einzelrichter über die Beschwerden der 1) B GmbH, ***, ***, sowie von 2) Herrn A und 3) Frau C, beide ***, ***, vom 21. September 2019, gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 16. August 2019, Zl. ***, mit dem in Spruchpunkt I. eine Berufung der Beschwerdeführer vom 18. Februar 2019 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 26. Juli 2018, Zl. ***, mit dem für die Liegenschaft ***, ***, (Grundstück Nr. *** EZ *** KG ***) ein zusätzlicher Bedarf von 2 Stellplätzen aus Anlass der angezeigten Änderung des Verwendungszweckes festgestellt worden war, als verspätet eingebracht zurückgewiesen worden war, zu Recht erkannt:

1.       Die Beschwerden werden gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Z 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

2.   Eine ordentliche Revision gemäß Art 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1. Sachverhalt:

1.1. Verwaltungsbehördliches Verfahren:

1.1.1.

Mit Schreiben vom 22. Juni 2019 erstattete die D GmbH eine Bauanzeige betreffend die beabsichtigte Änderung des Verwendungszweckes für das Objekt ***, ***. Geändert wurde der Verwendungszweck der ursprünglichen Wohnung *** dahingehend, als diese zu einer Facharztordination umgewandelt werden sollte. In dieser Anzeige wird hinsichtlich der Schaffung von Stellplätzen wortwörtlich ausgeführt:

„Die für dieses Vorhaben gemäß 5 11 Abs. 1 Z. 17 NÖ BTV 2014 erforderlichen Stellplätze können nicht auf der Liegenschaft *** geschaffen werden. Die auf diesem Bauplatz bereits errichtete Garage schöpft nämlich die aufgrund der Platzverhältnisse mögliche Anzahl an Stellplätzen voll aus. Es ist daher gemäß § 63 Abs. 6 NÖ BO 2014 zulässig, die zusätzlichen Stellplätze auf unserem Grundstück zu schaffen, da dieses unmittelbar an die Liegenschaft *** grenzt. Wir verfügen über die baubehördliche Bewilligung für die Schaffung von 212 Stellplätzen, wodurch die Anzahl der für unser Bauvorhaben auf der Liegenschaft *** erforderlichen Pflichtstellplätze um 58 überschritten wird. Daher ist es zulässig, diese Stellplätze für andere Bauvorhaben zur Verfügung zu stellen. “

1.1.2.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 26. Juli 2018, Zl. ***, wurde u.a. gegenüber 1) der B GmbH sowie 2) Herrn A und 3) Frau C ausgesprochen, dass aufgrund der Bauanzeige vom 22. Juni 2018 gemäß § 63 Abs. 7 NÖ Bauordnung 2014 ein zusätzlicher Bedarf von 2 Stellplätzen für das Grundstück Nr. ***, EZ ***, KG *** (Anschrift: ***, ***) festgestellt wird. Begründend wird ausgeführt, dass mit der Bauanzeige vom 22. Juni 2018 die Änderung des Verwendungszweckes einer Wohnung von insgesamt 106,76 m² in eine Ordination angezeigt worden sei. Durch die Veränderung des Verwendungszweckes werde folgender Stellplatzbedarf festgehalten:

ALT:

Wohnhaus 17 Wohnungen    26 Stellplätze

NEU:

Wohnhaus 16 Wohnungen    24 Stellplätze

Ordination 106,76 m² / 30 m²

(1 Stellplatz pro 30 m²)     3.56 Stellplätze

27,56 - 26 = 1,56      27,56 Stellplätze

Dies ergebe einen Fehlbedarf von   2 Stellplätzen.

In der Folge wir der Gesetzeswortlaut der Bestimmung des § 63 NÖ Bauordnung 2014 wiedergegeben.

Dieser Bescheid wurde u.a. den Beschwerdeführern nachweislich am 29. August 2019 zugestellt und von diesen die Übernahme des Schriftsückes bestätigt:

[Abweichend vom Original – Bilder nicht wiedergegeben]

„…

…“

(Quelle: Bauakt der belangten Behörde)

1.1.2.

In der Folge wurde mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 17. Jänner 2019, Zl. ***, wurde u.a. Herrn B und Frau C in ihrer Eigenschaft als Miteigentümer der Liegenschaft mit der Anschrift ***, ***, gemäß § 41 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 eine Stellplatz-Ausgleichsabgabe für 2 Stellplätze in der Höhe von € 18.700,- vorgeschrieben.

1.1.3.

Mit Schreiben vom 18. Februar 2019 erhoben die Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Berufung gegen den Abgabenbescheid vom 17. Jänner 2019 und begründeten diesen damit, dass die Schaffung der Stellplätze auf der Liegenschaft *** nicht möglich gewesen sei. Daher seien die zusätzlichen Stellplätze auf dem Grundstück des Projektes der D GmbH geschaffen worden, da dort mehr als die Pflichtstellplätze vorhanden wären. Diese Vorgangsweise sei zulässig, da die Bauwerberin, die das Projekt bezüglich des Tops *** verfolge und die Bauanzeige eingebracht habe, Eigentümerin des Grundstucks mit den beiden Stellplätzen sei und dieses in einer Wegentfernung von weniger als 300 m vom Baugrundstück entfernt liege. Der Bescheid des Bürgermeisters vom 26. Juli 2018 sei nicht allen Miteigentümern zugestellt worden, sodass er nicht rechtskräftig geworden sein könne. Die Beschwerdeführer hätten erst jetzt aufgrund des Bescheides vom 17. Jänner 2019 von diesem Bescheid vom 26. Juli 2018 erfahren. Somit werde die ersatzlose Aufhebung des Abgabenbescheides vom 17. Jänner 2019 und des Bescheides vom 26. Juli 2018 beantragt.

1.1.4.

Der Stadtrat der Stadtgemeinde *** wies die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 26. Juli 2018, Zl. 30-543/1-18, in Spruchpunkt I. des nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheides vom 16. August 2019, Zl. ***, als verspätet eingebracht zurück. Begründend wurde nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges und der als maßgeblich erachteten Rechtsvorschriften ausgeführt, dass dieser Bescheid vom 26. Juli 2018, Zl. ***, Herrn A (an den/die Mitbewohner/in), Frau C (persönlich) und der B jeweils am 29. August 2018 nachweislich zugestellt worden sei. Die zugehörigen Rückscheine lägen der Berufungsbehörde vor. Die Berufung hätte also spätestens am 12. September 2018 eingebracht werden müssen, tatsächlich sei sie aber erst am 19. Februar 2019 eingebracht worden.

1.2. Zum Beschwerdevorbringen:

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 21. September 2019 rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich und führte begründend im Wesentlichen aus, dass sie Miteigentümer der Liegenschaft ***, ***, wären. Dabei handle es sich um ein Projekt der B GmbH, die in der Verwertung mit der Eigentümerin des Nachbargrundstücks *** kooperiere. Diese, die D GmbH, habe am 22. Juni 2018 eine Bauanzeige betreffend die Änderung des Verwendungszwecks einer Wohnung im Haus *** eingebracht. Diese Bauanzeige sei von der Baubehörde zur Kenntnis genommen worden. Mit Bescheid vom 26. Juli 2018 habe die Baubehörde erster Instanz festgestellt, dass auf der Liegenschaft der *** ein zusätzlicher Bedarf von zwei Stellplätzen bestehe. Dieser Bescheid sei nach ihrem Wissenstand nicht allen Eigentümern der Liegenschaft *** zugestellt worden. Er sei nach ihren Unterlagen lediglich Herrn A zugekommen, nicht aber Frau C und der B GmbH. Aufgrund der mangelhaften Zustellung hätte die Berufung gegen den Bescheid vom 26. Juli 2018 nicht zurückgewiesen werden dürfen.

1.3. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Mit Schreiben vom 3. Oktober 2019 legte die Stadtgemeinde *** die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt dem erkennenden Gericht vor.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in diesen Akt sowie durch Einsichtnahme in das öffentliche Grundbuch.

1.4. Beweiswürdigung:

Im Wesentlichen ist der Sachverhalt als unstrittig zu beurteilen und ergibt sich dieser aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid, sowie aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer, soweit dieses den Feststellungen der belangten Behörde nicht entgegentritt.

2. Rechtsvorschriften von Bedeutung:

2.1. Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG:

§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

         1.       der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

         2.       die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

2.2. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG:

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:

         1.       Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;

         2.       Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;

         3.       Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.

(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden. …

(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

2.3. Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz – AVG:

§ 32. (1) Bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.

(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

§ 63. (5) Die Berufung ist von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser. Wird eine Berufung innerhalb dieser Frist bei der Berufungsbehörde eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung; die Berufungsbehörde hat die bei ihr eingebrachte Berufung unverzüglich an die Behörde erster Instanz weiterzuleiten.

2.4. Zustellgesetz in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2018:

Zustellung an den Empfänger

§ 13. (1) Das Dokument ist dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen. Ist aber auf Grund einer Anordnung einer Verwaltungsbehörde oder eines Gerichtes an eine andere Person als den Empfänger zuzustellen, so tritt diese an die Stelle des Empfängers.

(2) Bei Zustellungen durch Organe eines Zustelldienstes oder der Gemeinde darf auch an eine gegenüber dem Zustelldienst oder der Gemeinde zur Empfangnahme solcher Dokumente bevollmächtigte Person zugestellt werden, soweit dies nicht durch einen Vermerk auf dem Dokument ausgeschlossen ist.

(3) Ist der Empfänger keine natürliche Person, so ist das Dokument einem zur Empfangnahme befugten Vertreter zuzustellen.

Zustellnachweis

§ 22. (1) Die Zustellung ist vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden.

(2) Der Übernehmer des Dokuments hat die Übernahme auf dem Zustellnachweis durch seine Unterschrift unter Beifügung des Datums und, wenn er nicht der Empfänger ist, seines Naheverhältnisses zu diesem zu bestätigen. Verweigert er die Bestätigung, so hat der Zusteller die Tatsache der Verweigerung, das Datum und gegebenenfalls das Naheverhältnis des Übernehmers zum Empfänger auf dem Zustellnachweis zu vermerken. Der Zustellnachweis ist dem Absender unverzüglich zu übersenden.

3. Erwägungen:

Die Beschwerde ist nicht begründet.

3.1.1.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht grundsätzlich immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden.

Es ist berechtigt, den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Diese Änderungsbefugnis („nach jeder Richtung“) ist durch die Sache begrenzt. "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ist jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs des Bescheides der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (vgl. VwGH 2009/15/0152, VwGH 2010/16/0032 und VwGH 2012/15/0161).

3.1.2.

Auf Grund einer gegen die Zurückweisung erhobenen Berufung darf die Berufungsbehörde nur über die Rechtmäßigkeit des Zurückweisungsbescheides (VwGH 2009/22/0080), nicht hingegen über den Antrag selbst entscheiden (VwGH 93/10/0165, VwGH 2008/03/0129 und VwGH 2008/21/0302). „Sache“ iSd § 66 Abs. 4 AVG ist allein die Frage, ob die Unterbehörde zu Recht eine Sachentscheidung über das Anbringen verweigert hat (VwGH 81/06/0127, VwGH 2004/06/0084 und VwGH 2008/04/0217).

Diese Überlegungen gelten sinngemäß auch für Bescheidbeschwerden an die Verwaltungsgerichte, und zwar selbst dann, wenn diese – wie das Verwaltungsgericht gemäß § 28 VwGVG – zur Entscheidung „in der Sache selbst“ über die Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid befugt sind.

Es war und ist der Rechtsmittelbehörde nämlich deshalb verwehrt, über den Rahmen der bloßen Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Formalentscheidung der Vorinstanz hinaus mit einer Entscheidung über den Gegenstand des Verfahrens vorzugehen, weil dadurch der sachlichen Prüfung des gestellten Antrages und damit den Parteien eine Instanz genommen würde (vgl. VwGH 2012/11/0013, VwGH 2004/21/0014, VwGH 2002/12/0232 und VwGH 94/18/1046).

Dem Verwaltungsgericht ist es nicht möglich, eine Entscheidung in der Sache unter Umgehung der zuständigen Behörde zu treffen (vgl. VwGH Ra 2014/07/0002).

3.1.3.

Im gegenständlichen Fall hat die – im zweigliedrigen Instanzenzug im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde – zuständige Berufungsbehörde die Berufung des Beschwerdeführers zurückgewiesen. Dem Landesverwaltungsgericht ist es verwehrt, über den Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisungsentscheidung hinaus mit einer Entscheidung über den Gegenstand des Verfahrens vorzugehen, d.h. eine Sachentscheidung über den Erstantrag durch das Landesverwaltungsgericht kommt in diesem Verfahren nicht in Betracht.

Im Spruch des angefochtenen Bescheides wurde vom Stadtrat der Stadtgemeinde *** eine Berufung der Beschwerdeführer gegen einen Bescheid des Bürgermeisters als verspätet zurückgewiesen.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens („Sache“) ist somit im konkreten Fall ausgehend vom Spruch des angefochtenen Berufungsbescheides nur die Frage, ob die vorgenommene Zurückweisung der Berufung vom 18. Februar 2018 zu Recht erfolgte. Das Landesverwaltungsgericht ist lediglich befugt, darüber zu entscheiden, ob die durch die belangte Behörde ausgesprochene Zurückweisung der Berufung rechtmäßig war.

3.1.4.

Die Zurückweisung einer Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG, auf welchen sich der Spruch des angefochtenen Bescheides stützt, kommt bei einer verspäteten Ergreifung eines Rechtsmittels in Betracht.

An der Bescheidqualität des mit der Berufung vom 18. Februar 2018 angefochtenen Bescheides des Bürgermeisters vom 26. Juli 2018 besteht kein Zweifel.

Durch nachweisliche Zustellung am Donnerstag, dem 29. August 2018 (Zustellung der Bescheidausfertigung an die Beschwerdeführer und Unterfertigungen auf den Rückscheinen) wurde dieser Bescheid auch rechtlich existent.

Der Rückschein, auf dem die Zustellung durch den Zusteller beurkundet wurde (§ 22 Abs. 1 ZustG), ist eine öffentliche Urkunde. Als öffentliche Urkunde begründet ein "unbedenklicher" – d.h. die gehörige äußere Form aufweisender - Zustellnachweis die Vermutung der Echtheit und der inhaltlichen Richtigkeit des bezeugten Vorgangs, doch ist der Einwand der Unechtheit oder der Unrichtigkeit zulässig (vgl. Walter-Mayer, Zustellrecht, 118, VwGH 2012/03/0018). Behauptet jemand, es lägen Zustellmängel vor, so hat er diese Behauptungen auch entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzubieten, die geeignet sind, die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen (vgl. VwGH 2002/03/0156).

Im vorliegenden Fall wurde von den Beschwerdeführern nun dargelegt, dass der Bescheid vom 26. Juli 2018 nur Herrn A zugekommen sei, nicht aber Frau C und der B GmbH. Dem ist aber zu entgegnen, dass auf den Rückscheinen (siehe oben Punkt 1.1.2.) klar ersichtlich ist, dass die Beschwerdeführerin C die für sie bestimmte Bescheidausfertigung und die für Herrn A bestimmte Bescheidausfertigung (als Ersatzempfängerin) übernommen hat und dies auch mit ihrer Unterschrift bestätigt hat. Auch die für die B GmbH bestimmte Bescheidausfertigung wurde von einem Mitarbeiter an der Abgabestelle übernommen.

Die Zustellung der Bescheidausfertigungen des Bescheides vom 26. Juli 2018 erfolgte somit gegenüber den Beschwerdeführern rechtswirksam am 29. August 2018.

3.1.5.

Die zweiwöchige Berufungsfrist begann für diesen Bescheid mit dessen Zustellung am Mittwoch, dem 29. August 2018, zu laufen und endete gemäß § 32 Abs. 2 AVG mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

Im gegenständlichen Fall war somit der 12. September 2018 der letzte Tag der Frist.

Gegen diesen Bescheid haben die Beschwerdeführer am Dienstag, dem 18. Februar 2019, - somit nicht rechtzeitig - Berufung eingebracht.

Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung der belangten Behörde daher nicht zu beanstanden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.1.6.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von den Beschwerdeführern nicht beantragt. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

3.2. Zu Spruchpunkt 2 - Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da der als erwiesen angenommene Sachverhalt und die in diesem Verfahren anzuwendenden Rechtsvorschriften eindeutig sind und im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis weder von der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht noch eine solche Rechtsprechung fehlt und die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die unter Punkt 3.1. angeführt ist, auch einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Bau- und Raumordnungsrecht; Verfahrensrecht; Berufung; Verspätung; verfahrensrechtliche Frist; Zurückweisung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.20.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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