Entscheidungsdatum
31.01.2020Norm
BAO §92 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Hofrat Mag. Röper als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn A, ***, ***, vom 25. Oktober 2019 gegen den Bescheid des Stadtrates Stadtgemeinde *** vom 23. September 2019, Zl. ***, mit welchem ein als Berufung intendiertes Rechtsmittel des Beschwerdeführers gegen eine als „Hausbesitzabgaben“ betreffend 3. Vierteljahr 2019 bezeichnete Erledigung des Bürgermeisters als unzulässig zurückgewiesen worden war, zu Recht:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.
2. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:
1.1.
Mit einer im Betreff mit „Hausbesitzabgaben 3. Vierteljahr 2018“ bezeichneten Erledigung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 25. Juli 2019, Kundennummer ***, Rechnungsnummer ***, wurde Herr A (in der Folge: Beschwerdeführer) vom Eintritt der Fälligkeit am 15. August 2019 des Teilzahlungsbetrages der Grundsteuer B und der Kanalbenützungsgebühr für das 3. Quartal 2019 für die Objekte *** und ***, ***, in Höhe von € 1.202,84 inklusive Umsatzsteuer, verständigt.
1.2.
Mit Schreiben vom 9. August 2019 brachte Herr A gegen dieses Schreiben ein als „Berufung“ tituliertes Rechtsmittel ein und begründete dieses umfangreich.
1.3.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 23. September 2019, Zl. ***, wurde diese Berufung vom Stadtrat der Stadtgemeinde *** als unzulässig zurückgewiesen. Bei dem angefochtenen Schreiben handle es sich um eine Lastschriftanzeige, mit welcher die Abgabenfälligkeiten mitgeteilt worden seien. Es liege kein Abgabenbescheid vor, daher sei eine Berufung nicht zulässig.
1.4.
Gegen diese Berufungserledigung vom 23. September 2019 richtet sich die nunmehrige Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht.
1.5.
Die bei der belangten Behörde eingebrachte Beschwerde vom 25. Oktober 2019 und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Landesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 22. November 2019 zur Entscheidung vorgelegt.
1.6.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat weiters Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in diesen Akt Stadtgemeinde *** sowie durch Einsichtnahme in das öffentliche Grundbuch.
1.7. Beweiswürdigung:
Im Wesentlichen ist der Sachverhalt als unstrittig zu beurteilen und ergibt sich dieser aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid, sowie aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, soweit dieses den Feststellungen der belangten Behörde nicht entgegentritt
2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
2.1. Bundesabgabenordnung (BAO):
§ 1. ( 1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.
§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …
§ 92. (1) Erledigungen einer Abgabenbehörde sind als Bescheide zu erlassen, wenn sie für einzelne Personen
a) Rechte oder Pflichten begründen, abändern oder aufheben, oder
b) abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen feststellen, oder
c) über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses absprechen.
(2) Bescheide bedürfen der Schriftform, wenn nicht die Abgabenvorschriften die mündliche Form vorschreiben oder gestatten.
§ 93. (1) Für schriftliche Bescheide gelten außer den ihren Inhalt betreffenden besonderen Vorschriften die Bestimmungen der Abs. 2 bis 6, wenn nicht nach gesetzlicher Anordnung die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen genügt.
(2) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.
(3) Der Bescheid hat ferner zu enthalten
a) eine Begründung, wenn ihm ein Anbringen (§ 85 Abs. 1 oder 3) zugrunde liegt, dem nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird, oder wenn er von Amts wegen erlassen wird;
b) eine Belehrung, ob ein Rechtsmittel zulässig ist, innerhalb welcher Frist und bei welcher Behörde das Rechtsmittel einzubringen ist, ferner, daß das Rechtsmittel begründet werden muß und daß ihm eine aufschiebende Wirkung nicht zukommt (§ 254).
(4) Enthält der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung oder keine Angabe über die Rechtsmittelfrist oder erklärt er zu Unrecht ein Rechtsmittel für unzulässig, so wird die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt.
(5) Ist in dem Bescheid eine kürzere oder längere als die gesetzliche Frist angegeben, so gilt das innerhalb der gesetzlichen oder der angegebenen längeren Frist eingebrachte Rechtsmittel als rechtzeitig erhoben.
(6) Enthält der Bescheid keine oder eine unrichtige Angabe über die Abgabenbehörde, bei welcher das Rechtsmittel einzubringen ist, so ist das Rechtsmittel richtig eingebracht, wenn es bei der Abgabenbehörde, die den Bescheid ausgefertigt hat, oder bei der angegebenen Abgabenbehörde eingebracht wurde.
§ 243. Gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, sind Beschwerden (Bescheidbeschwerden) an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist.
§ 260. (1) Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde. …
§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
§ 288. (1) Besteht ein zweistufiger Instanzenzug für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden, so gelten für das Berufungsverfahren die für Bescheidbeschwerden und für den Inhalt der Berufungsentscheidungen die für Beschwerdevorentscheidungen anzuwendenden Bestimmungen sinngemäß. Weiters sind die Beschwerden betreffenden Bestimmungen (insbesondere die §§ 76 Abs. 1 lit. d, 209a, 212 Abs. 4, 212a und 254) sowie § 93 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 bis 6 sinngemäß anzuwenden. …
2.2. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG:
§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:
1. Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;
2. Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;
3. Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.
(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden. …
(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
3. Würdigung:
3.1. Zu Spruchpunkt 1:
Die Beschwerde ist nicht begründet.
3.1.1.
Bei dem Schreiben vom 25. Juli 2019 zum Betreff „Hausbesitzabgaben 3. Vierteljahr 2019“ handelte es sich um eine Lastschriftanzeige, mit der der Beschwerdeführer an die Fälligkeit des Quartalbetrages für Grundsteuer B und Kanalbenützungsgebühren für 2 Objekte per 15. August 2019 erinnert wurde. Durch dieses Schreiben wurden keine Kanalgebühren oder sonstige Abgaben festgesetzt. Dieses Schreiben stellt eine Zahlungserinnerung dar, mit welcher auf die eintretende Fälligkeit des Vierteljahresbetrages dieser Abgaben hingewiesen wurde. Eine Zahlungsverpflichtung zur Abgabenentrichtung wurde durch dieses Schreiben jedoch nicht begründet. Eine solche Zahlungsverpflichtung kann nur mit einem gesonderten Abgabenbescheid begründet werden. Dieses Schreiben enthält keine Vorschrift, durch welche eine Verpflichtung zur Entrichtung einer Abgabe begründet werden könnte.
3.1.2.
Gemäß § 93 Abs. 2 BAO hat ein Bescheid einen Spruch zu enthalten. Entsprechend der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes fehlt einem Verwaltungsakt, der keinen bestimmten Spruch enthält, die Rechtsqualität als Bescheid.
Durch die Erledigung des Bürgermeisters vom 25. Juli 2019 zum Betreff „Hausbesitzabgaben 3. Vierteljahr 2019“ wurde keine bestimmte Abgabe festgesetzt. Das Schreiben stellt sich dem Inhalt nach als Verständigung dar, durch die der Beschwerdeführer über Art, Höhe und Zeitpunkt seiner Zahlungsverpflichtungen unterrichtet wurde. Durch diese informelle Mitteilung konnte eine Zahlungspflicht jedenfalls nicht begründet werden. Bestand und Höhe der Abgabenschuld können nicht vom Inhalt einer derartigen Verständigung abhängen.
Da durch diese Erledigung keine Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabe begründet wurde, kommt ihr auch kein normativer Inhalt zu, sie enthält daher keinen Spruch. Eine Zahlungsverpflichtung zur Abgabenentrichtung (z.B. zur Entrichtung einer Kanalbenützungsgebühr) wurde durch dieses Schreiben jedenfalls nicht begründet, sodass vom Vorliegen eines normativen Spruches nicht gesprochen werden kann.
Es handelt sich daher schon aus diesem Grund nicht um einen Bescheid, sondern um eine bloße Zahlungserinnerung, eben eine Lastschriftanzeige.
3.1.3.
Eine Lastschriftanzeige („Quartalsvorschreibung“) vermag eine Verpflichtung zur Entrichtung einer Abgabe nicht zu begründen, sondern erinnert lediglich an eine bestehende Abgabenzahlungspflicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 26. September 1985, Zl. 85/14/0127, ausgesprochen, dass Lastschriftanzeigen keine Bescheide sind. Die Lastschriftanzeige ist eine öffentliche Urkunde, jedoch kein Bescheid (vgl. VwGH 87/13/0104, 0105).
Das Gesetz selbst unterstreicht im Übrigen den bloßen Mitteilungscharakter der Lastschriftanzeige, spricht doch die § 227 Abs. 4 lit. a BAO im Zusammenhang mit der Lastschriftanzeige von einer Verständigung (Buchungsmitteilung), die den Abgabepflichtigen über Art, Höhe und Zeitpunkt der Zahlungsverpflichtung unterrichtet. Lastschriftanzeigen kommt kein Bescheidcharakter zu (vgl. VwGH 85/14/0127 und 92/13/0299).
Im Übrigen ist das Schreiben auch nicht als Bescheid bezeichnet. Bescheide sind ausnahmslos und ausdrücklich mit dem Wort „Bescheid“ zu bezeichnen (vgl. § 93 Abs. 2 BAO; Ritz, BAO5, §93, Tz.4). Die Bezeichnung als Bescheid dient der Erkennbarkeit einer behördlichen Ausfertigung als normativer Akt (Stoll, BAO, 958). Die fehlende Bezeichnung einer Erledigung einer Behörde als Bescheid ist unschädlich, wenn sich aus dem Inhalt der Erledigung keine Zweifel am normativen Gehalt ergeben (vgl. z.B. VwGH 89/14/0162 und VwGH 2002/14/0035). Bei Zweifeln über den Bescheidcharakter ist schließlich doch die Bezeichnung als Bescheid essentiell (vgl. VwGH 90/17/0117, VwGH 92/17/0288, VwGH 98/17/0283 und VwGH 2007/17/0115).
Es handelt sich bei diesem Schreiben daher nicht um einen Bescheid. Mit Berufung anfechtbar sind nur Bescheide, daher sind Berufungen gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VwGH 2005/13/0179, VwGH 2006/13/0001, VwGH 2004/15/0131,0132 sowie VwGH 2010/17/0066).
3.1.4.
Eine Berufung ist gemäß § 243 iVm § 288 BAO nur gegen Bescheide zulässig. Die Berufung vom 9. August 2019 richtet sich daher nicht gegen einen Bescheid und ist somit – mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes – auch nicht zulässig.
Die Zurückweisung dieser Berufung durch den Verbandsvorstand mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 23. September 2019 erweist sich als rechtmäßig.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.1.5
Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs.1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer nicht beantragt. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
3.2. Zu Spruchpunkt 2 - Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (siehe 3.1.) liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.
Schlagworte
Finanzrecht; Grundsteuer; Kanalbenützungsgebühr; Lastschriftanzeige; Bescheid; Zahlungsverpflichtung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.1349.001.2019Zuletzt aktualisiert am
09.03.2020