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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, in der Beschwerdesache der Gemeinde A, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 12. März 1998, Zl. 63.220/5-VII/A/4/98, betreffend Bewilligung zur Errichtung von Bergbauanlagen (mitbeteiligte Partei: E Gesellschaft m.b.H. in W), den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit dem Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 12. März 1998 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Berghauptmannschaft Innsbruck vom 12. Dezember 1997, mit dem der mitbeteiligten Partei ein Aufschluß- und Abbauplan für einen Kalksteinbergbau in einem Teil eines näher bezeichneten Abbaufeldes genehmigt wurde, gemäß § 66 Abs. 4 AVG und § 100 BergG 1975 abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides legte der Bundesminister dar, die mitbeteiligte Partei sei Inhaberin einer Gewinnungsbewilligung auf dem fraglichen Abbaufeld und habe nunmehr um die Genehmigung eines Aufschluß- und Abbauplanes auf einem näher bezeichneten Grundstück angesucht. An dieses Grundstück grenze ein Weggrundstück an, das als öffentliches Gut im Eigentum der Beschwerdeführerin stehe. In der über dieses Ansuchen am 4. November 1997 durchgeführten mündlichen Verhandlung vor der Erstbehörde habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, von ihrem Gemeinderat sei in vier Sitzungen ausdrücklich eine Erweiterung des Gesteinsabbaues abgelehnt worden. Die Begründung sei vor allem im raumordnerischen Bereich zu sehen. Die Beschwerdeführerin halte es für notwendig, das wertvolle Gestein, den B-Marmor, künftigen Generationen zu erhalten und möchte deshalb einer großflächigen und weiträumigen Abbaumethode, wie dies dem Projekt zugrunde liege, entgegenwirken. Im Hinblick auf den Naturschutz sei die Gemeinde der Ansicht, daß es sich beim geplanten Abbaugebiet um einen wertvollen Wald handle, welcher zu schützen und zu erhalten sei. Es gebe in diesem Bereich sehr wertvolle Pflanzenstrukturen, die nach dem Ergebnis von Untersuchungen einmalig seien und deshalb zu schützen wären. Bezüglich der Abfuhr des Gesteins sowohl über den öffentlichen Gemeindeweg als auch über die Landesstraße werde darauf hingewiesen, daß es dazu schon Bürgerinitiativen in einem großen Ausmaß gegeben habe, wodurch ebenfalls die Beschlußfassung des Gemeinderates beeinflußt worden sei. Auf dem öffentlichen Gemeindeweg würde insbesondere die starke Staub- und Schmutzentwicklung durch den Verkehr mit SLKW, auf der öffentlichen Landesstraße das erhöhte Verkehrsaufkommen als unzumutbar bemängelt werden. Erweiterte bzw. neue Tagbaubereiche für eine Marmorgewinnung müßten mit dem Gemeinderat als seperates Projekt behandelt werden. Sollte es dennoch Erweiterungsbereiche geben, die auf Grund des raumordnerischen Denkens des Gemeinderates möglich wären, könne derzeit keine Stellungnahme dazu abgegeben werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende
Beschwerde.
Die Beschwerde ist nicht zulässig.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Eigentumsrecht an dem bereits erwähnten Weggrundstück sowie in ihrem Recht auf Geltendmachung der ihr im eigenen Wirkungsbereich zustehenden Kompetenzen der Gesundheitspolizei, des Umweltschutzes und der Raumplanung verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bringt sie vor, im angefochtenen Bescheide werde ihren in der Verhandlung vom 4. November 1997 erhobenen Einwendungen nicht Rechnung getragen. Das Abbaugebiet befinde sich inmitten eines Waldes, am Talboden, der für die Gemeindebevölkerung vor allem als Naherholungsgebiet diene. Diese Widmung würde durch die gegenständliche Anlage ad absurdum geführt. Der Beschwerdeführerin komme auch als Eigentümerin des fraglichen Weggrundstückes Parteistellung zu. Im Falle des Abbaues würde dieses öffentliche Gut für den Transport des Gesteines zu den notwendigen Bergbauanlagen verwendet und damit über Gebühr in Anspruch genommen und beschädigt werden, da es für eine derartige Belastung nicht ausgerichtet sei. Mit ihrem weiteren Vorbringen legt die Beschwerdeführerin die Gründe dar, aus denen sie meint, der angefochtene Bescheid sei mit Rechtswidrigkeit belastet.
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit nach Erschöpfung des Instanzenzuges Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben, wer durch diesen Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, wobei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zumindest die Möglichkeit bestehen muß, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des von ihm geltend gemachten Beschwerdepunktes in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 25. November 1997, Zl. 97/04/0124).
Gemäß § 100 Abs. 1 BergG 1975 ist die Aufnahme sowie nach einer länger als fünf Jahre dauernden Unterbrechung die Wiederaufnahme des Gewinnens grundeigener mineralischer Rohstoffe in einem Abbaufeld spätestens drei Monate vorher der Berghauptmannschaft anzuzeigen. Der Anzeige ist ein Aufschluß- und Abbauplan beizufügen, der alle wesentlichen Einzelheiten des beabsichtigten Aufschlusses und Abbaues enthalten muß.
Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle bedarf der Aufschluß- und Abbauplan hinsichtlich der beabsichtigten Arbeiten und vorgesehenen Sicherheitsmaßnahmen der Genehmigung der Berghauptmannschaft. Die Genehmigung ist erforderlichenfalls unter Festsetzung von geeigneten Bedingungen und Auflagen, wenn nötig auch nur befristet, zu erteilen, wenn die in den Z. 1 bis 3 dieser Gesetzesstelle genannten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind.
Nach § 100 Abs. 3 BergG 1975 sind Parteien im Genehmigungsverfahren der Bergbauberechtigte, die Eigentümer der Grundstücke, auf denen der Aufschluß oder der Abbau beabsichtigt ist, sowie die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke und ferner alle dinglich berechtigten und sonstigen sich nicht nur vorübergehend in der Nähe des Abbaufeldes aufhaltenden Personen, wenn ihr Leben oder ihre Gesundheit oder ihre dem Bergbauberechtigten nicht zur Benützung überlassenen Sachen gefährdet oder sie unzumutbar belästigt werden und sie spätestens bei der mündlichen Verhandlung nach Abs. 5 Einwendungen gegen den Aufschluß- und Abbauplan erheben, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an. Als Partei ist auch die Gemeinde, auf deren Gebiet der Aufschluß oder Abbau beabsichtigt ist, anzusehen, soweit hiedurch ihr im eigenen Wirkungsbereich zukommende Angelegenheiten der Gesundheitspolizei, des Umweltschutzes und der Raumplanung berührt werden. Davon wird eine allfällige Parteistellung der Gemeinde als Träger von Privatrechten nicht beeinträchtigt.
Was zunächst die Parteistellung der Beschwerdeführerin nach § 100 Abs. 3 erster Satz leg. cit. anlangt, so nehmen nach dieser Bestimmung, die den Kreis der Parteien entsprechend jenem der Bewilligungsverfahren für Bergbauanlagen (§ 146 Abs. 6 BergG 1975) normiert, nur jene Eigentümer der angrenzenden Grundstücke als Parteien am Genehmigungsverfahren teil, die rechtzeitig rechtserhebliche Einwendungen gegen den Aufschluß- und Abbauplan erhoben haben. Ausgehend davon, daß eine Einwendung nur dann vorliegt, wenn der Beteiligte (Eigentümer des angrenzenden Grundstückes) die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend macht, eine persönliche Gefährdung von Leben oder Gesundheit in Ansehung einer juristischen Person aber ebensowenig in Betracht kommt wie eine unzumutbare Belästigung, ist weiters nur eine solche Einwendung einer juristischen Person gegen den Aufschluß- und Abbauplan rechtserheblich und geeignet, dieser Parteistellung zu vermitteln, die die Gefährdung ihrer dem Bergbauberechtigten nicht zur Benützung überlassenen Sachen geltend macht. Einem auf die Gefährdung oder die Belästigung Dritter abgestellten Vorbringen kommt die Qualifikation einer Einwendung im Sinne des § 100 Abs. 3 erster Satz BergG 1975 von vornherein nicht zu (vgl. ebenfalls den hg. Beschluß vom 25. November 1997, Zl. 97/04/0124).
Von dieser Rechtslage ausgehend kommt dem - oben wiedergegebenen und in der Beschwerde auch nicht bestrittenen - Vorbringen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung die Qualifikation einer Einwendung im dargelegten Sinn nicht zu, stellt dieses Vorbringen - von dem unter die Regelung des § 100 Abs. 3 zweiter Satz BergG 1975 fallenden raumordnerischen und den Naturschutz betreffenden Erwägungen abgesehen - doch ausschließlich auf die Gefährdung bzw. die Belästigung von Gemeindebewohnern durch Lärm, Staub und erhöhtes Schwerverkehrsaufkommen ab. Es war daher nicht geeignet, der Beschwerdeführerin gemäß § 100 Abs. 3 erster Satz BergG 1975 Parteistellung im gegenständlichen Genehmigungsverfahren zu vermitteln. Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang aber in der Beschwerde auf die Gefahr einer Beschädigung der in ihrem Eigentum stehenden öffentlichen Straße verweist, kann darauf schon deshalb nicht Bedacht genommen werden, weil sie in der mündlichen Verhandlung vor der Erstbehörde eine derartige Einwendung nicht erhoben hat.
§ 100 Abs. 3 zweiter Satz BergG 1975 räumt der Gemeinde, auf deren Gebiet der Aufschluß oder Abbau beabsichtigt ist, um ihr eine verstärkte Mitwirkung bei der Erteilung von Gewinnungsbewilligungen zu ermöglichen, die Stellung einer Formalpartei insoweit ein, als ihr zukommende Angelegenheiten der Gesundheitspolizei, des Umweltschutzes oder der Raumplanung berührt werden. Die damit normierte Möglichkeit, bestimmte gemeindliche Interessen im bergbehördlichen Verfahren zu vertreten, bedeutet - mangels einer diesbezüglichen Anordnung - allerdings nicht, daß diese Interessen als der Gemeinde berggesetzlich eingeräumte subjektive Rechte anzusehen wären. Vielmehr hat die Gemeinde das Recht, diese Interessen im Genehmigungsverfahren zu vertreten und es kommen ihr dabei die prozessualen Rechte einer Verfahrenspartei zu.
Der Standortgemeinde fehlt daher in ihrer Stellung als Formalpartei nach § 100 Abs. 3 zweiter Satz BergG 1975, was die Gesetzmäßigkeit der Entscheidung in Ansehung der materiell-rechtlichen Bestimmungen des Berggesetzes anlangt, ein subjektives Recht, dessen Verletzung sie vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend machen könnte (vgl. abermals den hg. Beschluß vom 25. November 1997, Zl. 97/04/0124).
Da einerseits in dem im § 100 Abs. 3 erster Satz BergG 1975 festgelegten subjektiv-öffentlichen Recht die dort genannten Betroffenen durch einen nach § 100 Abs. 2 BergG 1975 ergehenden Genehmigungsbescheid nur im Rahmen ihrer in der mündlichen Verhandlung vor der Erstbehörde erhobenen Einwendungen, mit denen sie ihre Parteistellung im Genehmigungsverfahren begründet haben, verletzt werden können (vgl. zur diesbezüglich vergleichbaren Rechtslage nach § 356 Abs. 3 GewO 1994 z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1993, Zl. 92/04/0211), und andererseits hinsichtlich der im § 100 Abs. 3 zweiter Satz BergG 1975 genannten Interessen der Standortgemeinde subjektiv-öffentliche Rechte nicht eingeräumt sind, mangelt es somit an der Möglichkeit einer Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte der Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid.
Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998040081.X00Im RIS seit
19.03.2001