Entscheidungsdatum
01.02.2020Norm
B-VG Art130 Abs1 Z2Text
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch seinen Richter
HR Dr. Pichler über vorliegende Maßnahmenbeschwerde der A Rechtsanwälte GmbH in ***, ***, vertreten durch A Rechtsanwälte GmbH, w.o., gerichtet gegen die behauptete rechtswidrig erfolgte Sicherstellung eines externen Datenspeichers durch namentlich genannte Organe der belangten Behörde, des Bundesministeriums für Inneres, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung vom 18.12.2019 am Sitz der Bezirkshauptmannschaft Baden, gefasst folgenden
BESCHLUSS
1. Vorliegende Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 iVm Abs 6 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) idgF iVm § 31 leg. cit.
als
u n z u l ä s s i g z u r ü c k g e w i e s e n .
2. Die beschwerdeführende Partei A Rechtsanwälte GmbH als unterlegene Partei hat der obsiegenden Partei gemäß § 1 VwG-Aufwandersatzverordnung nach Z 3 leg. cit. den Betrag von 57,40 Euro als Ersatz des Vorlageaufwandes, nach Z 4 obzitierter Bestimmung den Betrag von 368,80 Euro als Ersatz des Schriftsatzaufwandes und die Summe von 461 Euro als Ersatz des Verhandlungsaufwandes, dies binnen der angemessenen Frist von acht Wochen zu bezahlen.
3. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung:
Mit vorliegender Maßnahmenbeschwerde gemäß § 130 Abs 1 Z 2 B-VG vom 07.08.2019 bekämpfte die Beschwerdeführerin, die A GmbH, die Rechtmäßigkeit der am 27.06.2019 in den Geschäftsräumlichkeiten der Beschwerdeführerin aufgrund der Anordnung der Durchsuchung und der Sicherstellung der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption durchgeführten Hausdurchsuchung.
Insbesondere als rechtswidrig erachtet wurde die Sicherstellung eines in ihrem Eigentum stehenden externen Datenspeichers mit vier Festplatten, welcher sich in den Räumlichkeiten des EDV-Dienstleisters der Beschwerdeführerin, der B GmbH, befand. Auch die nachträglich erfolgte Zustellung der entsprechenden Anordnung an die B GmbH in der Fassung des Beschlusses des Landesgerichtes *** vom 27.06.2019 sei nicht geeignet, diese Rechtswidrigkeit zu heilen, weil diese nur an die B GmbH erfolgte und die Beschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt einbezogen wurde.
Darüber hinaus hätte die erfolgte Sicherstellung keine Deckung in der schriftlichen Anordnung gefunden, würden sich die mit der Sicherstellung des NAS-Systems sichergestellten Daten auf den gesamten Klientenstock der Beschwerdeführerin beziehen, weshalb auch Daten betroffen seien, die in keinerlei Zusammenhang mit dem gegenständlichen Strafverfahren stehen würden.
Die in Rede stehenden Daten seien allenfalls auf dem USB-Stick des Rechtsanwalts C, der bereits vor Durchführung der Hausdurchsuchung als Geschäftsführer und Gesellschafter der Beschwerdeführerin ausgeschieden sei, sicherzustellen gewesen, nicht aber das gesamte NAS-System der Beschwerdeführerin, welches Klientendaten der letzten 7 Jahre enthalte.
In sachlicher Hinsicht sei das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zuständig, die Beschwerde überdies zulässig, da es sich aufgrund der Überschreitung der staatsanwaltlichen Anordnung um einen „Exzess“ gehandelt hätte, die Beschwerdefrist in zeitlicher Hinsicht gewahrt wäre, als Beschwerdegründe sohin die Rechtswidrigkeit wegen Überschreitung der bewilligten Anordnung, der Rechtswidrigkeit wegen Grundrechts- und sonstigen Rechtsverstößen geltend gemacht würde, das Recht auf ein faires Verfahren, sowie das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens bzw. auf Achtung der Wohnung (Art 6 und 8 EMRK, Art 9 StGG) und das Recht auf Datenschutz nach § 1 DSG verletzt worden wären, sohin begehrt würde, dies nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, gegenständlich angefochtenen Verwaltungsakt, insbesondere die erfolgte Sicherstellung des im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden
NAS-Systems, im Zuge der Durchsuchung der Räumlichkeiten der B GmbH für rechtswidrig zu erklären und die gesetzlichen Kosten zuzusprechen.
Im Rahmen des erteilten Parteiengehörs hat nach Zurkenntnisbringung vorliegender Maßnahmenbeschwerde das Bundesministerium für Inneres – Bundeskriminalamt – die Richtigkeit der Rechtsausführungen der beschwerdeführenden Partei bestritten und unter Verweis auf vorgelegte Beilagen begehrt, gegenständlich eingebrachte Maßnahmenbeschwerde wegen Unzuständigkeit zurückzuweisen und die Kosten für das Obsiegen im Sinne eines Ersatzes für Vorlageaufwand, Schriftsatzaufwand sowie einen allfälligen Verhandlungsauswand zuzusprechen.
Nach Vorlage weiterer vorbereitender Schriftsätze, Stellungnahmen und Beweismittel hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich – antragsgemäß – eine öffentliche mündliche Verhandlung am 18.12.2019 in Anwesenheit der Rechtsvertreter der beschwerdeführenden Partei sowie des Vertreters der belangten Behörde und des geladenen, ordnungsgemäß erschienenen, von seinem Entschlagungsrecht Gebrauch machenden Zeugen – Rechtsanwalt C – durchgeführt, hielten im Wesentlichen die Verfahrensparteien ihren eigenen bisher getätigten schriftlich dargelegten Rechtsstandpunkt aufrecht, begehrten, ihrem jeweilig eigenen Rechtsstandpunkt zu folgen, wurde keinerlei Einwand gegen die getroffene Protokollierung im Zuge der Verhandlung, auch nicht hinsichtlich der Echtheit und Richtigkeit vorgelegter weiterer Urkunden, erhoben, ausdrücklich auf die Verkündung der Entscheidung nach § 29 Abs 2 VwGVG und die Anberaumung einer gesonderten Verkündungstagsatzung verzichtet, hat sohin das Landesverwaltungsgericht unter Wertung und Würdigung des gesamten Vorbringens, welches einen integrierenden Bestandteil des gesamten Akteninhaltes bildet, in rechtlicher Hinsicht vorliegende Beschwerde schlussendlich als
unzulässig zurückzuweisen.
Folgender verfahrensrelevanter Sachverhalt wird aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens, der im Rahmen der Unmittelbarkeit getätigten Ausführungen, der damit in Einklang zu bringenden unbedenklichen, im Zuge des Verfahrens vorgelegten Schriftstücke, der rechtlichen Beurteilung nach als erwiesen, sachverhaltsrelevant, den folgenden rechtlichen Ausführungen, zu Grunde gelegt:
Am 27.06.2019 führten Beamte des Bundeskriminalamtes und des Landeskriminalamtes für Niederösterreich eine Durchsuchung der Räumlichkeiten der A Rechtsanwälte GmbH in ***, ***, durch, auf der Anordnung der Durchsuchung und der Sicherstellung der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption in der Fassung des Beschlusses des Landesgerichts *** vom 07.06.2019 basierend.
Gegen 09:10 Uhr des 27.06.2019 betraten die Beamten in Begleitung der Vertretung der Kammer, der Rechtsanwälte D und E, Letzterer dann bei der Sicherstellung bei der Firma B anwesend war, die Kanzleiräumlichkeiten.
Im Zuge der persönlichen Kontaktaufnahme mit Rechtsanwältin G wies diese die einschreitenden Beamten darauf hin, dass der offenbar als Beschuldigte geführte Rechtsanwalt C zu diesem Zeitpunkt nicht mehr als Geschäftsführer und Gesellschafter der Beschwerdeführerin fungiere, er sohin aktuell kein Partner der Rechtsanwaltskanzlei mehr sei.
Im Zuge dieses Gespräches wurde der Rechtsanwältin ein Exemplar des Durchsuchungsbeschlusses gegen Bestätigung ausgehändigt und sie aufgefordert, die vom Beschluss umfassten Beweismittel freiwillig herauszugeben.
Parallel und zeitnah zu der in den Räumlichkeiten der Rechtsanwaltschaft ablaufenden Amtshandlung, traf eine zweite Gruppe erhebender Polizeibeamter beim EDV-Dienstleister der Rechtsanwaltskanzlei, der Firma B GmbH, etabliert in ***, ein, dies in Begleitung eines Rechtsanwalts als Kammervertreter, da aufgrund der Aussagen des als Beschuldigten einvernommenen Rechtsanwalts C dort strafrechtlich verfahrensrelevante Daten auf ein Speichermedium ausgelagert worden seien.
Zweck der Intervention dieser Polizeibeamten beim EDV-Dienstleister war die Sicherstellung dieses Speichermediums.
Währenddessen wurde Rechtsanwältin G seitens eines vor Ort amtshandelnden Polizeibeamten darüber in Kenntnis gesetzt, dass es für die Firma B eine gerichtlich bewilligte Anordnung zur Durchsuchung und Sicherstellung des Speichermediums, auf dem sich die gelöschten und wiederhergestellten Daten der Rechtsanwaltskanzlei befänden, gebe, hätte der zuständige Staatsanwalt der WKStA die Beamten des Bundeskriminalamtes mündlich mit der Durchführung des Beschlusses beauftragt.
Diese mündliche Anordnung der WKStA datiert vom 27.06.2019, 09:06 Uhr.
Vom Geschäftsführer der Firma B wurde ein präzise und konkret bestimmter Datenträger im Beisein der vor Ort anwesenden Personen in einen Karton verpackt und versiegelt, dies in einem Durchsuchungs-Sicherstellungsprotokoll festgehalten.
Seitens der Rechtsanwaltskanzlei A Rechtsanwälte GmbH wurde gegen die Herausgabe Widerspruch gemäß § 112 StPO erhoben.
Der Widerspruch sowohl gegen die Hausdurchsuchung als auch gegen die Sicherstellung, namens von G und F im Namen der Rechtsanwaltskanzlei, ist im akteninhaltlichen Sicherstellungsprotokoll vermerkt.
Die von Rechtsanwältin G geforderte Entsiegelung der genannten Festplatte wurde abgelehnt, über die Versiegelung der sichergestellten Daten ein Protokoll sowie Verzeichnisse über die sichergestellten Unterlagen und Daten angefertigt.
Die Anordnung der Durchsuchung und Sicherstellung obangeführter Daten am Sitz des EDV-Dienstleisters B in *** wurde mündlich von der Staatsanwaltschaft am 27.06.2019 angeordnet und am gleichen Tag zu Aktenzeichen *** schriftlich ausgefertigt, wobei sich die mündliche, am 27.06.2019 vollzogene Anordnung mit der schriftlichen Ausfertigung vollinhaltlich deckt.
Inhalt gegenständlicher Anordnung ist u.a. der Umfang der Sicherstellung, dass verfahrensrelevante Gegenstände und sämtliche Geschäftsunterlagen sowie allfällige Datenträger bzw. elektronische Daten jeglicher Art und sämtliche zur Speicherung derartiger Beweismittel verwendete Datenträger davon umfasst sind, die dazu dienen können, den Sachverhalt zu klären.
Zu diesen verfahrensrelevanten Feststellungen gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aufgrund der im Rahmen der Unmittelbarkeit gewonnenen Beweisergebnisse im Rahmen der antragsgemäß durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, dem jeweiligen Parteienvorbringen, den damit gut in Einklang zu bringenden, der Echtheit und Richtigkeit nach unbedenklichen Urkunden, die als Gesamtes einen integrierenden Bestandteil gegenständlichen Verfahrens bilden und konnte daher – dies bezogen auf den Umfang des in vorliegender Maßnahmenbeschwerde bekämpften Sachverhaltes – ohne unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung von der Durchführung weiterer gestellter Beweisanträge Abstand genommen werden, da sich das Gericht aufgrund der bisher vorliegenden, als erwiesen anzusehenden Sachverhaltselemente ein klares Bild über den entscheidungsrelevanten Sachverhalt machen konnte.
Rechtlich folgt daher:
Der seitens der beschwerdeführenden Partei in vorliegender Maßnahmenbeschwerde bekämpfte Sachverhalt ist einer materiell-rechtlichen Erledigung im Rahmen der einschlägigen Bestimmungen hinsichtlich der behaupteten Rechtswidrigkeit einer Hausdurchsuchung, respektive Sicherstellung, nicht zugängig und ist sohin dieser Rechtsbehelf als unzulässig zurückzuweisen.
Vorliegende Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, insbesondere des behaupteten „Exzesses“, erweist sich mangels Vorliegen eines solchen als unzulässig.
I.
Zum Umfang der gerichtlichen Ermächtigung:
Die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt dann vor, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung eindeutig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt gegen individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist.
Demgegenüber können Akte von Verwaltungsorganen, die in Durchführung richterlicher Befehle gesetzt werden, gemäß herrschender Lehre und Rechtsprechung nicht dem Bereich der Hoheitsverwaltung zugeordnet werden.
Vielmehr sind der richterliche Befehl und dessen tatsächliche Ausführung, auch wenn diese durch Verwaltungsorgane vorgenommen wird, als Einheit zu sehen.
Demgemäß sind die aufgrund eines richterlichen Befehls von Verwaltungsorganen vorgenommenen Akte zur Durchführung dieses Befehls – solange die Verwaltungsorgane den ihnen durch den richterlichen Befehl gesteckten Ermächtigungsrahmen nicht überschreiten – funktionell der Gerichtsbarkeit zuzurechnen.
Nur im Fall einer offenkundigen Überschreitung des richterlichen Befehls liegt hingegen insoweit ein der Verwaltung zuzurechnendes Organhandeln vor (vgl. VwGH vom 17.05.1995, 94/01/0763 u.a.).
Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner ständigen, als gesichert anzusehenden, Judikatur ausführt, ist eine Beschlagnahme noch immer als Durchführung des Gerichtsbeschlusses anzusehen, auch dann, wenn aufgrund der gerichtlichen Verfügung auch Gegenstände beschlagnahmt worden sein sollten, deren Zusammenhang mit der Strafsache in Zweifel gezogen werden könnte (vgl. VfSlg 11.098/1986 u.a., auch VwGH vom 16.02.2000, 96/01/0230 u.a.).
Somit stellt die Hausdurchsuchung in jenem Umfang, in dem sie durch die gerichtliche Bewilligung gedeckt ist, keinen mit Maßnahmenbeschwerde bekämpfbaren Verwaltungsakt, sondern einen Akt der Gerichtsbarkeit dar.
Die gerichtliche Bewilligung ist nach ihrem objektiven Erklärungswert zu verstehen und nicht nach den Motiven, die ihr allenfalls zu Grunde liegen könnten oder danach, was der Richter gemeint haben dürfte.
Darüber hinaus ist selbst ein Irrtum der Beamten über die Grundlage der Hausdurchsuchung unerheblich, falls tatsächlich ein die konkrete Hausdurchsuchung sanktionierender richterlicher Befehl existiert (vgl. VfSlg 12.209/1989).
Ein Richterbefehl – und ebenso daher die gerichtliche Bewilligung – ist auch auf telefonischem Weg gültig.
Dass – und dies gegenständlich zur Anwendung zu bringen – der richterliche Hausdurchsuchungsbefehl bloß fernmündlich erteilt worden und während der Vornahme der Hausdurchsuchung noch nicht schriftlich ausgefertigt war, ändert nichts daran, dass die Hausdurchsuchung aufgrund eines richterlichen Befehls vorgenommen wurde.
Selbst wenn bei Durchführung der gerichtlichen Anordnung eine Gesetzwidrigkeit unterläuft, bleibt die Hausdurchsuchung gleichwohl der Akt eines Gerichtes und deshalb der Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof entzogen (vgl. VfSlg 11.783/1988 u.a.).
Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die rechtliche Zurechnung des Vollzughandelns zur Justizgewalt nicht schon dadurch unterbrochen wird, dass im Vollzug des richterlichen Befehls Gesetzwidrigkeiten hinsichtlich der bei einem solchen Akt zu wahrenden Förmlichkeiten unterlaufen.
Durchbrochen wird der Auftragszusammenhang des Organhandelns zur richterlichen Gewalt nur durch solche Maßnahmen, die ihrem Inhalt und Umfang nach in der gerichtlichen Anordnung keine Deckung mehr finden (vgl. VwGH vom 31.05.2000, 99/13/0084).
Solche Akte unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt sind zweifelsfrei im Zuge des gesamten Verfahrens nicht hervorgekommen.
II.
Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte bei Hausdurchsuchungen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei nach der Bestimmung des § 106 Abs 1 StPO idF LBGl I Nr. 85/2015 bereits festgehalten, dass sich diese Frage nicht stellt, wenn die angefochtene Maßnahme durch die Polizei erfolgt und eine Einspruchsmöglichkeit an das ordentliche Gericht insoweit nicht bestand (vgl. VwGH vom 21.06.2018, Ro 2017/01/0006, Rn. 11, mwN).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner als gesichert anzusehenden Rechtsprechung hinreichend geklärt, dass für die Zuständigkeit zur Behandlung einer Maßnahmenbeschwerde alleine maßgeblich ist, ob es zu einer Überschreitung der gerichtlichen Anordnung im Sinne eines Exzesses gekommen ist.
Von einem Exzess kann in diesem Sinn nur bei Maßnahmen gesprochen werden, die ihrem Inhalt und Umfang nach in der gerichtlichen Anordnung keine Deckung mehr finden (vgl. VwGH vom 12.09.2016, Ra 2014/04/0038, VwGH vom 14.12.2018, Ro 2018/01/0017).
Nach dieser Rechtsprechung, der sich das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich vorliegendenfalls rückhaltlos anschließt, kommt es entscheidend darauf an, ob die gesetzten Maßnahmen durch die gerichtliche Anordnung gedeckt waren.
Ausgangspunkt einer entsprechenden Beurteilung ist der Wortlaut des richterlichen Befehls. Auch dessen Sinngehalt ist für die Auslegung von Bedeutung.
Aus obigen Ausführungen erhellt, dass für die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes zur Behandlung der Maßnahmenbeschwerde nach Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG allein maßgeblich ist, ob es zu einer Überschreitung des Hausdurchsuchungsbefehls im Sinne eines Exzesses gekommen ist (vgl. VwGH vom 22.04.2015, Ra 2014/04/0046-0051 u.a.).
Die Modalitäten und die näheren Umstände, unter denen eine Hausdurchsuchung mit erfolgter Sicherstellung erfolgte, sind keine vor dem Verwaltungsgericht selbständig bekämpfbaren Maßnahmen.
Bei einer aufgrund eines richterlichen Befehls durchgeführten Hausdurchsuchung ist auch die Vorgangsweise bei Durchsetzung des Hausdurchsuchungsbefehls dem Gericht zuzurechnen.
Auch wird die rechtliche Zurechnung des Vollzugshandelns zur Justizgewalt nicht schon dadurch unterbrochen, dass im Vollzug des richterlichen Befehls Gesetzwidrigkeiten hinsichtlich der bei einem Akt zu wahrenden Förmlichkeiten unterlaufen.
Durchbrochen wird der Auftragszusammenhang des Organhandelns zur richterlichen Gewalt nur durch solche Maßnahmen, die ihrem Inhalt und Umfang nach in der gerichtlichen Anordnung keine Deckung mehr finden (vgl. grundlegende Entscheidung VwGH 22.04.2015, Ra 2014/04/0046-0051, in diesem Sinne auch VwGH 14.12.2018, Ro 2018/01/0017).
Einzelfallbezogen läge eine der belangten Behörde selbst zuzurechnende Überschreitung des richterlichen Befehls nur dann vor, wenn die beschlagnahmten Gegenstände ganz offenkundig nicht von ihm erfasst wären (vgl. VfSlg 11.098/1986 u.a.).
Diese Voraussetzungen für die materiell-rechtliche Entscheidung und Zurechenbarkeit des mit Maßnahmenbeschwerde bekämpften Organhandelns liegen sohin gegenständlich keinesfalls vor, findet die Sicherstellung des in Rede stehenden NAS-Systems zweifelsfrei Deckung im Wortlaut und Sinngehalt der konkret präzise gefassten Anordnung, wobei es sich um Datenträger und elektronische Daten handelt.
III.
Es liegt somit ein allenfalls die materiell-rechtliche Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes begründender Umstand eines „Exzesses“ gegenständlich keinesfalls vor.
Das Hausrechtsgesetz und darauf fußend die StPO garantieren im Grunde nur die Einhaltung einer bestimmten Form des Vorgehens bei Hausdurchsuchungen.
Nach ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist aber bei einer aufgrund eines richterlichen Befehls durchgeführten Hausdurchsuchung auch die Vorgangsweise bezüglich eines Hausdurchsuchungsbefehls dem Gericht zuzurechnen.
Die Modalitäten und die näheren Umstände, unter denen eine Hausdurchsuchung/Sicherstellung erfolgte, sind daher keine vor den Verwaltungsgerichten bekämpfbaren Maßnahmen (vgl. VfSlg 11.098/1986, 11.783/1988, VwGH 23.09.1998, 97/01/1084).
Die §§ 121ff StPO enthalten jene Durchführungsbestimmungen, auf die das Gesetz zum Schutz des Hausrechts (Art 9 StGG) in seinem § 5 verweist.
Die ordentlichen Gerichte haben daher im Einspruchsverfahren jedenfalls auch die „Modalitäten“ der Ausführung einer gerichtlichen Anordnung auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen.
Bezogen auf gegenständlichen Einzelfall waren sohin unter Anwendung der Bestimmung des § 122 Abs 2 SPO die am Sitz des EDV-Dienstleisters B vorgefundenen Datenträger sicherzustellen, da sich die Beschlagnahme vorgefundener gegenständlicher Daten auf einen entsprechenden Verdacht gründet und keinesfalls sohin von einer denkunmöglichen Gesetzesanwendung gesprochen werden kann (VfSlg 12.136/1989) – dem Gedankenduktus folgend – sohin ebenfalls hier kein „Exzess“ behördlichen Handelns, der einer Maßnahmenbeschwerde unterstellt werden kann, zu ersehen ist.
IV.
Aus obigen rechtlichen Feststellungen, insbesondere unter Bedachtnahme auf die Umstände des Einzelfalles, erhellt im Lichte ständiger Judikatur, dass die Maßnahmenbeschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG der Beschwerdeführerin A Rechtsanwälte GmbH mangels Zulässigkeit einer materiell-rechtlichen Entscheidung nicht zugängig und sohin beschlussmäßig als unzulässig zurückzuweisen war.
V.
Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass durch das behördliche Handeln und die sich auf einen richterlichen Beschluss stützende Vorgangsweise der Polizeibeamten die Beschwerdeführerin weder gemäß Art 8 EMRK noch nach Art 6 EMRK in ihren Rechten verletzt wurde.
VI.
Da sohin gegenständlich einzelfallbezogen kein einer Maßnahmenbeschwerde zugängiger Akt unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt rechtlich zu qualifizieren ist, die Hausdurchsuchung, deren Modalitäten und die Sicherstellung der in Rede stehenden Datenträger dem Umfang nach der Anordnung der Staatsanwaltschaft und dem richterlichen Befehl zu unterstellen ist, dahingehend keinerlei exzessives Verhalten der amtshandelnden Beamten durch Überschreitung der erteilten Befugnisse vorliegt, war sohin gegenständliche Maßnahmenbeschwerde – ohne auf inhaltliches materiell-rechtliches Vorbringen eingehen zu können – als unzulässig zurückzuweisen, wobei sich der Kostenausspruch auf die spruchgenannten Gesetzesstellen stützt.
VII.
Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen zur Anwendung zu bringenden Rechtsprechung, welche gegenständlich auch anlassbezogen zitiert wurde, ist die höchstgerichtliche Rechtsprechung zweifelsfrei als einheitlich zu beurteilen und liegen auch gegenständlich keine sonstigen Hinweise für eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage in diesem Einzelfall vor.
Schlagworte
Maßnahmenbeschwerde; Hausdurchsuchung; Sicherstellung; richterlicher Befehl; Exzess; Zuständigkeit;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.M.21.001.2019Zuletzt aktualisiert am
09.03.2020