Entscheidungsdatum
03.02.2020Norm
AVG 1991 §8Text
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch die Richterin
HR Mag. Marihart über den Antrag auf Akteneinsicht des Herrn A, vertreten durch die C GmbH, ***, ***, vom 13. Dezember 2019 in einer Beschwerdesache des Herrn B betreffend die Feststellung des Nichtvorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen und Untersagung der Ausübung des Gewerbes des Rauchfangkehrers, folgenden
BESCHLUSS
1. Der Antrag wird gemäß §§ 28 Abs. 1 und 31 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) als unzulässig zurückgewiesen.
2. Gegen diesen Beschluss ist nach § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) nicht zulässig.
Begründung:
1. Sachverhalt:
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach (im Folgenden die belangte Behörde) vom 09. Juli 2019 wurde festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes des Rauchfangkehrers eingeschränkt auf das Kehrgebiet ***, GISA Zahl *** nicht vorliegen und wurde daher B die Ausübung dieses Gewerbes untersagt.
Am 5. August 2019 wurde durch B, vertreten durch D, ***, *** fristgerecht Beschwerde bei der belangten Behörde erhoben.
Die belangte Behörde legte am 13. August 2019, ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen, dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich den Verwaltungsakt, ZI. ***, mit dem Ersuchen um Entscheidung über die erhobene Beschwerde, vor.
Am 13. Dezember 2019 stellte A (im Folgenden der Antragsteller), vertreten durch die C GmbH den Antrag auf Akteneinsicht an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich bezüglich des anhängigen Beschwerdeverfahrens mit der Begründung, er habe auf Grund seiner Stellung als Mitbewerber bei der bedarfsgebundenen Gewerbeanmeldung Parteistellung.
2. Feststellungen:
Beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ist betreffend die Feststellung der gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes des Rauchfangkehrers, eingeschränkt auf das Kehrgebiet ***, GISA Zahl ***, ein Beschwerdeverfahren anhängig.
Der Antragsteller stellte den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Akteneinsicht am 13. Dezember 2019.
Der Antragsteller meldete mit 01. Jänner 2019 die Gewerbeberechtigung des Rauchfangkehrers im Kehrgebiet *** ruhend.
3. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen gründen auf dem Inhalt des unbedenklichen Verwaltungsaktes der belangten Behörde, ZI. *** sowie des Verwaltungsgerichtsaktes ZI. LVwG-AV-917/001-2019.
4. Rechtslage:
Die maßgeblichen Bestimmungen des VwGVG lauten:
§ 17 Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
[…]
§ 31 (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
Die maßgebliche Bestimmung des AVG 1991 lautet:
§ 17 (1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien bei der Behörde in die ihre Sache betreffenden Akten Einsicht nehmen und sich von Akten oder Aktenteilen an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder auf ihre Kosten Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen. Soweit die Behörde die die Sache betreffenden Akten elektronisch führt, kann der Partei auf Verlangen die Akteneinsicht in jeder technisch möglichen Form gewährt werden.
(2) Allen an einem Verfahren beteiligten Parteien muß auf Verlangen die Akteneinsicht in gleichem Umfang gewährt werden.
(3) Von der Akteneinsicht sind Aktenbestandteile ausgenommen, insoweit deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen einer Partei oder dritter Personen oder eine Gefährdung der Aufgaben der Behörde herbeiführen oder den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen würde.
(4) Die Verweigerung der Akteneinsicht gegenüber der Partei eines anhängigen Verfahrens erfolgt durch Verfahrensanordnung.
Die maßgebliche Bestimmung der GewO 1994 lautet:
§ 121 (1) […]
(1a) Die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes erfordert hinsichtlich der sicherheitsrelevanten Tätigkeiten im Sinne des § 120 Abs. 1 zweiter Satz weiters
1. dass der Anmelder nicht schon im selben oder in zwei verschiedenen Kehrgebieten das Rauchfangkehrergewerbe als Gewerbeinhaber ausübt oder als Geschäftsführer oder Filialgeschäftsführer im Rauchfangkehrergewerbe tätig ist, und
2. das Vorliegen eines Bedarfes nach der beabsichtigten Gewerbeausübung.
5. Erwägungen:
Das Recht auf Akteneinsicht kommt gemäß § 17 AVG 1991 den Parteien eines anhängigen oder abgeschlossenen Verfahrens unabhängig davon zu, zu welchem Zweck sie die Akteneinsicht begehrt haben. Das subjektive Recht auf Akteneinsicht steht jedoch nur den Parteien des Verwaltungsverfahrens, in dessen Akten Einsicht genommen werden soll, zu (vgl. dazu etwa die Entscheidungen des VwGH vom 17.09.2014, Ra 2014/04/0025, vom 30.01.2014, 2012/05/0011, und vom 28.03.2008, 2007/02/0325).
Nach dem klaren Wortlaut des § 17 Abs. 1 AVG steht das Recht auf Akteneinsicht nur den Parteien iSd § 8 AVG in Bezug auf Akten oder Aktenteile zu, die „Ihre Sache betreffen“ (vgl. VwGH vom 27.9.2011, 2010/12/0184). Es setzt also ein Verwaltungsverfahren bei der Behörde, der gegenüber Einsicht begehrt wird voraus, in dem der Auskunftswerber Parteistellung hat. Also vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt ist.
Bloße wirtschaftliche Interessen, die durch keine Rechtsvorschrift zu rechtlichen Interessen erhoben werden, begründen keine Parteistellung (VwGH 21.1.2019, Ra 2018/03/0118; 24.5.2006, 2006/04/0055; jeweils mwN).
Gemäß § 121 Abs. 1a Z 2 GewO 1994 erfordert die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes hinsichtlich der sicherheitsrelevanten Tätigkeiten die Feststellung des Vorliegens eines Bedarfes nach der beabsichtigten Gewerbeausübung.
Die Entscheidung ZI. Ro 2016/04/0008 des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Mai 2017 stellt auf konkurrierende Gewerbeanmeldungen mehrerer Personen im Hinblick auf die sicherheitsrelevanten Tätigkeiten ab. Diese Judikatur ist aber nicht auf den (gegenständlichen) Fall anzuwenden, wenn das Rauchfangkehrergewerbe bereits durch einen Gewerbeinhaber in dem betroffenen Kehrgebiet ausgeübt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof betont, dass die Erlangung einer Gewerbeberechtigung für das Handwerk der Rauchfangkehrer in einem bestimmten Kehrgebiet an das Vorliegen eines Bedarfes nach der beabsichtigten Gewerbeausübung anknüpft. Insoweit ist auch eine Bedachtnahme auf in diesem Gebiet bestehende Rauchfangkehrerbetriebe normiert. Diese Bestimmungen bringen aber nicht zum Ausdruck, dass dem Inhaber einer Gewerbeberechtigung für das Handwerk der Rauchfangkehrer ein Anspruch auf Untersagung der Ausübung dieses Gewerbes im selben Kehrgebiet durch einen anderen oder auch nur auf Teilnahme im Verfahren über dessen Gewerbeanmeldung zukäme.
Der Antragsteller verfügt im anhängigen Verfahren betreffend die Gewerbeanmeldung des Rauchfangkehrers des B eingeschränkt auf das Kehrgebiet *** über keine Parteistellung im Sinne des § 17 AVG 1991 iVm
§ 121 Abs. 1a Z 2 GewO 1994, da dieser bereits über die Gewerbeberechtigung (welche er am 01. Jänner 2019 ruhend gemeldet hat) in dem besagten Kehrgebiet verfügt und nicht als Mitbewerber anzusehen ist.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
6. Zur Nicht Durchführung einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG entfällt eine Verhandlung, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Da bereits aufgrund der seitens der belangten Behörde übermittelten Akten feststand, dass der Antragsteller über keine Parteistellung verfügt und der Antrag zurückzuweisen war, entfiel die öffentliche mündliche Verhandlung.
7. Zur Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil die Entscheidung nicht von der oben zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.
Schlagworte
Gewerbliches Berufsrecht; Rauchfangkehrer; Verfahrensrecht; Antrag; Akteneinsicht; Parteistellung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.917.002.2019Zuletzt aktualisiert am
09.03.2020