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L22002 Landesbedienstete Kärnten;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, in der Beschwerdesache des Dr. H in W, vertreten durch Dr. Kurt Klein u.a., Rechtsanwälte in Graz, Grazbachgasse 39/III, gegen die Kärntner Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit einer Versetzung bzw. Dienstzuteilung, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Beamter im Ruhestand in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Kärnten.
Mit Beschwerdeschriftsatz vom 24. April 1997 machte der Beschwerdeführer die Verletzung der Entscheidungspflicht der belangten Behörde in folgenden Punkten geltend:
"1.
Der Verwaltungsgerichtshof wolle in Entsprechung dieser Beschwerde aussprechen, daß die Verwendungsänderung des Beschwerdeführers im Juli 1994 eine Dienstzuteilung im Sinn des § 39 Kärntner Dienstrechtsgesetz, in der mit LGBl 71/1994 wiederverlautbarten Fassung darstellt.
2.
Daß dem Beschwerdeführer die Zuteilungsgebühr im Sinn des § 206 leg. cit. mit Wirkung vom 12.7.1994 zuerkannt wird.
3.
Daß dem Beschwerdeführer mit Wirkung vom 1.10.1994 eine Mehrleistungszulage im Sinn des § 158 leg. cit. zuerkannt wird.
4.
Daß dem Beschwerdeführer mit Wirkung vom 1.10.1994 eine Verwendungszulage im Sinn des § 176 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. zuerkannt werde.
5.
Daß dem Beschwerdeführer für fünf Überstunden eine Überstundenabgeltung gem. § 153 leg. cit. zuerkannt wird."
Nach Eröffnung des Vorverfahrens legte die belangte Behörde mit Schreiben vom 13. August 1997 den nachgeholten Bescheid, der folgenden Spruch aufweist, vor:
"Ihre Anträge auf
1.
Zuerkennung einer Zuteilungsgebühr nach den reiserechtlichen Bestimmungen des Kärntner Dienstrechtsgesetzes bzw. Reisebeihilfe nach § 208 des Kärntner Dienstrechtsgesetzes 1994, LGBl. Nr. 71/1994,
2.
Zuerkennung einer Mehrleistungszulage im Sinne des § 158 leg. cit.,
3.
Zuerkennung einer Verwendungszulage nach § 176 Abs. 1 Z 3 leg. cit. und
4.
finanzielle Abgeltung von sechs im Jahr 1995 geleisteten Überstunden
werden abgewiesen."
Mit Schreiben vom 8. September 1997 teilte die belangte Behörde mit, daß der Beschwerdeführer auf seinen Antrag bereits mit Bescheid vom 5. April 1996 mit Ablauf des 30. April 1996 in den Ruhestand versetzt wurde.
Der Beschwerdeführer wurde daraufhin mit Verfügung vom 10. September 1997 unter Hinweis auf den Umstand, daß von seiner Säumnisbeschwerde noch der Antragspunkt 1 unerledigt sei, eingeladen, innerhalb von zwei Wochen darzulegen, welches rechtliche Interesse an der von ihm begehrten Entscheidung - über eine allfällige Beschwerde gegen den Bescheid vom 13. August 1997, in dem die belangte Behörde von einer bescheidmäßig verfügten Versetzung ausgegangen ist, hinaus - allenfalls noch besteht.
Mit Beschluß vom 17. September 1997 stellte der Verwaltungsgerichtshof dann das Verfahren hinsichtlich der vorher genannten vier Punkte (Zlen. 97/12/0309 bis 0312) wegen Nachholung der bescheidmäßigen Erledigung gemäß § 36 Abs. 2 VwGG unter Zuspruch der beantragten Kosten nach §§ 55 Abs. 1 in Verbindung mit 59 Abs. 1 VwGG ein.
Der Beschwerdeführer teilte zur Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. September 1997 mit, daß er trotz seiner Ruhestandsversetzung nach wie vor ein rechtliches Interesse an der von ihm begehrten Feststellung habe, daß die von der Behörde verfügte Verwendungsänderung im Juli 1994 nur eine Dienstzuteilung nach § 39 des Kärntner Dienstrechtsgesetzes gewesen sei. Ob es sich um eine Versetzung oder um eine Dienstzuteilung gehandelt habe, habe für ihn beachtliche Auswirkungen, weil davon der Anspruch auf Zulagen und Reisegebühren abhänge. Die Zulagen seien weiters ruhegenußfähig. Die belangte Behörde sei zwar in ihrem Bescheid vom 13. August 1997 von einer bescheidmäßig verfügten Versetzung ausgegangen, habe dies aber "nicht ausdrücklich im Spruch des Bescheides festgehalten", sondern lediglich der von ihr getroffenen Entscheidung über die Zulagen und Gebühren zugrunde gelegt. Das Kärntner Dienstrechtsgesetz sehe aber ausdrücklich vor, daß Versetzungen nur mit Bescheid ausgesprochen werden dürften. Bei einer Verletzung der diesbezüglichen Verpflichtung der Behörde bestehe auch nach Beendigung des aktiven Dienstverhältnisses noch ein rechtliches Interesse an der Entscheidung über die Art der Verwendungsänderung.
Mit dem Bemerken, daß die vom Verwaltungsgerichtshof eingeräumte Frist zur Nachholung des versäumten Bescheides bereits abgelaufen ist, wurde der belangten Behörde im Sinne des § 36 Abs. 2 und 8 VwGG und unter Hinweis auf § 38 Abs. 2 VwGG Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Die belangte Behörde äußerte sich wie folgt:
Im Bescheid vom 13. August 1997 habe sie in der Begründung zum Spruchpunkt 1 (Zuerkennung einer Zuteilungsgebühr nach den reiserechtlichen Bestimmungen des Kärntner Dienstrechtsgesetzes bzw. Reisebeihilfe nach § 208 des Kärntner Dienstrechtsgesetzes) angeführt, daß ihrer Ansicht nach sehr wohl eine Versetzung vorläge, weil das diesbezügliche Schreiben vom 12. Juli 1994 als bescheidmäßige Erledigung anzusehen sei, auch wenn es nicht in allen Punkten den formellen Voraussetzungen entspreche. Zu den Ausführungen des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde darauf hin, daß von den beantragten Gebühren (im reiserechtlichen Sinn) bzw. Nebengebühren (Mehrleistungszulage) und Zulagen (Verwendungszulage) lediglich die letztere als ruhegenußfähig anzusehen sei. Die Mehrleistungszulage im Sinn des § 158 des Kärntner Dienstrechtsgesetzes gehöre zu den im § 287 des genannten Gesetzes angeführten sogenannten "anspruchsbegründenden Nebengebühren", die auf Basis der festzuhaltenden Nebengebührenwerte einen Anspruch auf Nebengebührenzulage zum Ruhegenuß begründeten.
Zuteilungsgebühr, Trennungsgebühr wie auch die Reisebeihilfe seien weder als ruhegenußfähige Zulage noch als "anspruchsbegründende Nebengebühr" anzusehen. Hiebei handle es sich um den Ersatz eines Mehraufwandes im Sinn einer Aufwandsentschädigung. Der Beschwerdeführer befinde sich seit 1. Mai 1996 im Ruhestand. Die Ansicht des Beschwerdeführers, daß trotzdem nach wie vor ein rechtliches Interesse an der Feststellung einer Verwendungsänderung oder Dienstzuteilung vorläge, weil sich die Zulagen auch noch nach Beendigung des aktiven Dienstes auf den Beschwerdeführer auswirken würden, könne von der belangten Behörde nicht geteilt werden. Der Umstand, daß die belangte Behörde das Vorliegen einer Versetzung der Begründung zum ersten Punkt des nachgeholten Bescheides zugrunde gelegt habe und dies nicht ausdrücklich im Spruch dieses Bescheides festgehalten habe, scheine aus Sicht der belangten Behörde gerechtfertigt.
Nach § 38 Abs. 1 des Kärntner Dienstrechtsgesetzes, LGBl. Nr. 35/1985 (wiederverlautbart unter LGBl. Nr. 71/1994), liegt eine Versetzung vor, wenn der Beamte einer anderen Dienststelle zur dauernden Dienstleistung zugewiesen wird. Die Versetzung ist nach Abs. 5 der genannten Bestimmung mit Bescheid zu verfügen.
Eine Dienstzuteilung liegt nach § 39 Abs. 1 leg. cit. dann vor, wenn der Beamte vorübergehend einer anderen Dienststelle zur Dienstleistung zugewiesen und für die Dauer dieser Zuweisung mit der Wahrnehmung von Aufgaben eines in dieser Dienststelle vorgesehenen Arbeitsplatzes betraut wird.
Im Beschwerdefall ist inhaltlich im wesentlichen allein strittig, ob die behauptete Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit der Personalmaßnahme der Dienstbehörde vom 12. Juli 1995, nämlich der Zuweisung des Beschwerdeführers von der Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg zur Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt zur Dienstleistung, als Versetzung in Bescheidform erfolgt ist oder nicht.
Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers sei er von seiner bisherigen Dienststelle zwar "versetzt" worden, dies sei ihm aber nur mit Schreiben vom 12. Juli 1994 mitgeteilt, jedoch nicht bescheidmäßig verfügt worden. Das Schreiben der Behörde vom 12. Juli 1994 erfülle nicht die Voraussetzungen eines Bescheides, es handle sich nur um eine Dienstzuteilung. Eine entsprechende Entscheidung sei von der Behörde abgelehnt worden, weil der Ausgang einer anderen "Causa" (wird näher ausgeführt) hätte abgewartet werden sollen. Die belangte Behörde sei daher selbst von einer Dienstzuteilung ausgegangen, sodaß der Beschwerdeführer Anspruch auf Zuteilungsgebühren habe. Jedenfalls habe der Beschwerdeführer mehrfach um Ausstellung eines Bescheides über seine Versetzung bzw. die Änderung seiner Verwendung ersucht; eine bescheidmäßige Erledigung sei aber nicht erfolgt.
Die sowohl vom Beschwerdeführer als auch von der belangten Behörde angesprochene Erledigung vom 12. Juli 1994 hat folgenden Wortlaut:
"Mit Erkenntnis der Disziplinarkommission für Landesbeamte beim Amt der Kärntner Landesregierung vom 22. Juni 1994, Zl. DI 4/2/94, wurden die gegen Sie eingeleiteten disziplinären Schritte mit Ablauf des 11. Juli 1994 eingestellt.
Mit Rechtskraft dieses Erkenntnisses endet demnach Ihre Suspendierung mit Wirkung vom 12. Juli 1994.
Im Sinne der mit Ihnen und Herrn Bezirkshauptmann Dr. MURI getroffenen Absprachen werden Sie gemäß § 38 Abs. 1 des Kärntner Dienstrechtsgesetzes, LGBl. Nr. 35/1984, in der geltenden Fassung
mit Wirkung vom 12. Juli 1994
zur Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt versetzt.
Wir ersuchen Sie, sich zum Dienstantritt bei Herrn Bezirkshauptmann Dr. MURI einzufinden. Aus Gründen der Vollständigkeit wird unter einem, Ihre mit Dekret vom 8. November 1972, Zl. Pers-14877/12/72, erfolgte Betrauung zum Stellvertreter des Bezirkshauptmannes der Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg aufgehoben."
Diese Erledigung ist nicht bescheidmäßig gegliedert, sie ist aber für die Kärntner Landesregierung gezeichnet.
Zur Frage des Bescheidcharakters einer nicht als Bescheid bezeichneten Erledigung hat ein verstärkter Senat des Verwaltungsgerichtshofes mit Entscheidung vom 15. Dezember 1977, Slg. N. F. Nr. 9458/A, ausgeführt:
Enthält eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung, dann ist das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muß sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinn auch aus der Form der Erledigung, ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen u.dgl. können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG, gewertet werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat schon in seiner bisherigen Judikatur den rechtsverbindlichen Inhalt einer behördlichen Erledigung als für die Bescheidqualität der Erledigung wesentlich gewertet und unter dieser Voraussetzung die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nicht als wesentlich angesehen. Ergibt sich aus dem Wortlaut der behördlichen Erledigung, insbesondere aus der Verwendung der Verfahrensgesetze und der Verwaltungsvorschriften für jedermann eindeutig, daß ein rechtsverbindlicher Abspruch vorliegt, dann ist ungeachtet des Fehlens der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid ein solcher als gegeben anzunehmen. Der mit der Bestimmung des § 58 Abs. 1 AVG angestrebte Zweck, nämlich durch die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Betroffenen Klarheit und damit Rechtssicherheit zu schaffen, ist erreicht, wenn die Bestimmung über den Spruch des Bescheides in eindeutiger Form eingehalten und verwirklicht ist. Die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid ist jedoch nicht in jedem Fall entbehrlich. Verwaltungsbehörden (im organisatorischen Sinn) können auch rechtsgeschäftliche Erklärungen abgeben, wobei aus dem Inhalt der Erklärung noch nicht eindeutig geschlossen werden kann, ob es sich um rechtsgeschäftliche Erklärungen oder um rechtsverbindliche Anordnungen im Bereich des öffentlichen Rechts handelt. Ferner sind behördliche Erledigungen nicht nur in Bescheidform zu erlassen (vgl. Verfahrensanordnungen, Dienstaufträge oder organisatorische Maßnahmen). Insbesondere in jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung oder einer behördlichen Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen läßt, ist die ausdrückliche Bezeichnung für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell. Nur dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung, keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, daß die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nach der für sich allein gesehen unabdingbaren Norm des § 58 Abs. 1 AVG für das Vorliegen eines Bescheides nicht wesentlich.
An eine behördliche Erledigung, die nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, muß hinsichtlich der Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab angelegt werden (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Mai 1988, Zl. 87/12/0103).
Die im Beschwerdefall zu beurteilende Erledigung der belangten Behörde ist nicht als Bescheid bezeichnet und nicht bescheidmäßig gegliedert. Trotzdem ist aber der Formulierung "... werden Sie gemäß § 38 Abs. 1 des Kärntner Dienstrechtsgesetzes, LGBl. Nr. 35/1985, in der geltenden Fassung, mit Wirkung vom 12. Juli 1994 zur Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt versetzt." der normative Inhalt nicht abzusprechen. Da die Fertigung "Für die Kärntner Landesregierung" erfolgte und die Erledigung den Beglaubigungsvermerk trägt, teilt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der belangten Behörde, daß es sich hiebei trotz des Fehlens der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid um einen solchen gehandelt hat. Die belangte Behörde ist daher in ihrem Bescheid vom 13. August 1997 zu Recht davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer mit 12. Juli 1994 zur Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt versetzt und nicht bloß dienstzugeteilt worden ist. Es ist damit weiters klargestellt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Verletzung der Entscheidungspflicht mangels eines bescheidmäßigen Abspruches über die am 12. Juli 1994 vorgenommene Personalmaßnahme nicht gegeben ist.
Die Säumnisbeschwerde des Beschwerdeführers war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Schlagworte
Bescheidcharakter Bescheidbegriff Bejahung des Bescheidcharakters Bescheidcharakter Bescheidbegriff Inhaltliche Erfordernisse Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997120181.X00Im RIS seit
20.11.2000