TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/6 G303 2199054-1

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Veröffentlicht am 06.06.2019
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Entscheidungsdatum

06.06.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

G303 2199054-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Eva WENDLER und den fachkundigen Laienrichter Herbert WINTERLEITNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX,

geboren am XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, vom 15.01.2018, Zl.: OB:

XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1 und § 45 des Bundesbehindertengesetzes (BBG) in der geltenden Fassung mit der Maßgabe, dass der Grad der Behinderung 30 (dreißig) von Hundert beträgt, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) brachte am 09.01.2018 bei der Zentralen Poststelle des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ein. Mit dem Antrag wurden ein medizinischer Befund, eine Kopie der Geburtsurkunde und des Staatsbürgerschaftsnachweises sowie eine Meldebestätigung in Vorlage gebracht.

2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

2.1. In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 15.01.2018 wurde aufgrund der Aktenlage im Wesentlichen folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Stoffwechselstörung, Stoffwechselstörungen leichten Grades Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz bei Zöliakie Marsch Typ IIIa/Befund von 09.2017 und erforderlichen diätetischen Maßnahmen, unter diesen ist ein weit gehend ungehindertes Arbeits- und Alltagsleben möglich, die Freizeitgestaltung ist nicht oder wenig eingeschränkt.

09.03.01

20

 

Gesamtgrad der Behinderung

 

20 v.H.

3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 15.01.2018, Zl. OB: XXXX, wurde der Antrag vom 09.01.2018 auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen. Gestützt wurde die Entscheidung der belangten Behörde auf das eingeholte, unter I.2.1. angeführte, ärztliche Sachverständigengutachten. Danach würden die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen, da der Grad der Behinderung der BF 20 % betrage.

4. Gegen diesen Bescheid vom 15.01.2018 brachte die BF binnen offener Frist die bei der belangten Behörde am 09.02.2018 eingelangte als "Einspruch" bezeichnete Beschwerde ein. Die BF brachte vor, dass sie nicht gewusst habe, dass auch andere Erkrankungen wichtig dafür seien, und möchte Befunde nachreichen. Sie brachte im Rahmen der Beschwerdeerhebung einen ärztlichen Befundbericht von Dr. XXXX XXXX, Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie, vom 31.01.2018, in Vorlage.

5. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 23.02.2018 wurde die BF aufgefordert, innerhalb von vier Wochen aktuelles Befundmaterial bezüglich der neuen Gesundheitsschädigungen vorzulegen.

5.1. Nach der vorliegenden Aktenlage wurden seitens der BF keine weiteren medizinischen Beweismittel vorgelegt.

6. Im Rahmen des fortgesetzten Ermittlungsverfahrens zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung wurde seitens der belangten Behörde ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

6.1. Im medizinischen Sachverständigengutachten der Amtssachverständigen Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 20.03.2018, wird basierend auf der persönlichen Untersuchung der BF am selben Tag (im Gutachten irrtümlicherweise mit 05.04.2018 angeführt), im Wesentlichen folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates, Spondylarthritis mit Enthesitiden, Coxarthrose rechts, rezidivierende Sakroiliitis, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Bewegungseinschränkung der linken Schulter Unterer Rahmenwert bei mäßiggradigen Bewegungseinschränkungen und Bewegungsschmerzen, keine höherwertige Schmerzmedikation

02.02.02

30

2

Zöliakie Typ Marsh III, Laktoseintoleranz Mittlerer Rahmenwert. Ausschließlich diätetische Maßnahmen ermöglichen die Aufrechterhaltung der Körperfunktionen. Die Erkrankung ist weitgehend stabil

09.03.01

20

3

Zustand nach Thyreoidektomie bei Morbus Basedow, medikamentöse Dauertherapie, keine Stoffwechselentgleisungen Unterer Rahmenwert bei euthyreoter Funktionslage unter entsprechender Medikation

09.03.01

10

 

Gesamtgrad der Behinderung

 

30 v.H.

Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung in der Höhe von 30 von Hundert wurde ausgeführt, dass die Gesundheitsschädigung 1 führend sei, weil sie die Schwerwiegendste sei. Die anderen Gesundheitsschädigungen würden einerseits nicht in einer schwerwiegenden, direkten, ungünstigen Wechselwirkung zu der führenden Gesundheitsschädigung stehen und seien andererseits nur gering ausgeprägt, daher würden sie nicht steigern.

7. Das Ergebnis der unter Punkt I.6.1. angeführten medizinischen Beweisaufnahme wurde der BF durch die belangte Behörde im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs mit Schreiben vom 21.03.2018 zur Kenntnis gebracht und Gelegenheit gegeben, dazu innerhalb von drei Wochen schriftlich Stellung zu nehmen. Nach der vorliegenden Aktenlage wurde seitens der BF keine Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme erstattet.

8. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde seitens der belangten Behörde nicht erlassen.

9. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde vorgelegt und sind am 22.06.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eingegangen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF hat einen Wohnsitz im Inland.

Die BF leidet an generalisierten Erkrankungen des Bewegungsapparates (Grad der Behinderung: 30 %). Berücksichtigt sind dabei die Spondylarthritis mit Enthesitiden, die Coxarthrose rechts, die rezidivierende Sakroiliitis, die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und die Bewegungseinschränkung der linken Schulter. Des Weiteren leidet die BF an Zöliakie Typ Marsh III und Laktoseintoleranz (Grad der Behinderung: 20 %) sowie an einem Zustand nach Thyreoidektomie bei Morbus Basedow mit medikamentöser Dauertherapie (Grad der Behinderung: 10 %).

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 (dreißig) von Hundert (v. H.).

2. Beweiswürdigung:

Der unter I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und der Beschwerde sowie aus dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellung zum Wohnsitz ergibt sich aus einem Auszug des Zentralen Melderegisters und den Angaben der BF im verfahrenseinleitenden Antrag.

Der Gesamtgrad der Behinderung von 30 von Hundert wurde aufgrund des von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens der Amtssachverständigen Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, objektiviert.

Das Sachverständigengutachten, welches auf einer persönlichen Untersuchung der BF basiert, ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Die festgestellten Gesundheitsschädigungen ergeben sich daraus. Es wurde auf die Leiden der BF und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die im vorgelegten ärztlichen Befundbericht von Dr. XXXX vom 31.01.2018 attestierten Leiden wurden in diesem Sachverständigengutachten berücksichtigt.

Die Einschätzungen der vorliegenden Gesundheitsschädigungen bezüglich der Höhe des Grades der Behinderung erfolgten entsprechend der anzuwendenden Anlage zur Einschätzungsverordnung korrekt und nachvollziehbar. Die diesbezüglichen Feststellungen beruhen darauf.

Die Erhöhung des Grades der Behinderung im Vergleich zum Vorgutachten von Dr. XXXX, welches dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde zu Grunde gelegt wurde, ergibt sich aus dem neu hinzugekommenen und führenden Krankheitsbild "generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates" in Höhe von 30 v.H. Die anderen Gesundheitsschädigungen erhöhen den Grad der Behinderung insgesamt aufgrund von Geringfügigkeit und der fehlenden wechselseitigen, negativen Leidensbeeinflussung nicht.

Der Inhalt des oben angeführten Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX wurde der BF seitens der belangten Behörde im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und zur Möglichkeit einer Stellungnahme übermittelt. Eine Stellungnahme wurde dazu seitens der BF nicht erstattet. Das Gutachten von Dr. XXXX blieb somit unbestritten.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen zudem keinerlei Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachtens. Daher konnte von der Einholung eines weiteren medizinischen Sachverständigengutachtens im Beschwerdeverfahren abgesehen werden.

Das oben angeführte Sachverständigengutachten von Dr. XXXX vom 20.03.2018 wird daher der gegenständlichen Entscheidung in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990 in der geltenden Fassung) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter gemäß § 45 Abs. 4 BBG mitzuwirken.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 in der geltenden Fassung) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten) noch Art 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.

Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt. Die BF wurde im behördlichen Verfahren zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung allgemeinmedizinisch persönlich untersucht und das Untersuchungsergebnis wurde in keiner Weise bekämpft.

Da der Sachverhalt auch aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren der BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen, zudem auch die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt wurde.

3.2. Zu Spruchteil A):

Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist;

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen;

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten;

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. 22/1970 in der geltenden Fassung, angehören.

Nach § 35 Abs 2 Einkommensteuergesetz (EStG 1998), BGBl. I Nr. 400/1998 in der geltenden Fassung, sind die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. I Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des BBG, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Gemäß § 41 Abs 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 leg. cit. genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010 in der geltenden Fassung) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen;

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs 2 leg. cit. vorliegt.

Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß § 45 Abs 1 BBG nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:

Wie oben unter Punkt II.2 ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte, vom erkennenden Gericht als nachvollziehbar und widerspruchfrei gewertete Sachverständigengutachten von Dr. XXXX vom 20.03.2018 zugrunde gelegt.

Die Gesundheitsschädigungen der BF wurden im vorliegenden Sachverständigengutachten vollständig berücksichtigt und abweichend vom angefochtenen Bescheid mit einem Grad der Behinderung in der Höhe von insgesamt 30 von Hundert entsprechend der anzuwendenden Einschätzungsverordnung samt Anlage eingeschätzt.

Sämtliche seitens der BF in Vorlage gebrachten medizinischen Beweismittel, insbesondere der im Rahmen der Beschwerdeerhebung vorgelegte ärztliche Befundbericht von Dr. XXXX, wurden bei der Einschätzung des Grades der Behinderung berücksichtigt.

Die Gesamteinschätzung ist auch unter Bedachtnahme auf den durchgeführten Sachverständigenbeweis vorzunehmen (vgl. VwGH 19.11.1997, Zl. 95/09/0232; 04.09.2006, Zl. 2003/09/0062).

Im gegenständlichen Fall sind daher die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.

Die Beschwerde war daher mit der Maßgabe, dass der Grad der Behinderung 30 (dreißig) von Hundert beträgt, spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt. Die angewendeten Teile des Bundesbehindertengesetzes und der Einschätzungsverordnung sind - soweit im Beschwerdefall relevant - eindeutig. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpass gegeben sind, stellt stets eine Einzelfallentscheidung dar. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G303.2199054.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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