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35/02 Zollgesetz;Norm
AußHG 1984 §17a Abs1 Z1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/04/0163Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde des Arnold Henhapl in Salzburg, vertreten durch Dr. Ä, Rechtsanwalt, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg jeweils vom 10. Juni 1996, Zl. UVS-5/403/7-1996 und Zl. UVS-5/424/7-1996, beide betreffend Übertretungen des Außenhandelsgesetzes 1984, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.250,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 14. März 1995 wurde der Beschwerdeführer wie folgt schuldig erkannt:
"Sie haben am 24.11.1994 über das Zollamt Salzburg, Zweigstelle Flughafen,
a)
eine Perlenkette "La Richie" (Wert ca. S 100.000,--), Warennummer 7116.10900 Beilage A2,
b)
zwei Ferngläser, Marke Vitacon Sporty, 12 x 25, Warennummer 9005.10000 Beilage A2 und
c)
ein Fernglas, Marke Vitacon Sporty Night Vision 7 -21 x 25, Warennummer 9005.10000 Beilage A2,
nach Österreich verbracht, ohne im Besitz einer hiefür erforderlichen Einfuhrbewilligung zu sein."
Der Beschwerdeführer habe dadurch Verwaltungsübertretungen "nach § 3 Abs. 1 und 3 Außenhandelsgesetz, BGBl. Nr. 184/1984 i. d.g.F., i.V.m. § 21 Abs. 1 leg. cit. inkl. Beilage A2" begangen, weshalb über ihn gemäß § 17a Abs. 1 Z. 1 leg. cit. Geldstrafen zu a) von S 22.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe fünf Tage), zu b) von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zwölf Stunden) und zu c) von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zwölf Stunden) verhängt wurden.
Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit Bescheid Zl. UVS-5/424/7-1996 (als Kammerentscheidung) hinsichtlich Spruchteil lit. a und mit Bescheid Zl. UVS-5/403/7-1996 (als Entscheidung des Einzelmitgliedes) hinsichtlich der Spruchteile lit. b und lit. c jeweils mit der Maßgabe bestätigt, daß "im Spruch jeweils das Zitat "Beilage A2" ersetzt wird durch "Beilage B1" und nach "nach Österreich verbracht" eingefügt wird, "und durch die Benützung des "Grünkanals" anläßlich der Einreise die Erklärung abgaben, daß Sie keine stellungspflichtigen Waren mitführen"". Weiters wurde jeweils ausgesprochen, daß die verletzte Norm wie folgt zu lauten habe:
"§ 3 Abs. 1 Zif. 1 i.V.m. § 17a Abs. 1 Zif. 1 erster Fall Außenhandelsgesetz 1984, BGBl. Nr. 184/1984, i.d.F. BGBl. Nr. 408/1993 und Anlage B1 des AHG".
Die Strafnorm habe (jeweils) zu lauten:
"§ 17a Abs. 1 Einleitungssatz Außenhandelsgesetz 1984".
Zur Begründung wurde in beiden Bescheiden - im wesentlichen übereinstimmend - u.a. ausgeführt, die verfahrensgegenständlichen Ferngläser bzw. die verfahrensgegenständliche Perlenkette seien zollämterermächtigt gewesen. Die Einfuhrbewilligung habe daher vom jeweiligen Zollamt im Rahmen der Einfuhrabfertigung erteilt werden können (§ 2 und Anlage 3 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Ermächtigung der Zollämter zur Erteilung von Aus- und Einfuhrbewilligungen in vereinfachter Form, BGBl. Nr. 630/1987). Der Beschwerdeführer hätte somit bei ordnungsgemäßer Deklaration der Waren noch vom Zollamt Salzburg die entsprechende Einfuhrbewilligung ausgestellt bekommen. Er sei daher verpflichtet gewesen, diese zugleich mit der Einreise der zollamtlichen Stellung zuzuführen. Die Durchführungsverordnung zum Zollgesetz sehe vor, daß zur Erleichterung der Zollabfertigung im Reiseverkehr auf dem Amtsplatz bestimmte Wege (Fahrstreifen, Durchgänge u. dgl.) bezeichnet werden könnten, deren Wahl einer Erklärung des Reisenden darüber gleichkomme, ob er Waren, die der Stellungspflicht unterlägen, mitführe oder nicht ("§ 11 Abs. 12" - gemeint offenbar: § 11 Abs. 1 - Zollgesetz-Durchführungsverordnung 1992, BGBl. Nr. 874). Die Bezeichnung habe mittels Hinweistafeln ("Waren zu deklarieren" bzw. "nichts zu deklarieren") entsprechend einer Verordnung des Finanzministers zu erfolgen. Das Delikt der Einfuhr von Waren ohne entsprechende Bewilligung gemäß § 17a Abs. 1 Z. 1 Außenhandelsgesetz 1984 sei daher für zollämterermächtigte Waren dann vollendet, wenn der Verbringer solcher Waren - sofern die Verbringung ins Inland im Bereich eines Zollamtes erfolge - diese nicht sogleich der zollamtlichen Stellung zuführe. In diesem Zusammenhang werde der Rechtfertigung des Beschwerdeführers, er habe nur auf Grund der räumlichen Situation und weil er dort einen Zollwachebeamten gesehen habe, den Grünkanal betreten, keinen Glauben geschenkt. Jeder Reisende und insbesondere der Beschwerdeführer als Ortskundiger am Flughafen Salzburg müsse sich der Bedeutung des Betretens des Grünkanales bewußt sein. Dieser Rechtfertigung widerspreche auch, daß der Beschwerdeführer im Grünkanal zunächst noch versucht habe, seine Einkünfte zu verschleiern, indem er angegeben habe, lediglich Kleinigkeiten ohne besonderen Wert mit sich zu führen. Der Beschwerdeführer habe somit dadurch, daß er die Waren ohne Einfuhrbewilligung nach dem Außenhandelsgesetz 1984 am Flughafen Salzburg in das Inland verbracht und durch Betreten des Grünkanales (gemäß der "gesetzlichen Fiktion des § 11 Abs. 12 Zollgesetz-Durchführungsverordnung") die Erklärung abgegeben habe, daß er keine Waren mitführe, die der Stellungspflicht unterlägen, die ihm angelastete Übertretung begangen. Als Verschulden sei zumindest Fahrlässigkeit anzulasten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt (u.a.) vor, es sei nicht nachvollziehbar, wenn von der belangten Behörde damit argumentiert werde, daß sich die Waren bereits mit der Entladung des Flugzeuges auf österreichischem Staatsgebiet und damit im Inland befunden hätten. Dieser Argumentation könne deshalb nicht gefolgt werden, "weil es sich dann fragt, wo man dann um eine Genehmigung nach dem Außenhandelsgesetz ansuchen soll, wenn man sich noch im Flugzeug befindet". Die Strafbestimmung des Außenhandelsgesetzes könne nur so ausgelegt werden, daß eine Strafbarkeit erst dann eintrete, nachdem eine Person einen genehmigungspflichtigen Gegenstand bereits aus dem Bereich verbracht habe, in welchem um eine derartige Genehmigung angesucht werden könne. Nun stehe aber fest, daß am Flughafen Salzburg ein einziger Zollbeamter die Gepäckkontrolle durchgeführt habe und der Beschwerdeführer diesen Transitbereich noch nicht verlassen gehabt habe, als er die Waren dem Zollbeamten übergeben habe. Schlimmstenfalls könnte daher lediglich von einem Versuch gesprochen werden, welcher jedoch nach § 8 VStG zu keiner Verurteilung führen könne, weil "die Bestimmungen des Außenhandelsgesetzes den Versuch nicht ausdrücklich für strafbar erklären".
Schon mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis (vgl. § 17a Abs. 2 Außenhandelsgesetz 1984) im Recht.
Bei den verfahrensgegenständlichen Waren handelt es sich um solche, die "zollämterermächtigt" waren.
Nach § 7 Abs. 2 Außenhandelsgesetz 1984, BGBl. Nr. 184 i. d.F. BGBl. Nr. 408/1993, konnte unter den im Abs. 1 angeführten Voraussetzungen sowie zur Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten einvernehmlich mit dem Bundesminister für Finanzen - für Waren der Anlagen A2 und B2 auch im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft - die Zollämter durch Verordnung ermächtigen, Bewilligungen für Rechtsgeschäfte oder Handlungen, welche die Aus- oder Einfuhr von Waren zum Gegenstand haben, in vereinfachter Form zu erteilen; als Antrag auf Erteilung der Bewilligung in vereinfachter Form gilt die Anmeldung der Waren gemäß den zollrechtlichen Vorschriften und die Bewilligung gilt mit der Ausstellung der zollamtlichen Bestätigung als erteilt.
Nach § 2 der Verordnung über die Ermächtigung der Zollämter zur Erteilung von Aus- und Einfuhrbewilligungen in vereinfachter Form, BGBl. Nr. 630/1987, i.d.F. BGBl. Nr. 302/1988, werden die Zollämter ermächtigt, für bewilligungspflichtige Rechtsgeschäfte oder Handlungen, welche die Einfuhr von näher bezeichneten Waren zum Gegenstand haben, anläßlich der Abfertigung zum freien Verkehr oder anläßlich der Abfertigung zum Vormerkverkehr zum ungewissen Verkauf über Antrag Bewilligungen in vereinfachter Form zu erteilen.
§ 17a Außenhandelsgesetz 1984 lautete:
"§ 17a. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen oder mit einer Geldstrafe bis zu 500.000 S zu bestrafen, wer
1.
Waren der Anlagen A 1, A 2 sowie B 1, B 2 oder einer Verordnung nach § 5 Abs. 1 ohne die erforderliche Bewilligung aus- oder einführt oder ohne die erforderliche Bewilligung gemäß einer nach § 5 Abs. 6 erlassenen Verordnung Waren einschließlich Technologie aus- oder einführt oder im Zollausland befindliche Waren oder Waren einschließlich Technologie zur Verbringung in ein weiteres Land überläßt oder Warenlieferungen oder Warenlieferungen einschließlich Technologie im Zollausland zur Verbringung in ein weiteres Land vermittelt, sofern der Wert der betroffenen Waren jeweils 500.000 S nicht übersteigt, oder
2.
bei bewilligungspflichtigen Rechtsgeschäften oder Handlungen, die Waren der Ziffer 1 zum Gegenstand haben,
a)
dem § 17 Abs. 1 Z. 2 lit. a bis d oder
b)
einer gemäß § 12 Abs. 3 in einer Verordnung nach § 5 Abs. 2 generell verfügten Auflage
zuwiderhandelt.
(2) Der Versuch ist strafbar."
Die Aus- oder Einfuhr "ohne die erforderliche Bewilligung" nach § 17a Außenhandelsgesetz 1984 ist bei "zollämterermächtigten" Waren im Zusammenhalt mit der Verordnungsermächtigung des § 7 Abs. 2 leg. cit. sowie der Regelung des § 2 der Verordnung über die Ermächtigung der Zollämter zur Erteilung von Aus- und Einfuhrbewilligungen in vereinfachter Form zu sehen. Die "erforderliche Bewilligung" kann danach aber "anläßlich der Abfertigung" erteilt werden. Solange die Abfertigung nicht beendet ist, ist auch das hier in Frage stehende Delikt nicht vollendet.
Für den Reiseverkehr räumte nun § 172 Abs. 12 Zollgesetz 1988 zum Zweck der Erleichterung der Zollabfertigung den Zollämtern ein, wenn es die örtlichen Gegebenheiten gestatten, den Reisenden auf dem Amtsplatz bestimmte Wege (Fahrstreifen, Durchgänge u.dgl.) zu bezeichnen, deren Wahl einer Erklärung des Reisenden darüber gleichkommt, ob er Waren, die der Stellungspflicht unterliegen, mit sich führt oder nicht. Hinsichtlich der Benützung eines danach eingerichteten "Grünkanals" hat nun der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 28. Juni 1989, Zl. 89/16/0051, unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ausgeführt, daß für eine Person, die den "Grünkanal" durchschritten hat und die sich bereits in der Abholhalle eines Flughafens befindet, keine weitere Zollbehandlung vorgesehen und die Abfertigung daher beendet ist. Das heißt, daß die Abfertigung noch nicht vollendet ist, wenn der "Grünkanal" noch nicht verlassen wurde. Obwohl die belangte Behörde von einem vollendeten Delikt ausgegangen ist, hat sie nicht darauf abgestellt, ob der Beschwerdeführer den "Grünkanal" schon verlassen hatte. Wenn sich die belangte Behörde aber auf die "gesetzliche Fiktion des § 11 Abs. 12 Zollgesetz-Durchführungsverordnung" beruft (die diesbezügliche Regelung des § 11 - richtig - Abs. 1 der Zollgesetzdurchführungsverordnung entsprach jener des § 172 Abs. 12 Zollgesetz), so verkennt sie, daß damit (lediglich) der Versuch dieses Deliktes mit der Abgabe einer unrichtigen oder unvollständigen Anmeldung beendet ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Dezember 1990, Zl. 90/16/0031). Der Versuch dieses Deliktes wurde dem Beschwerdeführer aber nicht zur Last gelegt.
Die angefochtenen Bescheide waren daher schon aus diesem Grund wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß es einer Auseinandersetzung mit dem übrigen Vorbringen des Beschwerdeführers bedurfte.
Die Kostenentscheidung gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996040162.X00Im RIS seit
20.02.2002