TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/30 W108 2210137-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.07.2019
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Entscheidungsdatum

30.07.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §34 Abs2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7
AsylG 2005 §7 Abs1 Z2
AsylG 2005 §7 Abs1 Z3
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W108 2210137-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. BRAUCHART über die Beschwerde der mj. XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Syrien, vertreten durch ihren Vater, XXXX , geb. XXXX , dieser vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH, ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.09.2018, Zl. 1089459100-180908724/BMI-BFA_NOE_RD, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang/Sachverhalt:

1. Die minderjährige Beschwerdeführerin, geboren am XXXX in Syrien/Damaskus, ist eine syrische Staatsangehörige. Sie ist die Tochter der XXXX , geb. XXXX und des XXXX , geb. XXXX . Der Ehe ihrer Eltern entstammen weitere drei minderjährige Kinder.

2. Am 01.10.2015 stellte sie, vertreten durch ihre Mutter als gesetzliche Vertreterin, einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) vom 25.02.2016 wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 3 iVm § 34 Abs. 2 AsylG stattgegeben, der Beschwerdeführerin der Status der Asylberechtigten zuerkannt und festgestellt, dass ihr kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Begründend wurde ausgeführt, dass ihren Eltern mit Bescheiden der belangten Behörde vom selben Tag der Status von Asylberechtigten zuerkannt worden sei, weshalb ihr als unmündiges, minderjähriges und unverheiratetes Kind derselbe Status im Familienverfahren zuzuerkennen sei.

3. Mit dem von der Mutter der Beschwerdeführerin eigenhändig unterschriebenen "Antragsformular für unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe" gab die Mutter der Beschwerdeführerin am 29.05.2018 für sich und ihre vier minderjährigen Kinder Erklärungen dahingehend ab, die freiwillige Rückkehr nach Syrien zu beabsichtigen und Unterstützungsleistungen für die Rückkehr (finanzielle Starthilfe und Reisekosten) zu begehren, wobei sie auf den in Österreich zurückbleibenden Ehemann (Vater der Beschwerdeführerin) sowie auf die Unterstützung/Beratung durch die Beratungseinrichtung "Verein Menschenrechte Österreich" hinwies. Mit Unterstützung der genannten Beratungseinrichtung wurden ferner "Ergänzende Fragen zur freiwilligen Rückkehr" dahingehend beantwortet, dass der gewünschte Zielflughafen Damaskus sein solle und, dass die Kontaktperson im Zielland der Vater der Mutter der Beschwerdeführerin sei.

Am 16.08.2018 reiste die Beschwerdeführerin mit ihrer Mutter und ihren drei Geschwistern nach Gewährung von Rückkehrhilfe von EUR 250,00 pro Person über den Flughafen Wien-Schwechat nach Syrien, Damaskus aus. Der Vater der Beschwerdeführerin verblieb in Österreich.

4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführerin der Status der Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass ihr die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.), der Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.).

Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin mit ihrer Mutter nach Syrien zurückgekehrt sei und sich dadurch freiwillig wieder unter den Schutz des Herkunftslandes begeben habe, wodurch ein Asylendigungsgrund gegeben sei.

5. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihren Vater als gesetzlichen Vertreter, fristgerecht Beschwerde gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG und führte aus, dass es sich um keine freiwillige Ausreise handle, weil sie als minderjähriges Kind dem Willen der Eltern ausgeliefert sei und Österreich verlassen habe müssen, weil ihre Mutter sie mitgenommen habe.

6. Die belangte Behörde machte von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung nicht Gebrauch und legte die Beschwerde samt den bezughabenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

7. Die Beschwerdeführerin befindet sich seit ihrer Ausreise mit ihrer Mutter und Geschwistern nicht mehr in Österreich, sondern in ihrem Herkunftsstaat Syrien. Der Vater der Beschwerdeführerin lebt weiterhin als Asylberechtigter in Österreich.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Ausführungen oben unter Punkt I. zum Verfahrensgang (Verwaltungsgeschehen) und Sachverhalt werden festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Akten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens und aus der Beschwerde.

Der für eine abschließende rechtliche Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichtes maßgebliche Sachverhalt steht anhand der Aktenlage und des Beschwerdevorbringens fest und ist nicht ergänzungsbedürftig.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-VG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer eheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Die Beschwerde wurde fristwahrend erhoben und es liegen auch die anderen Prozessvoraussetzungen vor.

3.3. Zur Frage der Aberkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 7 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status des Asylberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt (Z 1),

einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention (in Folge: GFK) angeführten Endigungsgründe eingetreten ist (Z 2),

oder der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat (Z 3).

Die belangte Behörde hat die Aberkennung auf die Bestimmung des § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG gestützt, weil sie den Endigungsgrund nach Art. 1 Abschnitt C Z 1 GFK verwirklicht sah.

Gemäß Art. 1 Abschnitt C GFK wird das Abkommen auf eine Person, die unter die Bestimmungen des Abschnittes A fällt, nicht mehr angewendet werden, wenn sie sich freiwillig wieder unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt hat (Z 1) oder wenn sie sich freiwillig in dem Staat, den sie aus Furcht vor Verfolgung verlassen oder nicht betreten hat, niedergelassen hat (Z 4).

Art. 1 Abschnitt C Z 1 der GFK ist als Äquivalent zur Definition des Flüchtlingsbegriffes, der die Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Staates des Heimatlandes fordert, geschaffen. Dabei sind es in der Regel zwei Handlungstypen des Flüchtlings, die in der Praxis relevant sind: 1. Der Flüchtling reist in sein Heimatland, und 2. Er lässt sich einen Reisepass seines Heimatlandes ausstellen. Für beides gilt, dass der Flüchtling freiwillig gehandelt haben muss, dh. ohne Einwirkung von psychischem oder physischem Zwang. In Betracht käme etwa mangelnde Freiwilligkeit, Einreise in den Herkunftsstaat aus zwingenden Gründen unter Umgehung der Grenzkontrollen unter Vermeidung jedes Behördenkontaktes, die illegale (etwa durch Bestechung) Beschaffung eines Reisepasses oder das Verlangen des Aufnahmestaates, zur Vorlage von Identitätspapieren. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss weiters auch der Wille, die Beziehungen zum Herkunftsstaat zu normalisieren und sich wieder unter dessen Schutz zu stellen, vorliegen. Aus dieser Voraussetzung folgt auch das Erfordernis einer gewissen Nachhaltigkeit der Zuwendung zum Heimatstaat. Aufgrund dieses Erfordernisses der dauerhaften Wiederherstellung der Beziehungen sind zB Krankenbesuche im Heimatland als Unterschutzstellung auszuschließen. Der Endigungsgrund nach Art. 1 Abschnitt C Z 4 GFK ist dann erfüllt, wenn sich die Person in dem Staat, den sie aus Furcht vor Verfolgung verlassen oder nicht betreten hat, freiwillig niedergelassen hat, dh. freiwillig dorthin ihren Wohnsitz verlegt hat. Ein solcher Sachverhalt ist in der Regel auch schon durch Art. 1 Abschnitt C Z 1 der GFK erfüllt (s. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, K3, K4 und K7 zu § 7 AsylG).

Mit Blick auf den Endigungsgrund des Art. 1 Abschnitt C Z 1 der GFK hat der Verwaltungsgerichtshof bei einer - wie im vorliegenden Fall - Rückkehr in den Herkunftsstaat eine Inanspruchnahme des Schutzes erkannt und konstatiert, dass die Rückkehr in den "Verfolgerstaat" den Tatbestand der Unterschutzstellung erfüllt (vgl. VwGH 25.06.1997, 95/01/0326). In seinem Erkenntnis vom 03.12.2003, 2001/01/0547, gelangte der Verwaltungsgerichtshof zum Ergebnis, dass die Rückkehr in den Herkunftsstaat unter Art. 1 Abschnitt C Z 4 GFK zu subsumieren sei.

Die Beschwerdeführerin hat dadurch, dass sie sich unter Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern wieder in ihren Herkunftsstaat Syrien begeben hat und sie seither mit ihrer Mutter und Geschwistern wieder in Syrien lebt und nicht wieder nach Österreich zurückgekehrt ist, während ihr Vater in Österreich geblieben ist, die Endigungsgründe nach Art. 1 Abschnitt C Z 1 GFK und nach Art. 1 Abschnitt C Z 4 GFK erfüllt, weil das Verhalten als freiwillige Unterschutzstellung bzw. als freiwillige neuerliche Niederlassung zu werten ist.

Die Unterschutzstellung bzw. der neuerliche Aufenthalt/die neuerliche Niederlassung der Beschwerdeführerin mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern in Syrien, wo sie sich seit ihrer Ausreise am 16.08.2018 aufhält, ist als nachhaltig und dauerhaft im oben angeführten Sinn zu qualifizieren bzw. ist und war sichtlich auf Dauer angelegt, was sich insbesondere aus der Inanspruchnahme staatlicher Rückkehrhilfe (insbesondere der finanziellen Starthilfe zum Aufbau einer neuen Existenz in Syrien) und ferner aus der Dauer des neuerlichen Aufenthaltes in Syrien (bereits fast ein Jahr) ergibt.

Es wurden keine Umstände vorgebracht bzw. ersichtlich, die die Freiwilligkeit des Verhaltens der Beschwerdeführerin in Frage stellen:

Mit dem Vorbringen, bei der Beschwerdeführerin handle es sich um ein Kind, welches dem Willen der Eltern ausgeliefert sei und die Beschwerdeführerin habe Österreich gemeinsam mit ihrer Mutter verlassen müssen, da diese die Beschwerdeführerin und ihre Geschwister schlichtweg mitgenommen habe, wird kein gegen die Freiwilligkeit der Rückreise nach Syrien und des dortigen neuerlichen Aufenthaltes sprechender Umstand dargelegt.

Die Beschwerdeführerin ist als unmündiges, minderjähriges Kind nicht prozessfähig, für sie handeln daher notwendigerweise ihre Eltern als gesetzliche Vertreter. Die - prozessfähige - Mutter der Beschwerdeführerin war und ist daher jedenfalls berechtigt, als gesetzliche Vertreterin der Beschwerdeführerin aufzutreten und Erklärungen für die Beschwerdeführerin abzugeben und Verfahrenshandlungen für sie zu setzen. Die Entscheidung der Mutter der Beschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin, mit der Beschwerdeführerin, aber ohne ihren Ehemann bzw. den Vater der Beschwerdeführerin, nach Syrien zurückzukehren und sich wieder dort niederzulassen, entfaltet daher auch Wirkung für die Beschwerdeführerin.

Dass diese Entscheidung nicht freiwillig getroffen worden wäre, ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht behauptet. Die Beschwerdeführerin ist mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern im Rahmen eines (finanziell) unterstützten Rückkehrprogramms nach Syrien zurückgekehrt und hat über ihre Mutter - unterstützt und beraten durch eine Beratungsorganisation - die Erklärung zur freiwilligen Rückkehr nach Syrien, Damaskus, unter Anführung einer Kontaktperson in Syrien abgegeben und die Übernahme der Reisekosten und der finanziellen Starthilfe zum Aufbau einer neuen Existenz beantragt. Dies beschreibt - gerade - keine Situation, in der die Mutter der Beschwerdeführerin einem freiwilligen Handeln entgegenstehend (etwa durch Abschiebung, Auslieferung, Kidnapping, unerwartete Reiserouten des Transportmittels) gezwungen war, mit ihren Kindern, darunter die Beschwerdeführerin, nach Syrien zurückzureisen und sich wieder dort niederzulassen bzw. sich erneut unter den Schutz des Herkunftsstaates zu stellen. Im Übrigen ergibt sich aus diesem Sachverhalt auch nicht, dass dies auf die Beschwerdeführerin zugetroffen wäre. Die Rückreise der Beschwerdeführerin erfolgte auch nicht illegal unter Vermeidung von Behördenkontakt, sondern mit ihrem eigenen syrischen Reisepass, und es wurde auch nicht vorgebracht, dass die Rückreise aus zwingenden Gründen notwendig gewesen oder vom Aufnahmestaat (Österreich) verlangt worden wäre. Ferner wurde nicht behauptet, dass eine Rückkehr nach Österreich geplant oder nicht möglich wäre.

Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes reicht es zur Verwirklichung des Aberkennungstatbestandes aus, dass der Asylberechtigte vom Aufnahmestaat nicht gezwungen wird, sich wieder dem Schutz des Herkunftsstaates zu unterstellen, sondern dies ohne Zwang des Aufnahmestaates tut. Der Aufnahmestaat ist nämlich, nachdem der Asylberechtigte sich außer Landes begeben hat, nicht mehr in der Lage, diesen zu schützen oder diesem die Vorteile aus der GFK zukommen zu lassen. Dies entspricht auch der Regelung in § 1 AsylG, der auf die Anwesenheit des Fremden in Österreich abstellt. Es bedarf daher keiner Auseinandersetzung mit dem Einwand in der Beschwerde, dass zu den Umständen der "angeblich freiwilligen Rückkehr" nicht ausreichend ermittelt worden sei, vielmehr genügt der Hinweis, dass die Beschwerdeführerin aufgrund einer freiwilligen Entscheidung ihrer Mutter als gesetzliche Vertreterin, die auch für die Beschwerdeführerin Wirkung entfaltet, nach Syrien zurückgekehrt ist. Es liegt daher der Aberkennungstatbestand nach § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG vor.

Darüber hinaus ist unzweifelhaft, dass die Beschwerdeführerin inzwischen - elf Monate nach ihrer Ausreise aus Österreich - den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat, da sich bei einem Kind im 11. Lebensjahr die Lebensbeziehungen vor allem auf den beim Kind anwesenden Elternteil beziehen (so die Eltern getrennt leben). Es liegt daher auch der Aberkennungstatbestand nach § 7 Abs. 1 Z 3 AsylG vor.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht der Beschwerdeführerin den Status der Asylberechtigten aberkannt und ausgesprochen, dass ihr die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukommt.

Dem steht auch das Kindeswohl nicht entgegen, weil das Gesetz im Rahmen des Familienverfahrens gemäß §§ 34 f AsylG ggf. die Einreise nach Österreich regelt, sobald dies auch faktisch möglich bzw. für den Vater umsetzbar ist. Zuvor - d.h. so lange die Beschwerdeführerin tatsächlich außerhalb Österreichs ist und vom Vater die Rückkehr nicht organisiert bzw. bewerkstelligt werden kann - spielt es für das Kindeswohl keine Rolle, ob der Beschwerdeführerin der Status der Asylberechtigten zukommt oder nicht.

3.4. Zur Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, (1.) der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

(2.) dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 Europäische Menschenrechtskonvention, BGBl. Nr. 210/1958 in der Fassung BGBl. III Nr. 139/2018 (in Folge: EMRK), Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Das AsylG regelt sohin gemäß § 1 Z 1 1. Fall AsylG die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten an Fremde, die sich in Österreich befinden. Da sich die Beschwerdeführerin nicht mehr in Österreich aufhält, kommt eine Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten schon deshalb nicht in Betracht.

Abgesehen davon ist auch nicht ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin in Syrien, insbesondere in Damaskus, einem relevanten (realen) Risiko der Verfolgung/Bedrohung ausgesetzt ist. Aufgrund der außergewöhnlichen individuellen Umstände dieses Einzelfalles, speziell, dass die Beschwerdeführerin nach Syrien zurückgekehrt ist und seit fast einem Jahr wieder verfolgungsfrei in Syrien lebt, kann bei einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich aus der persönliche Situation der Beschwerdeführerin in Relation zur allgemeinen (Menschenrechts)Lage in Syrien ergeben, eine über die bloße Möglichkeit hinausgehende reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verstoßenden Behandlung/Bedrohung der Beschwerdeführerin in Syrien nicht erkannt werden.

3.5. Zur Nichtzuerkennung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" unter den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Voraussetzungen zu erteilen.

Im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde (und des Bundesverwaltungsgerichtes) befand (befindet) sich die Beschwerdeführerin allerdings nicht mehr im Bundesgebiet, sodass die belangte Behörde mangels Aufenthaltes im Bundesgebiet zu Recht keinen Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG erteilt hat. Darüber hinaus wurden Gründe, die für das Vorliegen der Voraussetzungen sprechen, in der Beschwerde nicht vorgebracht und sind auch von Amts wegen nicht hervorgekommen.

3.6. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin vermag der Beschwerde daher nicht zum Erfolg zu verhelfen. Andere gegen die Richtigkeit des angefochtenen Bescheides sprechende Umstände sind nicht zu erkennen. Da dem angefochtenen Bescheid eine Rechtswidrigkeit iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG nicht anhaftet, ist die Beschwerde daher spruchgemäß abzuweisen.

3.7. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG abgesehen werden, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (vgl. etwa VwGH 10.08.2017, Ra 2016/20/0105, 0106, mwN).

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die vorliegende Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich im konkreten Fall eine Rechtsfrage stellt, die über den (hier vorliegenden konkreten) Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. Ausgehend davon kann eine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG von grundsätzlicher Bedeutung auch insofern nicht bejaht werden. Es war daher auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

Schlagworte

Aberkennung des Status des Asylberechtigten, Aberkennungstatbestand,
Aberkennungsverfahren, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz,
Aufenthaltstitel, berücksichtigungswürdige Gründe, Endigungsgründe,
freiwillige Ausreise, Freiwilligkeit, gesetzlicher Vertreter, Kind,
Kindeswohl, Minderjährige, Minderjährigkeit, Prozessfähigkeit, real
risk, reale Gefahr, Reisekosten, Rückkehrhilfe, subsidiärer Schutz,
Unmündige, Unterschutzstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W108.2210137.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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