TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/31 I422 2220009-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.07.2019
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Entscheidungsdatum

31.07.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I422 2220009-1/6E

AUSFERTIGUNG DES AM 17.07.2019 MÜNDLICH VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. am XXXX, StA. Nigeria, gesetzlich vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung, Kinder- und Jugendhilfe, diese vertreten durch die Caritas der Diözese Graz-Seckau, Mariengasse 24, 8020 Graz gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark (BAG) vom 08.05.2019, Zl. 1214780900-181192026 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.07.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 11.12.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im damit begründete, dass er mangels Armut der Familie bei seinem Onkel in Benin City habe leben müssen. Dieser habe ihn eines Tages nach Libyen mitgenommen und ihn an eine ihm unbekannte Person verkauft, für die der Beschwerdeführer habe arbeiten müssen. Diese Person habe ihn eines Tages freigelassen und ihn in ein Boot nach Italien gesetzt.

2. Im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde vom 19.03.2019 und vom 17.04.2019 bestätigte der Beschwerdeführer die Richtigkeit seines bisherigen Vorbringens. Ergänzend brachte er vor, dass er im Jahr 2010 mit seinem Onkel nach Benin City gegangen sei, wo er bis 2015 mit ihm gelebt und die Schule besucht habe. In den Schulferien des Jahres 2015 sei sein Onkel der Arbeit wegen mit ihm nach Agadez gereist. Dort habe ihn der Onkel bei einem dem Beschwerdeführer unbekannten Mann namens "Muhdi" gelassen. Nachdem ihn sein Onkel am nächsten Tag nicht abgeholt habe, habe ihn "Muhdi" darüber informiert, dass der Beschwerdeführer von seinem Onkel an "Muhdi" verkauft worden sei und nun für ihn arbeiten müsse. In weiterer Folge habe ihn "Muhdi" eingesperrt, zur Arbeitsleistung gezwungen und auch mehrfach sexuell missbraucht.

3. Mit Bescheid vom 08.09.2019, Zl. 1214780900-181192026, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) ab und erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.) Des Weiteren erließ die belangte Behörde über den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und erklärte seine Abschiebung nach Nigeria für zulässig (Spruchpunkt V.). Als Frist für seine freiwillige Ausreise räumte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer eine Frist von 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung ein (Spruchpunkt VI.).

4. Gegen den Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 06.06.2019 fristgerecht Beschwerde. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Opfer von Menschenhandel geworden sei. Die dem Bescheid zugrunde gelegten Länderberichte seien einerseits veraltet und würden sich andererseits nicht konkret auf den Einzelfall beziehen. Zudem habe sich die belangte Behörde nicht mit der tatsächlichen Situation der Familie des Beschwerdeführers auseinandergesetzt.

5. Am 17.07.2019 wurde in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung beim Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria, er gehört der Volksgruppe der Ishan an und bekennt sich zum christlichen Glauben. Der minderjährige, gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Sorgepflichten. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer hat Nigeria zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt verlassen, stellte im Mai 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Italien und reiste illegal in das Bundesgebiet ein und hält sich (nachweislich) seit 11.12.2018 in Österreich auf.

Der Beschwerdeführer weist eine sechsjährige Schulbildung auf. Seinen Lebensunterhalt in Nigeria sicherte sich der Beschwerdeführer bislang durch seine Familie.

Die Familie des Beschwerdeführers, bestehend aus seinen beiden Eltern und zwei Schwestern lebt nach wie vor in Nigeria und hat der Beschwerdeführer nach wie vor aufrechten und regelmäßigen Kontakt zu seiner Familie.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären oder privaten Anknüpfungspunkte. Eine tiefgreifende und maßgebliche Integration des Beschwerdeführers in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht ist nicht gegeben.

In Österreich geht der Beschwerdeführer derzeit keiner Beschäftigung nach und sichert er sich seinen Aufenthalt in Österreich durch den Bezug von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Nigeria aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde oder werden wird. Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existenziellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

Dem Beschwerdeführer droht insbesondere keine Gefahr, in Nigeria durch seinen Onkel oder durch "Mudhi" oder von der dahingehenden Menschenhändlerorganisation gegen seinen Willen erneut nach Europa verbracht oder von diesen anderweitig verfolgt zu werden.

Der Beschwerdeführer wird daher im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 08.05.2019 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Dem Beschwerdeführer wurde vorab der mündlichen Verhandlung das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria (Stand 12.04.2019) übermittelt.

Demnach stellt sich die Situation in Nigeria wie folgt dar:

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende Peoples Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10 % der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.

Seit 2003 verfügt Nigeria mit der National Agency for the Prohibition of Trafficking in Persons (NAPTIP) über eine staatliche Einrichtung, deren Hauptaufgaben in der Bekämpfung des Menschenhandels, Verfolgung der Täter im Bereich Menschenhandel und Schutzmaßnahmen für Opfer (temporäre Unterkunft, Beratung, Reintegration und Zugang zur Justiz) liegen. Die Behörde nimmt sich zudem um die Rehabilitierung und psychologische Betreuung rückgeführter Opfer des Menschenhandels (vorwiegend Frauen, Kinder und Jugendliche) an und unterhält in jeder der sechs geopolitischen Zonen Regionalbüros. Auch wenn die NAPTIP nur über geringe Ressourcen verfügt, kann die Behörde durchaus als effektive nigerianische Institution angesehen werden und kooperiert mit mehreren EU-Staaten bei der Reintegration und ist Rückführungspartner für Drittstaaten. Zudem setzten zuletzt auch hohe Würdenträger wie Oba Ewuare, König von Benin (Bundesstaat Edo) ein Zeichen gegen Menschenhandel. Im konkreten Fall erklärte der König von Benin die oftmals in Verbindung mit Menschenhandel auferlegten Flüche für nichtig und belegte er im Gegenzug jene, welche die Flüche ausgesprochen haben, ihrerseits mit einem Fluch.

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in die Akten der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz des Beschwerdeführers, den vom Beschwerdeführern vorgelegten Unterlagen, den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen seiner mündlichen Verhandlung vom 17.07.2019 sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria. Zusätzlich wurde Einsicht genommen in das Zentrale Melderegister (ZMR), Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR), das Betreuungsinformationssystem des Bundes über die Gewährleistung von vorübergehender Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftiger Fremde in Österreich (GVS) sowie das Strafregister der Republik Österreich.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seiner Staatsangehörigkeit sowie seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit gründen sich ebenso wie die Feststellungen zu seiner Minderjährigkeit, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit sowie seinem Familienstand auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Mangels Vorliegen eines identitätsbezeugenden Dokumentes steht die Identität des Beschwerdeführers nicht fest.

Die Feststellungen zur Ausreise aus Nigeria, seiner ersten Asylantragsstellung in Italien und der illegalen Einreise des Beschwerdeführers nach Österreich resultiert einerseits aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers und sind andererseits durch die Einsichtnahme in das IZR belegt. Der nachweisliche Aufenthalt des Beschwerdeführers gründet sich aus der Antragsstellung vom 11.12.2018 und der Einsichtnahme in das ZMR.

Zuletzt bestätigte der Beschwerdeführer bei seiner mündlichen Verhandlung vom 17.07.2019, dass er in Uromi vier Jahre lang und in Benin City zwei Jahre lang die Schule besucht habe und bislang sein Vater und anschließend sein Onkel für seinen Lebensunterhalt aufgekommen seien.

Ebenso bestätigte der Beschwerdeführer im Zuge seiner mündlichen Verhandlung, dass er noch seine Eltern und drei Schwestern habe, wovon eine Schwester mittlerweile verstorben sei. Seine Familienangehörigen würden nach wie vor in Nigeria leben. Er halte nach wie vor regelmäßig Kontakt zu seiner Familie und habe er zuletzt am Tag vor der Verhandlung mit ihnen telefoniert. Nachgefragt gab der Beschwerdeführer an, dass er seine Eltern und seine Geschwister vermisse.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine familiären oder privaten Anknüpfungspunkte verfügt, ergab sich aus seinen bisherigen Angaben vor der belangten Behörde und verneinte er zuletzt auch in der Verhandlung die Frage nach dem Aufenthalt von Verwandten in Österreich. Die Feststellung, dass keine tiefgreifende und maßgebliche Integration des Beschwerdeführers in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht gegeben ist, basiert einerseits auf der kurzen Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers in Österreich von lediglich rund sechs Monate. Andererseits ließen auch seine diesbezüglichen Ausführungen keine anderslautenden Feststellungen zu. Auf Nachfragen gab der Beschwerdeführer an, dass er einen Deutschkurs besuche und auch eine Sprachprüfung im Niveau A1 abgelegt habe. Das Ergebnis war dem Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung jedoch noch nicht bekannt. Zudem liegen im Verwaltungsakt auch noch eine Teilnahmebestätigung über die Teilnahme des Beschwerdeführers an der Bildungsmaßnahme "Zukunft.Bildung.Steiermark" sowie ein Empfehlungsschreiben der Kindefreunde Steiermark in deren Einrichtung der Beschwerdeführer untergebracht ist. Seinen Tagesablauf beschrieb der Beschwerdeführer dahingehend, dass er nach dem Aufstehen und dem Frühstücken zur Schule gehe und im Anschluss daran seine Freizeit auf dem Spielplatz verbringe. Dort spiele er Fußball und Basketball. Aus den Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde geht auch hervor, dass er keine ehrenamtliche Arbeit verrichte und er auch kein Mitglied eines Vereines oder Organisation sei. Österreichischen Freunde habe er nicht und sei er mit Pakistani und Mitbewohnern aus anderen Ländern befreundet. Diese Angaben decken sich im Wesentlichen mit seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vom 17.07.2019.

Im Zuge seiner mündlichen Verhandlung verneinte der Beschwerdeführer die Frage nach der Ausübung einer regelmäßigen Beschäftigung und gab er an, dass er Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung beziehe. Diese Angaben decken sich mit dem Inhalt eines aktuellen Auszuges des GVS.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

2.3. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Die Beschwerdeführerin hat sowohl in den Einvernahmen durch die belangte Behörde, als auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, jeweils angegeben, dass es nicht seine Absicht gewesen sei, seinen Herkunftsstaat zu verlassen. Der erkennende Richter wertet diese Angaben des Beschwerdeführers als glaubhaft und ist anzunehmen, dass der Beschwerdeführer durch seinen Onkel dem Menschenhandel zugeführt und er somit Opfer von Menschenhandel wurde. Aus den Angaben des Beschwerdeführers ist zudem durchaus glaubhaft, dass er im Zuge seiner Reise von Nigeria nach Österreich - insbesondere in Niger und in Libyen - Misshandlungen und möglicherweise auch Vergewaltigungen ausgesetzt gewesen sei und er auch Zwangsarbeiten bzw. Arbeiten zur Finanzierung seines Aufenthaltes in Libyen bzw. der weiteren Schleppung nach Europa habe verrichten müssen.

In diesem Zusammenhang lässt der erkennende Richter jedoch nicht außer Acht, dass sich die freien Schilderungen des Beschwerdeführers im Hinblick auf seine Zeit bei "Muhdi" in lediglich drei vagen und allgemein gehaltenen Sätzen erschöpfen ("RI: Wie haben Sie bei "Muhdi" gelebt? Beschreiben Sie es bitte. BF: Ich war dort nicht frei. Nur als ich zur Arbeit gehen musste, hat die Tür aufgesperrt. Als ich zurückkam und gegessen habe, hat er mich wieder eingesperrt." [Einvernahmeprotokoll vom 17.07.2019, S 8]). In weiterer Folge musste der erkennende Richter mehrfach und explizit über die Situation während seines Aufenthaltes bei "Muhdi" nachfragen. Unter Berücksichtigung der vorangegangenen Belehrung des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Bedeutung seines Verfahrens und seiner Mitwirkungspflicht sowie seines bereits fortgeschrittenen jugendlichen Alters, kann durchaus eine detaillierte Schilderung des Erlebten erwartet werden. Ebenso ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers Unplausibilitäten. So ist es einerseits nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer behauptet, zwar in Agadez festgehalten worden zu sein und andererseits die Zwangsarbeiten vornehmlich im rund 3.000 km entfernten Libyen verrichtet zu haben. Diese geografische Unschärfe ist mit hoher Wahrscheinlichkeit dem jungen Alter des Beschwerdeführers in Verbindung mit seiner Schulbildung von sechs Jahren geschuldet. Auch entbehren die Ausführungen des Beschwerdeführers über seine plötzliche grundlose Freilassung durch "Muhdi" und dessen erzwungene Überfahrt nach Italien jedweder Logik. Nachdem der Beschwerdeführer behauptet, dass Eigentums des "Muhdi" gewesen zu sein, erscheint es nicht plausibel, dass "Muhdi" ihn ohne weiteres freilässt. Dem widerspricht einerseits insbesondere seine Ausführung in der mündlichen Verhandlung, wonach sein Haft-Kollege "Camara" nach einem Fluchtversuch von "Muhdi" erschossen worden sei. Andererseits ergab sich für "Muhdi" kein Zwang zur Freilassung, nachdem der Beschwerdeführer selbst mehrfach angab, dass er aus Libyen nicht abreisen habe wollen und es sich bei ihm um einen gesunden, arbeitsfähigen Jungen gehandelt und somit für "Muhdi" um eine "zukünftig gute Arbeitskraft" gehandelt hätte.

Ungeachtet der im Rahmen des Menschenhandels durchgeführten Schleppung des Beschwerdeführers nach Europa, droht ihm Fall der Rückkehr keine Verfolgung durch seinen Onkel, dem "Muhdi" bzw. der dahintersteckenden Organisation. Wie der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde ausführte und auch in der mündlichen Verhandlung bestätigte, gab es zu seinem Onkel keinerlei Kontakt mehr ("RI:

Haben Sie jemals wieder von Ihrem Onkel gehört? BF: Nein, niemals. Als ich in Italien war, habe ich meine Eltern angerufen. Sie gingen zu ihm ins Haus und auch zur Polizei. Sie haben ihn gesucht, aber sie haben ihn nicht gefunden. Er hat nie Kontakt zu mir oder meiner Familie aufgenommen." [Verhandlungsprotokoll 17.07.2019, S 10]). Ebenso brachte der Beschwerdeführer vor, dass es auch keinen weiteren Berührungspunkt mehr mit "Muhdi" gegeben habe und ergeben sich diesbezüglich auch keine Anhaltspunkte aus dem Verwaltungsakt.

Nicht unberücksichtigt bleibt im gegenständlichen Fall auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte in Nigeria verfügt. Auch wenn der Beschwerdeführer zuletzt in seiner mündlichen Verhandlung ausführte, dass die Eltern des Beschwerdeführers aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation der Familie keine Freude an seiner Rückkehr hätten, ist anzumerken, dass der Beschwerde sowohl vor der belangten Behörde, als auch zuletzt beim Bundesverwaltungsgericht bestätigte, dass er im Falle seiner Rückkehr bei seinen Eltern leben könne und sie sich im Rahmen ihrer finanziellen Ressourcen auch um ihn kümmern würden. Im gegenständlichen Fall ist im Gegenteil besonders hervorzuheben, dass die Eltern des Beschwerdeführers dessen Schleppung nach Europa durch den Onkel und den "Muhdi" bei den nigerianischen Behörden zur Anzeige gebracht haben [Einvernahmeprotokoll vom 17.04.2019, AS 141 und Verhandlungsprotokoll vom 17.07.2019, S 10). Diesbezüglich berücksichtigt der erkennende Richter auch den Umstand, dass trotz offenkundigen Vorliegens eines Falles des Menschenhandels, in Österreich bislang noch keine Anzeige erstattet wurde.

Unter Berücksichtigung der Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ergab sich im Falle seiner Rückkehr keine Bedrohung oder Verfolgung seiner Person, insbesondere nicht durch seinen Onkel, dem "Muhdi" und der dahintersteckenden Menschenhandelsorganisation.

Eine Verfolgung oder Verstoßung durch die Eltern wurde nicht behauptet und ergaben sich diesbezüglich auch keine Anhaltspunkte. Ebensowenig ergaben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers Indizien dafür, dass er im Falle der Rückkehr erneut Opfer von Menschenhandel werden würde.

Es ist auch nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in eine die Existenz bedrohende Notlage geraten würde. Er besuchte sechs Jahre die Schule und weist ein jugendliches Alter auf und steht am Beginn des Eintritts in das Erwerbsleben. Es steht ihm somit einerseits frei einen Beruf zu erlernen oder einfache Tätigkeiten oder Hilfsarbeiten durchzuführen. Es besteht andererseits kein Hindernis für den Beschwerdeführer sich mit den nigerianischen Behörden zur Bekämpfung des Menschenhandels (NAPTIP) in Verbindung zu setzten und sich als Opfer des Menschenhandels für ein Reintegrationsprojekt oder anderwertige Unterstützungen zu bemühen. In Uromi leben zudem nach wie vor seine Eltern und seine beiden Schwestern; selbst wenn die finanzielle Situation der Familie nicht gut sein sollte, kann sich der Beschwerdeführer - wie er bereits selbst bestätigte - doch zumindest Unterstützung in Form einer Unterkunft erwarten.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der dort angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Geht es um Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat als Grundlage für die Beurteilung des Vorbringens von Asylwerbern, haben die Asylbehörde und das VwG von den zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten Gebrauch zu machen und insbesondere Berichte der mit Flüchtlingsfragen befassten Organisationen in die Entscheidung einzubeziehen (vgl. VwGH 20.5.2015, Ra 2015/20/0030; 21.12.2017, Ra 2016/18/0137; 23.01.2019, Ra 2019/19/0009).

Von den Asylbehörden ist zu erwarten, dass sie insoweit, als es um Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat als Grundlage für die Beurteilung des Vorbringens von Asylwerbern geht, von den zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten Gebrauch machen und insbesondere Berichte der mit Flüchtlingsfragen befassten Organisationen in die Entscheidung einbeziehen (Hinweis E vom 15.09.2010, 2008/23/0334, mwN). Auch das BVwG hatte daher seiner Entscheidung die zum Entscheidungszeitpunkt aktuellen Länderberichte zugrunde zu legen (VwGH 22.10.2003, 2000/20/0355; 23.09.2014, Ra 2014/01/0006).

Die belangte Behörde hat sich der aktuellsten vorliegenden und zur Verfügung stehenden Länderberichte der Staatendokumentation bedient. Die aktuellsten Länderberichte (Stand 12.04.2019) wurden dem Beschwerdeführer auch vorab der mündlichen Verhandlung übermittelt und ihm im Rahmen der mündlichen Verhandlung die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt, wo auf die bisherigen Stellungnahmen verwiesen wurde. Somit geht zunächst der Beschwerdeeinwand wonach Länderberichte mit den nicht aktuellsten Quellen verwendet worden seien und sich diese nicht konkret auf den Einzelfall eingehen ins Leere. In seiner Stellungnahme vom 29.04.2019 verweist der Beschwerdeführer unter Angabe einer Quelle im Wesentlichen darauf, dass Menschenhandel und Vertreibungen als großes Problem Nigerias gelten, der Menschenhandel seit den 1980er Jahren boome und die Ursachen dafür bislang noch nicht beseitigt worden seien. Allerdings tritt der Beschwerdeführer weder in der verwiesenen Stellungnahme vom 29.04.2019, noch im Beschwerdeschriftsatz dem Inhalt der Länderberichte noch den Quellen des Länderberichtes substantiiert entgegen. Dementgegen verkennt der erkennende Richter auch nicht, dass gemäß den Länderberichten Nigeria seit 2003 mit der National Agency for the Prohibition of Trafficking in Persons (NAPTIP) über eine staatliche Einrichtung verfügt, deren Hauptaufgaben in der Bekämpfung des Menschenhandels, Verfolgung der Täter im Bereich Menschenhandel und Schutzmaßnahmen für Opfer liegen. Daraus lässt sich erkennen, dass sich nigerianische Staat durchaus des Problems des Menschenhandels bewusst ist und er durchaus um die Bekämpfung und Eindämmung dieses Problems bemüht ist. Auch die Einsichtnahme auf die offizielle Webseite der Behörde (https://www.naptip.gov.ng/)) dokumentieren den aktuellen Kampf der nigerianischen Behörden und zeigen, dass diese schutzfähig und schutzwillig sind.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zur Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art. 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art. 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinaus geht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Wie in der Beweiswürdigung unter 2.3 ausführlich dargestellt, wurde der Beschwerdeführer Opfer von Menschenhandel. Allerdings wird er - wie in der Beweiswürdigung ebenfalls aufgezeigt - im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria nicht erneut das Opfer von Menschenhandel werden und ergibt sich im Falle seiner Rückkehr auch keinerlei Bedrohung oder Verfolgung seiner Person, insbesondere nicht durch seinen Onkel, durch die Person des "Muhdi" oder der dahintersteckenden Menschenhandelsorganisation.

Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass der Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat Nigeria keine Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht und sind die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben.

Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1. Rechtslage:

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Dem Beschwerdeführer droht in Nigeria - wie umseits bereits dargelegt wurde - keine asylrelevante Verfolgung.

Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist minderjährig, gesund und somit arbeitsfähig. Er weist eine sechsjährige Schulbildung auf. Es steht am Beginn des Erwerbslebens und steht es ihm frei eine berufliche Ausbildung zu absolvieren oder sich durch leichte Tätigkeiten und Hilfsarbeiten einen Lebensunterhalt zu verdienen. Zudem befinden sich nach wie vor seine Eltern und seine Schwestern in Nigeria, in deren Familienverband er zurückkehren kann.

Damit ist der Beschwerdeführer durch die Abschiebung nach Nigeria nicht in seinem Recht gemäß Art. 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Nigeria besser gestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde in Nigeria keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Ganz allgemein besteht in Nigeria derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Nigeria, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG abzuweisen war.

3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

3.3.1. Rechtslage:

Gemäß § 58 Abs. 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs. 3 AsylG).

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht haben, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, ist weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 1 oder Z 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III., des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 57 AsylG abzuweisen war.

3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

3.4.1. Rechtslage:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

Gemäß § 58 Abs. 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs. 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

3.4.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall:

Wie zuvor bereits ausführt, ergaben sich im gegenständlichen Verfahren keine Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre.

Zu prüfen ist daher, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art. 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

Das vorliegende Asylverfahren erreichte, gerechnet von der Antragstellung am 11.12.2018 bis zum Datum der vorliegenden Entscheidung am 08.05.2019 zwar eine Dauer von rund sechs Monate. Der seit 11.12.2018 andauernde Aufenthalt des Beschwerdeführers beruhte dessen ungeachtet auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb dieser während der gesamten Daher des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durfte, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann.

Das Gewicht seiner privaten Interessen wird daher dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war (vgl VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov). Der Beschwerdeführer führt nach eigenen Angaben keine Lebensgemeinschaft oder eine "familienähnliche" Beziehung in Österreich. Es fehlen alle Sachverhaltselemente, aus denen sich die Existenz gewisser in einem Zeitraum eines rund sechsmonatigen Aufenthaltes entstandener - unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens relevanter - Bindungen allenfalls hätte ergeben können (wie etwa Teilnahme am Erwerbsleben und am sozialen Leben in Österreich, Selbsterhaltungsfähigkeit, Erwerb von nachweisbaren Sprachkenntnissen). Die integrative Verfestigung des Beschwerdeführers erschöpfen sich im Besuch eines Sprachkurses und der Absolvierung einer Sprachprüfung sowie der sportlichen Freizeitgestaltung. Zudem liegen die Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme und das Empfehlungsschreiben seines Unterkunftgebers vor. Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er bis 2015 aufgewachsen ist und knapp den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte. Auch das Kindeswohl spricht dafür, dass der minderjährige Beschwerdeführer im Kreise seiner Eltern und Geschwister sowie in einer sprachlichen und kulturellen Umgebung aufwächst, die ihm vertraut ist.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich (bzw. Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber.

Ihm steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. zB. VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), schwerer als die de facto kaum ausgebildeten privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

Ebenso wenig vermag die strafgerichtliche Unbescholtenheit seine persönlichen Interessen entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029).

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG nicht in Betracht kommt.

Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (zB vorübergehend nach Art 8 EMRK, vgl. § 9 Abs. 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Der Beschwerdeführer verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG abzuweisen war.

3.5. Zum Ausspruch, dass die Ausweisung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):

3.5.1. Rechtslage:

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. Bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

3.5.2. Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall:

Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig wäre.

Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. dazu etwa VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse VwGH 19.02.2015, Ra 2015/21/0005, 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 - 0062, und 06.11.2018, Ra 2018/01/0106).

Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig im Sinne des § 50 Abs. 2 FPG, da den Beschwerdeführern keine Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen.

Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria erfolgte daher zu Recht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 52 Abs. 9 FPG abzuweisen war.

3.6. Zum Ausspruch, dass eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Dera

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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