Entscheidungsdatum
09.08.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W216 2148883-2/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Marion STEINER über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Steinergasse 3/12, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.07.2019, Zl. 1078432507 - 190648070 / BMI-EAST_WEST, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz (in Rechtskraft erwachsen):
1.1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger von Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und schiitischer Moslem, hält sich seit Juli 2015 im österreichischen Bundesgebiet auf, wo er am 16.07.2015 seinen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz stellte.
1.2. Im Verlauf seiner Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 18.07.2015 gab der Beschwerdeführer neben seinen Angaben zum Reiseweg zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen an, er habe Afghanistan wegen des Krieges und der Taliban, die Hazara nicht mögen würden, verlassen und sei in den Iran geflüchtet; dort hätte es für ihn jedoch wegen der Behörde auch kein ruhiges Leben gegeben. Es hätte auch keine Arbeit für ihn im Iran gegeben, weil er dort illegal gelebt habe. Auf die Frage, was er bei einer Rückkehr in seine Heimat befürchte, gab der Beschwerdeführer an, dass es in Afghanistan immer Krieg gebe und dass er dort nicht leben könne. Er habe kein Leben in Afghanistan.
1.3. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 18.01.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt im Wesentlichen an, Afghanistan verlassen zu haben, weil die Taliban an die Macht gekommen seien. Ein Kommandant der Taliban habe ihn schikaniert. Der Beschwerdeführer habe für den Kommandanten ohne Bezahlung arbeiten müssen. Zudem hätten die Taliban die Hazara verspottet und bedroht und vom Beschwerdeführer verlangt, zu konvertieren. Der Beschwerdeführer sei jedoch weder persönlich bedroht noch verfolgt worden. Im Iran sei der Beschwerdeführer ständig schikaniert worden. Da er keine Aufenthaltsdokumente besessen habe, sei es schwierig gewesen, zu arbeiten. Er habe im Iran von 2007 bis zu seiner Ausreise im Jahr 2015 (mit Unterbrechungen aufgrund zweier Abschiebungen nach Afghanistan) als Maurer gearbeitet. Dann habe er beschlossen, sein Glück in Europa zu versuchen.
1.4. Mit Bescheid vom 07.02.2017, Zl. XXXX , wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers vom 16.07.2015 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg. cit. ab (Spruchpunkt II.). Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für seine freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).
In der Begründung des Bescheides gab das BFA die entscheidungsrelevanten Angaben des Beschwerdeführers wieder und traf Feststellungen zur Lage in Afghanistan. Begründend wurde zu Spruchpunkt I. ausgeführt, dass eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen vom Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht werden habe können. Zu Spruchpunkt II. führte die Behörde aus, es gebe keine Hinweise dafür, dass der Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr nach Afghanistan in eine existenzbedrohende Notlage geraten könnte. Die Behörde verkenne dabei nicht, dass die Heimatprovinz des Beschwerdeführers Baghlan zu den volatilen Provinzen Afghanistans gehöre und eine Rückkehr dorthin derzeit nicht zumutbar sei; doch bestehe für den Beschwerdeführer die Möglichkeit, sich in Kabul niederzulassen. Kabul sei mit dem Flugzeug von Europa gut erreichbar. Der Beschwerdeführer wäre bei seiner Rückkehr in der Lage, durch eine Tätigkeit - wenn auch als Tagelöhner oder Maurer - eine ausreichende Lebensgrundlage zu finden. Zudem werde dem Beschwerdeführer auch eine Rückkehrhilfe gewährt.
1.5. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 13.02.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die ARGE-Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberatung zur Seite gegeben.
1.6. Gegen den oben angeführten Bescheid erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, mit Schreiben vom 26.02.2017 Beschwerde gegen den Bescheid des BFA in vollem Umfang wegen Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, infolge dessen eine mangelhafte Beweiswürdigung und eine unrichtige rechtliche Beurteilung vorgenommen worden sei, sowie wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer führte in seiner Beschwerdeschrift zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen aus, er sei in Afghanistan aufgrund seiner Zugehörigkeit zu der Volksgruppe der Hazara sowie aufgrund seiner Weigerung, für einen Talibankommandanten Zwangsarbeiten zu verrichten, asylrelevanter Bedrohung ausgesetzt.
1.7. Mit Schreiben vom 14.08.2017 erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme zu den vom Bundesverwaltungsgericht mit der Ladung zu der mündlichen Verhandlung übermittelten Länderberichten.
1.8. Am 16.08.2017 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit der bevollmächtigten Vertretung des Beschwerdeführers statt. Das BFA als belangte Behörde nahm an der Verhandlung nicht teil.
Zu seinem Geburtsdatum befragt, korrigierte der Beschwerdeführer seine im bisherigen Verfahren gemachten Angaben ( XXXX ) und nannte als sein tastsächliches Geburtsdatum den XXXX . Er habe ein falsches Geburtsdatum angegeben, weil ihm andere Asylwerber geraten hätten, sich zur Verbesserung seiner Situation als Minderjähriger auszugeben.
Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer an, Afghanistan wegen der allgemein schlechten Sicherheitslage verlassen zu haben. Ein Kommandant der Taliban habe ihn gezwungen, ohne Bezahlung für ihn zu arbeiten. Dies habe jedoch nichts mit seiner Volksgruppenzugehörigkeit zu tun gehabt, denn der Kommandant habe jeden, den er in die Hände bekommen habe, darunter auch Paschtunen, zur Verrichtung von Arbeiten für ihn gezwungen. Zudem habe der Beschwerdeführer in Afghanistan seinen Glauben nicht frei ausüben können. Wenn die Hazara in die Moschee gegangen seien, habe sie der Kommandant belästigt und daran hindern wollen, bestimmte religiöse Rituale auszuüben. Im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan befürchte er, aufgrund seines Aufenthalts in Europa von den Taliban getötet zu werden. Außerdem werde er auch wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit verfolgt werden.
1.9. Mit Schreiben vom 22.08.2017 erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme zu den in der mündlichen Verhandlung eingebrachten Länderberichten.
1.10. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.12.2017 zu W248 2148883-1/14E wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 07.02.2017 als unbegründet abgewiesen. Die Zustellung des Erkenntnisses vom 01.12.2017 erfolgte am selben Tag rechtswirksam durch E-Versand an den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers. Das Erkenntnis vom 01.12.2017 erwuchs am 01.12.2017 in Rechtskraft.
1.11. In weiterer Folge reiste der Beschwerdeführer im Jänner 2018 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Deutschland aus, wo er am 25.01.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Dieser wurde mit Bescheid des (deutschen) Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 02.03.2018 als unzulässig abgelehnt wurde.
2. Verfahren über den zweiten Antrag auf internationalen Schutz:
2.1. Der Beschwerdeführer stellte, unmittelbar nachdem er im Rahmen einer Dublin-Überstellung von Deutschland in das österreichische Bundesgebiet rücküberstellt wurde, am 27.06.2019 seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.
Im Zuge seiner Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der Beschwerdeführer nach Aufforderung, sämtliche Gründe für seine neuerliche Asylantragstellung umfassend und detailliert zu erläutern, an, dass er 7 Jahre im Iran gewesen sei. In Afghanistan gebe es jeden Tag Terror, Bomben, usw. Der Beschwerdeführer gab an, zu befürchten, dass sein Dolmetscher nicht alle seine Gründe oder falsch übersetzt habe. Er werde dann am Gericht alles sagen. Er wolle hierbleiben. Auf die Frage, ob er alle Ausreise-, Flucht- oder Verfolgungsgründe genannt habe, gab der Beschwerdeführer an: "Ja, ich habe meine Gründe genannt". Bezüglich seiner Befürchtungen bei einer Rückkehr gab der Beschwerdeführer an, Angst um sein Leben zu haben. Er habe dort niemanden und es gebe Krieg.
2.2. Mit Verfahrensanordnung des BFA gem. § 15b AsylG wurde dem Beschwerdeführer die Unterkunftnahme in einer namentlich genannten Betreuungsstelle aufgetragen. Der BF hat diese Verfahrensanordnung und ein Informationsblatt in einer ihm verständlichen Sprache am 27.06.2019 nachweislich übernommen.
2.3. Am 09.07.2019 wurde der Beschwerdeführer zunächst zur Abklärung seiner Identität und im direkten Anschluss zu seinem Antrag auf internationalen Schutz beim BFA, Erstaufnahmestelle West, niederschriftlich einvernommen. Er gab dabei an, 31 Jahre alt und in der Provinz Baghlan, Distrikt XXXX , im Dorf XXXX geboren worden zu sein. Er sei Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und schiitischer Moslem. Seit dem rechtskräftigen Abschluss seines ersten Asylverfahrens mit 01.12.2017 gebe es keine Änderung in seinem Privat- oder Familienleben.
Als Grund für seinen zweiten Asylantrag gab er an, dass er von der deutschen Polizei aufgegriffen und wieder nach Österreich geschickt worden sei. Er habe nicht gewusst, was er bei der Polizei machen solle. Er habe Angst vor einer Abschiebung gehabt, deswegen habe er einen Asylantrag gestellt. Auf die Frage, ob sich bezüglich der Ausreise- und Fluchtgründe, die er im ersten Verfahren angegeben habe, etwas geändert hätte, gab der Beschwerdeführer an, dass es seine Probleme immer noch gebe. Die Lage in Afghanistan habe sich verschlechtert. Weitere Gründe, warum er seinen Herkunftsstaat verlassen habe, gebe es nicht.
Auf die Frage, ob das bedeute, dass die Fluchtgründe für gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz dieselben Gründe seien, welche er bereits in seinem Erstasylverfahren angegeben habe und es keine neuen Fluchtgründe gebe, antwortete der Beschwerdeführer: "Die Gründe sind gleich. Es hat sich aber die Lage dort verschlechtert. Sie werden mir auch nicht glauben. Im Erstverfahren wurde mir auch nicht geglaubt."
Weiters brachte der Beschwerdeführer vor, 1,5 Jahre in Deutschland aufhältig gewesen zu sein, da er Angst vor einer Abschiebung gehabt hätte. Er habe in Österreich einen Cousin, zu welchem er jedoch keinen Kontakt habe und nur wisse, dass er in Österreich sei, aber nicht wo. In Österreich habe er einen Deutschkurs (A1) besucht, bevor er nach Deutschland gegangen sei. Er befinde sich in Grundversorgung und werde vom Staat versorgt. Er arbeite hier im Lager. Ehrenamtliche Tätigkeiten verrichte er nicht. Soziale Kontakte/Aktivitäten in Österreich habe er nicht und er sei auch kein Mitglied in einem Verein oder einer Organisation in Österreich.
Zu dem im Rahmen dieser Einvernahme in das Verfahren eingeführten Länderinformationsblatt zu Afghanistan erklärte der Beschwerdeführer, dass er keine Einsichtnahme in diese bräuchte.
2.4. Mit angefochtenem Bescheid vom 18.07.2019 wies das BFA den (zweiten) Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 27.06.2019 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I. und II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.). Unter Spruchpunkt VIII. wurde ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 15b Abs. 1 AsylG 2005 aufgetragen worden sei, von 27.06.2019 bis 15.07.2019 in näher bezeichnetem Quartier Unterkunft zu nehmen.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im neuerlichen Asylverfahren keine glaubhaften asylrelevanten Gründe vorgebracht habe bzw. sich kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben habe. Allgemein bekannte Sachverhaltsänderungen seit rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahrens seien nicht ersichtlich. Auch die von Amts wegen berücksichtigte Ländersituation habe keinen entscheidungsrelevanten Sachverhalt hervorgebracht. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 sei mangels Vorliegen der Voraussetzungen nicht zu erteilten gewesen. Auch das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich habe sich seit Rechtskraft seines Vorverfahrens nicht geändert. Zu dem in Österreich lebenden Cousin habe der Beschwerdeführers keinen Kontakt und wisse er auch nicht, wo dieser sich aufhalte. Im Falle einer zurückweisenden Entscheidung bestehe gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise. Betreffend das verhängte Einreiseverbot wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sich durch seine Ausreise nach Deutschland dem Verfahren entzogen und die Frist für die freiwillige Ausreise in sein Herkunftsland nicht eingehalten habe. Zudem könne er den Besitz der Mittel für seinen Unterhalt nicht nachweisen, weshalb auch der Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG erfüllt und ein Einreisverbot im genannten Umfang zu erlassen gewesen sei. Aus Gründen der zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung seines Antrages auf internationalen Schutz sei dem Beschwerdeführer aufgetragen worden, in einer namentlich genannten Betreuungsstelle des Bundes Unterkunft zu nehmen. Diesem Bescheid wurde das Länderinformationsblatt zu Afghanistan vom 29.06.2018, Stand:
04.06.2019, zu Grunde gelegt.
2.5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter, mit Schreiben vom 01.08.2019 fristgerecht Beschwerde, in welcher der Bescheid zur Gänze in Beschwerde gezogen und beantragt wird, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Im Wesentlichen wird vorgebracht, dass die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgehe, dass sich die allgemeine maßgebliche Lage in Afghanistan seit Rechtskraft des letzten Verfahrens nicht entscheidungswesentlich geändert hätte. Der Beschwerdeführer habe - aktuellen Berichten zufolge - keine Aussicht auf Eingliederung und wirtschaftliches Überleben in den Großstädten. Ihm stehe keine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung. Die aktuellen Ereignisse seien im vorigen Asylverfahren noch nicht berücksichtigt worden, weshalb im gegenständlichen Fall ein neuer Sachverhalt vorliege. Die belangte Behörde hätte das Verfahren daher zulassen und den Asylantrag inhaltlich bearbeiten und dem Beschwerdeführer Asyl oder mindestens den Status eines subsidiären Schutzberechtigten gewähren müssen. Die Erlassung eines Einreiseverbots sei rechtswidrig, weil der Beschwerdeführer wegen der schlechten Sicherheitslage nicht nach Afghanistan zurückkehren könne, weshalb ihm mindestens subsidiärer Schutz zu gewähren sei.
2.6. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 05.08.2019 zur Entscheidung vorgelegt; über das Einlangen des vollständigen Aktes beim Bundesverwaltungsgericht wurde das BFA am selben Tag in Kenntnis gesetzt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungs- und Gerichtsakten des Beschwerdeführers (insbesondere auch zum Vorverfahren zu W248 2148883-1), Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem und in das Strafregister:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und seinen privaten- und familiären Verhältnissen:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Afghanistans, gehört der Volksgruppe der Hazara an und ist moslemischen (schiitischen) Glaubens. Er spricht muttersprachlich Dari. Seine Herkunftsprovinz ist Baghlan, im Jahr 2007 reiste er jedoch in den Iran aus, wo er bis zu seiner Ausreise nach Europa im Jahr 2015 aufhältig war und Berufserfahrung als Landarbeiter und Maurer sammelte. Seine Familie (Eltern, Geschwister, Onkel) lebt im Iran.
Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 2015 illegal in Österreich ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde vollinhaltlich abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.12.2017, W248 2148883-1/14E, ebenfalls abgewiesen. Dieses Erkenntnis erwuchs am 01.12.2017 in Rechtskraft.
Ein Cousin des Beschwerdeführers hält sich ebenfalls in Österreich auf. Zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Cousin besteht kein Kontakt; der Beschwerdeführer weiß auch nicht, wo sich sein Cousin aufhält. Es bestehen auch keine finanziellen noch sonstigen Abhängigkeiten zueinander. Weitere Verwandte oder Familienangehörige hat der Beschwerdeführer in Österreich nicht. Die Kernfamilie des Beschwerdeführers lebt im Iran.
Der Beschwerdeführer besuchte in Österreich einen Deutschkurs (A1), weitere Bildungsmaßnahmen nahm der Beschwerdeführer nicht in Anspruch. Der Beschwerdeführer ist weder Mitglied in einem Verein noch in einer Organisation. Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht erwerbstätig und bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.
Der Beschwerdeführer ist arbeitsfähig und leidet an keiner ernsten oder lebensbedrohlichen Erkrankung.
Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.
Der Beschwerdeführer reiste im Jänner 2018 aus dem österreichischen Bundesgebiet aus und am 20.01.2018 nach Deutschland ein, wo er am 25.01.2018 ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Dieser wurde mit Bescheid des (deutschen) Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 02.03.2018 als unzulässig abgelehnt. Der Beschwerdeführer wurde am 27.06.2019 in das österreichische Bundesgebiet rücküberstellt und stellte noch am selben Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag).
1.2. Zu den Fluchtgründen:
Eine maßgebliche Änderung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers seit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens über den ersten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz kann nicht festgestellt werden, ebenso kann keine maßgebliche Änderung der vom Beschwerdeführer bereits im Erstverfahren vorgebrachten Fluchtgründe oder Rückkehrbefürchtungen festgestellt werden.
Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan eine Verfolgung aufgrund seiner Zugehörigkeit zur ethnischen Minderheit der Hazara droht.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat in eine existenzgefährdende Notlage geraten wird und ihm die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen ist.
1.3. Zur maßgeblichen Lage in Afghanistan:
Auszugsweise Wiedergabe des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation Afghanistan (Gesamtaktualisierung 29.06.2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 04.06.2019):
KI vom 4.6.2019, politische Ereignisse, zivile Opfer, Anschläge in Kabul, IOM (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage; Abschnitt 2/Politische Lage; Abschnitt 23/Rückkehr).
Politische Ereignisse: Friedensgespräche, Loya Jirga, Ergebnisse Parlamentswahl
Ende Mai 2019 fand in Moskau die zweite Runde der Friedensgespräche zwischen den Taliban und afghanischen Politikern (nicht der Regierung, Anm.) statt. Bei dem Treffen äußerte ein Mitglied der Taliban, Amir Khan Muttaqi, den Wunsch der Gruppierung nach Einheit der afghanischen Bevölkerung und nach einer "inklusiven" zukünftigen Regierung. Des Weiteren behauptete Muttaqi, die Taliban würden die Frauenrechte respektieren wollen. Ein ehemaliges Mitglied des afghanischen Parlaments, Fawzia Koofi, äußerte dennoch ihre Bedenken und behauptete, die Taliban hätten kein Interesse daran, Teil der aktuellen Regierung zu sein, und dass die Gruppierung weiterhin für ein islamisches Emirat stünde. (Tolonews 31.5.2019a).
Vom 29.4.2019 bis 3.5.2019 tagte in Kabul die "große Ratsversammlung" (Loya Jirga). Dabei verabschiedeten deren Mitglieder eine Resolution mit dem Ziel, einen Friedensschluss mit den Taliban zu erreichen und den inner-afghanischen Dialog zu fördern. Auch bot Präsident Ghani den Taliban einen Waffenstillstand während des Ramadan von 6.5.2019 bis 4.6.2019 an, betonte aber dennoch, dass dieser nicht einseitig sein würde. Des Weiteren sollten 175 gefangene Talibankämpfer freigelassen werden (BAMF 6.5.2019). Einer weiteren Quelle zufolge wurden die kritischen Äußerungen zahlreicher Jirga-Teilnehmer zu den nächtlichen Militäroperationen der USA nicht in den Endbericht aufgenommen, um die Beziehungen zwischen den beiden Staaten nicht zu gefährden. Die Taliban nahmen an dieser von der Regierung einberufenen Friedensveranstaltung nicht teil, was wahrscheinlich u.a. mit dem gescheiterten Dialogtreffen, das für Mitte April 2019 in Katar geplant war, zusammenhängt. Dort wäre die Regierung zum ersten Mal an den Friedensgesprächen mit den Taliban beteiligt gewesen. Nachdem erstere jedoch ihre Teilnahme an die Bedingung geknüpft hatte, 250 Repräsentanten nach Doha zu entsenden und die Taliban mit Spott darauf reagierten, nahm letztendlich kein Regierungsmitarbeiter an der Veranstaltung teil. So fanden Gespräche zwischen den Taliban und Exil-Afghanen statt, bei denen viele dieser das Verhalten der Regierung öffentlich kritisierten (Heise 16.5.2019).
Anfang Mai 2019 fand in Katar auch die sechste Gesprächsrunde zwischen den Taliban und den USA statt. Der Sprecher der Taliban in Doha, Mohammad Sohail Shaheen, betonte, dass weiterhin Hoffnung hinsichtlich der inner-afghanischen Gespräche bestünde. Auch konnten sich der Quelle zufolge die Teilnehmer zwar bezüglich einiger Punkte einigen, dennoch müssten andere "wichtige Dinge" noch behandelt werden (Heise 16.5.2019).
Am 14.5.2019 hat die unabhängige Wahlkommission (Independent Electoral Commission, IEC) die Wahlergebnisse der Provinz Kabul für das afghanische Unterhaus (Wolesi Jirga) veröffentlicht (AAN 17.5.2019; vgl. IEC 14.5.2019, IEC 15.5.2019). Somit wurde nach fast sieben Monaten (die Parlamentswahlen fanden am 20.10.2018 und 21.10.2018 statt) die Stimmenauszählung für 33 der 34 Provinzen vervollständigt. In der Provinz Ghazni soll die Wahl zusammen mit den Präsidentschafts- und Provinzialratswahlen am 28.9.2019 stattfinden. In seiner Ansprache zur Angelobung der Parlamentsmitglieder der Provinzen Kabul und Paktya am 15.5.2019 bezeichnete Ghani die siebenmonatige Wahl als "Katastrophe" und die beiden Wahlkommissionen, die IEC und die Electoral Complaints Commission (ECC), als "ineffizient" (AAN 17.5.2019).
Zivile-Opfer, UNAMA-Bericht
Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im ersten Quartal 2019 (1.1.2019 - 31.3.2019) 1.773 zivile Opfer (581 Tote und 1.192 Verletzte), darunter waren 582 der Opfer Kinder (150 Tote und 432 Verletzte). Dies entspricht einem Rückgang der gesamten Opferzahl um 23% gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres, welches somit der niedrigste Wert für das erste Jahresquartal seit 2013 ist (UNAMA 24.4.2019).
Diese Verringerung wurde durch einen Rückgang der Zahl ziviler Opfer von Selbstmordanschlägen mit IED (Improvised Explosive Devices - unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung/Sprengfallen) verursacht. Der Quelle zufolge könnten die besonders harten Winterverhältnisse in den ersten drei Monaten des Jahres 2019 zu diesem Trend beigetragen haben. Es ist unklar, ob der Rückgang der zivilen Opfer wegen Maßnahmen der Konfliktparteien zur Verbesserung des Schutzes der Zivilbevölkerung oder durch die laufenden Gespräche zwischen den Konfliktparteien beeinflusst wurde (UNAMA 24.4.2019).
Die Zahl der zivilen Opfer aufgrund von Nicht-Selbstmord-Anschlägen mit IEDs durch regierungsfeindliche Gruppierungen und Luft- sowie Suchoperationen durch regierungsfreundliche Gruppierungen ist gestiegen. Die Zahl der getöteten Zivilisten, die regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben wurden, übertraf im ersten Quartal 2019 die zivilen Todesfälle, welche von regierungsfeindlichen Elementen verursacht wurden (UNAMA 24.4.2019).
Kampfhandlungen am Boden waren die Hauptursache ziviler Opfer und machten etwa ein Drittel der Gesamtzahl aus. Der Einsatz von IEDs war die zweithäufigste Ursache für zivile Opfer: Im Gegensatz zu den Trends von 2017 und 2018 wurde die Mehrheit der zivilen Opfer von IEDs nicht durch Selbstmordanschläge verursacht, sondern durch Angriffe, bei denen der Angreifer nicht seinen eigenen Tod herbeiführen wollte. Luftangriffe waren die Hauptursache für zivile Todesfälle und die dritthäufigste Ursache für zivile Opfer (Verletzte werden auch mitgezählt, Anm.), gefolgt von gezielten Morden und explosiven Kampfmittelrückständen (UXO - unexploded ordnance). Am stärksten betroffen waren Zivilisten in den Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Faryab und Kunduz (in dieser Reihenfolge) (UNAMA 24.4.2019).
Anschläge in Kabul-Stadt
Ende Mai 2019 fanden in Kabul-Stadt einige Anschläge und gezielte Tötungen in kurzen Abständen zu einander statt: Am 26.5.2019 wurde ein leitender Mitarbeiter einer NGO in Kart-e Naw (PD5, Police District 5) durch unbekannte bewaffnete Männer erschossen (Tolonews 27.5.2019a). Am 27.5.2019 wurden nach der Explosion einer Magnetbombe, die gegen einen Bus von Mitarbeitern des Ministeriums für Hadsch und religiöse Angelegenheiten gerichtet war, zehn Menschen verletzt. Die Explosion fand in Parwana-e Do (PD2) statt. Zum Vorfall hat sich keine Gruppierung bekannt (Tolonews 27.5.2019b). Des Weiteren wurden im Laufe der letzten zwei Maiwochen vier Kontrollpunkte der afghanischen Sicherheitskräfte durch unbekannte bewaffnete Männer angegriffen (Tolonews 31.5.2019b).
Am 30.5.2019 wurden in Folge eines Selbstmordangriffes nahe der Militärakademie Marshal Fahim im Stadtteil Char Rahi Qambar (PD5) sechs Personen getötet und 16 Personen, darunter vier Zivilisten, verletzt. Die Explosion erfolgte, während die Kadetten die Universität verließen (1 TV NEWS 30.5.2019). Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zu dem Anschlag (AJ 30.5.2019).
Am 31.5.2019 wurden sechs Personen, darunter vier Zivilisten, getötet und fünf Personen, darunter vier Mitglieder der US-Sicherheitskräfte, verletzt, nachdem ein mit Sprengstoff beladenes Auto in Qala-e Wazir (PD9) detonierte. Quellen zufolge war das ursprüngliche Ziel des Angriffs ein Konvoi ausländischer Sicherheitskräfte (Tolonews 31.5.2019c).
Am 2.6.2019 kam nach der Detonation von mehreren Bomben eine Person ums Leben und 17 weitere wurden verletzt. Die Angriffe fanden im Westen der Stadt statt, und einer davon wurde von einer Klebebombe, die an einem Bus befestigt war, verursacht. Einer Quelle zufolge transportierte der Bus Studenten der Kabul Polytechnic University (TW 2.6.2019). Der IS bekannte sich zu den Anschlägen und beanspruchte den Tod von "mehr als 30 Schiiten und Mitgliedern der afghanischen Sicherheitskräfte" für sich. Die Operation erfolgte in zwei Phasen: Zuerst wurde ein Bus, der 25 Schiiten transportierte, angegriffen, und darauf folgend detonierten zwei weitere Bomben, als sich "Sicherheitselemente" um den Bus herum versammelten. Vertreter des IS haben u.a. in Afghanistan bewusst und wiederholt schiitische Zivilisten ins Visier genommen und sie als "Polytheisten" bezeichnet. (LWJ 2.6.2019).
Am 3.6.2019 kamen nach einer Explosion auf der Darul Aman Road in der Nähe der American University of Afghanistan fünf Menschen ums Leben und zehn weitere wurden verletzt. Der Anschlag richtete sich gegen einen Bus mit Mitarbeitern der Independent Administrative Reform and Civil Service Commission (Tolonews 3.6.2019)
US-Angaben zufolge ist die Zahl der IS-Anhänger in Afghanistan auf ca. 5.000 gestiegen, fünfmal so viel wie vor einem Jahr. Gemäß einer Quelle profitiert die Gruppierung vom "zahlenmäßigen Anstieg der Kämpfer in Pakistan und Usbekistan und von aus Syrien geflohenen Kämpfern". Des Weiteren schließen sich enttäuschte Mitglieder der Taliban sowie junge Menschen ohne Zukunftsperspektive dem IS an, der in Kabul, Nangarhar und Kunar über Zellen verfügt (BAMF 3.6.2019). US-Angaben zufolge ist es "sehr wahrscheinlich", dass kleinere IS-Zellen auch in Teilen Afghanistans operieren, die unter der Kontrolle der Regierung oder der Taliban stehen (VOA 21.5.2019). Eine russische Quelle berichtet wiederum, dass ca. 5.000 IS-Kämpfer entlang der Nordgrenze tätig sind und die Nachbarländer bedrohen. Der Quelle zufolge handelt es sich dabei um Staatsbürger der ehemaligen sowjetischen Republiken, die mit dem IS in Syrien gekämpft haben (Newsweek 21.5.2019).
Anmerkung der Staatendokumentation: Zur besseren Ortung der oben beschriebenen Vorfälle folgt eine kartografische Darstellung der Staatendokumentation mit der Einteilung der Stadt Kabul in Polizeidistrikte:
(Quelle: BFA 13.2.2019)
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Rückkehr
Die International Organization for Migration (IOM) gewährt seit April 2019 keine temporäre Unterkunft für zwangsrückgeführte Afghanen mehr. Diese erhalten eine Barzuwendung von ca. 150 Euro sowie Informationen über mögliche Unterkunftsmöglichkeiten. Gemäß dem Europäischen Auswärtigen Amt (EAD) nutzten nur wenige Rückkehrer die Unterbringungsmöglichkeiten von IOM (BAMF 20.5.2019).
Quellen:
1 TV NEWS (30.5.2019): At least six killed in suicide blast near military academy in Kabul,
http://www.1tvnews.af/en/news/afghanistan/38366-breaking-blast-rocks-kabul, Zugriff 3.6.2019
AAN - Afghanistan Analysts Network (17.5.2019): The Results of Afghanistan's 2018 Parliamentary Elections: A new, but incomplete Wolesi Jirga,
https://www.afghanistan-analysts.org/the-results-of-afghanistans-2018-parliamentary-elections-a-new-but-incomplete-wolesi-jirga/, Zugriff 22.5.2019
AJ - Al Jazeera (30.5.2019): Suicide bomber targets Afghan military training centre in Kabul,
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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (3.6.2019): Briefing Notes, Afghanistan, per E-Mail
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (20.5.2019): Briefing Notes, Afghanistan, per E-Mail
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (6.5.2019): Briefing Notes, Afghanistan, per E-Mail
BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staatendokumentation (13.2.2019): Kabul Police Districts Map, liegt im Archiv der Staatendokumentation auf
Heise (16.5.2019): Afghanistan: Wie viel Macht hat der Präsident?, https://www.heise.de/tp/features/Afghanistan-Wie-viel-Macht-hat-der-Praesident-4422023.html, Zugriff 3.6.2019
IEC - Independent Electoral Commission via Facebook (14.5.2019):
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IEC - Independent Electoral Commission (15.5.2019): Kabul - Wolesi Jirga Final Results,
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LWJ - Long War Journal (2.6.2019): Islamic State bombs bus, security personnel in western Kabul,
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Tolonews (31.5.2019b): Concerns Mount Over Sharp Increase In Attacks
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Tolonews (31.5.2019c): Heavy Explosion Rocks Kabul; 4 Civilians Killed,
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Tolonews (27.5.2019a): Seven Members Of One Family Murdered in Kabul,
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Tolonews (27.5.2019b): 10 Wounded As Blast Targets Govt Employees Bus In Kabul,
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TW - The Week (2.6.2019): Afghan officials: 3 bomb blasts in capital, 1 killed,
https://www.theweek.in/news/world/2019/06/02/afghan-officials-3-bomb-blasts-in-capital-1-killed.html, Zugriff 3.6.2019
UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (24.4.2019): Quarterly Report on the Protection of Civilians in Armed Conflict: 1 January to 31 March 2019, https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_protection_of_civilians_in_armed_conflict_-_first_quarter_report_2019_english_.pdf, Zugriff 3.4.2019
VOA - Voice of America (21.5.2019): Islamic State in Afghanistan Growing Bigger, More Dangerous, https://www.voanews.com/a/islamic-state-in-afghanistan-growing-bigger-more-dangerous/4927406.html, Zugriff 4.6.2019
KI vom 26.3.2019, Anschläge in Kabul, Überflutungen und Dürre, Friedensgespräche, Präsidentschaftswahl (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage; Abschnitt 3/Sicherheitslage; Abschnitt 21/Grundversorgung und Wirtschaft).
Anschläge in Kabul-Stadt
Bei einem Selbstmordanschlag während des persischen Neujahres-Fests Nowruz in Kabul-Stadt kamen am 21.3.2019 sechs Menschen ums Leben und weitere 23 wurden verletzt (AJ 21.3.2019, Reuters 21.3.2019). Die Detonation erfolgte in der Nähe der Universität Kabul und des Karte Sakhi Schreins, in einer mehrheitlich von Schiiten bewohnten Gegend. Quellen zufolge wurden dafür drei Bomben platziert: eine im Waschraum einer Moschee, eine weitere hinter einem Krankenhaus und die dritte in einem Stromzähler (TDP 21.3.2019; AJ 21.3.2019). Der ISKP (Islamische Staat - Provinz Khorasan) bekannte sich zum Anschlag (Reuters 21.3.2019).
Während eines Mörserangriffs auf eine Gedenkveranstaltung für den 1995 von den Taliban getöteten Hazara-Führer Abdul Ali Mazari im überwiegend von Hazara bewohnten Kabuler Stadtteil Dasht-e Barchi kamen am 7.3.2019 elf Menschen ums Leben und 95 weitere wurden verletzt. Der ISKP bekannte sich zum Anschlag (AJ 8.3.2019).
Überflutungen und Dürre
Nach schweren Regenfällen in 14 afghanischen Provinzen kamen mindestens 63 Menschen ums Leben. In den Provinzen Farah, Kandahar, Helmand, Herat, Kapisa, Parwan, Zabul und Kabul, wurden ca. 5.000 Häuser zerstört und 7.500 beschädigt (UN OCHA 19.3.2019). Dem Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen (UN OCHA) zufolge waren mit Stand 19.3.2019 in der Provinz Herat die Distrikte Ghorvan, Zendejan, Pashtoon Zarghoon, Shindand, Guzarah und Baland Shahi betroffen (UN OCHA 19.3.2019). Die Überflutungen folgten einer im April 2018 begonnen Dürre, von der die Provinzen Badghis und Herat am meisten betroffen waren und von deren Folgen (z.B. Landflucht in die naheliegenden urbanen Zentren, Anm.) sie es weiterhin sind. Gemäß einer Quelle wurden in den beiden Provinzen am 13.9.2018 ca. 266.000 IDPs vertrieben: Davon zogen 84.000 Personen nach Herat-Stadt und 94.945 nach Qala-e-Naw, wo sie sich in den Randgebieten oder in Notunterkünften innerhalb der Städte ansiedelten und auf humanitäre Hilfe angewiesen sind (IFRCRCS 17.3.2019).
Friedensgespräche
Kurz nach der Friedensgesprächsrunde zwischen Taliban und Vertretern der USA in Katar Ende Jänner 2019 fand Anfang Februar in Moskau ein Treffen zwischen Taliban und bekannten afghanischen Politikern der Opposition, darunter der ehemalige Staatspräsident Hamid Karzai und mehrere "Warlords", statt (Qantara 12.2.201). Quellen zufolge wurde das Treffen von der afghanischen Diaspora in Russland organisiert. Taliban-Verhandlungsführer Sher Muhammad Abbas Stanaksai wiederholte während des Treffens schon bekannte Positionen wie die Verteidigung des "Dschihad" gegen die "US-Besatzer" und die gleichzeitige Weiterführung der Gespräche mit den USA. Des Weiteren verkündete er, dass die Taliban die Schaffung eines "islamischen Regierungssystems mit allen Afghanen" wollten, obwohl sie dennoch keine "exklusive Herrschaft" anstrebten. Auch bezeichnete er die bestehende afghanische Verfassung als "Haupthindernis für den Frieden", da sie "vom Westen aufgezwungen wurde"; Weiters forderten die Taliban die Aufhebung der Sanktionen gegen ihre Führer und die Freilassung ihrer gefangenen Kämpfer und bekannten sich zur Nichteinmischung in Angelegenheiten anderer Länder, zur Bekämpfung des Drogenhandels, zur Vermeidung ziviler Kriegsopfer und zu Frauenrechten. Diesbezüglich aber nur zu jenen, "die im Islam vorgesehen seien" (z.B. lernen, studieren und sich den Ehemann selbst auswählen). In dieser Hinsicht kritisierten sie dennoch, dass "im Namen der Frauenrechte Unmoral verbreitet und afghanische Werte untergraben würden" (Taz 6.2.2019).
Ende Februar 2019 fand eine weitere Friedensgesprächsrunde zwischen Taliban und US-Vertretern in Katar statt, bei denen die Taliban erneut den Abzug der US-Truppen aus Afghanistan forderten und betonten, die Planung von internationalen Angriffen auf afghanischem Territorium verhindern zu wollen. Letzterer Punkt führte jedoch zu Meinungsverschiedenheiten: Während die USA betonten, die Nutzung des afghanischen Territoriums durch "terroristische Gruppen" vermeiden zu wollen und in dieser Hinsicht eine Garantie der Taliban forderten, behaupteten die Taliban, es gebe keine universelle Definition von Terrorismus und weigerten sich gegen solch eine Spezifizierung. Sowohl die Taliban- als auch die US-Vertreter hielten sich gegenüber den Medien relativ bedeckt und betonten ausschließlich, dass die Friedensverhandlungen weiterhin stattfänden. Während es zu Beginn der Friedensgesprächsrunde noch Hoffnungen gab, wurde mit Voranschreiten der Verhandlungen immer klarer, dass sich eine Lösung des Konflikts als "frustrierend langsam" erweisen würde (NYT 7.3.2019).
Die afghanische Regierung war weder an den beiden Friedensgesprächen in Doha noch an dem Treffen in Moskau beteiligt (Qantara 12.2.2019; vgl. NYT 7.3.2019), was Unbehagen unter einigen Regierungsvertretern auslöste und die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Regierungen beeinträchtigte (Reuters 18.3.2019; vgl. WP 18.3.2019). Beispielsweise erklärte US-Unterstaatssekretär David Hale am 18.3.2019 die Beendigung der Kontakte zwischen US-Vertretern und dem afghanischen nationalen Sicherheitsberater Hamdullah Mohib, nachdem dieser US-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad und den Ausschluss der afghanischen Regierung aus den Friedensgesprächen öffentlich kritisiert hatte (Reuters 18.3.2019).
Verschiebung der Präsidentschaftswahl
Die Präsidentschaftswahl, welche bereits von April auf Juni 2019 verschoben worden war, soll Quellen zufolge nun am 28.9.2019 stattfinden. Grund dafür seien "zahlreiche Probleme und Herausforderungen welche vor dem Wahltermin gelöst werden müssten, um eine sichere und transparente Wahl sowie eine vollständige Wählerregistrierung sicherzustellen - so die unabhängige Wahlkommission (IEC) (VoA 20.3.2019; vgl. BAMF 25.3.2019).
Quellen:
AJ - Al Jazeera (21.3.2019): Blasts in Afghan capital Kabul kill six during new year festival,
https://www.aljazeera.com/news/2019/03/blasts-afghan-capital-kabul-kill-6-year-festival-190321064823472.html, Zugriff 26.3.2019
AJ - Al Jazeera (8.3.2019): Death toll rises to 11 in attack on Shia gathering in Kabul,
https://www.aljazeera.com/news/2019/03/death-toll-rises-11-afghan-capital-attack-shia-gathering-190308102222870.html, Zugriff 26.3.2019
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (25.3.2019): Briefing Notes Afghanistan, liegen im Archiv der Staatendokumentation auf
NYT - The New York Times (7.3.2019): U.S. Peace Talks With Taliban Trip Over a Big Question: What Is Terrorism?, https://www.nytimes.com/2019/03/07/world/asia/taliban-peace-talks-afghanistan.html, Zugriff 26.3.2019
IFRCRCS - International Federation of Red Cross and Red Crescent Societies (17.3.2019): Emergency Appeal Afghanistan: Drought and Flash Floods,
https://reliefweb.int/report/afghanistan/afghanistan-drought-and-flash-floods
Qantara (12.02.2019): Any deal will do, https://en.qantara.de/print/34493, Zugriff 26.3.2019
Reuters (21.3.2019): Explosions in Afghan capital Kabul kills six during new year festival,
https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-attack/explosions-in-afghan-capital-kabul-kill-6-during-new-year-festival-idUSKCN1R20GL, Zugriff 26.3.2019
Reuters (18.3.2019): U.S. freezes out top Afghan official in peace talks feud: sources,
https://www.reuters.com/article/us-usa-afghanistan/us-freezes-out-top-afghan-official-in-peace-talks-feud-sources-idUSKCN1QZ2OU, Zugriff 26.3.2019
Taz - Die Tagezeitung (6.2.2019): Auch Moskau spielt die Taliban-Karte,
https://www.taz.de/Gespraeche-zwischen-Taliban-und-Russland/!5568633/, Zugriff 26.3.2019
TDP - The Defense Post (21.3.2019): Bomb blasts around Afghanistan capital kill 6 during Nowruz celebrations, https://thedefensepost.com/2019/03/21/afghanistan-kabul-bombings-nowruz/, Zugriff 26.3.2019
UN OCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (19.3.2019): Afghanistan: Flash Floods, Update No. 7 (as of 19 March 2019),
https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/afg_flash_floods_update_7_19_mar_2019_web.pdf, Zugriff 26.3.2019
VoA - Voice of America (20.3.2019): Afghanistan Again Postpones Presidential Election,
https://www.voanews.com/a/afghanistan-again-postpones-presidential-election/4840141.html, Zugriff 26.3.2019
WP - The Washington Post (18.3.2019): Afghan government, shut out of U.S.-Taliban peace talks, running short on options, https://www.washingtonpost.com/world/afghan-government-shut-out-of-us-taliban-peace-talks-running-short-on-options/2019/03/18/92cd6128-497d-11e9-8cfc-2c5d0999c21e_story.html?noredirect=on&utm_term=.ffa121b12dbc, Zugriff 26.3.2019
KI vom 1.3.2019, Aktualisierung: Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2018 (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)
Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle
Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil. Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum 16.8.2018 - 15.11.2018 5.854 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 5% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (63%) aus. Selbstmordanschläge gingen um 37% zurück, was möglicherweise an erfolgreichen Bekämpfungsmaßnahmen in Kabul-Stadt und Jalalabad liegt. Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Streitkräfte stiegen um 25%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten. In der Provinz Kandahar entstand die Befürchtung, die Sicherheitsbedingungen könnten sich verschlechtern, nachdem der Polizeichef der Provinz und der Leiter des National Directorate for Security (NDS) im Oktober 2018 ermordet worden waren (UNGASC 7.12.2018). Gemäß dem Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (SIGAR) fanden bis Oktober 2018 die meisten Angriffe regierungsfeindlicher Gruppierungen in den Provinzen Badghis, Farah, Faryab, Ghazni, Helmand, Kandahar, Uruzgan und Herat statt. Von Oktober bis Dezember 2018 verzeichneten Farah, Helmand und Faryab die höchste Anzahl regierungsfeindlicher Angriffe (SIGAR 30.1.2019).
Nach dem Taliban-Angriff auf Ghazni-Stadt im August 2018, bestand weiterhin die Befürchtung, dass die Taliban großangelegte Angriffe im Südosten des Landes verüben könnten. Dies war zwar nicht der Fall, dennoch setzten Talibankämpfer die afghanischen Sicherheitskräfte am Stadtrand von Ghazni, in Distrikten entlang des Highway One nach Kabul und durch die Einnahme des Distrikts Andar in Ghazni im Oktober weiterhin unter Druck. Im Westen der Provinz Ghazni, wo die ethnische Gruppierung der Hazara eine Mehrheit bildet, verschlechterten sich die Sicherheitsbedingungen wegen großangelegter Angriffe der Taliban, was im November zur Vertreibung zahlreicher Personen führte. In Folge eines weiteren Angriffs der Taliban im Distrikt Khas Uruzgan der Provinz Uruzgan im selben Monat wurden ebenfalls zahlreiche Hazara-Familien vertrieben. Des Weiteren nahmen Talibankämpfer in verschiedenen Regionen vorübergehend strategische Positionen entlang der Hauptstraßen ein und behinderten somit die Bewegungsfreiheit zwischen den betroffenen Provinzen. Beispiele dafür sind Angriffe entlang Hauptstraßen nach Kabul in den Distrikten Daymirdad und Sayyidabad in Wardak, der Route Mazar - Shirbingham und Maimana - Andkhoy in den nördlichen Provinzen Faryab, Jawzjan und Balkh und der Route Herat - Qala-e-Naw im westlichen Herat und Badghis (UNGASC 7.12.2018). Trotz verschiedener Kampfhandlungen und Bedrohungen blieben mit Stand Dezember 2018 gemäß SIGAR die Provinzzentren aller afghanischen Provinzen unter Kontrolle bzw. Einfluss der afghanischen Regierung (SIGAR 30.1.2019).
Im Laufe des Wahlregistrierungsprozesses und während der Wahl am 20. und am 21. Oktober wurden zahlreiche sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die Taliban und den Islamischen Staat - Provinz Khorasan (ISKP) beansprucht wurden (UNGASC 7.12.2018; vgl. UNAMA 10.10.2018, UNAMA 11.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar, die wegen Sicherheitsbedenken auf den 27. Oktober verschoben worden war, wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert. Die afghanischen Sicherheitskräfte entdeckten und entschärften einige IED [Improvised Explosive Devices - Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen] in Kandahar-Stadt und den naheliegenden Distrikten (UNAMA 11.2018). Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) hatte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) registriert (UNAMA 10.10.2018). Am offiziellen Wahltag, dem 20. Oktober, wurden 388 zivile Opfer (52 Tote und 336 Verletzte) registriert, darunter 117 Kinder (21 Tote und 96 Verletzte) und 48 Frauen (2 Tote und 46 Verletzte). Am folgenden Wahltag, dem 21. Oktober, wurden 47 weitere zivile Opfer (4 Tote und 43 Verletzte) verzeichnet, inklusive 17 Kinder (2 Tote und 15 Verletzte) und Frauen (3 Verletzte). Diese Zahlen beinhalten auch Opfer innerhalb der Afghan National Police (ANP) und der Independet Electoral Commission (IEC) (UNAMA 11.2018). Die am 20. Oktober am meisten von sicherheitsrelevanten Vorfällen betroffenen Städte waren Kunduz und Kabul. Auch wenn die Taliban in den von ihnen kontrollierten oder beeinflussten Regionen die Wählerschaft daran hinderten, am Wahlprozess teilzunehmen, konnten sie die Wahl in städtischen Gebieten dennoch nicht wesentlich beeinträchtigen (trotz der hohen Anzahl von Sicherheitsvorfällen) (UNGASC 7.12.2018).
Die Regierung kontrolliert bzw. beeinflusst - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 22.10.2018 53,8% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 bedeutet. 33,9% der Distrikte sind umkämpft und 12,3% befinden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 63,5% der Bevölkerung leben in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befinden; 10,8% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 25,6% leben in umkämpften Gebieten. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Kontrolle bzw. Einfluss von Aufständischen sind Kunduz, Uruzgan und Helmand (SIGAR 30.1.2019).
Der ISKP ist weiterhin im Osten des Landes präsent und bekennt sich zu Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen in Nangarhar und zu sechs Angriffen in Kabul-Stadt. Des Weiteren finden in den Provinzen Nangarhar und Kunar weiterhin Kämpfe zwischen ISKP- und Talibankämpfern statt. Die internationalen Streitkräfte führten Luftangriffe gegen den ISKP in den Distrikten Deh Bala, Achin, Khogyani, Nazyan und Chaparhar der Provinz Nangarhar aus (UNGASC 7.12.2018).
Global Incident Map zufolge wurden im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) 4.436 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Durch die folgende kartografische Darstellung der Staatendokumentation soll die Verteilung des Konflikts landesweit veranschaulicht werden.
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(BFA Staatendokumentation 20.02.2019a)
(...)
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Zivile Opfer
Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) 10.993 zivile Opfer (3.804 Tote und 7.189 Verletzte), eine allgemeine Steigerung von 5% sowie eine Steigerung der Zahl der Toten um 11% gegenüber dem Vorjahreswert. 42% der zivilen Opfer (4.627 Opfer;
1.361 Tote und 3.266 Verletzte) wurden durch IED im Zuge von Anschlägen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich ISKP) verursacht. Die Anzahl der Selbstmordanschläge unter Einsatz von IED stieg dabei um 22% und erreichte somit einen Rekordwert. Diese Art von Anschlägen verursachte 26% aller zivilen Opfer, während IED, die bei Nichtselbstmordanschlägen verwendet wurden, 16% der zivilen Opfer forderten. Kabul war mit insgesamt 1.866 Opfern (596 Tote und 1.270 Verletzte) die Provinz mit der höchsten Anzahl an Selbstmordanschlägen durch IED, während die Zahl der Opfer in Nangarhar mit insgesamt 1.815 (681 Tote und 1.134 Verletzte) zum ersten Mal fast die Werte von Kabul erreichte (hauptsächlich wegen des Einsatzes von IED bei Nichtselbstmordanschlägen). Kabul-Stadt verzeichnete insgesamt 1.686 zivile Opfer (554 Tote und 1.132 Verletzte) wegen komplexen und Selbstmordangriffen (UNAMA 24.2.2019).
Zusammenstöße am Boden (hauptsächlich zwischen regierungsfreundlichen und regierungsfeindlichen Gruppierungen) verursachten 31% der zivilen Opfer (insgesamt 3.382; davon 814 Tote und 2.568 Verletzte), was einen Rückgang um 3% im Vergleich mit dem Vorjahreswert bedeutet. Grund dafür war der Versuch regierungsfreundlicher Gruppierungen, die zivile Bevölkerung zu schonen. Die Verlagerung der Kämpfe in dünn besiedelte Gebiete, die Vorwarnung der lokalen Zivilbevölkerung bei Kampfhandlungen und die Implementierung von Strategien zum Schutz der Bevölkerung waren einige der bestimmenden Faktoren für den Rückgang bei zivilen Opfern. Jedoch ist die Opferzahl bei gezielt gegen die Zivilbevölkerung gerichteten komplexen Angriffen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen gestiegen (plus 48% gegenüber 2017; 4.125 Opfer insgesamt, davon 1.404 Tote und 2.721 Verletzte). Sowohl der ISKP als auch die Taliban griffen gezielt Zivilisten an: Der ISKP war für 1.871 zivile Opfer verantwortlich, darunter waren u.a. Mitglieder der schiitischen Gemeinschaft, und die Taliban für 1.751. Obwohl die Gesamtzahl der zivilen Opfer durch gezielte Tötungen von Einzelpersonen (hauptsächlich durch Erschießung) zurückging, blieben Zivilisten inklusive religiöser Führer und Stammesältester weiterhin Ziele regierungsfeindlicher Gruppierungen. Die Gesamtzahl der durch Luftangriffe verursachten zivilen Opfer stieg im Vergleich mit dem Vorjahreswert um 61% und die Zahl der Todesopfer erreichte 82%. 9% aller zivilen Opfer wurden Luftangriffen (mehrheitlich der internationalen Luftwaffe) zugeschrieben, der höchste Wert seit 2009 (UNAMA 24.2.2019).
Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) für 6.980 zivile Opfer (2.243 Tote und 4.737 Verletzte) verantwortlich. Das entspricht 63% der gesamten zivilen Opfer. 37% davon werden den Taliban, 20% dem ISKP und 6% unbestimmten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Laufe des Jahres 2018 wurden vermehrt Anschläge gegen Bildungseinrichtungen verzeichnet, meist durch Talibankämpfer, da in Schulen Registrierungs- und Wahlzentren untergebracht waren. Der ISKP attackierte und bedrohte Bildungseinrichtungen als Reaktion auf militärische Operationen afghanischer und internationaler Streitkräfte. UNAMA berichtet auch über anhaltende Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen, welche Auswirkungen auf einen Großteil der zivilen Bevölkerung haben. Trotzdem die Taliban nach eigenen Angaben Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung ergriffen haben, attackierten diese weiterhin Zivilisten, zivile Einrichtungen und regierungsfreundliche Gruppierungen in Zivilgebieten (UNAMA 24.2.2019).
Ungefähr 24% der zivilen Opfer (2.612, davon 1.185 Tote und 1.427 Verletzte), werden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 14% den afghanischen Sicherheitskräften, 6% den internationalen Streitkräften und 4% unbestimmten regierungsfreundlichen Gruppierungen. Die Steigerung um 4% gegenüber dem Vorjahr geht auf Luftangriffe der internationalen Streitkräfte und Fahndungsaktionen der afghanischen Sicherheitskräfte und regierungsfreundlicher Gruppierungen zurück (UNAMA 24.2.2019). Die verbleibenden 13% der verzeichneten zivilen Opfer wurden im Kreuzfeuer während Zusammenstößen am Boden (10%), durch Beschuss aus Pakistan (1%) und durch die Explosion von Blindgängern verursacht (UNAMA 24.2.2019).