TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/28 W241 2181226-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.08.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

28.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W241 2181226-2/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HAFNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.11.2018, Zahl 1096034104/151831426/BMI-BFA-WIEN_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.02.2019 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 und 57 Asylgesetz 2005 sowie §§ 52 und 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste nach seinen Angaben irregulär in Österreich ein und stellte am 22.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).

1.2. In seiner Erstbefragung am 22.11.2015 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Dari im Wesentlichen Folgendes an:

Er sei afghanischer Staatsbürger, Hazara, schiitischer Moslem und ledig.

Er stamme aus Kabul. Seine Eltern und fünf Schwestern seien weiterhin in Afghanistan aufhältig. Er habe Afghanistan vor zwei Monaten verlassen und sei über den Iran, die Türkei, Griechenland, Mazedonien und weitere ihm unbekannte Länder nach Österreich gereist.

Als Fluchtgrund gab der BF an, dass er drei Jahre lang eine geheime Beziehung mit einem Mädchen gehabt habe. Seine Familie habe mehrmals bei der Familie des Mädchens um ihre Hand angehalten, aber ohne Erfolg. Kurz vor seiner Flucht habe er das Mädchen geschwängert, ihre Familie habe davon erfahren. Aus diesem Grund sei eine Feindschaft entstanden. Der Mann seiner Schwester sei von dieser Familie getötet worden.

1.3. Bei seiner Einvernahme am 20.07.2017 vor dem BFA, im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Dari, legte der BF Bestätigungen über den Besuch diverser Kurse, der Teilnahme an Sportveranstaltungen und gemeinnütziger Tätigkeiten sowie Berichte über Anschläge in Kabul und Afghanistan vor.

Danach gab der BF im Wesentlichen Folgendes an (Auszug aus dem Einvernahmeprotokoll, Schreibfehler teilweise korrigiert):

"LA [Leiter der Amtshandlung]: Welche Religion haben Sie?

VP [Verfahrenspartei]: Ich war muslimischer Schiit, jetzt bin ich Christ.

LA: Welche Sprachen sprechen Sie?

VP: Dari, Englisch, Paschtu und auch Deutsch (VP antwortet auf die Frage auf Deutsch).

LA: Wann haben Sie zum ersten Mal eine christliche Kirche besucht?

VP: Es war im Anfang 2016, genau weiß ich es nicht.

LA: Warum stellen Sie einen Asylantrag?

VP: Mein Leben war vor zirka vier Jahren in Afghanistan in Gefahr. Deshalb musste ich Afghanistan verlassen. In Afghanistan ging in vormittags zur Schule und am Nachmittag habe ich gearbeitet. Das war gegenüber der Mädchenschule. Ein Mädchen namens XXXX habe ich regelmäßig gesehen. Es ist dort nicht leicht, mit einem Mädchen zu sprechen. Sie kam eines Tages in unser Geschäft und hat Kleidung bestellt. Wir gaben der Familie unsere Visitenkarte. Ich schrieb meine eigene Telefonnummer auf die Karte und gab sie XXXX . Sie hat mich nach 2 Tagen angerufen und nach ihrer Bestellung gefragt. Ich hatte auch ihre Nummer dann und unsere Beziehung begann stark zu werden. Wir haben uns getroffen. Wir haben die Entscheidung getroffen, zu heiraten. Mit meinem Schwager war ich gut befreundet und vertraute ihm das Geheimnis an, er sagte, er würde mit meinen Eltern sprechen. Anfangs gab es Einwände, weil XXXX Sunnitin ist, wir sind Schiiten. Als wir um ihre Hand angehalten haben, stimmte ihre Familie nicht zu. Es gab noch 3 - 4 Versuche, die erfolglos blieben. Beim letzten Mal drohte ihr Vater meinem mit Problemen, sollte er noch einmal kommen. Ich sprach mit XXXX , dass wir 2 - 3 Jahre warten könnten, weil wir jung waren. Wenn wir nicht heiraten dürften, könnten wir immer noch weglaufen. Das dauerte circa 6 Monate. Unsere Beziehung wurde noch enger und wir hatten auch eine sexuelle Beziehung. Als mein Schwager einkaufen gegangen ist, lud ich XXXX in das Geschäft ein. Eine Freundin von ihr erfuhr von unserer Beziehung und hat es gleich XXXX Eltern erzählt. XXXX wurde geschlagen und nach der sexuellen Beziehung befragt, sie hatte Angst und erzählte alles. Zwei Wochen lang habe ich sie nicht mehr gesehen, ihr Handy war ausgeschaltet. Eines Tages traf ich die beste Freundin von XXXX , die Freundin kam nach zwei Tagen zu mir und sagte ‚Pass auf, ihr Vater wird dich umbringen, er weiß über alles Bescheid.' Nach zwei Monaten sah ich sie mit meinem Schwager auf der Straße, wo sie wohnten, es kam ein Auto von hinten und wir wurden fest geschlagen. Dadurch wurde ich am rechten Fuß der linken Hand verletzt und irgendetwas wurde in meinen Kopf gestochen. Mein Schwager wurde am Kopf verletzt und erlitt eine innere Blutung. Der Bruder meines Schwagers kam, brachte ihn ins Spital, er wurde nicht aufgenommen. Deswegen sind Sie nach Pakistan gegangen. Ich war eine Woche im Spital und bekam einen Gipsverband auf meine Hand und meinen Fuß. Meine Schwester und der Bruder meines Schwagers erstatteten Anzeige. Sie konnten niemanden als Verdächtigen angeben, weil sie ja dachten, wir hätten mit niemandem Probleme. Ich erzählte schließlich die ganze Angelegenheit meinen Eltern. XXXX Familie gingen nicht zu den Behörden, weil sie die Angelegenheit als Beleidigung ansahen. Die Behörden und Polizisten haben uns nicht geholfen. Dann wurde ich angezeigt, weil ich Sex mit XXXX hatte, und viele Polizisten standen an unserer Türe. Ich kannte den Status der Familie nicht, aber es kam jeden Tag eine andere Person und hat uns bedroht. Mein Vater meinte, ich solle eine Weile nach Mazar-e Sharif gehen und mich bei Freunden verstecken. Die Wochen blieb ich dort. Ich wurde auch dort gesucht, obwohl ich dort keinen einzigen Freund hatte. Ich weiß nicht, was XXXX Vater war, ich habe nur gehört, der Vater wäre im afghanischen Geheimdienst und würde mich daher überall finden. Das haben wir schon früher gemerkt, die Polizisten waren gegen uns. Ich erzählte über den Besuch meinem Vater, und er meinte, dass es überhaupt besser wäre, meine Heimat für eine Weile zu verlassen. Am nächsten Tag kam ich zurück nach Kabul und am gleichen Tag ging ich mit Hilfe eines Schleppers weiter nach Pakistan.

LA: Sind das Ihre Fluchtgründe gewesen?

VP: Ja, das waren meine Gründe.

LA: Ich werde Ihnen jetzt detaillierte Fragen zu Ihren Gründen stellen, um mir ein besseres Bild machen zu können.

LA: In welcher Straße war die Mädchenschule?

VP: XXXX , der Name der Schule ist XXXX .

LA: Wann wurden Sie von dem Auto und den Insassen des Autos überfallen?

VP: Es war Ende 2013.

LA: Wie lange braucht man für die Reise von Kabul nach Pakistan?

VP: Ungefähr einen Tag, wenn man immer in Bewegung bleibt.

LA: Woraus schließen Sie, dass die Angreifer der Familie XXXX angehörten?

VP: Das haben wir erst gemerkt, als wir eine Anzeige gemacht haben und durch die Bedrohungen und Streitereien danach.

LA: Haben Sie eine schriftliche Ausfertigung der Anzeige gegen XXXX Vater bzw. eine der Anzeige gegen Sie und Ihre Familie?

VP: Nein, das habe ich vorher gesagt, weil auf dem Fluchtweg habe ich meine Dokumente weggeschmissen. Die Geschichte ist auch interessant für die Taliban.

LA: Ist Ihr Schwager an den Verletzungen gestorben?

VP: Genau, das war der Grund.

LA: Was befürchten Sie im Falle Ihrer hypothetischen Rückkehr nach Afghanistan?

VP: Ich fürchte um mein Leben. Meine Familie wurde auch nicht in Ruhe gelassen, die haben daher auch die Heimat verlassen.

LA: Wurden Sie jemals persönlich von den afghanischen Behörden bedroht?

VP: Nein.

LA: Waren Sie jemals in Haft, wurden Sie verurteilt?

VP: Nein.

LA: Waren Sie jemals politisch tätig?

VP: Nein

LA: Wurden Sie aufgrund Ihrer Religionszugehörigkeit oder Volksgruppenzugehörigkeit verfolgt?

VP: Ich ging in Afghanistan nie in eine Moschee, habe nicht gebetet, weil ich keinen Glauben hatte, daher hatte mein Großvater keine gute Beziehung zu mir."

1.4. In der Folge wies das BFA mit Bescheid vom 01.12.2017 den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.). Weiters wurden gegen den BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

1.5. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts (in der Folge BVwG) vom 21.02.2018, W241 2181226-1, wurde der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde stattgegeben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an das BFA zurückverwiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass sich das BFA nicht ausreichend mit dem Vorbringen des BF auseinandergesetzt habe, da eine nähere Befragung zu seinem Fluchtvorbringen unterblieben sei. Auch sei der BF nicht näher zu seiner Konversion befragt worden.

1.6. Bei seiner Einvernahme am 11.09.2018 vor dem BFA gab der BF zu seinen Fluchtgründen und zu seiner Konversion folgendes an:

"F: Welche Religion haben Sie?

A: Ich habe keine Religion, ich bin Christ. Das Christentum wird nicht als Religion bezeichnet.

F: Als was wird das Christentum sonst bezeichnet?

A: Das Christentum ist ein Weg zum Gott.

F: Welchem Zweig der christlichen Glaubensgemeinschaft gehören Sie an?

A: Protestant.

F: Warum haben Sie sich für diesen Zweig entschieden?

A: ich hatte nicht so viele Informationen über das Christentum. Ich war mit einem Freund in der Kirche und er war Protestant, deswegen bin ich auch bei diesem Zweig geblieben und es gefällt mir jetzt.

Auff: Erzählen Sie mir etwas darüber!

A: Dieser Zweig vor 50 Jahren durch Martin Luther in Deutschland, also im Jahr 1952, gegründet. Als Protest gegen andere Zweige. Die Leute werden mit dem Namen, Vater, Sohn und Heiligen Geist getauft.

Anmerkung nach Rückübersetzung: Protestant heißt Protest.

F: Sind Sie offiziell aus der islamischen Glaubensgemeinschaft ausgetreten?

A: Ich war schon, aber ich habe keine Bestätigung bekommen. Weil bereits Feierabend war, aber ich kann das vorlegen. Die Gebühr von 15 Euro habe ich schon bezahlt, aber die Bestätigung habe ich noch nicht bekommen.

Anm: Es wird eine Frist von 1 Woche zur Vorlage vereinbart.

F: Wann sind Sie zum Christentum gewechselt?

Anm: Dolmetsch wiederholt die Frage.

A: 15.01.2017. Vorher war ich aber oft in der Kirche. Anfang 2016 war ich in der Kirche und am 15.01.2017 wurde ich getauft.

F: Warum sind Sie gerade zum Christentum gewechselt? Was war der ausschlaggebende Grund bzw Ereignis?

A: Als ich noch jung war in Afghanistan, habe ich einen Film geschaut, "Musibathaie-Masih" (Anm Dolmetsch: Schlechte Ereignisse über Masih). In Diesem Film wird Jesus Christus sehr viel geschlagen, trotzdem sagt er, dass er der Sohn von Gott ist und ändert seine Meinung nicht. Dies hat mich beeindruckt. Dieser Film hat mich eine Woche lang beschäftigt. Ich habe eine Woche lang über den Film nachgedacht und ich habe dann über Jesus recherchiert. Ich habe den Koran gelesen und habe bemerkt, dass der Name Jesus öfters erwähnt wird. Jesus Christus hat viele Wunder als andere Propheten. Er wurde auch von anderen nicht Gläubigen viel unter Druck gesetzt.

Anmerkung nach Rückübersetzung: Der Name Jesus wird öfters erwähnt als andere Propheten. Jesus Christus hat mehr Wunder vollbracht als andere Propheten.

Danach hatte ich ein ganz normales Leben bis ich nach Österreich kam. Ich war in einem Zimmer mit einem Iraner und er war Christ. Er hat mich missioniert. Dann habe ich die Bibel von ihm bekommen und er hat gesagt, dass ich das lesen kann und später selbst entscheiden kann. Wenn ich will, kann ich mit ihm in die Kirche gehen. Ich habe die Bibel gelesen und es hat mir sehr gut gefallen. Ich habe gesehen, dass in dem Buch nicht viel über Gewalt geschrieben wird. Die Frauen haben sehr viele Werte. Im Islam ist das nicht so. Ein Mann, darf bis zu 4 Frauen heiraten im Islam. Diese Sachen haben mich beeinflusst und dann bin ich konvertiert.

F: Haben Sie sich zuvor mit anderen Religionen beschäftigt?

A: Nein, nicht so viel. Über das Judentum habe ich mich ein bisschen Informiert.

F: Haben Sie in Afghanistan schon über einen Religionswechsel nachgedacht?

A: Nein.

F: Waren Sie in Afghanistan ein religiöser Mensch?

A: Nein.

F: Wo konkret wurden Sie getauft?

A: XXXX . Befragt gebe ich an, dass sie in Simmering ist.

F: Welche Bedeutung hat die Taufe?

A: Eine Neugeburt, eine Reinigung.

F: Haben Sie einen Taufvorbereitungskurs besucht?

A: Ja. Vorher war ich in einigen Kirchen, damit ich mich besser auskenne.

F: Wann konkret hat der Taufvorbereitungskurs angefangen und wie lange hat er gedauert?

A: Bei dieser Kirche wird man gleich getauft, aber ich habe das nicht akzeptiert. Deswegen war ich ein Jahr lang dort. Ich war Anfang 2016 in der Kirche. Ich kann das Datum auch nicht genau sagen. Befragt gebe ich an, dass ich Anfang 2016 die Kirche besucht habe. In dieser Kirche gibt es auch Veranstaltungen, für Leute die konvertieren wollen.

F: Wann konkret haben Sie den Kurs für die Taufe besucht?

A: Explizit für die Taufe habe ich keinen Kurs besucht.

Anmerkung nach Rückübersetzung: Ich habe schon Vorbereitungskurse besucht.

F: Haben Sie einen Taufvorbereitungskurs besucht, ja oder nein?

A: Nein.

F: Hat sich in Bezug auf Ihre Fluchtgründe seit der letzten EV etwas geändert?

A: Nein.

Auff: Schildern Sie nochmals Ihre Fluchtgründe! Schildern Sie diese chronologisch mit Zeitangaben!

A: Mein Schwager hatte ein Schneidergeschäft und ich habe dort mit ihm gearbeitet. In der Früh war ich in der Schule und nachmittags im Geschäft. Unterwegs habe ich immer ein Mädchen getroffen. Wir haben uns nur gesehen, nicht mehr. Nach einiger Zeit kam das Mädchen in das Geschäft und wollte Kleidung bestellen. Sie war mit ihrer Familie dort. Normalerweise wir geben unsere Visitenkarte her. Dieses Mal habe ich aber meine Privatnummer auf die Visitenkarte geschrieben. Nach 2 oder 3 Tagen hat mich das Mädchen angerufen und sie hat sich nach der Kleidung erkundigt. Am Telefon hat sie einen Scherz gemacht und sagte, dass ich versuchen soll nicht schlecht zu nähen. Ich habe sie gefragt, ob sie das Mädchen ist, das ich jeden Tag sehe. Sie sagte, ja. Ich sagte, dass ich meine Nummer auf die Visitenkarte geschrieben habe und wenn sie was braucht kann sie mich jederzeit anrufen. So wurde unser Kontakt mehr. Sie hat mich immer angerufen und wir haben miteinander telefoniert und wir haben uns auch gesehen. Dieser Kontakt war so nah, dass wir einander heiraten. Wir wollten traditionell heiraten und ich wollte meine Familie zu ihrer schicken um die Hand anzuhalten. Ich habe das Thema meinem Schwager erzählt. Mein Schwager hat gesagt, dass es ein gutes Ziel ist und er ist danach hat er mit meinen Eltern darüber gesprochen. Diese Geschichte war kompliziert, weil XXXX ist Sunnitin und wir waren Schiiten. Meine Eltern haben sich auch gegen mich gestellt und sagten, dass das vielleicht nicht geht, weil wir Schiiten sind. Ich habe geantwortet, dass Religion für mich nicht wichtig ist, weil wir uns für einander interessieren. Meine Eltern und mein Schwager waren 3-4 Mal bei ihr, aber die Eltern von ihr haben das nicht akzeptiert. Beim letzten Mal hat der Vater von XXXX sehr schlecht meine Eltern behandelt und sagte, wenn sie noch einmal kommen, wird es ein schlechtes Ereignis geben (Anm Dolmetsch: eine Bedrohung). Ich und XXXX waren sehr traurig und sie schlug mir vor, dass wir gemeinsam fliehen. Ich habe gesagt, dass ich noch jung bin und jetzt nicht fliehen kann. Wir warten noch 1-2 Jahre, vielleicht ändert sich was. Eines Tages war mein Schwager einkaufen für das Geschäft. Ich habe XXXX angerufen, und habe ihr gesagt, dass ich alleine bin und sie zu mir kommen kann. Sie kam zu mir, wir waren eine Zeit lang gemeinsam. In dieser Zeit hatten wir auch Geschlechtsverkehr. Eine Bekannte von XXXX hat gesehen, dass sie zu mir gekommen ist und sie hat den Vorfall den Eltern mitgeteilt. 2 Wochen habe ich nicht von ihr gehört. Das Handy von ihr war abgeschaltet. Danach habe ich eine Freundin von ihr gesehen und ich habe sie gefragt, ob sie über XXXX etwas weiß. Sie sagte nein. Ich habe sie gebeten, dass sie Informationen einholt. Ich habe die Freundin in 2 Tagen wiedergesehen und sie sagte, dass der Vater von XXXX , XXXX viel geschlagen hat, weil wir Sex gehabt haben. Später habe ich eine Mitteilung von XXXX bekommen, sie hat mir geschrieben, dass ihre Familie plant mich umzubringen.

Anmerkung nach Rückübersetzung: Nicht später, am gleichen Tag habe ich das erfahren.

Ich habe das nicht ernst genommen, ich dachte die Eltern wollen nur XXXX irgendwie bedrohen. Ca 2 Wochen später wollte ich mit meinem Schwager zu seinem Haus gehen. Das habe ich in der Ersteinvernahme falsch gesagt. Danach habe ich ein Auto von hinten kommen sehen, dieses Auto hatte mit uns einen Unfall bzw hat uns überfahren.

Anmerkung nach Rückübersetzung: Ich habe das Auto nicht gesehen.

Es war in der Nacht. Bei diesem Unfall habe ich mein rechtes Bein und linke Hand und am Kopf verletzt. Leider ist mein Schwager verstorben bei dem Unfall. Ich war eine Woche im Krankenhaus. Beim Unfall wurde ich ohnmächtig und ich wusste nicht was passiert ist. Mein Schwager hatte eine Gehirnblutung und er wurde nach Pakistan für die Behandlung gebracht. Aber leider ist er verstorben. Als ich wieder nachhause kam, habe ich meiner Familie gesagt, dass sie eine Anzeige erstatten sollen, aber sie meinten, dass sie nicht wüssten wen sie anzeigen sollen. Danach habe ich meiner Familie die Geschichte erzählt und ich sagte ihnen auch, dass ich von dieser Person bedroht wurde und ich sagte, dass sie eine Anzeige machen sollen. Danach hat meine Schwester bei der Polizei Anzeige erstattet. Beim ersten Mal als meine Schwester bei der Polizei war, hat die Polizei gesagt, dass sie das erledigen werden und recherchieren werden. Beim zweiten Mal hat die Schwester eine Ladung bekommen. Als sie dort war, wurde sie sehr schlecht behandelt. Wir haben uns sehr gewundert, warum das so ist, weil sich die ganze Geschichte umgedreht hat und wir plötzlich schuld waren. Ich weiß nicht warum, vielleicht wurde die Polizei bestochen oder der Vater von XXXX war ein Beamter, das weiß ich aber nicht. Das Thema wurde so umgeändert, und es wurde nicht gesetzeskonform behandelt, sondern traditionell. Nach dieser Geschichte wurde die Bedrohung öffentlicher und sie haben uns mehrmals bedroht. Sie sind nicht direkt zu uns gekommen, sondern haben uns indirekt über andere Leute bedroht. Sie haben uns so bedroht, dass wir nicht rauskonnten. Meine Schwester konnte nicht zur Schule und mein Vater konnte nicht arbeiten gehen. In der Woche wurden wir ca 2-3 Mal bedroht. Mein Vater hat vorgeschlagen, dass ich mich fernhalte, deswegen bin ich nach Mazar in Nordafghanistan gefahren. Einige Zeit war ich dort bei einem Freund von meinem Vater. Der Freund hat viel Ackerland und Garten, damit ich mich langweile habe ich ihnen geholfen. Eines Tages bin ich wieder nachhause zu dem Freund von meinem Vater gekommen und zu dessen Frau. Sie hat mir gesagt, dass jemand nach mir gefragt hat. Ich habe mich gewundert, weil ich dort keine Freunde hatte. Das habe ich auch meinen Eltern erzählt. Meine Eltern wurden viel belästigt in Kabul. Dann hat mein Vater entschieden, dass ich in den Iran gehen soll. Am nächsten Tag bin ich nach Kabul gekommen, an diesem Tag hat mein Vater mit dem Schlepper gesprochen und hat mich am gleichen Tag in den Iran mitgenommen.

F: Von wann bis wann waren Sie in Afghanistan in der Schule?

A: Von 7 bis zum 18. Lebensjahr. Befragt gebe ich an, dass ich von 07:30-12:00 in die Schule ging.

F: Wo befand sich das Geschäft? Nennen Sie die konkrete Adresse!

A: In der 1. Straße von XXXX .

F: Sie haben bei der letzten Einvernahme angegeben das XXXX in eine Mädchenschule ging, wo befand sich diese?

A: Man kann sagen, dass es gegenüber von unserem Geschäft war. Befragt gebe ich an, dass XXXX am Nachmittag in der Schule war. Von 12:30/13:00 bis 17:00 Uhr.

F: Wie heißt die Mädchenschule auf die das Mädchen XXXX ging?

A: XXXX . Es war eine Sekundärschule.

F: In welchem Alter bzw wann haben Sie angefangen in dem Geschäft von Ihrem Schwager zu arbeiten?

A: Ich war ziemlich jung. Genau weiß ich es nicht. Ich war ca 13 Jahre alt. Befragt gebe ich an, dass ich nach der Schule direkt ins Geschäft ging und bis 19:00 Uhr dort war. Es gab keine bestimmte Uhrzeit.

F: Wann konkret haben Sie XXXX das erste Mal getroffen?

A: Genau weiß ich es nicht. Ca Anfang 2013

F: Kam Sie alleine in Ihr Geschäft?

A: Sie ist nicht ins Geschäft gekommen, wir haben uns nur auf der Straße getroffen.

F: Sie haben ja angegeben, dass Sie mit der Familie in ihr Geschäft gekommen sei um Kleidung zu bestellen.

A: Ja. Ich dachte, bei der Frage meinten sie zum ersten Mal. Sie kam mit ihrer Familie ins Geschäft und haben Kleidung bestellt.

F: Haben Sie immer Ihre private Handynummer an Kunden weitergegeben?

A: Nein, ich bin nicht so ein Mensch, dass ich jedes Mädchen anmache. In Österreich, wenn ich eingeladen bin, versuchen die Mädchen mit mir zu flirten, aber ich halte mich fern, weil ich über XXXX nachdenke. Ich werde belästigt.

F: Nachdem die Familie mit XXXX im Geschäft war, hat diese nichts gesagt, weil sie XXXX direkt die Visitenkarte mit Nummer gegeben haben?

A: Ich wollte nur meine Visitenkarte einer Person der Familie geben, aber sie hat sie genommen. Die Familie hat nicht gedacht, dass wir Kontakt haben.

F: Wie ist das dann abgelaufen, wie oft haben Sie XXXX getroffen, wo haben Sie sich getroffen?

A: Meistens haben wir uns unterwegs an der Schule gesehen. Manchmal an Freitagen, haben wir uns im Bazar gesehen. Wir sind dann auch gemeinsam in Restaurants gegangen.

F: Wann stand fest, dass Sie in einer festen Beziehung sind?

Anm: Dolmetsch wiederholt die Frage.

A: Ich habe meine Gefühle ihr gesagt, ich sagte ihr, dass sie mir gefällt. Sie sagte das auch. Nach einiger Zeit haben wir entschieden zu heiraten. Ich bin schüchtern (Anm Dolmetsch: AW gab an, dass er sich schämt). Beim ersten Treffen waren wir vielleicht 15 Minuten zusammen und ich habe vielleicht 2-3 Worte gesagt.

F: Wie lange waren Sie in einer Beziehung mit XXXX ?

A: Von Anfang des Kennenlernens das hat ca 2-3 Monate gedauert. Von ersten bis letzten Mal hat es ca 5-6 Monate gedauert, in einer Beziehung waren wir ca 2-3 Monate. In der Erstbefragung stand 6 Monate, aber das habe ich nicht gemeint. Freund-Freundin waren wir 2-3 Monate.

F: Wann konkret haben Sie bei der Familie von XXXX um ihre Hand angehalten?

A: Genau weiß ich es nicht. Ein Monat nachdem wir uns kennengelernt haben.

F: Wie oft haben Sie um Ihre Hand angehalten?

A: 3-4 Mal. Vielleicht auch öfters, aber ich weiß es nicht.

F: Wieso wissen Sie das nicht?

A: Ich habe nicht so viel darauf geachtet. Ich war noch jung.

F: Wo konkret wohnt XXXX ?

A: in XXXX . 10 Minuten zu Fuß von unserem Geschäft.

F: Wie hieß die Freundin von XXXX welche Sie an die Eltern verraten hat?

A: XXXX .

F: Wann konkret hat XXXX Sie an die Eltern verraten?

A: Das weiß ich nicht genau. Vielleicht am selben Tag oder am nächsten.

F: Wo konkret hat XXXX Sie und Ihre Freundin gesehen?

A: Als XXXX in das Geschäft gekommen ist, hat die Freundin XXXX gesehen. Das weiß ich nicht genau. Oder vielleicht hat XXXX das ihr selber erzählt, weil sie sehr gute Freundinnen waren.

F: Wann konkret wurden Sie und Ihr Schwager attackiert bzw mit dem Auto angefahren?

A: Datum meinen Sie? Ca Ende 2013 und das ist im Sonnenkalender der 8. Monat 1392.

F: Von wem konkret wurden Sie attackiert?

A: Es war in der Nacht und wir wurden von hinten überfahren, ich weiß es nicht wer der Fahrer war. Ich war auch ohnmächtig.

F: Wie spät in der Nacht war es?

A: Wir waren vom Geschäft unterwegs. Es war ca 19/20 Uhr.

F: Haben Sie das Auto oder den Fahrer erkennen können?

A: Nein.

F: Sie gaben vorhin an, dass die Schwester die Person anzeigen hätte sollen, wen hätte die Schwester denn anzeigen sollen, nachdem Sie niemanden erkannten?

A: Ich meinte den Vater von XXXX .

F: War Ihre Schwester alleine bei der Polizei und hat Anzeige erstattet?

A: Ja.

Anm: Dolmetsch wiederholt die Frage.

A: Sie hat alleine die Anzeige erstattet, aber sie war nicht alleine dort. Sie war mit dem Bruder unseres Schwagers dort.

F: Wann konkret erstattete Ihre Schwester Anzeige?

A: Genau weiß ich es nicht. Nachdem religiösen Ritual für meinen Schwager als er verstorben ist.

Anm: Frage wird wiederholt.

A: Genau weiß ich es nicht. Ca Ende 8. Monat 1392.

F: Wo konkret war das?

A: Bei der Polizei in XXXX in der 3. Bezirk Kabuls.

F: Gibt es dafür Nachweise?

Anm: Frage wird wiederholt.

A: Unterwegs wollte ich von Kabul nach Pakistan fahren. In der Nähe an der Grenze haben die Taliban einen Checkpoint gehabt. Der Schlepper sagte, wenn jemand Schiit ist, soll er seine Unterlagen, wie zB Reisepass, Taskira usw vernichten, weil die Taliban würden diese Leute belästigen. Befragt gebe ich an, dass ich die Anzeige bei der Polizei sodann auch wegschmiss, weil die Taliban damit sehr viele Probleme hat. Ich habe den Zettel von meinem Schwager mitgehabt. Wenn sie fragen, dachte ich, dass ich sage, dass ich die Sachen von meinem Schwager erledige.

F: Wurden Sie in Afghanistan angezeigt?

A: Nein. Am Anfang hat meine Schwester eine Anzeige erstattet, die Geschichte hat sich umgedreht, deswegen habe ich gedachte, dass es nichts bringt, wenn ich selbst eine Anzeige schalte. Die Polizei hat unseren Vorfall nicht gut behandelt.

F: Wann konkret kamen Polizisten zu Ihnen nachhause?

Anm: Frage wird wiederholt.

A: 4-5 Tage später, als meine Schwester die Anzeige erstattet hat.

F: Wo waren Sie zu diesem Zeitpunkt?

A: Ich war bei uns zuhause. Manchmal war ich auch bei meiner Schwester. Ich bin versteckt über das Dach zu meiner Schwester gesprungen. In Afghanistan kann man einem Dach zum anderen springen.

F: Was wollten die Polizisten bei Ihnen zuhause?

A: Gesetzlich gesehen haben wir keine Probleme gehabt, weil ich und das Mädchen 18 Jahre alt waren. Aber traditionell war es ein Problem. Deswegen hat uns die Polizei schlecht behandelt. 2x waren Polizisten bei uns und sie haben meinen Vater gefragt. Aber danach hat sich die Polizei von unserer Geschichte von dem Thema ferngehalten. Sie wissen auch, in Afghanistan arbeitet die Polizei anders.

F: Was wollte die Polizei bei Ihnen zuhause?

A: Die Polizisten sagten, dass ich mich bei der Polizei vorstellen soll und danach vor dem Gericht und dann solle ich auf ein Urteil warten. Islamisch gesehen, wird man hart für diese Tat bestraft.

F: Was wäre die Strafe?

A: Genau weiß ich es nicht. Man wird gepeitscht. Afghanistan ist kein rechtsstaatlicher Staat, deswegen wird man manchmal auch gesteinigt oder getötet.

F: Was konkret ist Ihnen vorgeworfen worden?

A: Gesetzlich gesehen gibt es keine Bestrafung, weil wir beide volljährig waren. Aber in Afghanistan ist es so, wer macht hat, hat auch die Gesetze in der Hand und macht was er will. Ich hätte mich auch gefreut, wenn ich vor dem Gericht gestanden hätte und ich dem Gericht gesagt hätte, dass ich diese Frau will und sie mich will. Aber ich wusste, dass das in Afghanistan nicht funktioniert.

F: Wie lange blieben Sie in Mazar-e-Sharif?

A: 3-4 Monate.

F: Wurden Sie in Mazar-e-Sharif persönlich bedroht oder verfolgt?

A: Nein, persönlich nicht. Ich habe das schon erklärt, aber ich habe dort niemanden gekannt und es hat jemand nach mir gefragt. Befragt gebe ich an, dass nur einmal nach mir gefragt wurde. Ich habe gedacht, dass es vielleicht der Vater von XXXX war. Ich hatte sehr viel Angst.

F: Wie heißt der Vater von XXXX ?

A: XXXX.

F: Was arbeitet er?

A: Das weiß ich nicht.

F: Wie kommen Sie dann darauf, dass er für den Geheimdienst arbeiten könnte?

A: Das habe ich nur so gedacht, ich war verzweifelt. Ich habe dort niemanden gekannt, und dachte vielleicht, dass es der Vater ist. Er hat gefragt, wo ich wohne und hat sich als Freund vorgestellt.

Anmerkung nach Rückübersetzung: er hat gefragt, ob ich hier wohne.

F: Warum wurde der Schwager nicht in Afghanistan behandelt?

A: Afghanistan ist nicht so entwickelt, es gab keine Möglichkeit so eine Verletzung dort zu behandeln. Ich weiß es nicht genau, aber ich glaube die Ärzte haben vorgeschlagen, dass er in Pakistan oder Indien behandelt werden soll.

F: Was befürchten Sie im Falle Ihrer Rückkehr nach Afghanistan?

A: Ich bin mir sicher, dass ich die gleichen Probleme wieder habe. Deswegen ist auch meine Familie in den Iran gezogen. Wenn ich keine Probleme bekommen hätte, hätte ich von Iran wieder nach Afghanistan zurückkehren können.

F: Wann ist die Familie in den Iran?

A: 4-5 Monate nach meiner Ausreise aus Afghanistan.

(...)

F: Welche Kirche besuchen Sie in Österreich?

A: XXXX in Simmering.

Auff: Nennen Sie die Adresse der Kirche!

A: Genaueres kann ich nicht sagen. Ich fahre Richtung Erdberg, und in der XXXX steige ich aus. Dort nehme ich die Straßenbahn und fahre 2 Stationen. Dort ist auch ein großer Autohändler. Es ist die XXXX . Genau weiß ich es nicht.

F: Wie oft sind Sie dort?

A: Ich habe 2x/Woche die Kirche besucht. Seit 6 Monaten bin ich nicht dort, weil ich mit dem Kindermuseum beschäftigt bin.

F: Haben Sie in Österreich auch andere Kirchen besucht?

A: Ja, in der XXXX . Den Namen kenne ich nicht. Der Pfarrer heißt XXXX . Auch am Rennweg war ich.

F: Haben Sie die Bibel gelesen?

A: Einmal habe ich sie durchgelesen, aber nicht genau gelernt, ich bin nicht perfekt.

F: Kennen Sie die Bergpredigt? Falls ja, was können Sie mir darüber erzählen?

A: Ja, das kenne ich. In dieser Predigt wird gesagt, glücklich sind die armen Leute, sie werden reich werden. Glücklich sind die reinen Leute, die von Herzen rein sind, weil sie das Königreich Gottes sehen werden. Glücklich seien die Leute die Vergeben, weil ihnen wird auch von Gott vergeben. Es gibt mehrere Themen die behandelt werden.

F: Haben Sie schon versucht andere Personen vom Christentum zu überzeugen?

A: Gestern in der Nacht war ich bei der Donau, ich habe 2 Freunde missioniert, dass sie das Christentum akzeptieren. Ich bin selber nicht perfekt, deshalb kann ich das nicht. Ich kann sie nicht überzeugen. Aber ich missioniere schon.

F: Wie läuft das ab, wenn Sie missionieren? Was erzählen Sie, was machen Sie?

A: ZB diese 2 Freunde, die sind sehr streng religiös, wir diskutieren immer über religiöse Themen. Ich versuche sie zu überzeugen. zB warum darf ein Mann im Islam 4 Frauen heiraten, wenn das eine Frau macht, dann wird sie hart bestraft. Obwohl beide Menschen sind. Ein anderes Beispiel ist, dass sie die Bibel lesen sollen, wenn sie eine Stelle finden, dass diese Stelle Gewalt verbreitet, dann kannst du mir das zeigen. Im Islam ist das anders. Auch das Christentum spricht sehr viel über Liebe und Barmherzigkeit. Ich sage auch meinen Freunden, dass das Christentum der einzige Weg ist. Dass der Weg dich direkt mit Gott verbindet. Wenn du Christ wirst, dann wirst du als Kind von Gott bezeichnet. In anderen Religionen wirst du als Diener von Gott bezeichnet.

F: Zumal Sie nun sagen, es gibt keine Gewalt in der Bibel. "So tötet nun alles, was männlich ist unter den Kindern, und alle Frauen, die nicht mehr Jungfrauen sind; aber alle Mädchen, die unberührt sind, die lasst für euch leben." Anm: Levitikus 31,17-18. Was sagen Sie generell dazu?

A: Ich kann das nicht interpretieren, ich bin nicht in dem Level das zu interpretieren. Es gibt auch eine andere Stelle, wo der Mensch als Hund bezeichnet wird, aber es bedeutet was Anderes. Ich war über den Vers verzweifelt und ich war bei meinem Pfarrer und der hat das so interpretiert.

F: Haben Sie schon mal etwas von den Kreuzzügen gehört?

A: Nein.

Auff: Schreiben Sie die 10 Gebote auf!

A: Kann ich es auch sagen.

Ich bin euer Gott, der Gott der euch von den Sklaven in Ägypten befreit hat. Diener mir und bilde keine Götzen und Stellvertreter für mich. Erwähne meinen nicht umsonst und nütze meinen Namen auch nicht aus. Erinnere dich an Samstag und ehre Samstag. Töte nicht, brich die Ehe nicht. Stehle nicht. Ehre deine Eltern. Lüg nicht. Mach keine falsche Zeugenaussage. Habt kein böses Auge für die Waren und Frauen und Kinder von anderen Leuten.

F: Welche Feiertage kennt Ihre Kirche?

A: 25.12. Geburt Jesus Christus. Auferstehungstag, Jesus steht von den Toten auf. Pfingsten, 50 Tage später wird der Heilige Geist offenbart. Ich glaube an diesem Tag haben Juden auch einen Feiertag. Befragt gebe ich an, dass der Auferstehungstag 3 Tage nach seinem Tod ist. Befragt gebe ich an, dass es jeden Sonntag gefeiert wird. Jeden Sonntag wird gefeiert, aber das genaue Datum weiß ich nicht. Befragt gebe ich an, dass ich das Datum von Pfingsten nicht kenne und es auch nicht gelesen habe.

F: Wann haben Sie Ostern 2018 gefeiert und wie haben Sie gefeiert?

A: Ich war diesen Feiertag nicht dabei, weil ich die letzten 6 Monate nicht in der Kirche war.

Auff: Nennen Sie fünf wesentliche Unterschiede zwischen dem Islam und dem Christentum!

A: Genau weiß ich nicht die 5 Unterschiede.

Im Islam wird deine Sünde nicht vergeben, sondern deine guten und schlechten Taten werden im Jenseits zusammengerecht und je nach dem wirst du behandelt. Im Christentum wird dir gleich nach der Taufe vergeben. Eine Widergeburt ohne Sünden.

Andere Unterschiede kenne ich nicht.

F: Wissen Ihre Angehörigen, warum Sie einen Asylantrag gestellt haben?

A: Ja, wegen dem Thema was ich erzählt habe. Über meine Religion wissen sie nichts.

F: Wen haben Sie von Ihrer Konvertierung erzählt?

A: Meinen engen Freunden. Es ist egal, verschiedene Nationalitäten, Iraner, Afghanen etc. Einige haben damit kein Problem, einige haben den Kontakt abgebrochen.

F: Wer im Heimatland weiß von Ihrer Konvertierung?

A: Niemand.

F: Warum haben Sie es der Familie nicht erzählt?

A: Weil meine Familie sehr streng ist, wenn sie davon erfahren, werden sie mich verstoßen."

Der BF legte im Verfahrend folgende Unterlagen vor:

-

diverse Fotos

-

Taufzertifikat vom 15.01.2017

-

Bericht über Blutspendeaktion

-

Diverse Kursbesuchsbestätigungen

-

Bestätigung über ehrenamtliche Tätigkeit bei den Wiener Festwochen und im XXXX

-

Empfehlungsschreiben

-

Bestätigung der " XXXX "

-

Deutschzertifikat A2

-

Religionsaustrittsbescheinigung vom 28.09.2018

1.7. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit Bescheid vom 27.11.2018 den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zu (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des BF und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Eine asylrelevante Verfolgung liege nicht vor, das Vorbringen des BF betreffend eine Verfolgung seiner Person in Afghanistan sei nicht glaubhaft. Er habe keine Verfolgung im Sinne des AsylG glaubhaft gemacht und es bestünden keine stichhaltigen Gründe gegen eine Abschiebung des BF nach Afghanistan. Im Falle der Rückkehr drohe ihm keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würde.

Der BF erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des BF nach Afghanistan. Die Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der BF bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.

Beweiswürdigend führte das BFA (zusammengefasst) aus, dass der BF bezüglich seiner behaupteten Herkunftsregion, Volks- und Staatsangehörigkeit aufgrund seiner Sprach- und Lokalkenntnisse - im Gegensatz zu seinem Fluchtvorbringen - glaubwürdig wäre. Die Feststellungen zur Situation in Afghanistan wären glaubhaft, weil sie verlässlichen, seriösen, aktuellen und unbedenklichen Quellen entstammten, deren Inhalt schlüssig und widerspruchsfrei sei.

Der BF habe eine asylrelevante Verfolgung aufgrund seiner Beziehung zu einem Mädchen nicht glaubhaft machen können. Auch seine Konversion zum Christentum sei nicht glaubhaft.

In der rechtlichen Beurteilung wurde ausgeführt, dass die Begründung des Antrages keine Deckung in der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) finde.

Subsidiärer Schutz wurde ihm nicht zuerkannt, da im Falle einer Rückkehr des BF in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur GFK oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt oder im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes aufgrund der derzeitigen, allgemeinen Lage in Afghanistan nicht drohe. Eine Niederlassung in Kabul sei möglich, da er erwachsen, gesund und erwerbsfähig sei, sodass er dort selbstständig durch die Ausübung einer Erwerbstätigkeit aus eigenen Kräften für die Deckung der grundlegendsten Bedürfnisse aufkommen könne.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem BVwG wurde dem BF mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG die ARGE Rechtsberatung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig als Rechtsberater zur Seite gestellt.

1.8. Gegen diesen Bescheid brachte der BF mit Schreiben vom 27.12.2018 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde beim BVwG ein und beantragte die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

In der Beschwerdebegründung wurde der Behörde ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren, Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung vorgeworfen. Hierzu wurden Berichte zu Zine (außereheliche Beziehung), Blutrache, Apostasie, Konversion und der allgemeinen Sicherheitslage in Afghanistan zitiert.

1.9. Die Beschwerde samt Verwaltungsakten langte am 08.01.2019 beim BVwG ein.

1.10. Am 12.02.2019 wurde eine Liste der Anwesenheiten des BF bei den Gottesdiensten der " XXXX " und ein Begleitschreiben des Pastors der Kirche übermittelt.

1.11. Das BVwG führte am 20.02.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Dari durch, zu der der BF im Beisein eines gewillkürten Vertreters persönlich erschien. Die belangte Behörde verzichtete auf eine Teilnahme an der Verhandlung.

Daraufhin gaben die beiden anwesenden Zeugen sowie der BF auf richterliche Befragung im Wesentlichen Folgendes an (Auszug aus der Verhandlungsschrift):

"RI: Wie sind Sie mit dem BF in Kontakt getreten?

Z1 (Zeuge 1): Ich habe den BF im Jahr 2018 kennengelernt, aber er ist mir nie wirklich aufgefallen, weil er nicht oft da war. Besonders im Jahr 2018 war er insgesamt nur 12 Mal hier. Es hat sehr große Löcher in seiner Anwesenheit gegeben. Auffällig ist, dass dann ab Jänner, wo die Verhandlung ausgeschrieben wurde, die Regelmäßigkeit wieder angefangen hat. Ich habe auch mit ihm darüber gesprochen, dass meine Zeugenaussage auch nicht sehr positiv sein wird und er hat gemeint, er wird das Gericht entsprechend überzeugen.

RI: Ist der BF auch in die Phase bei Ihrer Kirchengemeinde gefallen, wo im Gegensatz zu heute, gleich zu Beginn alle an Jesus Interessierten getauft wurden und erst danach in den Glaubenssätzen unterrichtet wurden?

Z1: Ja, das stimmt. Er wurde am 15.01.2017 getauft.

RI: Auch vor dem 15.01.2017 war zu Besuch?

Z1: Das weiß ich nicht. Damals wurden noch keine Namenslisten geführt. Der BF war aber ab 06.01. jedes Mal am Sonntag da.

RI: Hat er Ihnen erzählt, warum der BF nicht so oft anwesend war?

Z1: Er hat es mir erklärt, aber es ist mir nicht genau erinnerlich. Ich habe ihm auch gesagt, dass er selbst das Gericht überzeugen muss. Wenn man an einem Religionswechsel interessiert ist, muss einen die Religion brennend interessieren und wenn man wirklich daran interessiert ist, dann findet man einen Weg um die Kirche zu besuchen.

RI: Können Sie mir sagen, wann man immer in zu Ihnen in die Kirche kommen kann?

Z1: Natürlich jeden Sonntag von 09:30 Uhr bis 15:00 Uhr. Mittwochs um 19:30 Uhr, da findet eine Art Gottesdienst mit Bibelstunde statt. Am Samstag gibt es ein Kirchengebet, das ist von 19:00 Uhr bis 20:00 Uhr.

RI: Diese Listen liegen wann auf, wann kann man sich da eintragen?

Z1: Jeden Sonntag. Früher waren auch noch am Samstag die Farsi-Gottesdienste, dieser wurde aber auf Sonntag verlegt. Der Hauptgottesdienst beginnt um 11:00 Uhr und um 11:30 Uhr wird die Liste entfernt, weil es schon versucht wurde uns zu täuschen.

RI: Wenn der BF einmal nicht auf der Liste stand, kann es sein, dass Sie ihn trotzdem gesehen haben?

Z1: Ja, das kann sein, aber ich sage auch immer vor den Gottesdiensten, dass sich die Leute in die Liste eintragen sollen, weil sie eben nach dem Gottesdienst entfernt wird.

Die D betritt um 13:50 Uhr den Saal.

RI befragt D, ob gemäß § 39a in Verbindung mit § 53 AVG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Z 1, 2 und 4 AVG Gründe einer Befangenheit vorliegen; dies wird verneint.

RI befragt BF, ob er

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten