Entscheidungsdatum
23.09.2019Norm
AVG §53bSpruch
W181 2219558-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald PERL als Einzelrichter über den auf der Honorarnote vom 31.01.2019 basierenden gebührenrechtlichen Antrag des Übersetzungs- und Dolmetschbüros XXXX beschlossen:
A)
I. Die gebührenrechtlichen Ansprüche werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53b AVG iVm § 39 Abs. 1 GebAG iVm § 53 Abs. 1 Gebührenanspruchsgesetz mit
€ 111,20 (inkl. Ust.)
bestimmt.
II. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schriftsatz vom 23.01.2019, GZ. XXXX beraumte das Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Graz, eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 28.01.2019 an, zu welcher eine Dolmetscherin des Übersetzungs- und Dometschbüros XXXX geladen wurde.
2. In der Folge fand am 28.01.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung in der Rechtssache GZ. XXXX vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Graz, statt, im Rahmen derer die Dolmetscherin des Übersetzungs- und Dometschbüros XXXX tätig wurde.
3. Am 31.01.2019 brachte das Übersetzungs- und Dolmetschbüro XXXX den gegenständlichen Antrag auf Gebühren gemäß § 53 Abs. 1 GebAG betreffend die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vom 28.01.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein, in welchem gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG zweiter Halbsatz eine Gebühr für die Übersetzung eines in der gerichtlichen Verhandlung angefertigten Schriftstückes in Höhe von € 20 geltend gemacht wurde.
4. Mit E-Mail vom 18.03.2019 ersuchte die Verrechnungsstelle des Bundesverwaltungsgerichtes den Antragsteller um eine Erläuterung hinsichtlich der Gebührenposition "Mühewaltung § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG", die der gegenständlichen Honorarnote zu Grunde gelegt worden sei, zumal aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung zur GZ. XXXX keine Übersetzung eines Schriftstückes ersichtlich sei.
5. Mit Stellungnahme vom 20.05.2019 teilte der Antragsteller mit, dass auf die Auszahlung der € 20 bestanden werde, da die Dolmetscherin eine zusätzliche Tätigkeit "Vorlesen von einem Blatt" erbracht habe.
6. Auf Nachfrage der Verrechnungsstelle teilte die Leiterin der Gerichtsabteilung XXXX am 23.05.2019 mit, dass sie regelmäßig den Dolmetscherinnen und Dolmetschern den Entscheidungstext der mündlichen Verhandlung ausdrucke und zum Vorlesen übergeben würde.
7. Das Bundesverwaltungsgericht hielt dem Antragsteller sodann mit Schreiben vom 05.07.2019, nachweislich zugestellt am 10.07.2019, mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen kurz zusammengefasst vor, dass der Niederschrift der Verhandlung keine erfolgte Übersetzung eines in der gerichtlichen Verhandlung angefertigten Schriftstückes entnommen werden könne. Des Weiteren sei selbst im Falle des Vorliegens eines der Dolmetscherin für die Übersetzung der mündlichen Verkündung zur Hilfestellung überreichten Dokuments, dies lediglich als konzeptiver Text anzusehen, der ausschließlich der Unterstützung des Dolmetschers bzw. der Erleichterung der Dolmetschtätigkeit dienen solle. Mangels Vorliegens eines in der Verhandlung angefertigten schriftlichen Dokumentes könne daher die beantragte Übersetzung iSd § 54 Abs. 1 Z 4 zweiter Halbsatz GebAG nicht vergütet werden.
8. In der Folge langte keine weitere Stellungnahme ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass die Dolmetscherin an der mündlichen Verhandlung vom 28.01.2019,
GZ. XXXX in der Außenstelle Graz teilnahm und als Dolmetscherin fungierte, wobei sie die mündlich verkündete Entscheidung zu übersetzen hatte.
2. Beweiswürdigung:
Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichtes zu dem Verfahren GZ. XXXX , der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 28.01.2019, dem Gebührenantrag vom 31.01.2019, der Korrespondenz zwischen der Verrechnungsstelle des Bundesverwaltungsgerichts und dem Antragsteller am 18.03.2019 und 20.05.2019, der Auskunft der Leiterin der Gerichtsabteilung XXXX vom 23.05.2019, dem Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der Verständigung der Beweisaufnahme vom 05.07.2019 und dem Akteninhalt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, die Bestimmungen des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 53b AVG haben nichtamtliche Dolmetscherinnen und Dolmetscher für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 34, 36 und 37 Abs. 2 GebAG mit den in § 53 Abs. 1 GebAG genannten Besonderheiten und § 54 GebAG sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen (hier: Dolmetscherin) herangezogen hat.
Zu A)
Zu der beantragten Gebühr für die Übersetzung von in der gerichtlichen Verhandlung angefertigten Schriftstücken (§ 54 Abs. 1 Z 4 zweiter Halbsatz GebAG):
Gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG beträgt die Gebühr der Dolmetscherinnen und Dolmetscher für jede während einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung übersetzte Seite eines Schriftstücks neben der Gebühr der Z 3 die Hälfte der Gebühr für die Übersetzung eines Schriftstücks; wurde das zu übersetzende Schriftstück im Rahmen derselben Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung angefertigt, so gebühren für die Übersetzung des gesamten Schriftstücks höchstens €
20.
Gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG hat der Dolmetscher zusätzlich zu seinem Entschädigungsanspruch gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG für jede während einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung übersetzte Seite eines Schriftstückes einen zusätzlichen Entlohnungsanspruch.
Die Entlohnung für die Übersetzung von Schriftstücken, welche erst im Rahmen derselben Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung angefertigt worden sind, unterliegt einer Deckelung von € 20.
In der gegenständlichen Gebührennote wurde für die Übersetzung eines in der gerichtlichen Verhandlung vom 28.01.2019 angerfertigten Schriftstückes die Zuerkennung einer Gebühr in Höhe von € 20 beantragt.
Der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 28.01.2019 in dem Verfahren zur
GZ. XXXX ist jedoch keine erfolgte Übersetzung eines schriftlichen Dokuments zu entnehmen, vielmehr wurde gemäß dem Verhandlungsprotokoll auf die Rückübersetzung der Niederschrift verzichtet.
Auf Nachfrage teilte die Leiterin der Gerichtsabteilung XXXX mit, dass sie davon ausgehe, dass der Dolmetscherin der Text der mündlichen Verkündung ausgedruckt und zum Vorlesen bzw. zum Übersetzen übergeben worden sei, zumal sie dies oftmals in ihren Verhandlungen so handhaben würde.
Hierzu ist auszuführen, dass ein zur Hilfestellung überreichtes Dokument lediglich als konzeptiver Text anzusehen ist, welches ausschließlich der Unterstützung der Dolmetscherin bzw. der Erleichterung der Dolmetschtätigkeit dienen soll. Wesentlich für die Dolmetschtätigkeit - und damit in weiterer Folge auch für die Geltendmachung des Gebührenanspruchs - kann dabei jedoch immer nur das in der Verhandlung gesprochene Wort sein. Andernfalls würde die Verhandlung konterkariert werden, da es dem Richter bzw. der Richterin sonst nicht möglich wäre, von der an die Dolmetscherin ausgehändigten konzeptiven Vorlage abzuweichen bzw. Veränderungen vorzunehmen. Da jedoch immer das gesprochene Wort gilt bzw. zu übersetzen ist, handelt es sich bei einer ausgehändigten schriftlichen Hilfestellung nicht um ein Schriftstück im Sinne des GebAG sondern lediglich um einen konzeptiven Text.
Mangels Vorliegens eines in der gerichtlichen Verhandlung angefertigten schriftlichen Dokuments war die vom Antragsteller beantragte Übersetzung eines Schriftstücks gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 zweiter Halbsatz GebAG daher nicht zu vergüten.
Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich folgende Gebührenberechnung im gegenständlichen Verfahren:
Honorarnote XXXX
Entschädigung Zeitversäumnis § 32 bzw. § 33 GebAG
€
1 begonnene Stunde(n) á € 22,70
22,70 €
Mühewaltung § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG
für die erste halbe Stunde € 24,50
24,50 €
für drei weitere halbe Stunde(n) á € 12,40
37,20 €
Reisekosten §§ 27,28 GebAG
Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Preis Fahrkarte) 2x á € 2,30
4,60 €
Sonstige Kosten § 31 Z 5, 6 GebAG
Stempel- und Postgebühren Einschreibe- und Postgebühr
3,10 €
Telefonspesen
0,50 €
Zwischensumme
92,60 €
20 % Umsatzsteuer
18,52 €
Gesamtsumme
111,12 €
Gesamtsumme aufgerundet auf volle 10 Cent
111,20 €
Die Gebühr des Antragstellers war daher mit € 111,20 zu bestimmen. Das Mehrbegehren war abzuweisen.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Im konkreten Fall liegt (noch) keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vor. Die im gegenständlichen Fall herangezogene gesetzliche Regelung des § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG ist zwar vom Wortlaut eindeutig, es bedarf jedoch auch einer rechtlichen Interpretation ob konzeptive Hilfstexte, welche der Unterstützung der Übersetzung des mündlich verkündeten Erkenntnisses durch den Dolmetscher bzw. die Dolmetscherin dienen, als zu übersetzende Schriftstücke im Sinne des § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG zu qualifizieren sind.
Eine ordentliche Revision ist somit zulässig.
Schlagworte
Dolmetscher, Dolmetschgebühren, Gebührenfestsetzung, konzeptiverEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W181.2219558.1.00Zuletzt aktualisiert am
09.03.2020