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41/02 Staatsbürgerschaft;Norm
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde der P in Wien, vertreten durch Mag. Martin Kranich und Mag. Andreas Fehringer, Rechtsanwälte in Wien VII, Neubaugasse 68, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 12. März 1998, Zl. MA 61/IV - C 583/97, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 12. März 1998 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG) abgewiesen.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach der unbestrittenen Feststellung der belangten Behörde befindet sich die Beschwerdeführerin, eine am 2. April 1960 geborene chinesische Staatsangehörige, erst seit Juni 1991 in Österreich. Sie erfüllt somit die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG nicht, weil sie noch nicht seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik hat. Von dieser Voraussetzung kann aber gemäß § 10 Abs. 3 StbG abgesehen werden, wenn es sich um einen Minderjährigen handelt oder wenn der Fremde seit mindestens vier Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik hat und ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vorliegt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 28. Jänner 1998, Zl. 96/01/1140) handelt es sich bei der Beurteilung der Frage, ob ein "besonders berücksichtigungswürdiger Grund" im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG vorliegt, um eine zwingende Verleihungsvoraussetzung, weshalb eine nach § 11 StbG vorzunehmende Ermessensentscheidung erst dann in Betracht kommt, wenn - zusätzlich zu den weiters erforderlichen Verleihungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 StbG - jene nach § 10 Abs. 3 StbG gegeben ist. Da die belangte Behörde den Antrag bereits aufgrund des Fehlens der zwingenden Verleihungsvoraussetzung gemäß § 10 Abs. 3 StbG abgewiesen hat, geht das Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe das Ermessen nicht im Sinn des Gesetzes ausgeübt, ins Leere.
Was unter einem "besonders berücksichtigungswürdigen Grund" im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht zum Ausdruck gebracht. Eine brauchbare Auslegungshilfe dafür kann - soweit nicht der eindeutige Gesetzeswortlaut entgegensteht - die (aktuelle) Aufzählung in dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1965 betreffenden Bericht des Verfassungsausschusses (875 Blg. NR 10. GP, Seite 4) bieten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1998, Zl. 97/01/0193). Darin ist u.a. das Fehlen des Schutzes des Heimatstaates oder die Unzumutbarkeit, diesen in Anspruch zu nehmen, eine besondere Bindung an Österreich, die Ausübung eines Mangelberufes und die völlige Anpassung an die österreichischen Verhältnisse in Sprache und Lebensart aufgezählt. (Diese Aufzählung ist in der im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 4. Dezember 1995, G 68/95 u.a. Zahlen, auf welches sich die Beschwerde beruft, wiedergegebenen Äußerung der Bundesregierung enthalten.)
Jedenfalls kann ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund nur dann vorliegen, wenn sich der Fall des Einbürgerungswerbers aufgrund konkreter Umstände in einem für die Verleihung der Staatsbürgerschaft relevanten Bereich von der üblichen Situation, in der sich ein Fremder nach einem gleich langen inländischen Aufenthalt bei üblicherweise zu erwartenden Integrationsbemühungen befindet, sehr deutlich abhebt (vgl. etwa das hg. Erkenntis vom 11. März 1998, Zl. 97/01/0291). Wie die belangte Behörde richtig ausführte, stellt der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Umstand, daß ihr Mann im Jahre 1991 beim Absturz des Flugzeuges eines österreichischen Luftfahrtsunternehmens ums Leben kam, keinen "besonders berücksichtigungswürdigen Grund" dar, weil daraus weder das Fehlen des Schutzes des Heimatstaates noch ein besonders hohes Ausmaß an Integration abgeleitet werden kann.
Was das Vorbringen der Beschwerdeführerin anlangt, sie sei seit April 1992 ohne Unterbrechung als Kellnerin in verschiedenen Betrieben tätig, ist ihr entgegenzuhalten, daß es sich bei der Sicherung des Lebensunterhaltes - welche in der überwiegenden Zahl der Fälle durch Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit erfolgt - nach § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG um eine zwingende Verleihungsvoraussetzung handelt und daher die Ausübung einer Beschäftigung an sich nicht zusätzlich als besonders berücksichtigungswürdiger Grund im Sinne des § 10 Abs. 3 leg. cit. angesehen werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1998, Zl. 97/01/0272).
Das somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998010223.X00Im RIS seit
20.11.2000