TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/25 W122 2213394-1

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Veröffentlicht am 25.09.2019
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Entscheidungsdatum

25.09.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
ZDG §14 Abs2

Spruch

W122 2213394-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX in 4030 Linz, Oidener Straße 87a, gegen den Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 07.12.2018, Zl. 463987/24/ZD/1218, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und dem Beschwerdeführer ein Aufschub des Antrittes des ordentlichen Zivildienstes bis zum Abschluss des Studiums der Humanmedizin - längstens bis zum Ablauf des 15.09. XXXX gewährt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 30.06.2017 wurde die Tauglichkeit des Beschwerdeführers festgestellt. Der Beschwerdeführer gab als Wehrpflichtiger am 06.09.2017 eine mängelfreie Zivildiensterklärung ab. Dabei gab der Beschwerdeführer einen unverbindlichen Zuweisungswunsch mit September 2020 oder Jänner 2021 ab. Mit Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 18.09.2017 wurde der Eintritt der Zivildienstpflicht des Beschwerdeführers mit 06.09.2017 festgestellt.

Mit Bescheid vom 08.11.2017 wurde der Beschwerdeführer einer genannten Einrichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes beginnend mit 01.01.2018 zugewiesen.

Mit Antrag vom 20.11.2017 ersuchte der Beschwerdeführer um Aufschub der Leistung des ordentlichen Zivildienstes gemäß § 14 Zivildienstgesetz, da er in Ausbildung stünde. Er wäre seit Oktober 2017 Student der molekularen Biowissenschaften an der XXXX Universität XXXX . Unter einem beantragte der Beschwerdeführer einen Aufschub bis Oktober 2020, da er einen Studentenwohnheimplatz besitze, bei Unterbrechung des Studiums insgesamt mindestens zwei Jahre verlieren würde und noch keine abgeschlossene Ausbildung hätte. Der Beschwerdeführer legte den Vertrag mit dem Studentenwohnheim bei.

2. Mit Bescheid vom 22.11.2017 wurde der Antritt des ordentlichen Zivildienstes bis 30.06.2020 unter Bezugnahme auf das Studium des Beschwerdeführers der molekularen Biowissenschaften aufgeschoben. Der Aufschub würde bereits vor diesem Termin enden, wenn die für die Bewilligung des Aufschubes maßgebende Voraussetzung nicht mehr bestehe. Der Wegfall der Voraussetzung sei der Zivildienstserviceagentur gemäß § 14 Abs. 5 Zivildienstgesetz unverzüglich bekanntzugeben.

Begründend angeführt wurde, dass der Verlust eines Studentenheimplatzes bei Unterbrechung der Ausbildung wegen Leistung des ordentlichen Zivildienstes gemäß § 14 Abs. 2 Zivildienstgesetz eine außerordentliche Härte bzw. einen bedeutenden Nachteil darstellen würde, weshalb Aufschub vom Antritt des ordentlichen Zivildienstes gewährt werde. Aufgrund des vorgelegten Nachweises der außerordentlichen Härte bzw. des bedeutenden Nachteils gemäß § 14 Abs. 2 Zivildienstgesetz wäre unter Bezugnahme der Mindeststudiendauer von sechs Semestern spruchgemäß zu verfügen. Das Begehren über den im Spruch genannten Termin bis Oktober 2020 hinaus sei nicht vom Tatbestand des § 14 Abs. 2 Zivildienstgesetz erfasst, da bei einem erstmaligen Aufschub gemäß § 14 Abs. 2 Zivildienstgesetz die Mindeststudiendauer ohne Berücksichtigung der Nachfristen oder der Sommerferien herangezogen werde. Das Mehrbegehren wäre daher abzuweisen gewesen. Der Ausspruch über die Mitteilungspflicht bei Wegfall der Voraussetzungen stütze sich auf § 14 Abs. 5 Zivildienstgesetz.

3. Mit E-Mail vom 17.10.2018 teilte der Beschwerdeführer mit, dass er in diesem Jahr den Aufnahmetest Humanmedizin erfolgreich absolviert hätte und übermittelte eine aktuelle Studienbestätigung. Daraufhin wurde dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde mitgeteilt, dass die Übersendung einer Studienbestätigung kein erneutes Aufschubverfahren bewirke. Der Beschwerdeführer könne einen erneuten Antrag auf Aufschub einbringen. Der Aufschub für eine nach dem 1. Jänner des Stellungsjahres begonnene Ausbildung wäre nur in Ausnahmefällen möglich. Wenn der Beschwerdeführer die vorher verfolgte Ausbildung nicht mehr weiterverfolge, wäre er verpflichtet, das der Zivildienstserviceagentur bekanntzugeben.

4. Mit Formularantrag vom 24.10.2018 ersuchte der Beschwerdeführer abermals um Aufschub des Zivildienstes gemäß § 14 Zivildienstgesetz. Begründend führte der Beschwerdeführer an, er wäre seit Oktober 2018 Student der XXXX Universität XXXX und studiere Humanmedizin. Der Beschwerdeführer beantragte den Aufschub bis Juli 2021. Unter Punkt fünf des Antragsformulars kreuzte der Beschwerdeführer drei Angaben zu seiner Situation an: Der Beschwerdeführer würde ein Praktikum absolvieren und er würde bei Unterbrechung des Studiums mindestens zwei Semester exklusive Zivildienst (insgesamt mindestens zwei Jahre) an Studienzeit verlieren. Der Beschwerdeführer hätte noch keine abgeschlossene Ausbildung. Weitere Angaben zur Situation des Beschwerdeführers machte der Beschwerdeführer unter Punkt acht des Formulars: Er hätte im vergangenen Jahr molekulare Biowissenschaften studiert und einen Aufschub seines Zivildienstes bis Sommer 2020 erhalten. Nachdem er im Sommer 2018 den Aufnahmetest für Humanmedizin geschafft hätte, dürfe er seit Oktober 2018 das Fach studieren. Da dort ein Modul-/Kurssystem herrsche, würde eine Unterbrechung des Studiums ihm möglicherweise sogar den Studienplatz kosten. Außerdem fände im März 2019 ein einmonatiges Sezierpraktikum statt.

5. Mit Bescheid vom 13.11.2018 wurde der Bescheid vom 22.11.2017 gemäß §§ 14 Abs. 4 i.V.m. 13 Abs. 3 ZivildienstG widerrufen. Begründend angeführt wurde, dass der Beschwerdeführer erklärt hätte, das Studium gewechselt zu haben. Die Behörde hätte Bescheide, mit denen eine befristete Befreiung oder ein Aufschub verfügt wurde, zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen hierfür weggefallen sind.

Mit separater Erledigung vom selben Tag wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, nachzuweisen, wann er die hier maßgebliche Berufsvorbereitung begonnen habe und als Beweismittel das aktuelle Studienblatt sowie den Nachweis der außerordentlichen Härte bzw. des bedeutenden Nachteils gemäß § 14 Abs. 2 Zivildienstgesetz welcher ihm bei Unterbrechung der Ausbildung wegen Leistung des ordentlichen Zivildienstes entstünde, nachzureichen.

6. Mit E-Mail vom 26.11.2018 übermittelte der Beschwerdeführer ein aktuelles Studienblatt und führte zum Nachweis des bedeutenden Nachteils aus, dass er im Sommer 2018 den Aufnahmetest für das Medizinstudium beginnend mit Wintersemester 2018/19 geschafft hätte. Dadurch wäre es ihm möglich gewesen, einen der begehrten180 Studienplätze für das Medizinstudium an der XXXX Universität zu erhalten. Eine Nichtannahme des Platzes hätte keine Garantie bedeutet, dass er für das Wintersemester 2019/20 einen Platz für das Medizinstudium im kommenden Jahr erhalten würde. Daher hätte der Beschwerdeführer diese Chance zu ergreifen gehabt.

Von den 180 Studierenden hätten 60 die Möglichkeit, die gesamte Ausbildung in XXXX zu absolvieren. Die restlichen 120 müssten für die ersten vier Semester nach Graz. Es handle sich um einen Studienversuch mit einem modulbasierten System, wie er an keiner anderen medizinischen Universität praktiziert werde. Werde während des Semesters nicht jedes Modul positiv absolviert, wäre kein Antritt zur Abschlussprüfung am Ende des Semesters möglich. Eine Unterbrechung würde eine wesentliche Verzögerung des Studiums bewirken, als aufgrund der beschränkten Plätze nicht gewährleistet wäre, dass der Beschwerdeführer in XXXX sein Studium fortsetzen könne und der unterschiedliche Ablauf der Prüfungen zwischen XXXX und Graz zum Nachteil gereichen würde. Ein Wechsel an einen anderen Studienort wäre mit erheblichen Mehrkosten verbunden und würde zusätzlich eine wesentliche Studienverzögerung nach sich ziehen.

7. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 07.12.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 14 Abs. 2 Zivildienstgesetz abgewiesen. Nach Wiedergabe der Rechtslage und des Verfahrensganges führte die belangte Behörde im Wesentlichen kann, dass der Beschwerdeführer trotz Aufforderung keinen Nachweis eines bedeutenden Nachteils gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 Zivildienstgesetz erbracht hätte. Zum Wechsel an die Universität eines anderen Bundeslandes merkte die belangte Behörde an, dass gemäß vorgelegtem Curriculum die Studenten einer der beiden Universitäten zugeteilt werden würden. Der Beschwerdeführer wäre gemäß vorgelegtem Studienblatt Student der Universität seines Heimatortes und hätte gemäß § 67 Universitätsgesetz Anspruch auf eine Beurlaubung vom Studium für die Ableistung des ordentlichen Zivildienstes. Die Zulassung zum Studium bleibe während der Beurlaubung aufrecht. Dass der Beschwerdeführer tatsächlich seinen Studienplatz verlieren würde oder sich Verzögerungen ergeben würden, die in einem Missverhältnis zur Dauer des Zivildienstes stehen würden, hätte der Beschwerdeführer trotz Aufforderung nicht nachgewiesen.

8. Mit rechtzeitig eingebrachter Beschwerde vom 06.01.2019 an das Bundesverwaltungsgericht beantragte der Beschwerdeführer, in der Sache selbst zu entscheiden und einen Aufschub des Antritts des ordentlichen Zivildienstes gemäß § 14 Abs. 2 Zivildienstgesetz bis zum Ende des Bachelorstudiums der Humanmedizin zu bewilligen; in eventu den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Zivildienstserviceagentur zurückzuverweisen.

Begründend führte der Beschwerdeführer an, er hätte bereits Anfang Juli 2017 den Aufnahmetest für das Medizinstudium gemacht, weil dieses Studium seit jeher seine erste Wahl gewesen wäre. Das Studium der Molekularbiologie hätte der Beschwerdeführer als Alternative begonnen. Der Beschwerdeführer hätte im Studienjahr 2017/2018 Prüfungen im Ausmaß von 36 ECTS positiv absolviert. Im Sommer 2018 hätte der Beschwerdeführer den Aufnahmetest für das Medizinstudium geschafft. Er sei einer Gruppe von 60 Studierenden zugewiesen worden, die am Heimatort des Beschwerdeführers studieren könnten. Eine Gruppe von 120 Studierenden müsse die ersten beiden Studienjahre in einem anderen Bundesland studieren. Der Beschwerdeführer absolviere freiwillig die Ausbildung zum Sanitäter beim Roten Kreuz. Er befände sich hiezu in der praktischen Ausbildung. Die Begründung, wonach der Beschwerdeführer keinen bedeutenden Nachteil hätte, widerspreche den gesetzlichen Vorgaben und der Judikatur. Dem Beschwerdeführer würden wesentliche Nachteile drohen.

Der Bescheid wäre materiell rechtswidrig, weil die belangte Behörde die Rechtsnorm über ihren Sinngehalt hinaus interpretiert hätte. Die Beweiswürdigung wäre mangelhaft erfolgt weil die vorgebrachten Beweise nicht ausreichend berücksichtigt worden wären.

Der Beschwerdeführer wäre durch die Einberufung während seines Studiums der humanen Wissenschaften über Gebühr an seinem beruflichen Fortkommen gehindert. Aufgrund des späten Bestellung Termins wäre es dem Beschwerdeführer unmöglich gewesen, unmittelbar nach der Matura den Zivildienst zu absolvieren. Eine Zuweisung zum Zivildienst hätte es frühestens für Anfang 2018 gegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hätte in mehreren Entscheidungen judiziert, dass eine Verzögerung von allenfalls einem weiteren Semester keine außerordentliche Härte im Sinne von § 14 Abs. 2 Zivildienstgesetz darstellen würde. Eine Unterbrechung von insgesamt zwei Jahren stünde jedenfalls im krassen Missverhältnis zur Dauer des Zivildienstes und stelle eine außerordentliche Härte dar.

Im Fall des Beschwerdeführers wäre von einer Verzögerung von jedenfalls zwei bis sogar drei Semestern auszugehen. Eine schräge Fortsetzung im jeweils folgenden Semester wäre nicht möglich, da das gesamte Prüfungssystem in modularer Weise auf ein ganzes Studienjahr bezogen sei und darauf aufbaue. Beispielsweise in der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Mai 2000, 2000/11/0009 hätte der Verwaltungsgerichtshof den erschwerten Wiedereinstieg in das Studium als wesentliche Nachteile ausdrücklich anerkannt. In der mit der Ableistung des Zivildienstes verbundenen mindestens zweisemestrigen Studienunterbrechung und dem erschwerten Studieneinstieg läge ein wesentlicher Nachteil für das Fortkommen des Beschwerdeführers.

9. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 15.01.2019 wurde der Bescheid, die Beschwerde und der gegenständliche Akt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Im Zuge einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 10.04.2019 erläuterte der Beschwerdeführer das System der modularen Ausbildung des Studiums der Humanmedizin an zwei verschiedenen Standorten in zwei verschiedenen Bundesländern.

Mit Schreiben vom 27.07.2019 belegte der Beschwerdeführer seinen Studienerfolg.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist am XXXX geboren, zivildienstpflichtig, und wohnhaft in XXXX . Am 01.01.2017 (Jahr, in dem die Tauglichkeit des Beschwerdeführers festgestellt wurde) hatte er ein Hochschulstudium noch nicht begonnen. Im Studienjahr 2017/2018 studierte der Beschwerdeführer molekulare Biowissenschaften.

Er hat den Zivildienst bis dato noch nicht angetreten, beendete nach einem Studienjahr das Studium der molekularen Biowissenschaften und wechselte mit Beginn des Studienjahres 2018/19 zum Studium der Humanmedizin. Studienplätze für die Humanmedizin sind limitiert. Der Beschwerdeführer erlangte einen Studienplatz an seinem Heimatort, welcher ihm nach einer Unterbrechung des Studiums nicht erhalten bliebe. Der Beschwerdeführer müsste nach Unterbrechung seines Studiums der Humanmedizin an eine andere Universität eines anderen Bundeslandes, mit der das Studium in Kooperation angeboten wird, ausweichen.

Absolventen des Bachelorstudiums Molekulare Biowissenschaften stehen u. a. folgende Berufsfelder offen: Forschung und Entwicklung in den Grundlagenwissenschaften an den Universitäten; Forschung und Entwicklung in Medizin und Pharmazie; Biotechnologie, Bioanalytik und medizinisch-diagnostische Analytik.

Die Berufsfelder für Absolventen der molekularen Biowissenschaften und der Humanmedizin überschneiden sich in den Bereichen Forschung und Entwicklung sowie medizinisch-diagnostische Analytik. In Österreich besteht Ärztemangel.

2. Beweiswürdigung:

Die Einsatzmöglichkeiten von Absolventen der molekularen Biowissenschaften wurden dem Internetauftritt der Universität XXXX (Curricularkommission Biologie, Biologische Studien, BA Molekulare Biowissenschaften) entnommen. Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus der diesbezüglich unstrittigen Aktenlage. Insoweit die belangte Behörde in der Begründung des gegenständlichen Bescheides dem Beschwerdeführer entgegengehalten hat, dass er den Verlust seines Studienplatzes in XXXX nicht nachgewiesen hätte, ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer dies in seinem Antrag vom 26.11.2018 unwidersprüchlich dargelegt und im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht näher erläutert hat. Der Beschwerdeführer müsste nach Unterbrechung seines Studiums der Humanmedizin an eine andere Universität eines anderen Bundeslandes, mit der es eine Kooperation gibt, ausweichen, da die Anzahl der Studienplätze pro Jahrgang in XXXX lediglich auf 60 begrenzt ist. Der Ärztemangel ist notorisch.

3. Rechtliche Beurteilung:

1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Das Zivildienstgesetz normiert keine Senatszuständigkeit. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Zivildienstpflichtigen ist gemäß § 14 Abs. 2 Zivildienstgesetz 1986, BGBl. Nr. 679/1986 idgF auf Antrag der ordentliche Zivildienst aufzuschieben, wenn Erfordernisse des Zivildienstes nicht entgegenstehen, sie noch nicht zum ordentlichen Zivildienst mit Dienstantritt innerhalb eines Jahres nach Wirksamwerden der Zivildiensterklärung oder nach Ende des Aufschubes gemäß Abs. 1 zugewiesen sind und durch die Unterbrechung einer Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung, die sie nach dem in § 25 Abs. 1 Z 4 Wehrgesetz (WG) 2001 genannten Zeitpunkt begonnen haben, einen bedeutenden Nachteil erleiden würden. Dasselbe gilt, wenn der Zivildienstpflichtige ohne zugewiesen zu sein, eine weiterführende Ausbildung, etwa ein Hochschulstudium, begonnen hat und eine Unterbrechung der Ausbildung eine außerordentliche Härte bedeuten würde.

Der Aufschub kann gem. Abs. 3 leg.cit. in den Fällen des Abs. 2 bis zum Abschluss der begonnenen Ausbildung oder Berufsvorbereitung, längstens jedoch bis zum Ablauf des 15. September des Kalenderjahres gewährt werden, in dem die Zivildienstpflichtigen das 28. Lebensjahr vollenden.

2. Einerseits erleidet der Beschwerdeführer durch den Antritt des Zivildienstes vor dem Abschluss seines Studiums einen besonderen Nachteil, da er den limitierten Studienplatz an seinem Heimatort verlieren würde und in ein anderes Bundesland ausweichen müsste. Ein derartiger Nachteil ist mit einem Verlust eines Studentenheimplatzes vergleichbar. Die von der belangten Behörde ins Treffen gebrachte Tatsache, dass der Beschwerdeführer an der Universität seines Heimatortes zugelassen ist, ändert nichts daran, dass das betreffende Studium in einer Kooperation mit der Universität eines anderen Bundeslandes angeboten wird und der Beschwerdeführer in einem modularen System an der Partneruniversität in einem anderen Bundesland das Studium fortsetzen müsste. Im Zusammenhang mit der Limitierung der Studienplätze ist der erforderliche Wechsel der Universität hinsichtlich der Absolvierung der einzelnen Lehrveranstaltungen des Beschwerdeführers durch das Argument seiner organisatorischen Zuordnung zur Universität seines Heimatortes nicht entkräftet.

Andererseits kann die - bereits mit rechtskräftigem Bescheid - erfolgte Wertung durch die belangte Behörde dahingehend, dass der Beschwerdeführer seine Ausbildung gewechselt hat, nicht zweifelsfrei nachvollzogen werden, da das vorübergehend inskribierte Studium der Molekularbiologie als Vorbereitung das intendierte Studium der Humanmedizin gewertet werden kann und die Berufsfelder der beiden Studien Überschneidungsbereiche haben.

Eine Prüfung wirtschaftlicher Interessen unter Miteinbeziehung der notorischen Knappheit von Ausbildungsstellen nach § 13 ZDG konnte jedoch unterbleiben, da dem Antrag auf Aufschub stattzugeben war und eine (befristete) Befreiung nicht verfahrensgegenständlich wurde.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Mit dem im Fall der Unterbrechung des Studiums erforderlichen Wechsel in ein anderes Bundesland in Verbindung mit dem Unterkunftsverlust droht dem Beschwerdeführer ein größerer Nachteil als der bloße Verlust eines Heimplatzes, der unstrittig als Aufschubgrund heranzuziehen wäre.

Schlagworte

Antrittsaufschub, Aufschubantrag, außerordentliche Härte,
bedeutender Nachteil, ordentlicher Zivildienst, Studienplatz,
Studium, Universitätsstandort

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W122.2213394.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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