TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/12 W189 2184309-2

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Veröffentlicht am 12.11.2019
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Entscheidungsdatum

12.11.2019

Norm

AsylG 2005 §9 Abs1
AsylG 2005 §9 Abs4
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W189 2184309-2/30E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene RIEPL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Somalia, vertreten durch ARGE - Rechtsberatung, Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.10.2018, Zl. 1101108601-180361075, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.08.2019, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 9 Abs. 1 und Abs. 4 AsylG 2005 idgF stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein Staatsangehöriger von Somalia, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 06.01.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Anlässlich seiner niederschriftlichen Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 07.01.2016 gab der BF zu Protokoll, Staatsangehöriger Somalias und muslimisch-sunnitischen Glaubens zu sein. Er habe acht Jahre die Grundschule besucht und beherrsche die Sprache Somalisch sowie etwas Arabisch. Der BF sei ledig und kinderlos. Im Herkunftsstaat würden die Eltern, die zwei Brüder und die vier Schwestern des BF leben. Zu seinen Fluchtgründen gab der BF an, dass in Somalia Krieg herrsche.

2. Am 14.12.2017 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er an, dass er dem Clan der Madhibaan, dem Sub-Clan Mahamud, dem Sub-Sub-Clan Siciid, dem Sub-Sub-Sub-Clan Sacad, angehöre. Er habe gemeinsam mit seinen Eltern und seinen sechs Geschwistern in Mogadischu gelebt und sei in eine Privatschule gegangen. Sein Vater sei als Schmied und seine Mutter als Fleischverkäuferin tätig gewesen. Der BF habe auch als Schuhputzer gearbeitet und sei abends in den Unterricht gegangen. Der BF sei ledig und habe keine Kinder. Zu den Fluchtgründen brachte er vor, dass er aufgrund seiner Clanzugehörigkeit Diskriminierungen ausgesetzt gewesen sei. Auch habe er eine Beziehung zu einer Mitschülerin geführt, die dem Clan der Sheikhal angehöre. Ihre Familie habe davon erfahren und daraufhin seinen Vater ermordet. Das habe ihm seine Mutter am Telefon erzählt und den BF umgehend aufgefordert, das Land zu verlassen. Als der BF in Italien gewesen sei, habe ihm seine Mutter auch mitgeteilt, dass sein Onkel und seine Schwester ermordet worden seien. Auf Vorhalt führte der BF an, dass er nicht sein gesamtes Vorbringen in der Erstbefragung habe wiedergeben können, da diese auf Arabisch stattgefunden habe. Weiters konkret durch das BFA nach den Diskriminierungen gefragt, führte der BF an, dass man ihm die Bücher weggenommen und ihn geschlagen habe. Das besagte Mädchen hätte ihn in der Schule verteidigt und ihn sehr geliebt, obwohl der BF die Beziehung nicht so ernst genommen habe. Sie habe ihn immer gezwungen, sie zu treffen und Händchen zu halten. Eines Tages habe ihr kleiner Bruder sie am großen Markt gesehen und es sogleich der Familie erzählt, worauf sein Vater vom älteren Bruder des Mädchens mit einem Messer erstochen worden sei. Das habe ihm seine Mutter erzählt und ihn danach aufgefordert, das Land zu verlassen.

3. Mit Bescheid des BFA vom 15.12.2017 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des BF bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. wurde dem BF gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia zuerkannt sowie gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 15.12.2018 erteilt (Spruchpunkt III.).

Dem Bescheid wurden die entsprechenden Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat des BF zu Grunde gelegt. Festgehalten wurde, dass der BF Staatsangehöriger Somalias sei, den im Spruch geführten Namen führe und gesund sei. Es sei nicht glaubhaft, dass der BF einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt gewesen sei. Dazu führte die Behörde beweiswürdigend aus, dass das Vorbringen hinsichtlich der Dauer der Beziehung widersprüchlich und auch seine sonstigen Angaben zur Beziehung nur äußerst vage, oberflächlich und unplausibel gewesen seien. Zudem habe er die Umstände, wie er vom Tod des Vaters erfahren haben will, in seiner Erzählung geändert. Zur Diskriminierung aufgrund der Clanzugehörigkeit wurde schließlich mit Hinweis auf die herangezogenen Länderberichte entgegnet, dass es in Mogadischu keine Clankämpfe - bzw. Konflikte mehr gebe und auch kein Risiko einer schweren Diskriminierung aufgrund der Clanzugehörigkeit bestehe. Minderheitsangehörige würden nicht mehr aufgrund ihrer Zugehörigkeit marginalisiert oder belästigt; die Sicherheitslage für Angehörige kleiner, schwacher Clans oder ethnischen Minderheiten habe sich wesentlichen verbessert. Außerdem gebe es keine physischen Charakteristika, welche die Zugehörigkeit zu einem bestimmen Clan erkennen ließen und daher Menschen in Mogadischu und anderen großen Städten nicht automatisch wissen, welchem Clan eine Person angehört, weshalb die diesbezüglichen Angaben des BF hinsichtlich einer Diskriminierung aufgrund der Clanzugehörigkeit als unglaubwürdig zu klassifizieren seien. Dies auch aufgrund des Umstandes, dass er in die Schule und einem Erwerb habe nachgehen können. Dem BF sei jedoch aufgrund der prekären humanitären Situation in Somalia, insbesondere der vorherrschenden Nahrungsversorgungsunsicherheit sowie dem Nicht-Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative, eine Rückkehr nicht zumutbar, weshalb ihm subsidiärer Schutz und die befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen gewesen seien.

4. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz des rechtsfreundlichen Vertreters des BF fristgerecht Beschwerde erhoben und nach Wiedergabe der Fluchtgründe insbesondere ausgeführt, dass die Behörde das Vorbringen des BF nicht hinreichend geprüft habe und ihr Vorgehen nicht den Anforderungen der amtswegigen Ermittlungspflicht entsprochen habe, zumal sich das fluchtauslösende Ereignis zugetragen habe, als der BF noch Minderjährig gewesen sei, was die Behörde hätte berücksichtigen müssen. Auch würde sich das Vorbringen des BF mit den zitierten Länderberichten decken. Beantragt wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

5. Für den 09.05.2018 wurde vom Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVWG) eine mündliche Verhandlung anberaumt. Dem Ersuchen der Rechtsvertretung auf Vertagung aufgrund der Erkrankung des BF wurde entsprochen und die Verhandlung wieder abberaumt.

6. Mit Verständigung der Behörde von der Anklageerhebung gemäß § 105 Abs. 3 FPG, § 37 NAG und § 30 Abs. 5 BFA-VG der Staatsanwaltschaft Wien vom 11.04.2018, Zl. BAZ 839/17v, wurde das BFA darüber informiert, dass gegen den BF wegen § 83 Abs. 1 StGB, § 27 Abs. 1 SMG Anklage erhoben wurde.

7. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 04.09.2018 wurde der BF wegen § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen in der Höhe von 4,- Euro, im Nichteinbringungsfall 40 Tag(e), verurteilt.

8. Mit Verständigung der Behörde von der Anklageerhebung gemäß § 105 Abs. 3 FPG, § 37 NAG und § 30 Abs. 5 BFA-VG des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 10.09.2018, Zl. U 110/18t, wurde das BFA darüber informiert, dass gegen den BF wegen § 83 Abs. 1 StGB SMG ein rechtskräftiges Urteil ergangen ist.

9. Laut Aktenvermerk des BFA vom 16.04.2019 leitete die Behörde gegen den BF das gegenständliche Aberkennungsverfahren ein.

10. Am 10.10.2018 wurde der BF vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er an, dass er gesund, ledig und kinderlos sei. Seine Verwandten im Herkunftsstaat, und zwar die Mutter und fünf Geschwister des BF, seien nicht mehr dort wohnhaft, sondern hätten Somalia verlassen. Er habe keinen Kontakt zu seinen Verwandten. Weiters wurde der BF durch das BFA über die Gründe der beabsichtigten Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten aufgeklärt. So habe sich sowohl die Sicherheitsals auch die Versorgungslage grundlegend geändert. Dazu gab der BF an, dass er den Herkunftsstaat wegen seiner Fluchtgründe verlassen habe und für den Fall einer Rückkehr Angst habe, so wie sein Vater, sein Onkel und seine Schwester auch, getötet zu werden. Der BF habe im Bundesgebiet keine Verwandten. Er besuche einen Deutschkurs - zuletzt habe er die B1 Prüfung gemacht - und lebe von staatlichen Leistungen. Er habe einen Freund in Österreich und sei nicht Mitglied in einem Verein oder einer Organisation.

11. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 12.10.2018 wurde der mit Bescheid des BFA vom 15.12.2017, Zl. 1101108601-160027251, zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und zugleich die erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und weiters gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt (Spruchpunkt IV.), dass seine Abschiebung nach Somalia gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt V).

Begründend wurde ausgeführt, dass die Gründe für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes nicht mehr vorliegen würden und sich die Lage im Herkunftsstaat positiv geändert habe. Insbesondere sei dem BF eine Rückkehr zumutbar, da er in Somalia wohnhaft gewesen sei, wo er auch auf die Unterstützung zahlreicher Hilfsorganisationen zurückgreifen könne und er somit keinesfalls in eine ausweglose Situation geraten würde. Insbesondere seien in Mogadischu eine Vielzahl an Hilfsorganisationen vorhanden, welche auch Unterstützung bei der Wohnraumfindung bieten. Mogadischu stehe auch weiterhin unter der Kontrolle von AMISOM; zudem habe sich die Versorgungslage aufgrund der Regenfälle wieder entspannt und erreichen die Nahrungsmittelpreise wieder den Normalwert. Mogadischu sei auch auf sicherem Wege erreichbar. Es sei überdies nicht wahrscheinlich, dass der BF im Fall einer Rückkehr, vor allem nach Mogadischu, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wäre. Unter Berücksichtigung der Umstände stehe der Abschiebung des BF Art. 3 EMRK nicht entgegen und seien andere Gründe, die gegen seine Rückkehr sprechen würden, nicht feststellbar gewesen. Schließlich würden keine Gründe bestehen, die gegen eine Rückkehrentscheidung sprechen würden, zumal über die Jahre kein schützenswertes Privat- und Familienleben im Bundesgebiet entstanden sei und nach Gesamtabwägung der öffentlichen Interessen mit jenen des BF erstere überwiegen würden. Für den Fall einer Abschiebung des BF nach Somalia ergebe sich keine Gefährdung seiner Person, weshalb sie gemäß § 52 iVm § 46 FPG zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise von vierzehn Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der BF bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.

12. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und insbesondere moniert, dass sich das BFA auf Berichte stütze, die bereits von der Rechtskraft des Zuerkennungsbescheides mitumfasst seien. Aus diesem Grund liege eine entschiedene Sache vor, über welche nicht erneut abgesprochen werden könne. Weiters sei keine Verbesserung der persönlichen Umstände des BF eingetreten, zumal seine Familie aus Somalia habe flüchten müssen. Da die behauptete Besserung der Versorgungslage sich nur auf Prognose-Berichte stütze, könne nicht von einer diesbezüglichen wesentlichen und nachhaltigen Änderung die Rede sein, zumal der Beobachtungszeitraum nicht lang genug sei. Auch sei die Situation von Rückkehrern von der Clanzugehörigkeit abhängig. Schließlich stelle die Rückkehrentscheidung im Hinblick auf die Integrationsbemühungen des BF in seinen eine Verletzung seiner in Art. 8 EMRK gewährleisteten Rechten dar. Beantragt wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

13. Für den 23.07.2019 wurde durch das Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt, zu welcher der BF unverschuldet nicht erschienen ist. Laut Auskunft der JA Josefstadt sei es zu Problemen bei der Vorführung gekommen, weshalb die Verhandlung auf unbestimmte Zeit vertagt wurde.

10. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 06.08.2019, Zl. Hv 111/19t, wurde der BF wegen § 27 Abs. 2a 2. Fall SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten, unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

15. Laut Mitteilung der Vollzugsstelle der JA Josefstadt vom 26.08.2019 wurde der BF am 06.08.2019 aus der Haft entlassen.

16. Am 26.08.2019 fand vor dem BVwG eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuhilfenahme einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Somalisch statt, zu welcher der BF und die belangte Behörde ordnungsgemäß geladen wurden. Im Rahmen dessen wurde dem BF Gelegenheit geboten, ausführlich zu seinen Fluchtgründen, Rückkehrbefürchtungen und Integrationsbemühungen Stellung zu nehmen. Die Behörde verzichtete in der Beschwerdevorlage vom 30.07.2019 auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung und ist ein Vertreter der Behörde entschuldigt nicht erschienen. Vorgelegt wurden Rezepte betreffend der Tuberkulose Erkrankung des BF und ein Patientenbrief des Otto-Wagner-Spitals über die stationäre Behandlung des BF.

17. Mit Schriftsatz der Rechtsvertretung des BF vom 18.09.2019 wurde auf das im Verfahren herangezogene Länderinformationsblatt Stellung bezogen und insbesondere auf die mangelnden Therapiemöglichkeiten in Somalia hinsichtlich der Tuberkulose-Erkrankung des BF hingewiesen. Aufgrund der dringenden Weiterbehandlung stelle die Rückkehr seiner Person eine Verletzung von Art. 2 EMRK dar.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes des Beschwerdeführers, beinhaltend die Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 07.01.2016, die niederschriftlichen Einvernahmen vor dem BFA am 14.12.2017 und am 10.10.2018, durch die Einvernahme des BF im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 27.08.2019 und durch Einsicht in aktuelle Auszüge aus Strafregister, GVS und IZR sowie durch Einsichtnahme in das aktualisierte Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Somalia (Stand 12.01.2018).

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Somalia, Zugehöriger des Clans der Madheban, Subclan Siciid, Subsubclan Saead, und führt den im Spruch genannten Namen. Er beherrscht die Sprache Somalisch und etwas Arabisch. Der BF hat im Herkunftsstaat Privatunterricht bekommen und lebte bis vor seiner Ausreise gemeinsam mit seinen Eltern und sechs Geschwistern in Mogadischu, Bezirk XXXX . Sein Vater war Schmied, seine Mutter Fleischverkäuferin. Seine Familie lebt in Äthiopien. Der BF ist ledig und kinderlos.

Der BF leidet an einer multiresistenten Tuberkulose. Er befindet sich im Bundesgebiet in Therapie und wird medikamentös sowie stationär (zuletzt: von 24.01.2019 bis 16.05.2019) behandelt. Empfohlen wird eine Therapie für die Dauer von 18 bis 24 Monaten.

1.2. Dem BF wurde mit Bescheid des BFA vom 15.12.2017 der Status des subsidiär Schutzberechtigten gewährt und ihm gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 15.12.2018 erteilt. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 12.10.2018 wurde dem BF dieser Status aberkannt und eine Rückkehrentscheidung erlassen.

Festgestellt wird, dass der BF im Falle seiner Rückkehr nach Somalia aufgrund der schwierigen allgemeinen Versorgungslage und seines Gesundheitszustandes sowie mangels familiärer Anknüpfungspunkte Gefahr laufen würde, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein. Eine finanzielle Unterstützung des BF durch seine Verwandten ist bei einer Rückkehr nach Somalia nicht zu erwarten.

Der BF ist strafgerichtlich nicht unbescholten:

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 04.09.2018 wurde der BF wegen § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen in der Höhe von 4,- Euro, im Nichteinbringungsfall 40 Tag(e), verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 06.08.2019, Zl. Hv 111/19t, wurde der BF wegen § 27 Abs. 2a 2. Fall SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten, unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

1.3. Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus den vom

BVwG herangezogenen Länderberichten wiedergegeben:

KI vom 17.9.2018: Positiver Trend bei Versorgungslage (betrifft: Abschnitt 21/Grundversorgung und Abschnitt 21.1/Dürresituation)

Nach den überdurchschnittlichen Gu-Regenfällen 2018 wird die Getreideernte die größten Erträge seit 2010 einbringen. Die Lage bei der Nahrungsversorgung hat sich weiter verbessert (UN OCHA 11.9.2018; vgl. UN OCHA 5.9.2018), dies gilt auch für Einkommensmöglichkeiten und Marktbedingungen (FSNAU 1.9.2018). Die Preise für unterschiedliche Grundnahrungsmittel haben sich in Mogadischu gegenüber dem Vorjahr drastisch verbilligt und liegen nunmehr unter dem Fünfjahresmittel. Dies betrifft namentlich Bohnen (cowpea), rotes Sorghum und Mais (FEWS NET 31.8.2018). Insgesamt hat sich die Ernährungssituation verbessert, auch wenn es im ganzen Land noch eine hohe Rate an Unterernährung gibt - speziell unter IDPs (UN OCHA 11.9.2018). Die Dürre ist zwar offiziell vorbei, es braucht aber mehr als eine gute Regenzeit, bevor sich die Menschen davon erholen (UN OCHA 2.9.2018). Vor allem vom Verlust ihres Viehs, von Überschwemmungen (im April/Mai 2018, Juba- und Shabelle-Täler) und vom Zyklon Sagar (Mai 2018, Nordsomalia) betroffene Gemeinden werden noch längere Zeit für eine Rehabilitation brauchen. Zwischen Februar und Juli 2018 konnten humanitäre Organisationen 1,9 Millionen Menschen pro Monat erreichen (UN OCHA 5.9.2018).

Die Stufe für akute Unterernährung hat sich verbessert. Die Zahl von an schwerer akuter Unterernährung Betroffenen ist nur bei zwei Gruppen kritisch: Bei den IDPs in Mogadischu und in der Guban Pastoral Livelihood in West-Somaliland (UN OCHA 5.9.2018). Allerdings werden auch noch andere Teile oder Gruppen Somalias als Hotspots genannt, wo Interventionen als dringend erachtet werden.

Dies sind im ländlichen Raum: Northern Inland Pastoral of Northeast (Teile von Sanaag, Sool und Bari); Hawd Pastoral of Northeast (Teile von Togdheer, Sool und Nugaal); Northwest Guban Pastoral (Teile von Awdal); der Bezirk Belet Weyne (Shabelle-Tal und agro-pastorale Teile); Agro-pastorale Teile und das Juba-Tal in Gedo; die Bezirke Mataban, Jalalaqsi und Buulo Burte in Hiiraan; Teile des Juba-Tals in Middle Juba. An Gruppen sind es die IDPs in Bossaso, Garoowe, Galkacyo, Qardho, Mogadischu, Baidoa, Kismayo und Doolow (FSNAU 1.9.2018). Überhaupt bleiben IDPs die am meisten vulnerable Gruppe (UN OCHA 11.9.2018).

In Nordsomalia werden aus einigen Gebieten immer noch Wasser- und Weidemangel berichtet, da die Gu-Regenzeit dort auch im Jahr 2018 nicht ertragreich ausgefallen ist. Es handelt sich um Teile der Regionen Bari und Nugaal (Puntland) sowie von Sool und Sanaag (Somaliland). Dort findet die Wasserversorgung teils immer noch mit Tanklastwagen statt, rund 48.000 Haushalte sind betroffen. Humanitäre Organisationen wie ACTED sind dort aktiv und konnten für über 31.000 Haushalte samt Vieh die Wasserversorgung wiederherstellen (ACTED 12.9.2018).

Die Prognose für den Zeitraum August-Dezember 2018 in IPC-Stufen stellt sich wie folgt dar:

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(FSNAU 1.9.2018)

Insgesamt sind ca. 4,6 Millionen Menschen weiter auf Unterstützung angewiesen, im Februar 2018 waren es noch 5,4 Millionen gewesen (UN OCHA 11.9.2018). Von den 4,6 Millionen befinden sich ca. 1,4 Millionen auf IPC-Stufe 3 (IPC = Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung), weitere ca. 170.000 auf IPC-Stufe 4 (FSNAU 1.9.2018). Darunter scheinen sich viele Kinder zu finden. Ca. 240.000 Kinder gelten als akut unterernährt, weiter 55.000 als schwer unterernährt (UN OCHA 2.9.2018).

Für die Deyr-Regenzeit 2018 (Oktober-Dezember) wird eine überdurchschnittliche Niederschlagsmenge prognostiziert (UN OCHA 5.9.2018; vgl. FAO 6.9.2018). Damit wird auch eine weitere Verbesserung bei den Weideflächen und bei der Wasserverfügbarkeit und i.d.F. Verbesserungen bei der Viehzucht und in der Landwirtschaft einhergehen (FAO 6.9.2018). Zusätzliche Ernten und weiter verbesserte Marktbedingungen werden zu weiteren Verbesserungen führen (FSNAU 1.9.2018)

Allerdings werden auch für das äthiopische Hochland höhere Niederschlagsmengen prognostiziert, was das Überschwemmungsrisiko entlang von Juba und Shabelle steigen lässt. Gegenwärtig sind einige Flussufer bzw. Flusseinfassungen beschädigt, was selbst bei normalen Regenmengen eine Gefahr darstellt (FAO 6.9.2018). Immerhin hat Somalia 2018 die schwersten Überschwemmungen seit 60 Jahren erlebt (WB 6.9.2018).

Quellen:

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ACTED (12.9.2018): Drought conditions continue to persist in Badhan district,

https://reliefweb.int/report/somalia/drought-conditions-continue-persist-badhan-district, Zugriff 14.9.2018

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FAO - FAO SWALIM / FSNAU (6.9.2018): Somalia Rainfall Outlook for 2018 Deyr (October-December) - Issued: 6 September 2018, https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-rainfall-outlook-deyr-2018-october-december-issued-6-september-2018, Zugriff 14.9.2018

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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (31.8.2018):

Somalia Price Bulletin, August 2018, https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-price-bulletin-august-2018, Zugriff 14.9.2018

-

FSNAU - Food Security and Nutrition Analysis Unit / Famine Early Warning System Network (1.9.2018): FSNAU-FEWS NET 2018 Post Gu Technical Release,

https://reliefweb.int/report/somalia/fsnau-fews-net-2018-post-gu-technical-release-01-sep-2018, Zugriff 14.9.2018

-

UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (11.9.2018): Somalia - Humanitarian Snapshot (as of 11 September 2018),

https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-humanitarian-snapshot-11-september-2018, Zugriff 14.9.2018

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UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (5.9.2018): Humanitarian Bulletin Somalia, 1 August - 5 September 2018,

https://reliefweb.int/report/somalia/humanitarian-bulletin-somalia-1-august-5-september-2018, Zugriff 14.9.2018

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UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (2.9.2018): Somalia - Food security improving but recovery remains fragile,

https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-food-security-improving-recovery-remains-fragile, Zugriff 14.9.2018

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WB - Worldbank (6.9.2018): World Bank's Flagship Infrastructure Project Launched in Somalia,

https://reliefweb.int/report/somalia/world-bank-s-flagship-infrastructure-project-launched-somalia, Zugriff 14.9.0218

KI vom 3.5.2018: Überdurchschnittliche Niederschläge, bessere Versorgungssicherheit prognostiziert (betrifft: Abschnitt 21/Grundversorgung und Abschnitt 21.1/Dürresituation)

Schon in den vor der Gu-Regenzeit gemachten Prognosen zeichnete sich eine Entspannung der Situation ab, obwohl damals nur unterdurchschnittliche Regenmengen prognostiziert wurden. Anfang 2018 wurde für Februar-Juni 2018 prognostiziert, dass die Bevölkerung in folgende IPC-Stufen (Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung) einzuordnen sein wird: 56% Stufe 1 (minimal); 22% Stufe 2 (stressed); 18% Stufe 3 (crisis); 4% Stufe 4 (emergency); 0% Stufe 5 (famine). IDP-Lager in Südsomalia wurden durchwegs mit Stufe 3 IPC prognostiziert; Städte in Lower und Middle Shabelle, Bay und Jubaland mit Stufe 2; Mogadischu mit Stufe 1. Landesweit zeigt sich, dass die Bevölkerung in den Städten besser versorgt ist, als jene auf dem Lande (FAO 2018).

Verbesserungen bei Nahrungsmittelsicherheit und Ernährung sind auf die höhere Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln aus der Deyr-Ernte und aus der gestiegenen Milchproduktion zurückzuführen. Gleichzeitig wird die humanitäre Hilfe aufrechterhalten. Viele Haushalte können Nahrungsmittel mit von humanitären Akteuren zur Verfügung gestellten Geldmitteln oder Gutscheinen erwerben (FEWS 3.2018). Im ersten Quartal 2018 bezogen monatlich 1,84 Millionen Menschen humanitäre Hilfe. Im letzten Quartal 2017 waren es noch 2,5 Millionen gewesen. Insgesamt erreicht die Unterstützung rund 70% der Menschen die sich auf oder über Stufe 3 IPC befinden (FEWS 4.2018a). Auch im Jahr 2018 wird humanitäre Hilfe weiterhin in großem Ausmaß erforderlich sein (FEWS 3.2018).

Der bereits eingetretene Rückgang an Hunger ist auch im Vergleich der Daten der beiden Deyr-Regenzeiten 2016/17 und 2017/18 zu erkennen (FEWS 3.2018):

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(FEWS 3.2018)

Nunmehr ist es im April 2018 in fast allen Landesteilen zu mittleren bis starken Regenfällen gekommen (FAO 27.4.2018). In fast ganz Somalia lag die Niederschlagsmenge der Gu-Regenzeit bis zum 20.4.2018 bei 200% des mehrjährigen Durchschnitts. Nur im Nordosten blieben die Niederschläge unterdurchschnittlich (FEWS 4.2018a). Allerdings werden die Niederschläge bis Juni weiter anhalten (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018), auch wenn mit einem Rückgang der Niederschlagsmengen gerechnet wird (FEWS 4.2018a).

Für den Zeitraum Juni-September 2018 wurde eine deutliche Entspannung bei der Nahrungsmittelversorgung angekündigt. Nur noch für Hilfsorganisationen leicht zugängliche Gebiete im Nordwesten werden unter Stufe 4 IPC (emergency) eingestuft, der große Rest des Landes fällt in die Stufen 1-3, Süd-/Zentralsomalia gänzlich (bis auf IDP-Konzentrationen) in die Stufen 1-2 (FEWS 4.2018b).

Aufgrund der überdurchschnittlichen Niederschläge in der Gu-Regenzeit Anfang 2018 wird erwartet, dass sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln in einigen Teilen Südsomalias noch weiter verbessern wird, als zu Jahresbeginn bereits prognostiziert. Zwar wurden in von Überflutungen betroffenen Gebieten Teile der Ernte vernichtet, jedoch sind die Bedingungen insgesamt so günstig, dass mit einer überdurchschnittlichen Ernte zu rechnen ist (FEWS 4.2018b). Die Felder befinden sich in gutem Zustand. In der Landwirtschaft gibt es Arbeitsmöglichkeiten auf Normalniveau (FEWS 4.2018a).

In den meisten Gebieten haben sich Weidegründe und Wasserverfügbarkeit verbessert (FEWS 4.2018a; vgl. FEWS 4.2018b), der Zustand der Tiere hat sich normalisiert. Allerdings bleibt die durchschnittliche Herdengröße noch hinter dem Normalzustand zurück. Arme Nomaden in Nord- und Zentralsomalia werden weiterhin über zu wenig Vieh verfügen. Dort wird Stufe 3 IPC (crisis) vermutlich weiter vorherrschen (FEWS 4.2018b).

Die Entspannung wird auf Karten dokumentiert:

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(FEWS 4.2018b)

Der Handelspreis für 1kg Sorghum ist in Baidoa im ersten Quartal 2018 um 37% eingebrochen, jener für 1kg Mais in Qoryooley um 32%. Auch bei armen Haushalten verbessert sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln, sie haben nun auf normalem Niveau Zugang zu Arbeit in der Landwirtschaft und die Nahrungsmittelpreise haben sich ebenfalls normalisiert. Mit dem Tageseinkommen können nunmehr 10-18kg lokalen Getreides erstanden werden - 20%-60% mehr als noch vor einem Jahr (FEWS 4.2018a).

Untenstehend findet sich die detaillierte Prognosekarte der Agentur FSNAU der FAO für die Monate 2-6/2018:

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(FAO 2018)

Zusätzlich zu den Niederschlägen fließen aus dem äthiopischen Hochland beträchtliche Mengen Wasser zu (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018). Dadurch kam es in einigen Gebieten zu Überschwemmungen. Belet Weyne war besonders stark betroffen, 70% der Haushalte mussten ihre Häuser verlassen. In Qoryooley waren es 250 Haushalte. Außerdem betroffen waren einige Dörfer in Middle Juba und im Bezirk Wanla Weyne. Auch einige landwirtschaftlich genutzte Gebiete in Bay, Lower Juba, Togdheer und Hiiraan wurden überflutet (FEWS 4.2018a). Die Pegel der Flüsse werden vermutlich weiter steigen. Bisher sind rund 630.000 Menschen von Sturzfluten oder Überschwemmung betroffen, ca. 215.000 haben ihre Häuser verlassen müssen (davon 180.000 im Gebiet Belet Weyne). Andererseits verlassen manche IDPs die Lager, um von den Niederschlägen in ihrer ursprünglichen Heimat zu profitieren (UN OCHA 2.5.2018).

Quellen:

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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018a): Somalia

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Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia/food-security-outlook-update/april-2018, Zugriff 2.5.2018

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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018b): Somalia

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Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia, Zugriff 2.5.2018

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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (3.2018): Somalia

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Food Security Outlook February to September 2018, http://fews.net/east-africa/somalia/food-security-outlook/february-2018, Zugriff 2.5.2018

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FAO FSNAU - Agentur der Food and Agriculture Organisation der UN (2018): IPC Map, http://www.fsnau.org/ipc/ipc-map, Zugriff 2.5.2018

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FAO SWALIM (27.4.2018): Somalia Rainfall Forecast - Issued: 27 April 2018,

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UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (2.5.2018): OCHA Somalia Flash Update #3 - Humanitarian impact of heavy rains | 2 May 2018,

https://reliefweb.int/report/somalia/ocha-somalia-flash-update-3-humanitarian-impact-heavy-rains-2-may-2018, Zugriff 3.5.2018

Politische Lage

Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabhängiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet südlich von Puntland, das Süd-/Zentralsomalia genannt wird (EASO 8.2014). Im Hinblick auf fast alle asylrelevanten Tatsachen ist Somalia in diesen drei Teilen zu betrachten (AA 1.1.2017).

Im Jahr 1988 brach in Somalia ein Bürgerkrieg aus, der im Jahr 1991 im Sturz von Diktator Siyad Barre resultierte. Danach folgten Kämpfe zwischen unterschiedlichen Clans, Interventionen der UN sowie mehrere Friedenskonferenzen (EASO 8.2014). Seit Jahrzehnten gibt es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder zentralstaatlicher Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen (v.a. Clan-Strukturen) vergeben (AA 1.1.2017).

Im August 2012 endete die Periode der Übergangsregierung (BS 2016). Seit damals gibt es eine politische Entwicklung, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markiert. Am 1.8.2012 wurde in Mogadischu eine vorläufige Verfassung angenommen. Seitdem ist die Staatsbildung kontinuierlich vorangeschritten. Das im Dezember 2016 gewählte Parlament stellt dabei auch einen deutlichen demokratischen Fortschritt gegenüber dem 2012 gewählten Parlament dar. Während 2012 135 Clanälteste die Zusammensetzung bestimmten (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017), waren es 2016 über 14.000 Clan-Repräsentanten (UNHRC 6.9.2017) bzw. 13.000. Während die 54 Mitglieder des Oberhauses von den Parlamenten der Bundesstaaten gewählt wurden, wählten die o.g. Clan-Repräsentanten die 275 auf Clan-Basis ausgewählten Abgeordneten des Unterhauses (UNSC 9.5.2017).

Auch wenn es sich um keine allgemeine Wahl gehandelt hat, ist diese Wahl im Vergleich zu vorangegangenen Wahlen ein Fortschritt gewesen (DW 10.2.2017). Allerdings war auch dieser Wahlprozess problematisch, es gibt zahlreiche Vorwürfe von Stimmenkauf und Korruption (SEMG 8.11.2017). Im Februar 2017 wählte das neue Zweikammerparlament Mohamed Abdullahi Mohamed "Farmaajo" zum Präsidenten; im März bestätigte es Hassan Ali Kheyre als Premierminister (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017, SEMG 8.11.2017). Das Parlament bestätigte am 29.3.2017 dessen 69-köpfiges Kabinett (UNSC 9.5.2017).

Die Macht wurde friedlich und reibungslos an die neue Regierung übergeben (WB 18.7.2017). Somalia hat den Zustand eines failed state überwunden, bleibt aber ein fragiler Staat (AA 1.1.2017). Die Regierung stellt sich den Herausforderungen, welche Dürre und Sicherheit darstellen. Überhaupt hat die Regierung seit Amtsantritt gezeigt, dass sie dazu bereit ist, die Probleme des Landes zu beheben (UNSC 5.9.2017). Dabei mangelt es der Bundesregierung an Einkünften, diese sind nach wie vor von den wenigen in Mogadischu erzielten Einnahmen abhängig (SEMG 8.11.2017).

Außerdem wird die Autorität der Zentralregierung vom nach Unabhängigkeit strebenden Somaliland im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen al Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Außerdem gibt es aber keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach (AA 1.1.2017). Die föderale Regierung hat es bislang kaum geschafft, sich außerhalb Mogadischus durchzusetzen (ÖB 9.2016).

Allgemeine Wahlen sind für das Jahr 2020 (UNSC 9.5.2017) bzw. 2021 vorgesehen (UNSC 5.9.2017; vgl. UNNS 13.9.2017). Deren Durchführung wird aber maßgeblich davon abhängen, wie sich die Sicherheitslage entwickelt, ob sich Wahlkommissionen auch in den Bundesstaaten etablieren können und ob ein Verfassungsgericht eingerichtet wird (UNSC 5.9.2017).

Neue föderale Teilstaaten (Bundesstaaten)

Generell befindet sich das föderalistische System Somalias immer noch in einer frühen Phase und muss in den kommenden Jahren konsolidiert werden (UNSC 9.5.2017). Zwar gibt es in manchen Gebieten Verbesserungen bei der Verwaltung und bei der Sicherheit. Es ist aber ein langsamer Prozess. Die Errichtung staatlicher Strukturen ist das größte Problem, hier versucht die internationale Gemeinschaft zu unterstützen (BFA 8.2017).

Kaum ein Bundesstaat ist in der Lage, das ihm zugesprochene Gebiet tatsächlich unter Kontrolle zu haben. Bei den neu etablierten Entitäten reicht die Macht nur wenige Kilometer über die Städte hinaus (BFA 8.2017; vgl. NLMBZ 11.2017).

Während im Norden bereits die Gliedstaaten Somaliland und Puntland etabliert waren, begann mit dem international vermittelten Abkommen von Addis Abeba von Ende August 2013 der Prozess der Gliedstaatsgründung im weiteren Somalia, der nach der Gründung der Bundesstaaten Jubaland, South West State (SWS), Galmudug und Hirshabelle 2016 seinen weitgehenden Abschluss fand (AA 4.2017a). Offen ist noch der finale Status der Hauptstadtregion Benadir/Mogadischu (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017, BFA 8.2017).

Die Bildung der Bundesstaaten erfolgte im Lichte der Clan-Balance.

Rein technisch bedeutet dies: Galmudug und HirShabelle für die Hawiye; Puntland und Jubaland für die Darod; der SWS für die Rahanweyn; Somaliland für die Dir (BFA 8.2017).

Die Beziehungen zwischen der Bundesregierung und den Regierungen der Bundesstaaten sind angespannt, da es bei der Sicherheitsarchitektur und bei der Ressourcenverteilung nach wie vor Unklarheiten gibt (SEMG 8.11.2017). Außerdem hat der Schritt zur Föderalisierung zur Verschärfung von lokalen Clan-Spannungen beigetragen und eine Reihe gewalttätiger Konflikte ausgelöst. Die Föderalisierung hat zu politischen Kämpfen zwischen lokalen Größen und ihren Clans geführt (BS 2016). Denn in jedem Bundesstaat gibt es unterschiedliche Clankonstellationen und überall finden sich Clans, die mit der Zusammensetzung ihres Bundesstaates unzufrieden sind, weil sie plötzlich zur Minderheit wurden. Sie fühlen sich marginalisiert (BFA 8.2017).

Im Zuge der Föderalisierung Somalias wurden mehrere Teilverwaltungen (Bundesstaaten) neu geschaffen: Galmudug Interim Administration (GIA); die Jubaland Interim Administration (JIA); Interim South West State Administration (ISWA). Keine dieser Verwaltungen hat die volle Kontrolle über die ihr unterstehenden Gebiete (USDOS 3.3.2017). Außerdem müssen noch wichtige Aspekte geklärt und reguliert werden, wie etwa die Machtverteilung zwischen Bund und Ländern, die Verteilung der Einkünfte oder die Verwaltung von Ressourcen. Internationale Geber unterstützen den Aufbau der Verwaltungen in den Bundesstaaten (UNSC 5.9.2017).

1) Jubaland (Gedo, Lower Juba, Middle Juba): Im Jahr 2013 kam es zu einem Abkommen zwischen der Bundesregierung und Delegierten von Jubaland über die Bildung des Bundesstaates Jubaland. Im gleichen Jahr wurde Ahmed Mohamed Islam "Madobe" zum Präsidenten gewählt (USDOS 3.3.2017). Der JIA ist es gelungen, zumindest in Kismayo eine Verwaltung zu etablieren. Die Machtbalance in Jubaland wurde verbessert, seit die Ogadeni auch mit anderen Clans kooperieren und diese in Strukturen einbinden (BFA 8.2017).

2) South West State (SWS; Bay, Bakool, Lower Shabelle): Nach einer Gründungskonferenz im Jahr 2014 formierte sich im Dezember 2015 das Parlament des Bundesstaates South West State. Dieses wählte Sharif Hassan Sheikh Adam zum Übergangspräsidenten (USDOS 3.3.2017). Insgesamt befindet sich der SWS immer noch im Aufbau, die Regierungsstrukturen sind schwach, Ministerien bestehen nur auf dem Papier. Es gibt kaum Beamte, und in der Politik kommt es zu Streitigkeiten. Die Region Bakool ist besser an den SWS angebunden, als dies bei Lower Shabelle der Fall ist. Die Beziehungen von Lower Shabelle zur Bundesregierung und zum SWS sind kompliziert, der SWS hat dort kaum Mitsprache (BFA 8.2017).

3) HirShabelle (Hiiraan, Middle Shabelle): Bei der Bildung des Bundesstaates HirShabelle wurde längere Zeit über gestritten. Beide Regionen (Hiiraan und Middle Shabelle) haben erklärt, dass sie genügend Einwohner hätten, um jeweils einen eigenen Bundesstaat gründen zu können. Trotzdem wurden die Regionen fusioniert (BFA 8.2017). Im Jänner 2016 fand eine Konferenz zur Bildung eines Bundesstaates aus Hiiraan und Middle Shabelle statt. In der Folge wurde im Oktober 2016 der Bundesstaat Hirshabelle eingerichtet: Ein Parlament wurde zusammengestellt und ein Präsident - Ali Abdullahi Osoble - gewählt. Anführer der Hawadle haben eine Teilnahme verweigert (USDOS 3.3.2017). Das Kabinett wurde Mitte März 2017 vom Parlament bestätigt (BFA 8.2017; vgl. UNSC 9.5.2017). Der Großteil der Regierung von HirShabelle befindet sich in Mogadischu. Die Bildung des Bundesstaates scheint alte Clan-Konflikte neu angeheizt zu haben, die Hawadle fühlen sich marginalisiert (BFA 8.2017).

4) Galmudug (Galgaduud, Teile von Mudug): 2015 wurde eine Regionalversammlung gebildet und Abdikarim Hussein Guled als Präsident gewählt hat (EASO 2.2016). Die Regionalversammlung war von der Bundesregierung eingesetzt worden. Ausgewählt wurden die 89 Mitglieder von 40 Ältesten, welche wiederum 11 Clans repräsentierten. Die Gruppe Ahlu Sunna wal Jama'a (ASWJ), die Teile der Region Galgaduud kontrolliert, hat den Prozess boykottiert und eine eigene Verwaltung eingerichtet (USDOS 3.3.2017). Die GIA wird von Hawiye/Habr Gedir/Sa'ad dominiert (EASO 2.2016). Am 25.2.2017 trat der Präsident von Galmudug, Abdikarim Hussein Guled, zurück (UNSC 9.5.2017). Am 3.5.2017 wurde Ahmed Duale Geele "Xaaf" vom Regionalparlament von Galmudug zum neuen Präsidenten gewählt (UNSC 5.9.2017). Auch der neue Präsident hat noch keine Lösung mit der ASWJ herbeigeführt (UNSOM 13.9.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Somalia - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Somalia/Innenpolitik_node.html, Zugriff 13.9.2017

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BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM%20Report_Somalia%20Sicherheitslage_Onlineversion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017

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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 20.11.2017

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DW - Deutsche Welle (10.2.2017): Kommentar: Farmajo, der neue Präsident Somalias - Wie viele Löcher hat der Käse? http://www.dw.com/de/kommentar-farmajo-der-neue-pr%C3%A4sident-somalias-wie-viele-l%C3%B6cher-hat-der-k%C3%A4se/a-37496267, Zugriff 24.11.2017

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EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 21.12.2017

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EASO - European Asylum Support Office (8.2014): South and Central Somalia: Country Overview,

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 21.11.2017

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NLMBZ - (Niederlande) Ministerie von Buitenlandse Zaken (11.2017):

Algemeen Ambtsbericht Zuid- en Centraal- Somalië, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1512376193_correctie-aab-zuid-en-centraal-somalie-2017-def-zvb.pdf, Zugriff 10.1.2018

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ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016): Asylländerbericht Somalia

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SEMG - Somalia and Eritrea Monitoring Group (8.11.2017): Report of the SEMG on Somalia,

https://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2017/924, Zugriff 14.11.2017

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UNHRC - UN Human Rights Council (6.9.2017): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia http://www.refworld.org/docid/59c12bed4.html, Zugriff 11.11.2017

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UNNS - UN News Service (13.9.2017): Somalia facing complex immediate and long-term challenges, UN Security Council told, http://www.refworld.org/docid/59bfc8b34.html, Zugriff 11.11.2017

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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