TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/15 W239 2225186-1

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Veröffentlicht am 15.11.2019
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Entscheidungsdatum

15.11.2019

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §61

Spruch

W239 2225186-1/3E

W239 2225187-1/3E

W239 2225189-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Theresa BAUMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , und 3.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Afghanistan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.10.2019 zu den Zahlen 1.) XXXX , 2.) XXXX und 3.) XXXX zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als

unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer ( XXXX ) und die Zweitbeschwerdeführerin ( XXXX ) sind Geschwister und die volljährigen Kinder der Drittbeschwerdeführerin ( XXXX ). Alle Beschwerdeführer sind afghanische Staatsangehörige, reisten gemeinsam in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten hier am 15.07.2019 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz. Gegenständlich liegt kein Familienverfahren vor; aufgrund der Gleichgelagertheit der Fälle ergehen die Entscheidungen dennoch unter einem.

Zu den Personen der Beschwerdeführer liegen keine EURODAC-Treffer vor. Laut VIS-Abfrage verfügten die Beschwerdeführer über je ein von 17.07.2018 bis 16.07.2019 gültiges Schengen-Visum Typ C, ausgestellt von der französischen Vertretungsbehörde in Kabul/Afghanistan.

Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 15.07.2019 gaben die Beschwerdeführer übereinstimmend an, dass sie den Entschluss zur Ausreise vor etwa einem Monat gefasst hätten. Sie seien am 05.07.2019 legal mit dem Flugzeug von Kabul nach Moskau geflogen und seien nach einem etwa zehntägigen Aufenthalt weiter legal unter Verwendung ihrer französischen Schengen-Visa nach Wien geflogen. Die Reisedokumente hätten sie in Wien weggeworfen bzw. entsorgt. Ihr Zielland sei Österreich gewesen, da sich ein Bruder des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin bzw. Sohn der Drittbeschwerdeführerin hier aufhalte, dem bereits Asyl gewährt worden sei.

Befragt zu ihrem Gesundheitszustand führten der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen ins Treffen; die Drittbeschwerdeführerin gab an, Medikamente zu nehmen, aber der Einvernahme folgen zu können.

In der Folge richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 30.07.2019 betreffend alle drei Beschwerdeführer je ein auf Art. 12 Abs. 2 oder Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) gestütztes Aufnahmeersuchen an Frankreich.

Frankreich stimmte der Aufnahme gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO ausdrücklich zu, und zwar hinsichtlich der Zweit- und der Drittbeschwerdeführerin mit Schreiben vom 07.08.2019 und hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers mit Schreiben vom 19.09.2019.

Nach durchgeführter Rechtsberatung fand am 03.10.2019 im Beisein eines Rechtsberaters sowie der ausgewiesenen Vertretung der Beschwerdeführer die niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführer vor dem BFA statt.

Zu Beginn gaben alle Beschwerdeführer über Nachfrage an, sich psychisch und physisch dazu in der Lage zu sehen, die Befragung zu absolvieren. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin erklärten, gesund zu sein und nicht in ärztlicher Behandlung zu stehen. Die Drittbeschwerdeführerin brachte vor, sie habe eine Herzkrankheit und sei zuckerkrank. In Afghanistan habe sie die Möglichkeit nicht gehabt, sich untersuchen zu lassen. Laut den Ärzten funktioniere ihr Herz nur zu 25% und ihr Zucker sei auch viel zu hoch. Auch in Afghanistan habe sie sich schon krank gefühlt, habe keine Luft bekommen und habe nicht gehen können, aber als sie beim Arzt gewesen sei, habe er ihr gesagt, dass sie nicht krank sei. Nachgefragt, welche Therapien bei ihr derzeit durchgeführt würden, schilderte die Drittbeschwerdeführerin, dass sie einmal bewusstlos gewesen sei, als sie noch im Lager gelebt habe. Sie sei zu einem Facharzt gebracht worden, der sie zu weiteren Untersuchungen und zu einem MRT geschickt habe. Man habe ihre Herzschwäche festgestellt und sie habe Medikamente bekommen. Dreimal täglich müsse sie wegen des Blutzuckers eine Spritze bekommen. Ihr Sohn spritze ihr das zu Hause. Sie sei zu einer Klinik für Zuckerkranke geschickt worden und dort sei es ihr sehr gut gegangen. Als sie nach Graz transferiert worden sei, seien die Zuckerwerte wieder angestiegen. Gestern sei sie auch wegen des hohen Zuckerwerts beim Arzt gewesen und habe dann eine andere Spritze bekommen. Am 13.01.2020 werde es einen weiteren ärztlichen Kontrolltermin gehen. Die Drittbeschwerdeführerin nehme zurzeit regelmäßig Medikamente für den Blutdruck und das Herz, und zwar fünf verschiedene in der Früh und vier verschiedene am Abend. Sie nehme auch Vitaminkapseln. Wenn sie die Tabletten einnehme, gehe es ihr besser. Nach der Spritze in der Früh werde ihr gegen Mittag wieder schwindlig. Sie fühle sich meistens sehr schwach. Betreffend den für den 05.11.2019 vereinbarten Operationstermin zur Durchführung einer ICD-Implantation [Anm. BVwG: dauerhafte Einpflanzung eines Kardioverters/Defibrillators in das Herz zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen] erklärte die Drittbeschwerdeführerin, dass sie diese Operation ablehne. Sie habe bereits in der Türkei zweimal einen Herzstillstand erlitten und es sei eine Herzmassage durchgeführt worden. Vielleicht überlege sie sich das, wenn ihr Ehemann da sei. In Afghanistan habe sie einen Herzinfarkt erlitten und in Pakistan habe man ihr gesagt, sie brauche eine Spirale. Das habe sie abgelehnt. Dann habe ihr Mann ihr, als sie in Afghanistan zurück gewesen sei, ein offizielles Visum besorgt und sie habe sich in Indien einen Bypass setzen lassen. Das sei vor 11 Jahren gewesen. Die Drittbeschwerdeführerin wurde sodann von der Einvernahmeleiterin auf den Ernst ihrer gesundheitlichen Situation hingewiesen; dazu meinte die Drittbeschwerdeführerin, Gott werde entscheiden.

Zur etwaigen familiären oder verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkten in Österreich führten die Beschwerdeführer übereinstimmend aus, dass ihr Bruder bzw. ihr Sohn in Wien lebe; dieser sei anerkannter Flüchtling. Außerdem befinde sich die Tante des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin bzw. die Schwester der Drittbeschwerdeführerin mit ihrer Familie in Wien. Weitere Verwandte oder Bekannte in Österreich oder dem Bereich der EU, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung bestehe, gebe es nicht. Die drei Beschwerdeführer würden zusammen in Graz leben.

Zur Reiseroute behaupteten die Beschwerdeführer übereinstimmend, sie hätten in der französischen Botschaft in Kabul ein Visum beantragt und seien über die Türkei nach Österreich gelangt. In Moskau seien sie nie gewesen; ebenso wenig seien sie jemals in Frankreich gewesen. Sie hätten zuvor nirgends um Asyl angesucht und hätten aufgrund der familiären Anknüpfungspunkte immer nach Österreich wollen.

Den Beschwerdeführern wurde zur Kenntnis gebracht, dass geplant sei, sie aufgrund der vorliegenden Zustimmung Frankreichs dorthin außer Landes zu bringen.

Dem entgegnete der Erstbeschwerdeführer: "Meine Mutter ist zuckerkrank und hat Herzprobleme. Sie kann nicht nach Frankreich. Wir haben hier einen Bruder, der sich um uns und unsere Mutter kümmern kann. Wir haben die Tante, Cousinen und Cousins hier, die uns auch alle helfen können. In Frankreich haben wir niemanden, der sich auskennt und uns helfen kann. Deshalb will ich nicht nach Frankreich. Der einzige Grund ist, dass ich bei meinem Bruder bleiben möchte." Zum Bruder bestehe ein Abhängigkeitsverhältnis, weil er den Anwalt bezahle, und auch sonst alles, was man zum Leben brauche, wie etwa Kleidung. Er zeige ihnen, was sie machen müssten, um selbstständig zu sein. In Frankreich hätten sie niemanden, da sei das nicht möglich.

Die Zweitbeschwerdeführerin brachte vor, dass Folgendes einer Ausweisung nach Frankreich entgegenstehe: "Der größte Grund ist, dass meine Mama zu meinem Bruder wollte. Sie kann ohne ihn nicht überleben. Außerdem, wir wollten auch zu unserem Bruder hier her. Außerdem lebt meine Tante hier. Meine Mama ist krank. Sie kann dort nicht überleben. Da meine Cousinen und Cousins und mein Bruder der deutschen Sprache mächtig sind, können Sie uns bei Untersuchungen und Arztbesuchen unterstützen. Mein Bruder und ich, wir sind bei ihr, aber ohne einen Sprachkundigen, der den Ärzten alles übersetzt, was sie hat, was sie nehmen muss usw. Das werden wir in Frankreich nicht haben. Alleine wenn man verschiedene Spitäler besucht, braucht man jemanden Ortskundigen, und das können meine Cousins und mein Bruder machen. Meine Mutter fühlt sich hier viel wohler als wo anders. Sie kann also jederzeit meine Cousinen oder ihre Schwester kontaktieren. Außerdem, wenn wir in der Schule sind, kann sie jemanden erreichen. Das kann sie in Frankreich nicht. Außerdem, weil unser Bruder hier ist, und er anerkannter Flüchtling ist, waren wir uns sicher, dass wir auch in Österreich bleiben dürfen. Wir konnten für Österreich kein Visum erlangen, da es keine Botschaft gibt und aus Sicherheitsgründen konnten wir nicht nach Pakistan fahren, um eines zu beantragen. (...) Wir kamen mit einer Hoffnung hier nach Österreich, weil unser Bruder hier lebt. Außerdem wissen Sie, dass es meiner Mutter gesundheitlich nicht gut geht. Aus diesen medizinischen Gründen kann sie diesen Stress dort auch nicht gut verkraften. Wir kamen mit einer Hoffnung hier her. Bitte nehmen Sie uns diese Hoffnung nicht."

Die Drittbeschwerdeführerin erklärte: "Ich will nicht nach Frankreich gehen. Ich werde dort sterben. Ich habe wegen meines Sohnes gelitten, ich werde nicht nach Frankreich gehen. (...) Es macht keinen Unterschied, ob hier oder in Frankreich. Ich habe hier meinen Sohn und meine Schwester, die können sich um mich kümmern. Wenn ich Österreich verlasse, werde ich sterben. Nach sechs Jahren habe ich meinen Sohn wiedergesehen und ich will hier nicht weg. Nein, ich will nicht nach Frankreich."

Abschließend wurden die aktuellen Länderfeststellungen zu Frankreich zur Kenntnis genommen. Die Beschwerdeführer gaben dazu keine Stellungnahme ab. Es wurde ersucht, das Asylverfahren der Beschwerdeführer aus humanitären Gründen und aus Gründen des Art. 8 EMRK in Österreich zuzulassen, und vorgebracht, es bestehe ein finanzielles und persönliches Naheverhältnis zu dem in Österreich als Flüchtling anerkannten Bruder bzw. Sohn. Sollte das Asylverfahren der Drittbeschwerdeführerin in Österreich zugelassen werden, so sei der Verbleib des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin in Österreich zur persönlichen und medizinischen Betreuung der Mutter dringend geboten.

Im Akt der Drittbeschwerdeführerin befindet sich ein Konvolut an medizinischen Unterlagen zu ihrer Herzerkrankung, zu der für den 05.11.2019 in Aussicht genommenen Operation und zu ihrer Zuckerkrankheit. Aus den Unterlagen ergeben sich unter anderem zwei stationäre Aufenthalte der Drittbeschwerdeführerin; einer in einem Landesklinikum in der Abteilung Innere Medizin, Kardiologie und Nephrologie im Zeitraum von 02.08.2019 bis 06.08.2019 und einer in einem anderen Landesklinikum in der Abteilung Innere Medizin im Zeitraum von 06.08.2019 bis 09.08.2019.

Sämtliche medizinische Unterlagen wurden seitens des BFA an die zuständige Abteilung des Bundesministeriums für Inneres (Abt. I/10 - Medizinische und Gesundheitsangelegenheiten) zur Begutachtung übermittelt, ob in diesem Fall eine Überstellung auf dem Luftweg nach Frankreich stattfinden könne. Der Antwort vom 11.10.2019 ist zu entnehmen, dass nach Rücksprache mit einer näher genannten Chefärztin (Fachärztin für Innere Medizin) eine Rückführung mittels medizinischer Begleitung möglich sei.

2. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden des BFA vom 18.10.2019 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Frankreich gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO für die Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz zuständig sei (Spruchpunkt I.). Zudem wurde gemäß § 61 Abs. 1 FPG gegen die Beschwerdeführer die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG ihre Abschiebung nach Frankreich zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Zur Lage in Frankreich traf das BFA folgende Feststellungen (unkorrigiert):

Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (OFPRA 31.10.2017; vgl. AIDA 2.2017, USDOS 3.3.2017 für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

OFPRA - Office français de protection des réfugiés et apatrides (31.10.2017): Demander l'asile en France, https://www.ofpra.gouv.fr/fr/asile/la-procedure-de-demande-d-asile/demander-l-asile-en-france, Zugriff 24.1.2018

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

Dublin-Rückkehrer

Anträge von Dublin-Rückkehrern werden wie jeder andere Asylantrag behandelt. Kommt der Betreffende aus einem sicheren Herkunftsstaat, wird das beschleunigte Verfahren angewandt. Hat der Rückkehrer bereits eine endgültig negative Entscheidung der 2. Instanz (CNDA) erhalten, kann er einen Folgeantrag stellen, so dieser neue Elemente enthält. Dublin-Rückkehrer werden wie normale Asylwerber behandelt und haben daher denselben Zugang zu Unterbringung im regulären bzw. beschleunigten Verfahren wie diese (AIDA 2.2017).

Wenn Dublin-Rückkehrer am Flughafen Roissy - Charles de Gaulle ankommen, erhalten die Rückkehrer von der französischen Polizei ein Schreiben, an welche Präfektur sie sich wegen ihres Asylverfahrens zu wenden haben. Dann werden sie zunächst an die Permanence d'accueil d'urgence humanitaire (PAUH) verwiesen. Das ist eine humanitäre Aufnahmeeinrichtung des französischen Roten Kreuzes, die im Bereich des Flughafens tätig ist. Es kann ein Problem darstellen, wenn die zuständige Präfektur weit entfernt liegt, denn die Rückkehrer müssen die Anfahrt aus eigenem bestreiten. Es gibt dafür keine staatliche Hilfe und auch die PAUH hat nicht die Mittel sie dabei zu unterstützen. In Paris und Umgebung wiederum kann man sich nicht direkt an die Präfekturen wenden, sondern muss den Weg über die sogenannten Orientierungsplattformen gehen, die den Aufwand für die Präfekturen mindern sollen, aber mitunter zu Verzögerungen von einigen Wochen in der Antragsstellung führen können. Viele der Betroffenen wenden sich daher an das PAUH um Hilfe bei der Antragstellung und Unterbringung. Einige andere Präfekturen registrieren die Anträge der Rückkehrer umgehend und veranlassen deren Unterbringung durch das Büro für Immigration und Integration (OFII). In Lyon am Flughafen Saint-Exupéry ankommende Rückkehrer haben dieselben Probleme wie jene, die in Paris ankommen (AIDA 2.2017).

Im Falle der Übernahme von vulnerablen Dublin-Rückkehrern muss die französische Behörde vom jeweiligen Mitgliedsstaat mindestens einen Monat vor Überstellung informiert werden, um die notwendigen Vorkehrungen treffen zu können. Je nach medizinischem Zustand, kann der Dublin-Rückkehrer mit speziellen Bedürfnissen bei Ankunft medizinische Betreuung erhalten. Auch Dublin-Rückkehrer, haben generell Zugang zur staatlichen medizinischen Versorgung (MDI 10.10.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

Ministére de l¿intérieur - Direction générale des étrangers en France - Chef du Département de l'accès à la procédure d'asile (10.10.2017): Auskunft per E-Mail

Non-Refoulement

Menschenrechtsgruppen kritisieren regelmäßig die strikt dem Gesetz folgende Abschiebepraxis Frankreichs (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

Versorgung

Laut Asylgesetz sind die materiellen Aufnahmebedingungen allen Asylwerbern (inkl. beschleunigtes und Dublin-Verfahren) anzubieten. Die Verteilung von Asylwerbern erfolgt zentral, parallel werden regionale Vorschriften definiert und von den Präfekten in jeder Region umgesetzt. Asylwerber im Dublin-Verfahren unterliegen jedoch einer Einschränkung: sie haben keinen Zugang zu CADA-Einrichtungen und leben in der Praxis oft auf der Straße oder in besetzten Häusern. Dublin-Rückkehrer hingegen werden behandelt wie reguläre Asylwerber und haben daher denselben Zugang zu Unterbringung im regulären bzw. beschleunigten Verfahren wie diese. Die nationalen Aufnahmestrukturen liegen in der Zuständigkeit des Französischen Büros für Immigration und Integration (Office français de l'immigration et de l'intégration - OFII). Es wurde eine Beihilfe für Asylwerber (Allocation pour demandeurs d'asile - ADA) eingeführt, welche die vorherige monatliche Zahlung (Allocation Mensuelle de Subsistance - AMS) bzw. die temporäre Wartezeitzulage (Allocation Temporaire d'Attente - ATA) ersetzt (AIDA 2.2017). Die Höhe der ADA hängt von verschiedenen Faktoren wie die Art der Unterkunft, Alter, Anzahl der Kinder usw. ab. Asylwerber erhalten in der Regel eine monatliche finanzielle Unterstützung/Gutscheine in der Höhe von 204 Euro. Ein zusätzlicher Tagessatz wird an Asylwerber ausgezahlt, die Unterbringungsbedarf haben, aber nicht über das nationale Aufnahmesystem aufgenommen werden können (AIDA 2.2017). Seit April 2017 beträgt der tägliche Kostenzuschuss für Unterkunft 5,40 Euro (FTA 4.4.2017). Es wird jedoch kritisiert, dass die Empfänger der ADA in der Praxis mit Problemen (z.B. Verzögerungen bei der Auszahlung, intransparente Berechnung usw.) konfrontiert sind (AIDA 2.2017).

Asylwerber haben Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn OFPRA ihren Asylantrag innerhalb von neun Monaten nicht entschieden und diese Verzögerung nicht vom Antragssteller verschuldet wurde (AIDA 2.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf , Zugriff 24.1.2018

-

FTA - France terre d'asile (4.4.2017): L'Allocation pour demandeur d'asile revalorisée de 1,20€,

http://www.france-terre-asile.org/actualites/actualites/actualites-choisies/l-allocation-pour-demandeur-d-asile-revalorisee-de-1-20, Zugriff 24.1.2018

Unterbringung

In Frankreich gibt es 303 Unterbringungszentren für Asylwerber (Centre d'Accueil pour Demandeurs d'Asile - CADA) mit rund 34.000 Plätzen, ein spezielles Zentrum für UMA, zwei Transitzentren mit 600 Plätzen, 262 Notunterbringungen mit rund 18.000 Plätzen, sowie eine nicht näher genannte Anzahl an privaten Unterbringungsplätzen. Damit verfügt das Land über etwa 56.000 Unterbringungsplätze (AIDA 2.2017).

Der Zugang zu Unterbringung erweist sich in der Praxis jedoch als sehr kompliziert. Bei der Zuweisung zur CADA muss mit längerer Wartezeit gerechnet werden, die je nach Region zwischen 51 bis 101 Tage beträgt. In Paris gibt es auch Beispiele dafür, dass Asyl gewährt wurde, ohne dass die Personen jemals Zugang zu Unterbringung gehabt hätten. Berichten zufolge reichen die derzeitigen Unterbringungsplätze der CADA nicht aus (AIDA 2.2017). Die Schaffung weiterer Unterbringungsplätze (insgesamt 12.500 Plätze davon 7.500 in CADA) ist in den nächsten zwei Jahren geplant (FRC 12.1.2018; vgl. FRC 22.12.2017)

Im Oktober 2016 wurde die informelle Siedlung in Calais, der sog. Dschungel, geräumt, in der tausende von Migranten und Asylsuchende (laut AI mehr als 6.500 Personen, laut USDOS 5.600) lebten. Man brachte 5.243 Bewohner in Erstaufnahmelager (CAO) in ganz Frankreich und stellte ihnen Informationen über das Asylverfahren zur Verfügung (AI 2.22.2017; vgl. AI 1.6.2017, USDOS 3.3.2017, AIDA 2.2017). Trotzdem leben noch etwa 350 bis 600 Migranten unter prekären Bedingungen in und um Calais. Großbritannien und Frankreich wollen die Sicherheit an der gemeinsamen Grenze jedoch verbessern. Der französische Präsident und die britische Premierministerin unterzeichneten dazu im Januar 2018 ein neues Abkommen (Zeit 19.1.2018).

Trotz der Bestrebungen der lokalen Behörden und Interessenvertreter bleiben viele Migranten und Asylwerber weiterhin obdachlos und leben landesweit in illegalen Camps (AIDA 2.2017).

Quellen:

-

AI - Amnesty International (2.22.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - France, http://www.ecoi.net/local_link/336482/479137_de.html, Zugriff 24.1.2018

-

AI - Amnesty International (1.6.2017): France: At a crossroads:

Amnesty International submission for the UN Universal Periodic Review, 29th session of the UPR Working Group, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1503902006_eur2167922017english.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

FRC - Forum Réfugiés Cosi (12.1.2018): Réforme de l'asile : le raccourcissement des délais ne doit pas se faire au détriment des conditions d'accès à la protection, http://www.forumrefugies.org/s-informer/communiques/reforme-de-l-asile-le-raccourcissement-des-delais-ne-doit-pas-se-faire-au-detriment-des-conditions-d-acces-a-la-protection, Zugriff 24.1.2018

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FRC - Forum Réfugiés Cosi (22.12.2017): Asile et Immigration :

Forum réfugiés-Cosi salue l'ouverture par le Premier ministre d'une consultation et alerte sur plusieurs enjeux, http://www.forumrefugies.org/s-informer/communiques/asile-et-immigration-forum-refugies-cosi-salue-l-ouverture-par-le-premier-ministre-d-une-consultation-et-alerte-sur-plusieurs-enjeux, Zugriff 24.1.2018

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

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Zeit (19.1.2018): May und Macron verschärfen Grenzschutz, http://www.zeit.de/politik/ausland/2018-01/grossbritannien-theresa-may-emmanuel-macron-calais-frankreich-grenzschutz-sandhurst, Zugriff 29.1.2018

Medizinische Versorgung

Am 1. Januar 2016 wurde in Frankreich der neue allgemeine Krankenversicherungsschutz (protection universelle maladie - PUMA) eingeführt. Deren medizinischen Leistungen können Asylwerber im ordentlichen, aber auch im Schnell- und im Dublinverfahren in Anspruch nehmen, sobald sie die Bestätigung über ihr laufendes Asylverfahren erhalten (Cleiss 2017; vgl. AIDA 2.2017, Ameli 12.10.2017). Bei PUMA besteht Beitragsfreiheit, wenn das jährliche Einkommen pro Haushalt unter 9.534 Euro liegt (AIDA 2.2017). In Frankreich besteht generell die Möglichkeit, eine Zusatzversicherung abzuschließen, um die Gesundheitsausgaben zu decken, die nicht von der Pflichtversicherung übernommen werden. Einkommensschwachen Personen kommt jedoch kostenfrei ein Allgemeiner Zusatzkrankenschutz (couverture maladie universelle complémentaire - CMU-C) zu, der die vollständige Kostenübernahme von Leistungen sichert (Cleiss 2017; vgl. Ameli 15.11.2017, RSB o.D.). Dies kann auch von Asylwerbern in Anspruch genommen werden (Ameli 12.10.2017). Weiters besteht die Möglichkeit für illegale Einwanderer nach drei Monaten Aufenthalt in Frankreich, von der sogenannten staatlichen medizinische Hilfe (aide médicale de l'état - AME) zu profitieren, selbst wenn andere Sozialleistungen reduziert oder entzogen worden sein sollten (AIDA 2.2017; vgl. Le Fonds CMU 2.5.2017, Ameli 13.10.2017). Neben Personen mit einem niedrigen Einkommen können auch Asylwerber die in Krankenhäusern eingerichteten Bereitschaftsdienste zur ärztlichen Versorgung der Bedürftigsten (permanences d'accès aux soins de santé - PASS) in Anspruch nehmen, während sie auf den Zugang zu CMU oder AME warten. Obwohl gesetzlich vorgeschrieben ist, dass alle Krankenhäuser die PASS anbieten müssen, ist das in der Praxis nicht immer der Fall (AIDA 2.2017).

Zugang zu mentaler Gesundheitsversorgung wird von der Gesetzgebung nicht explizit erwähnt, Asylwerber können aber im Rahmen der PUMA oder AME theoretisch psychiatrische oder psychologische Hilfe in Anspruch nehmen. Viele Therapeuten nehmen jedoch keine nicht-frankophonen Patienten. Traumatisierte oder Opfer von Folter können sich von einigen NGOs betreuen lassen, die sich speziell diesen Themen widmen, z.B. Primo Levi in Paris oder die Osiris-Zentren in Marseille, Mana in Bordeaux, das Forum réfugiés-Cosi Essor-Zentrum in Lyon oder Awel in La Rochelle. Die Zahl dieser spezialisierten Zentren in Frankreich ist aber gering und ungleich verteilt und kann den wachsenden Bedarf nicht decken (AIDA 2.2017).

Die Mitarbeiter der CADA sind verpflichtet, innerhalb von 15 Tagen nach Ankunft im Unterbringungszentrum eine ärztliche Untersuchung durchzuführen (AIDA 2.2017).

Im Falle der Ablehnung des Asylantrags haben Personen ein Jahr lang ab der Ausstellung des negativen Beschieds Anspruch auf medizinische Versorgung bei Krankheiten oder Mutterschaft, solange sie sich weiterhin in Frankreich aufhalten (Ameli 12.10.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

Ameli - L'Assurance Maladie (12.10.2017): Vous êtes demandeur d'asile,

https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/europe-international/protection-sociale-france/demandeur-dasile, Zugriff 24.1.2018

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Ameli - L'Assurance Maladie (13.10.2017): Aide médicale de l'État (AME) : vos démarches,

https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/situations-particulieres/situation-irreguliere-ame, Zugriff 24.1.2018

-

Ameli - L'Assurance Maladie (15.11.2017): CMU complémentaire :

conditions et démarches,

https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/difficultes-financieres/complementaire-sante/cmu-complementaire, Zugriff 24.1.2018

-

Cleiss - Centre des liaisons européennes et internationales de sécurité sociale (2017): Das französische Sozialversicherungssystem, http://www.cleiss.fr/docs/regimes/regime_france/al_1.html, Zugrif 24.1.2018

-

Le Fonds CMU - Fonds de financement de la protection complémentaire de la couverture universelle du risque maladi (2.5.2017): Are you an undocumented immigrant?, http://www.cmu.fr/undocumented-immigrant.php, Zugriff 24.1.2018

-

RSB - Rosny sous-Bois (o.D.): ACS - AME - CMU-C - PUMA, http://www.rosny93.fr/ACS-AME-CMU-C-PUMA, Zugriff 24.1.2018

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

(...)

Begründend führte das BFA zusammengefasst aus, dass gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO Frankreich für die inhaltliche Prüfung der gestellten Anträge auf internationalen Schutz zuständig sei, da die Beschwerdeführer mit je einem französischen Visum in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten eingereist seien. Hinweise darauf, dass sie seit ihrer Einreise das Gebiet der Mitgliedstaaten wieder verlassen hätten, gebe es nicht, sodass ein Erlöschen der Zuständigkeit Frankreichs nicht eingetreten sei.

Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung der Beschwerdeführer ernstlich für möglich erscheinen ließe, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO ergeben.

Hinsichtlich des Gesundheitszustandes der Drittbeschwerdeführerin hielt das BFA fest, dass mehrere Befunde betreffend die Herzerkrankung die Zuckererkrankung vorgelegt worden seien. Die Drittbeschwerdeführerin müsse jeden Tag verschiedene Tabletten nehmen, wegen des Blutdrucks, des Herzens und des Zuckers. Ihr sei bereits vor 11 Jahren in Indien ein Bypass gesetzt worden. Ihre Erkrankungen hätten bereits vor der Reise nach Österreich bestanden. Der Drittbeschwerdeführerin sei mitgeteilt worden, dass sie eine ICD-Implantation benötige, bei der ein Defibrillator in das Herz eingepflanzt werde. Diese Operation bzw. Implantation lehne die Drittbeschwerdeführerin jedoch strikt ab. Trotz eindringlichem Anraten seitens der Behörde habe sie weiter auf die Ablehnung dieses medizinischen Eingriffs beharrt. Die Insulinspritzen würden ihr von ihrem Sohn, dem Erstbeschwerdeführer, verabreicht, welcher mit ihr gemeinsam nach Österreich gereist sei. Da dieser mit der Drittbeschwerdeführerin gemeinsam nach Frankreich überstellt werde, sei eine durchgehende Behandlung bzw. Betreuung gewährleistet. Dem Antrag des Vertreters, der die Begutachtung der Befunde von einem Kardiologen im Hinblick auf die Überstellungsfähigkeit nach Frankreich gefordert habe, sei seitens der Behörde nachgekommen worden. Die gesamten Befunde seien an den chefärztlichen Dienst des Bundesministeriums für Inneres übermittelt worden. Diese Abteilung des Ministeriums sei auch für die medizinische Begleitung mit einschlägiger Erfahrung auf Abschiebeflügen zuständig. Die vorgelegten Unterlagen seien von einer Chefärztin für Innere Medizin eingehend geprüft worden und es sei mitgeteilt worden, dass eine Überstellung nach Frankreich unter ärztlicher Begleitung möglich sei. Weiters sei mitgeteilt worden, dass vor einer Überstellung mit dem jeweiligen Mitgliedstaat Kontakt aufgenommen werde und dieser lückenlos über den Gesundheitszustand informiert werde, um medizinische Vorkehrungen zu treffen. Unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen hätten sich im Verfahren keine Hinweise ergeben, dass die Krankheit der Drittbeschwerdeführerin eine Überstellung ihrer Person nach Frankreich unmöglich mache.

Im Hinblick auf Art. 8 EMRK nahm das BFA unter Berücksichtigung der familiären Anknüpfungspunkte der Beschwerdeführer in Österreich eine umfassende Güterabwägung der betroffenen Interessen vor und gelangte zu dem Ergebnis, dass die Außerlandesbringung der Beschwerdeführer keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 EMRK darstelle.

3. Gegen den Bescheid des BFA vom 18.10.2019 erhoben die Beschwerdeführer durch ihre Vertretung rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde und stellten gleichzeitig den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Inhaltlich wurde darauf verwiesen, dass die Drittbeschwerdeführerin an einer akuten Herzschwäche leide, die mit einer schweren Zuckererkrankung verbunden sei. Sie weise eine äußerst geringe Herzfunktion auf und stehe diesbezüglich in intensiver ärztlicher Behandlung. Verwiesen werde auf die vorgelegten medizinischen Unterlagen. Eine Überstellung nach Frankreich in Zusammenhang mit der damit verbundenen Stressbelastung werde zu einer lebensbedrohlichen Situation führen. Bereits die Zustellung des Bescheides des BFA habe bei ihr zu einer massiven Entgleisung der Blutzuckerwerte geführt. Sie habe die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt, doch habe die Behörde diesem Beweisantrag nicht entsprochen. Eine Überstellung nach Frankreich verletze Art. 2 und Art. 3 EMRK.

Weiters wurde vorgebracht, dass die Zweitbeschwerdeführerin die Mutter pflegerisch betreue, ihre Blutzuckerwerte kontrolliere und dafür sorge, dass die Mutter die richtige Nahrung zu sich nehme. Sie dürfe daher keinesfalls von der Mutter getrennt werden. Dasselbe gelte für den Erstbeschwerdeführer. Es sei die Familieneinheit zu wahren.

Außerdem gebe es in Österreich nahe Angehörige, nämlich den Bruder bzw. Sohn und die Tante bzw. Schwester der Beschwerdeführer. Eine Trennung von den in Österreich lebenden Angehörigen stelle eine Verletzung von Art. 8 EMRK dar.

4. Die Beschwerdevorlagen langten am 07.11.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Am 13.11.2019 wurden seitens des BFA weitere Befunde betreffend die Drittbeschwerdeführerin nachgereicht. Aus diesen ist ersichtlich, dass sie sich von 01.11.2019 bis 12.11.2019 erneut in stationärer Behandlung befand.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind Geschwister und die volljährigen Kinder der Drittbeschwerdeführerin. Alle Beschwerdeführer sind afghanische Staatsangehörige, reisten gemeinsam in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten hier am 15.07.2019 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu diesem Zeitpunkt verfügten sie über je ein gültiges Schengen-Visum Typ C (Gültigkeitszeitraum von 17.07.2018 bis 16.07.2019), ausgestellt von der französischen Vertretungsbehörde in Kabul/Afghanistan.

Das BFA richtete am 30.07.2019 betreffend alle drei Beschwerdeführer je ein auf Art. 12 Abs. 2 oder Abs. 3 Dublin-III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Frankreich; Frankreich stimmte der Aufnahme der Beschwerdeführer gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO mit Schreiben vom 07.08.2019 bzw. mit Schreiben vom 19.09.2019 ausdrücklich zu.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Frankreich an.

Konkrete, in der Person der Beschwerdeführer gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind gesund.

Die Drittbeschwerdeführerin leidet unter einer Herzerkrankung, die eine ICD-Implantation [Anm. BVwG: dauerhafte Einpflanzung eines Kardioverters/Defibrillators in das Herz zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen] erforderlich macht. Eine für den 05.11.2019 geplante Operation lehnte die Drittbeschwerdeführerin jedoch ab. Des Weiteren ist die Drittbeschwerdeführerin zuckerkrank und insulinpflichtig. Sie steht in medikamentöser Behandlung. Aufgrund ihrer Erkrankungen war die Drittbeschwerdeführerin in den Zeiträumen von 02.08.2019 bis 06.08.2019, von 06.08.2019 bis 09.08.2019 und von 01.11.2019 bis 12.11.2019 in stationärer Behandlung.

Betreffend aller Beschwerdeführer ist eine Überstellungsfähigkeit gegeben.

Besonders ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen der Beschwerdeführer bestehen im österreichischen Bundesgebiet nicht. Die Beschwerdeführer verfügen in Österreich zwar über einen volljährigen Bruder bzw. Sohn und eine Tante bzw. Schwester samt Familie, doch liegt keine besondere Abhängigkeit von den Angehörigen vor und leben sie mit diesen auch nicht im gemeinsamen Haushalt.

2. Beweiswürdigung:

Aufgrund der VIS-Abfrage steht fest, dass die Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung über die genannten gültigen französischen Schengen-Visa verfügten.

Die Feststellung hinsichtlich der Zustimmung zur Aufnahme der Beschwerdeführer seitens Frankreichs basiert auf dem durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen der österreichischen und der französischen Dublin-Behörde; der Schriftverkehr ist Teil des Verwaltungsaktes.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Frankreich auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-III-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das französische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die Sicherheitslage von Asylsuchenden in Frankreich den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführer gründen sich auf ihr Vorbringen und die im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen, denen sich die Erkrankungen der Drittbeschwerdeführerin, die derzeitigen Therapiemaßnahmen sowie die damit in Zusammenhang stehenden stationären Behandlungen entnehmen lassen.

Dass die Beschwerdeführer überstellungsfähig sind, ergibt sich hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin aus dem Umstand, dass beide völlig gesund sind. Hinsichtlich der Drittbeschwerdeführerin geht die Feststellung der Überstellungsfähigkeit auf das Ermittlungsergebnis des BFA bzw. auf die entsprechende Beurteilung des chefärztlichen Dienstes des Ministeriums für Inneres zurück: Es wurden seitens des BFA alle Unterlagen an die zuständige Abteilung zur Überprüfung übermittelt und kam eine Fachärztin für Innere Medizin nach Prüfung der Befunde zu dem Ergebnis, dass eine Rückführung der Drittbeschwerdeführerin nach Frankreich auf dem Luftweg mittels medizinischer Begleitung möglich sei. Insofern ist dem BFA darin beizupflichten, dass hier von der Einholung eines weiteren fachmedizinischen Gutachtens abgesehen werden kann.

Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer in Österreich gründen sich auf ihr Vorbringen im Verfahren, dem zu entnehmen ist, dass familiäre Anknüpfungspunkte bestehen. Die genannten Verwandten leben jedoch in Wien, wohingegen sich die Beschwerdeführer in Graz in der Grundversorgung befinden, sodass jedenfalls kein gemeinsamer Wohnsitz besteht. Auch sonst konnte keine besondere Abhängigkeit erkannt werden, zumal die Drittbeschwerdeführerin laut eigenen Angaben vorrangig von den mitgereisten Kindern, dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin, unterstützt wird, was angesichts der Wohnsituation auch plausibel ist. Hinweise auf eine fortgeschrittene Integration der Beschwerdeführer im Bundesgebiet haben sich nicht ergeben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

§ 5 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012, lautet:

"§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet."

§ 10 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017, lautet:

"§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt."

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018, lautet:

"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche B

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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