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32/04 Steuern vom Umsatz;Norm
UStG 1972 §11 Abs1 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der I-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch
Dr. Friedrich J. Reif-Breitwieser, Rechtsanwalt in Wien III, Hohlweggasse 13, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IX) vom 19. September 1996, Zl. GA 6-96/5111/03, betreffend Umsatzsteuer 1994 und 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdefall steht im Zusammenhang mit den unter dem Begriff "Vorsteuerschwindel des Werner Rydl" durch zahlreiche Medienberichte und Publikationen in der Öffentlichkeit bekannten Vorgängen.
Mit Bescheiden jeweils vom 10. Juni 1996 verminderte das Finanzamt entsprechend den Feststellungen einer im Jahr 1995 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung gemäß § 151 BAO (über den Zeitraum XI/94 bis VI/95) die Vorsteuer im Jahressteuerbescheid für die Umsatzsteuer des Jahres 1994 um S 461.000,--, desgleichen die Vorsteuer im Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1995 um S 499.000,--. Die strittigen Vorsteuerbeträge resultierten aus der Lieferung von "Aurela Parfumölen" der Handelsagentur L. an die Beschwerdeführerin (die einen Handel mit Waren aller Art betreibt).
Die gegen die Bescheide des Finanzamtes eingebrachte Berufung blieb erfolglos. Zur Begründung der Berufungsabweisung stützte sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid darauf, daß hinsichtlich der Parfumöle keine zum Vorsteuerabzug nach § 12 UStG erforderliche ordnungsgemäße Rechnung nach § 11 UStG vorgelegen sei, weil die gehandelten Parfumöle in den Rechnungen nicht handelsüblich bezeichnet worden seien (Angaben wie "Andromeda", "Synus", Lacert", "Scutum" und "Lepostish" seien nicht ausreichend; soweit Parfumöle nicht bereits durch ihre Marke spezifiziert seien, müßten sie durch Angabe ihrer Inhaltsstoffe, ihrer Verarbeitung, vor allem aber ihrer Herkunft bestimmt sein). Auch seien im Beschwerdefall "wertlose gestreckte Öle minderer Qualität" geliefert worden, die keineswegs den in den Fakturen ausgewiesenen Warenlieferungen (mit Verkaufspreisen von S 70.000,-- bis S 130.000,-- pro Liter) entsprochen hätten. Die Feststellungen, daß es sich bei den Parfumölen um "minderwertiges Material" gehandelt habe (deren Zutaten maximal S 50,-- bis S 500,-- wert gewesen seien), seien den eingeholten Gutachten der "TUA und der Universität" zu entnehmen. Auf ein "Verschulden bzw. ein Wissen um das Nichtvorliegen einer der Rechnung entsprechenden Ware" komme es für die Frage des Vorsteuerabzuges nach § 12 UStG nicht an.
Nach der Aktenlage wurden die im angefochtenen Bescheid genannten Begutachtungen der Technischen Untersuchungsanstalt der Bundesfinanzverwaltung (TUA) und der Universität Wien (Institut für pharmazeutische Chemie) der Beschwerdeführerin - auf deren Ersuchen vom 14. August 1996 - mit Vorhalt der belangten Behörde vom 19. August 1996 inhaltlich zur Kenntnis gebracht. Die darin enthaltenen Ausführungen blieben sowohl in der "abschließenden Stellungnahme" der Beschwerdeführerin vom 16. September 1996 als auch seitens der Beschwerdeführerin in der mündlichen Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde am 17. September 1996 unwidersprochen.
Die Behandlung der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde hat dieser mit Beschluß vom 9. Juni 1997, B 738/97-6, abgelehnt. In der antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht "auf Abzug der Vorsteuerbeträge für die Zeiträume 11/94, 12/94, 01/95 und 03/95 (§ 12 UStG 1972 bzw. § 12 UStG 1994) sowie auf Durchführung eines gesetzmäßigen Verfahrens" verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 bzw. UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbetrag abziehen.
Gemäß § 11 Abs. 1 UStG 1972 bzw. UStG 1994 müssen Rechnungen u.a. (gemäß Z. 3) die Menge und handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistung enthalten.
Da die in Rede stehenden Bestimmungen des UStG 1972 bzw. UStG 1994 (in Kraft getreten mit 1. Jänner 1995) - soweit dies im Beschwerdefall von Bedeutung ist - rechtlich idente Vorschriften enthalten, ist es entgegen den Beschwerdeausführungen von keiner "relevanten Bedeutung", daß dem angefochtenen Bescheid "nicht mit der vom Gesetz geforderten Sicherheit" entnehmbar sei, welches der "beiden Gesetze angewendet wurde". Auch ist dem angefochtenen Bescheid - zusammen mit dem (darin referierten) Prüfungsbericht des Finanzamtes vom 19. Dezember 1995 - hinreichend zu entnehmen, von welchen entscheidungsrelevanten Feststellungen die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung ausging.
Im Erkenntnis vom 28. Mai 1998, 96/15/0220, hat der Verwaltungsgerichtshof betont, daß der Vorsteuerabzug u.a. zur Voraussetzung hat, daß über die tatsächlich erbrachte Leistung eine Rechnung im Sinn des § 11 UStG 1972 bzw. UStG 1994 gelegt worden ist. Es muß also die Lieferung erfolgt sein und eine Rechnung vorliegen, in der die tatsächlich gelieferten Gegenstände ausgewiesen sind (vgl. ebenfalls die hg. Erkenntnisse vom 28. Mai 1998, 96/15/0223 und 96/15/0273). Das Gesetz normiert die entsprechende Bezeichnung der Ware in der Rechnung, um die Erhebung der Mehrwertsteuer und die Überprüfung des Vorsteuerabzuges durch die Abgabenbehörde sicherzustellen (vgl. sinngemäß das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. November 1997, 97/14/0138). Liegt eine Diskrepanz zwischen tatsächlich gelieferter Ware und in der Rechnung enthaltener Bezeichnung vor, ist der Vorsteuerabzug zu versagen, wobei es auf eine Gutgläubigkeit des Leistungsempfängers an der (lt. Beschwerde) "Seriosität der Geschäftsabwicklung" grundsätzlich nicht ankommt (dazu, daß es nicht einsichtig wäre, das Risiko einer Enttäuschung in seinem guten Glauben auf einen Dritten, nämlich den Abgabengläubiger, zu überwälzen, siehe im übrigen das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1997, 94/13/0230).
Ungeachtet der Frage der Zulässigkeit der von der belangten Behörde geforderten Voraussetzungen für die handelsübliche Bezeichnung einer Ware ergibt sich somit für den Beschwerdefall folgendes: Selbst wenn die auf den Rechnungen ausgewiesene Bezeichnung der jeweils gelieferten Ware eine handelsübliche Bezeichnung für - wie sich aus diesen Rechnungen ergibt - hochwertige Parfumöle wäre, könnte der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie bei der tatsächlichen Lieferung von weitgehend wertlosen Produkten (bei denen es sich aufgrund ihrer Minderwertigkeit geradezu offensichtlich um anders geartete Produkte als in den Rechnungen ausgewiesen handelt) von der Lieferung eines "aliud" und somit von einer fehlenden Übereinstimmung zwischen Rechnung und gelieferter Ware ausgegangen ist (vgl. nochmals das Erkenntnis 96/15/0220).
Es kommt somit im Beschwerdefall entscheidend auf den (inhaltsbestimmenden) Wert der Lieferungen an. Dazu hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid gestützt auf eingeholte Gutachten ausgeführt, daß es sich aufgrund der Minderwertigkeit bei den gelieferten Ölen um ein "aliud" gegenüber den Angaben in den Fakturen gehandelt habe. Die Beschwerde bekämpft diese Feststellungen nicht bzw. geht selbst in der Sachverhaltsschilderung davon aus, daß sich "erst nachträglich" im Zuge einer von der Universität Wien durchgeführten chemischen Überprüfung herausgestellt habe, daß das exportierte Material "falsch deklariert war, und der tatsächliche Wert der Parfumöle in einem Mißverhältnis zum Fakturenwert stand".
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde u.a. ein im (Berufungs)Schriftsatz vom 31. Jänner 1996 (betreffend das "vorgelagerte" Berufungsverfahren hinsichtlich der Umsatzsteuervorauszahlungen) gestellter Antrag auf "schriftliche Kontaktaufnahme" mit der Firma Montex Ltd, Brisbane, Australien, und Herrn Michael M., Zollager der Fa. Kühne & Nagel, Brisbane, Australien, um diese zu befragen, "ob die Lieferungen der Bw. hochwertige Parfumöle enthielten und aus diesem Grunde unbeanstandet übernommen worden oder ob sie wertloses Material darstellten", abgelehnt (aufgrund der Fracht- und Verzollungspapiere allein könne nämlich kein Aufschluß über den tatsächlichen Inhalt sowie die Beschaffenheit der Ware erlangt werden; weiters sei nicht behauptet worden, daß "geeignete Sinnenproben bzw. chemische Analysen" vorgenommen worden wären).
In der Beschwerde wird diese unterbliebene Beweisaufnahme gerügt. Angesichts der - wie oben erwähnt - unbestritten gebliebenen Gutachtensergebnisse ist aber keine Relevanz dieses Verfahrensmangels erkennbar.
Die Beschwerde zeigt daher insgesamt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die Gegenschrift weist auch zu Recht darauf hin, daß von der belangten Behörde als Voraussetzung für den Vorsteuerabzug nicht gefordert worden sei, der Unternehmer müsse jeweils überprüfen, ob die vom Rechnungsleger ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge auch "tatsächlich an die Finanzverwaltung abgeführt" worden seien.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997150152.X00Im RIS seit
20.11.2000